Ein anderer Edelmann hatte viel von Hinzelmann erzählen gehört und war begierig, selbst etwas von ihm zu erfahren. Als er nun nach Hudemühlen kam, ward sein Wunsch erfüllt, und der Geist ließ sich in dem Zimmer aus einem Winkel bei einem großen Schrank hören, wo etliche leere Weinkrüge mit langen Hälsen hingesetzt waren. Weil nun die Stimme zart und fein war und ein wenig heiser, gleich als spräche sie aus einem hohlen Gefäße, so meinte der Edelmann, er sitze vielleicht in einem dieser Krüge, lief hinzu, faßte sie und wollte sie zustopfen, um auf diese Weise den Geist zu erhaschen. Als er damit umging, fing Hinzelmann an überlaut zu lachen und sprach: »Hätte ich nicht vorlängst von anderen Leuten gehört, daß du ein Narr wärst, so könnte ich's nun selbst mit ansehen, weil du meinst, ich säße in den leeren Krügen, und deckst sie mit der Hand zu, als hättest du mich gefangen. Ich achte dich nicht der Mühe wert, sonst wollte ich dich schon witzigen, daß du eine Zeitlang meiner gedenken solltest. Aber ein wenig gebadet wirst du doch bald werden.« Damit schwieg er und ließ sich nicht wieder hören, solange der Edelmann da war; ob dieser hernach wirklich ins Wasser gefallen, wird nicht gemeldet, doch ist's zu vermuten.

Es kam auch ein Teufelsbanner, ihn auszujagen. Als dieser mit seinen Zauberworten die Beschwörung anhub, war Hinzelmann zuerst still und ließ nichts von sich hören, aber wie jener nun die kräftigsten Sprüche gegen ihn ablesen wollte, riß er ihm das Buch aus den Händen, zerstückelte es, daß die Blätter in dem Zimmer herumflogen, packte den Banner dann selbst und drückte und kratzte ihn, daß er voll Angst fortlief. Auch hierüber beklagte er sich und sprach: »Ich bin ein Christ wie ein anderer Mensch und hoffe selig zu werden.« Als er gefragt wurde, ob er die Kobolde und Poltergeister kenne, antwortete er: »Was gehen mich diese an? Das sind Teufelsgespenster, zu welchen ich nicht gehöre. Von mir hat sich niemand Böses, vielmehr alles Gute zu versehen. Laßt mich unangefochten, so werdet ihr überall Glück spüren: das Vieh wird gedeihen, die Güter in Aufnahme kommen und alles wohl vonstatten gehen.«

Laster und Untugenden waren ihm zuwider; einen von den Hausgenossen strafte er wegen seiner Kargheit oft mit harten Worten und sagte zu den übrigen, daß er ihn um seines Geizes willen gar nicht leiden könnte. Einem andern verwies er seine Hoffart, die er von Herzen hasse. Als einmal zu ihm gesagt wurde, wenn er ein guter Christ sein wolle, so müßte er Gott anrufen und die Gebete der Christen sprechen, fing er an, das Vaterunser zu sagen, und sprach es bis zur sechsten Bitte; die Worte »Erlöse uns von dem Bösen« murmelte er nur leise. Er sagte auch den christlichen Glauben her, aber zerrissen und stammelnd. Denn als er zu den Worten gelangte: »Ich glaube eine Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben«, brachte er sie mit heiserer und undeutlicher Stimme hervor, also daß man ihn nicht redet hören und verstehen konnte. Der Prediger zu Eickelohe, weiland Hr. Marquard Feldmann, berichtet, daß sein Vater um die Zeit der Pfingsten auf Hudemühlen zu Gast gebeten worden; da habe Hinzelmann den schönen Gesang: »Nun bitten wir den Heiligen Geist« wie eine Jungfrau oder ein junger Knabe mit sehr hoher und nicht unangenehmer Stimme bis ganz zu Ende gesungen. Ja, nicht allein diesen, sondern viele andere geistliche Gesänge habe er auf Verlangen angestimmt, besonders, wenn ihn diejenigen darum begrüßt, die er für seine Freunde gehalten und mit welchen er vertraulich gewesen.

