Die Tischordnung

Wie schon vorhin bemerkt, ist es wünschenswert und bei einer größeren Gesellschaft sogar unerläßlich, daß die Plätze der Gäste durch Tischkarten bezeichnet werden.

Über die Rangordnung bei Tische läßt sich vielerlei sagen, und doch ist es schwer, eine bestimmte Norm dafür aufzustellen. Hat man zur Gesellschaft nur Freunde des Hauses und nahe Bekannte geladen, so verteilt man die Gäste möglichst so, daß es kein Oben und kein Unten an der Tafel gibt, ferner so, daß die Familienmitglieder an der Tafel zerstreut sitzen und auf diese Weise für Unterhaltung und Bewirtung der Gäste desto besser sorgen können.

Hat die Gesellschaft dagegen einen mehr feierlichen Anstrich, so gebietet es der gute Ton, daß man auf den Rang der Gäste Rücksicht nimmt. Hierbei gilt als Norm, daß Wirt und Wirtin in der Mitte der Tafel einander gegenüber sitzen; der Hausherr bietet der vornehmsten Dame der Gesellschaft den Arm und führt sie zu Tische; die Dame des Hauses gibt dem vornehmsten Herrn den Arm und läßt sich von ihm zu Tische führen. Die beiden vornehmsten Damen haben Anspruch auf den Platz neben dem Hausherrn, während die beiden vornehmsten Herren neben der Hausfrau sitzen; so geht es dann abwärts bis zur Jugend, die an den unteren Enden des Tisches ihren Platz findet, zusammen mit den Herren, die nicht den Vorzug haben, eine Dame Zu Tische zu führen, wenn es an solchen mangeln sollte.

Danach erscheint die Sache ungeheuer einfach und leicht; dem ist aber durchaus nicht so, denn ein jeder, der schon in der Lage war, eine solche Gesellschaft zu geben, wird wissen, wie vielerlei Rücksichten dabei oft zu nehmen sind in bezug auf den Rang der Gäste, das Alter, die Neigungen, ja auch Charaktere derselben. Hier kann nur der Takt entscheiden, da man ja doch keinen seiner Gäste zurücksetzen möchte und darf.

Handelt es sich um besondere Festlichkeiten, Hochzeiten, Jubiläen oder dergleichen, so sitzt das Paar, resp. die einzelne Person, dem oder der zu Ehren das Fest gegeben wird, in der Mitte der einen Langseite. Nun folgen nach beiden Seiten hin die Eltern und andere, die der Ehrenperson nahe stehen, ohne daß man hierbei den Rang der einzelnen besonders zu berücksichtigen hätte. Nimmt am Hochzeitsmahle der Geistliche teil, so gebührt ihm unbedingt der Platz dem Brautpaar gegenüber.