Morgenlied* eines Bauersmanns
mit Anmerkungen von meinem Vetter,
darin er mich zum besten hat.

    Da kömmt die liebe1) Sonne wieder2),
    Da kömmt sie wieder her3)!

Sie schlummert nicht4) und wird nicht müder5),
    Und läuft doch immer sehr6).

Sie ist ein sonderliches Wesen7);
    Wenn's Morgens8) auf sie geht,

Freut sich der Mensch und ist genesen9)
    Wie beim Altargerät10).

Von ihr kommt Segen und Gedeien11),
    Sie macht die Saat so grün12),
Sie macht das weite Feld sich neuen13),
    Und meine Bäume blühn14).

Und meine Kinder15) spielen drunter,
    Und tanzen ihren Reih'n16),

Sind frisch und rund und rot und munter17),
    Und das macht all ihr Schein18).

Was hab ich dir getan, du Sonne!
    Daß mir das widerfährt?19)

Bringst jeden Tag mir neue Wonne20),
    Und bin's fürwahr nicht wert21).

Du hast nicht menschliche Gebärde22),
    Du issest nicht wie wir23);

Sonst holt' ich gleich von meiner Herde
    Ein Lamm24) und brächt es dir,

Und stünd'und schmeichelte von ferne25).
    »Iß und erquicke dich26),
27) liebe Sonn', ich geb' es gerne28),
    Und willst du mehr, so sprich29)

Gott in dem blauen Himmel oben30)
    Gott denn belohn' es dir31)
Ich aber will im Herzen loben32)
    Von deiner Güt' und Zier33).

Und weil wir ihn nicht sehen können34).
    Will ich wahrnehmen sein35),

Und an dem edlen Werk erkennen36)
    Wie freundlich37) er muß sein!

O! bis mir denn willkommen heute,
    Bis willkomm schöner Held38)!

Und segn39) uns arme40) Bauersleute,
    Und unser Haus und Feld41).

Bring unseren König heut auch Freude42)
    Und seiner Frau dazu43)
Segn ihn und tu ihm nichts zuleide44),
    Und mach ihn mild wie du45)!


* Es ist mir lieb, Vetter, daß Euch auch die Sonne das Herz einmal warm gemacht hat; mit dem Mond habt Ihr genug geliebäugelt, und ihre Herrlichkeit ist doch größer. Vielleicht wird mancher andre gute Bauersmann des Morgens im Felde oder vor seiner Hütten Tür, wenn er die Sonne sieht aufgehn, Euer Lied anstimmen, und das laßt Euch nicht leid sein. Aber, Ihr seid ein belesener Mann! oder Ihr seid auch tiefsinniger als ich gewußt habe, und eine von den ApollwnikaiV yucaiV davon die Platoniker schreiben. Alles, was Ihr in Eurem Liede sagt, das haben die größten Männer, und die berühmtesten Polyhistores des Alterthums gesagt, haarklein und von Wort zu Wort. Ich bin erstaunt darüber, aber es ist wahr; wo ich aufschlage, in welcher Sprache und Zunge, da treffe ich Euch. Für diesmal nur eine kleine Probe an den Griechen. Zurück

  1. Glukeron te tekoV DioV exekaleito.
    Proclus L. I. in Timaeum.
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  2. HlioV d anorouse.
    Homerus.
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  3. palin ajiketo.
    Thucydides.
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  4. - hlektwr ebebhkei.
    Homerus.
    und ein Ausleger: HlektroV o JeoV onomazetai mhdepote koithV epiyauwn.
    Heraclides Ponticus, Allegoriae Homericae.
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  5. Hlion t' akamanta &c.
    Homerus.
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  6. eudrome --
    - rombou apeiresiou dineumasin oimon elaunwn.
    Orpheus.
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  7. Orpheus nennt die Sonne: ZwhV jwV, Omma dikaiosunhV, eusebesin kaJodhge kalwn, ergwn shmantwr agaJwn: im Suffimen Solis. Dionysius Areopagita drückt ihr sonderlich Wesen so aus: ek t agaJou gar to jwV, kai eikwn thV anaJothtoV, und der Jude Philo vergleicht sie mit der Wolkensäule: hmeraV men hlioeideV eklampousa jeggoV, nuktwr de jlogoeideV, in vita Mosis. Am besten aber scheint mir der Kaiser Julianus Eure Idee gefaßt zu haben: akouetai dh prwton osa jhsin, oi ton ouranon ouc wsper ippoi kai boeV orwnteV - all' ex autou tou janerou thn ajanh polupragmonounteV jusin, prwth de twn dunamewn autou esti &c. denn ich könnte ihn ganz herschreiben, so sehr sympathisiert er mit Euch.
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  8. ei mh hlioV hn, eujronh an hn.
    Heraclitus.
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  9. paV anhr kan douloV h tiV hdetai to jwV oran.
    Euripides.