Darum ward der Geist gewaltig bös, wenn man ihn nicht ehrlich und nicht als einen Christen behandelte. Einmal reiste ein Edelmann aus dem Geschlecht von Mandelslohe nach Hudemühlen. Er stand wegen seiner Gelehrsamkeit in großem Ansehen, war Domherr bei dem Stift Verden und Gesandter bei dem Kurfürst von Brandenburg und dem Könige von Dänemark. Als er nun von dem Hausgeist hörte, und daß er als ein Christ wollte angesehen sein, sprach er, er könnte nicht glauben, daß es gut mit ihm stehe, er müsse ihn vielmehr für den bösen Feind und den Teufel halten, denn Menschen solcher Art und Gestalt habe Gott nicht erschaffen, die Engel aber lobten Gott ihren Herrn und schirmten und schützten die Menschen; damit stimme das Poltern und Toben und die abenteuerlichen Händel des Geistes nicht überein. Hinzelmann, der während seiner Anwesenheit sich noch nicht hatte hören lassen, machte ein Geräusch und sprach: »Was sagst du, Barthold (also hieß der Edelmann)? Bin ich der böse Feind? Ich rate dir, sage nicht zuviel, oder ich werde dir ein anderes zeigen und dir weisen, daß du ein andermal ein besseres Urteil von mir fällen sollst.« Der Herr entsetzte sich, als er, ohne jemand zu sehen, eine Stimme sprechen hörte, brach die Rede ab und wollte nichts mehr von ihm hören, sondern ihn in seinen Würden lassen. Zu einer andern Zeit kam ein Edelmann, welcher bei Tisch, als er den Stuhl und den Teller für Hinzelmann sah, ihm nicht zutrinken wollte. Darüber beschwerte sich der Geist und sprach: »Ich bin ein so ehrlicher und guter Gesell als dieser: warum trinkt er mich vorüber?« Darauf antwortete der Edelmann: »Weiche von hinnen und trinke mit deinen höllischen Gesellen, hier hast du nichts zu schaffen!« Als Hinzelmann das hörte, ward er so heftig erbittert, daß er ihn bei dem Schnallriemen packte, damit er nach damaliger Sitte seinen Mantel unter dem Halse zugeschnallt hatte, nieder zur Erde zog und also würgte und drückte, daß allen Anwesenden angst wurde, er möchte ihn umbringen, und jener, nachdem der Geist von ihm abgelassen, sich erst nach einigen Stunden wieder erholen konnte. Wiederum reiste einmal ein guter Freund des Hausherrn bei Hudemühlen vorbei, trug aber Bedenken wegen des Hausgeistes, von dessen Schalkheit ihm vieles war erzählt worden, einzukehren und schickte seinen Diener, um zu melden, daß er nicht einsprechen könne. Der Hausherr ließ ihn inständig bitten, bei ihm die Mittagsmahlzeit zu nehmen, aber der Fremde entschuldigte sich höflich damit, daß er sich nicht aufhalten dürfte; doch setzte er hinzu, es errege ihm zu großen Schrecken, mit einem Teufelsgespenst an einem Tisch zu sitzen, zu essen und zu trinken. Bei dieser Unterredung draußen hatte sich Hinzelmann auch eingefunden, denn man hörte, nachdem sich der Fremde also geweigert, die Worte: »Warte, mein guter Geselle, die Rede soll dir schon bezahlt werden!« Als nun der Reisende fortfuhr und auf die Brücke kam, welche über die Meiße geht, stiegen die Pferde mit den vordern Füßen in die Höhe, verwickelten sich ins Geschirr, daß wenig fehlte, so wäre er mit Roß und Wagen ins Wasser gestürzt. Wie alles wieder zurechtgebracht war und der Wagen einen Schuß weit gefahren, wurde er zwischen Eickelohe und Hudemühlen auf ebener Erde in den Sand umgekehrt, doch ohne daß die Darinsitzenden weiteren Schaden nahmen.

Wie Hinzelmann gern in Gesellschaft und unter Leuten war, so hielt er sich doch am liebsten bei den Frauen auf und war mit ihnen gar freundlich und umgänglich. Auf Hudemühlen waren zwei Fräulein, Anna und Katharine, welchen er besonders zugetan war; ihnen klagte er sein Leid, wenn er war erzürnt worden, und führte sonst allerhand Gespräche mit ihnen. Wenn sie über Land reisten, wollte er sie nicht verlassen und begleitete sie in Gestalt einer weißen Feder allenthalben. Legten sie sich nachts schlafen, so ruhte er unten zu ihren Füßen auf dem Deckbett, und man sah am Morgen eine kleine Grube, als ob ein Hündlein da gelegen hätte. Beide Fräulein verheirateten sich nicht, denn Hinzelmann schreckte alle Freier ab. Manchmal kam es so weit, daß eben die Verlobung sollte gehalten werden, aber der Geist wußte es doch immer wieder rückgängig zu machen. Den einen, wenn er bei dem Fräulein seine Worte vortragen wollte, machte er ganz irre und verwirrt, daß er nicht wußte, was er sagen wollte. Bei dem andern erregte er solche Angst, daß er zitterte und bebte. Gemeinlich aber machte er an die gegenüberstehende weiße Wand eine Schrift mit großen goldenen Buchstaben ihnen vor die Augen: »Nimm Jungfer Anne und laß mir Jungfer Katharine.« Kam aber einer und wollte sich bei Jungfer Anne beliebt machen und um sie werben, so veränderte sich auf einmal die goldene Schrift und lautete umgekehrt: »Nimm Jungfer Katharine und laß mir Jungfer Anne.« Wenn sich jemand nicht daran kehrte und bei seinem Vorsatz blieb und etwa im Hause übernachtete, quälte er ihn so und narrte ihn im Dunkeln mit Poltern, Werfen und Toben, daß er sich aller Heiratsgedanken entschlug und froh war, wenn er mit heiler Haut davonkam. Etliche hat er, wenn sie auf dem Rückweg waren, mit den Pferden über und über geworfen, daß sie Hals und Beine zu brechen meinten und nicht wußten, wie ihnen geschehen. Also blieben die zwei Fräulein unverheiratet, erreichten ein hohes Alter und starben beide innerhalb acht Tagen.