    Ich habe die liederlichen Kerle in Lybien auch nur immer für halbe Menschen gehalten:

    AjaranteV libueV onomata ouk ecousin, hliw de anisconti loidorountai, wV polla akka jananti.
    Stobaeus.
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  10. jJegxomai oiV JemiV esti, JuraV d' epiJesJe bebhloi.
    Orpheus.
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  11. - epei ou toi piar up' oudaV.
    Hymnus in Solem.
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  12. purrou de melani prasioV.
    Stobaeus, c. 19. de coloribus, in Eclogis physicis.
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  13. - kai ananeoi.
    Dionysius Areopagita.
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  14. juta muria juseiV.
    Orpheus.
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  15. anJrwpoV anJrwpon geuna kai hlioV.
    Aristoteles.
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  16. peplhgon de coron Jeion posin.
    Homerus.
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  17. - alla kai proV thn genesin twn aisJhtwn swmatwn sumballetai kai proV zwhn auta kinei, kai trejei, kei auxei kai teleioi kai kaJairai. Dionysius Areopagita; und Euer Freund Julianus sagt kurz: ginomenoi gar ex autou trejomeJa par ekeinou.
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  18. oti hlion men epesthse toiV oloiV o dhmiourgoV, kai julaka auton eteuxe, keleuse te pasin anassein.
    Proclus.

    Man pflegte sie deswegen zu grüßen:
    - pathr pontou, pathr aihV,
        hlie paggenetor, panaiole cruseojeggeV.

    Macrobius Saturnal I.; und in der alten Liturgie hieß sie: hlie pantokrator, kosmou pneuma, kormou dunamis, kosmou jwV.
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  19. Mir fällt hierbei ein, was Apollodorus vom Hercules erzählt, als er die beiden bekannten Säulen am Ende der Welt zu einem Mal seiner grand Tour hingestellt hatte und wieder heimkehrte: JermainomenoV de upo hliou kata thn poreian to toxon epi ton Jeon eneteinen. o de thn andreian autou JaumasaV cruseon edwke depaV, en v wkeanon dieprase.
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  20. kalon d' exw pragmatwn ecein poda.
    Euripides.
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  21. wV ouden esmen.
    Sophocles.
    - SkiaV onar anJrwpoi.
    Pindarus.
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  22. Orpheus im Suffimen Solis:
    panderkeV econ aiwnion omma,
    - tetrabamoisi possi coreuwn

    ist freilich nicht menschliche Gebärde. Zurück
     

  23. Jermainwn gar thn ghn atmida kai kapnon elkei.
    Julian über die Sonne.
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  24. terpousi liparai Foibon Onosjagiai sagt ein Pindari Scholiastes; Orpheus brachte lieber einen
    - piona moscon
    eiarinon Jaletonta nehnidoV oudati mhtroV

    de Lapidibus; aber Euer Lamm wird auch nicht verworfen werden, bringt nur oft eins, alter Schmeichler, und wenn Du einmal nicht hast, kannst Du bei mir holen. Zurück
     

  25. lissesJai epeessin apostada meilicioisi.
    Homerus.
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  26. esdie daimonie xeinwn kei terpeo.
    Homerus.
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  27. gastroV ouden hdion. ---
    exeiV d
    ' os' an jaghV te kai pihV mona,
    spodoi de t
    ' alla, periklehV, kodroi, kimwn.
    Sotion apud Neandrum.
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  28. dosiV oligh te jilh te.
    Homerus.
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  29. polloi gar posioV kai brwsioV eisin etairoi.
    Phocylides.

            Emoi d' apora gastrimargon
            makarwn tin' eipeion.
    Pindarus.
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  30. OutoV gar calkeion eV ouranon esthriktai.
    Orpheus.
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  31. soi de Jeoi tosa doien, osa jresi shsi menoinaV.
    Homerus.
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  32. poimainwn prapidessin.
    Proclus.
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  33. Oia gar morjh toiade kai h yuch.
    Aesopus.
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  34. auton d' ouc orow --
    pasin gar JnhtoiV Jnhtai korai eisin en ossoiV asJeneeV d
    ' ideein Dia.
    Orpheus.
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  35. Qeon men nohsai calepon, jrasai de adunaton.
    Hermes Trismegistus apud Justinum.
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  36. kai ou dhpou jhmi kata ton thV palaiothtoV logon, oti JeoV wn o hlioV, kai dhmiourgoV toude tou pantoV idiwV epitropeuei ton emjanh kosmon, all' oti ta aorata tou Jeou apo ktisewV kosmou toiV poihmasi nooumena kaJoratai hte aidioV autou dunamiV kai JeiothV.
    Dionysius Areopagita de Divinis Nominibus.
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  37. hniocoV pantoV kalou, adwrodokhtoV, agaJwn agaJwtatoV.
    Zoroaster apud Eusebium.
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  38. caire anax.
    Hymnus in Solem
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  39. oinon kai gala balle, kai udatoV aglaon eidoV.
    apud Eusebium.
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  40. mht' emoi meli, mhte melitta.
    Sappho apud Tryphonem grammaticum.
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  41. dwmata - kai - pionaV agrouV.
    Homerus.
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  42. taV de LioV balanouV kai amugdala sigaloenta.
    Hermippus.
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  43. par de gunh despoina lecoV porsune kai eunhn.
    Homerus.
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  44. - mhte kruoV mhJ' alioV - barunai.
    Bion.
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  45. wsper o hlioV ou perimenei litaV kai gohteiaV ina anateilh, all' euJuV lampei, kai proV apantwn aspazetai, outw mhde su perimene krotouV kai yojouV kai epainouV, in' eupoihshV, all' ekwnthV euergetei, kai isa tw hliw jilhJhsh.
    Epictetus.

    Lebt wohl, Vetter! Ich bin Euer Diener und Verehrer.
    Htoi men tode kalon akouemen estin aoidou
    Toioud
    ', oioV od' esti, SOFOIS enaligkioV audhn.
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