Einmal hatte eine dieser Fräulein von Hudemühlen einen Knecht nach Rethem geschickt, dies und jenes einzukaufen. Während dessen Abwesenheit fing der Geist in dem Gemache der Fräulein plötzlich an wie ein Storch zu klappern und sprach dann: »Jungfer Anne, heut magst du deine Sachen im Mühlengraben wieder suchen!« Sie wußte nicht, was das heißen sollte, bald aber trat der Knecht ein und erzählte, daß er auf dem Heimritt unterwegs einen Storch nicht weit von sich sitzen gesehen, auf den er aus Langerweile geschossen. Es habe auch nicht anders geschienen, als ob er ihn getroffen, der Storch aber wäre dennoch sitzengeblieben und, nachdem er angefangen laut zu klappern, endlich fortgezogen. Nun zeigte sich, daß Hinzelmann das gewußt, bald aber traf auch seine Weissagung ein. Der Knecht, einigermaßen berauscht, wollte sein von Schweiß und Staub bedecktes Pferd rein baden und ritt es in das vor dem Schloß liegende Mühlenwasser, verfehlte aber in der Trunkenheit des rechten Orts, geriet in einen tiefen Abgrund, und da er sich nicht auf dem Pferd erhalten konnte, fiel er hinab und ertrank. Die geholten Sachen hatte er noch nicht abgelegt, daher sie samt dem Leichnam aus dem Wasser mußten herausgesucht werden.

Auch andern hat Hinzelmann die Zukunft vorausgesagt und sie gewarnt. Es kam ein Oberster nach Hudemühlen, der bei dem König Christian III. von Dänemark in besonderen Ansehen stand und in den Kriegen mit der Stadt Lübeck tapfere Dienste geleistet hatte. Dieser war ein guter Schütze und großer Liebhaber der Jagd, also daß er manche Stunde damit zubrachte, in dem umliegenden Gehölze den Hirschen und wilden Sauen nachzustellen. Als er sich eben wieder zu einer Jagd bereitete, kam Hinzelmann und sprach: »Thomas (das war sein Name), ich warne dich, daß du im Schießen dich vorsiehst, sonst hast du in kurzem ein Unglück.« Der Oberst achtete nicht darauf und meinte, das hätte nichts zu bedeuten. Wenige Tage hernach, als er auf ein Reh losbrannte, zersprang die Büchse von dem Schuß und schlug ihm den Daumen aus der linken Hand. Wie es geschehen war, fand sich gleich Hinzelmann bei ihm und sprach: »Sieh, nun hast du's, wovor ich dich gewarnt; hättest du dich diese Zeit über des Schießens enthalten, der Unfall wäre dir nicht begegnet.«

Es war ein andermal ein Herr von Falkenberg, auch ein Kriegsmann, zum Besuch auf Hudemühlen angelangt. Da er ein frisches und fröhliches Herz hatte, fing er an, den Hinzelmann zu necken und allerhand kurzweilige Reden zu gebrauchen. Dies wollte dem Geist in die Länge nicht gefallen, sondern er begann sich unwillig zu gebärden und fuhr endlich mit den Worten heraus: »Falkenberg, du machst dich jetzt trefflich lustig über mich, aber komm nur hin vor Magdeburg, da wird man dir die Kappe ausbürsten, daß du deiner Spottreden vergessen wirst.« Der Edelmann erschrak, glaubte, daß mehr hinter diesen Worten stecke, brach die Unterredung mit Hinzelmann ab und zog bald darauf fort. Nicht lange nachher begann die Belagerung von Magdeburg unter dem Kurfürst Moritz, wobei auch dieser Herr von Falkenberg unter einem vornehmen deutschen Fürsten zugegen war. Die Belagerten wehrten sich tapfer und gaben Tag und Nacht mit Doppelhaken und anderm Geschütz Feuer, und es traf sich, daß diesem Falkenberg von einer Falkonettkugel das Kinn ganz hinweggeschossen wurde und er drei Tage darauf, nach den größten Schmerzen, an dieser Wunde starb.


Vorige Seite Titelseite Nächste Seite