Sulpicius. Fabrice.
Fabrice. So schliffst du leider denn den harten
Todes-Schlaff?
Der dich so sanfft umbfing / als uns der Donner traff /
Der mit getheiltem Stral / auff aller Hertz ankommen /
Vnd aller Lust mit dir von diser Welt genommen /
So starrt die tapffre Faust! das libreich Angesicht /
Vergeht! und du verfällst / wie ein Cristall zerbricht /
Das mit der Sonnen Stral / wenn er sich drein gefunden /
Vnd es zurück ihn schickt die Sonn' offt überwunden.
Wie irr' ich! haucht der Mund / ists Wahn? Rührt sich die
Leich?
Was fürcht ich / was ich wüntsch? Jch schaw der Wangen
bleich
Vergeht in neue Röth. O Himmel! kans geschehen?
So last den müden Geist / diß neue Wunder sehen?
Die Brust klopfft / O! die Wärm entsteckt der Seelen Hauß
Vnd theilet sich gemach / durch alle Glider aus.
Er wirfft die Augen auff / kan Libe wol das Leben /
Dem / der so standhaft dint / aufs neue wieder geben?
Wie? Oder ruffen ihn der Chloris heisse Blick?
Vnd bittre Thränen woll aus Ditis Klufft zurück?
Sulpit. O Chloris! bist du fort / wie ist mir
doch geschehen /
Fabric. Jsts müglich / O mein Herr / kan
ich ihn lebend sehen /
Sulpit. Wie? Lebend. Bin ich denn vor deinen
Augen tod?
Fabric. Wer zweiffelt / ausser mir / der ihn
seh ausser Noth.
Sulpit. Wol / was geheim ist diß? Was
Noth hält mich gefangen?
Fabric. Man glaubt durchaus er sey in Ohnmacht
vor vergangen /
Sulpit. Jn Ohnmacht! ich weis nichts daß
Ohnmacht auff mich kam.
Fabric. Weiß nicht mein Herr wie er von
allen abschid nam?
Wie jhn Levin betraur? Wie hoch sich Chloris gräme?
Cornelie beklag und ob dem Vorsatz schäme?
Sulpit. Es kommt / als träumend / mir etwas
dergleichen vor /
Fabric. Auch daß er von der Frucht die
Citronat erkor /
Er hatte sie kaum recht in seine Faust bekommen:
Als plötzlich sein Verstand / durch Jrrthum eingenommen
Jn frembde Wort ausfil. Biß er sie von sich schmiß /
Vnd unter aller Angst den müden Geist ausblis.
Wir unterlissen nichts / mit räuchern / reiben / stärcken /
Vmbsonst. Man kont an ihm / kein Lebens-Füncklein mercken.
Levin stund gantz erstarrt. Cornelie verfloß
Jn eine Thränen-Bach / als Chloris auff die Schoß /
Der lebend-todten sanck. Mit kurtzem: Sie beginnen /
Wie morgen seiner Leich Ehr an zu thun / zu sinnen.
Sulpit. Wer wüntschte letzten Schmuck nicht
von so lieber Hand?
Doch weil des Himmels Schlus mich aus dem Todten-stand
Jn neues Leben setzt / muß keine Zeit verrinnen.
Man suche von grund aus die Mutter zu gewinnen /
Was zu Levinus Heil und Chloris Rettung gilt.
Du weist daß man aus Wachs mein lebhafft Ebenbild /
Durch höchste Kunst bereit. Man leg' es auff das Bette /
Biß ich mich wieder stell' und uns aus Argwohn rette.
Doch wüntscht ich den Levin wol auff ein Wort zu mir
Daß man mit besserm Rath das gantze Werck ausführ.
Fabrice. Mein Herr / da er befihlt / eil ich
ihn her zu bringen /
Sulpit. Wohl / geh / wenn Libe würckt /
kan auch der Todt nicht zwingen.
Cassander. Fabrice.
Cassand. Ie viens pour mon supplice. Jn dem
Monsieur mich schickt /
Pour garder ceste Leich, quel homm' hat je entrückt
Un miserable mort? Et quelle Compagnie?
Zu wachen entre deux? Der ein ist nicht en vie.
Et l' autre est sans raison. Fabric. Hör
ich Cassandern nicht?
Cassand. Was mehr? je marche allein bey Nacht
/ und sonder Licht.
La nuict est niemands Freund. Auch hab ich hören sagen /
Vil ding das sich avec Phantômes zugetragen.
Fabrice. Glückt mir mein Anschlag nur:
So solst du bald verstehn:
Daß nicht vor Thoren gutt / zu vil bey Nacht umgehn.
Recht / er wolt in die Leich vorhin mit Nadeln stechen:
Jch wil an statt der Leich / mich hurtig an ihm rächen.
Cassand. Mais qu'est ce que m'alarme, es ist
umb une Nacht.
Die schon plus qu' a demy mit lauffen durchgebracht.
Fabrice. Was gilts / du solst auch noch die
ander Helfte lauffen.
Cassand. Dörfft in dem finstern auch quelqu'un
sich mit mir rauffen?
Fabrice. Genung / wir wollen sehn / was bey
dem Werck zu thun.
Cassand. Was rauscht? Möcht auch Sulpice
sur sa lietiere ruhn.
I' entens quelq' un' qui va? Fabrice. C' est
moy! Cassand. Ha! c' est Sulpice?
Jch zitter! Fabrice. Impudent. Va monstre, plein
de vice!
Cassand. Herr Geist! Ha! c'est assetz! ha! laissetz
moy aller.
Fabrice. C' est ce que ton supçon me
sembloit meriter.
Er laufft! nun das geht wol! es ist nach Wuntsch geschehn /
Daß er mich vor den Geist im dunckeln angesehn.
Levin. Cornelia. Chloris. Cassander.
Vor der Cornelie Behausung.
Cornelia. Wir bleiben Herr Levin vor dis Geleit
verpflicht.
Levin. Ach! meine Schuldigkeit kennt solche
Worte nicht.
Chloris. Kennt iemand etwas nach so traurigem
Verlust?
Cornelia. Ein ewig-neues Leid beklemmt mein
enge Brust /
Levin. Sulpice wird nicht mehr durch Thränen
wider bracht.
Chloris. Drumb gab er uns auf stets so traurig
gute Nacht.
Cornelia. Ach wer entdeckt mir doch / was er
noch bitten wolt?
Levin. Villeicht daß sie sich nicht zu
sehr betrüben solt.
Cornelia. Ach nein / er warnt und bat / so nehme
sie in acht
Gilt ja mein bitten noch! stand es in meiner Macht!
Vnd wäre was es war. Es blieb ihm unverzagt.
Chloris. Zu spät / itzt klagen wir / weil
er zuvor geklagt.
Cornelia. Sein sterbend Antlitz kommt mir nimmer
aus dem Sinn.
Levin. Noch mir / ob leider wol mein treuster
Freund dahin.
Chloris. Mir ist er nicht dahin! sein Geist
lebt noch in mir.
Cornel. seit abw. Wenn es ohn meine Schuld
/ Er lebte noch mit ihr.
Cassand. Helas, mon maistre! Helas. Levin.
Was schreyst? Wo kommst du her?
Cassand. Un mort! un mort, un mort, Levin.
Wird dir der Kopff zu schwer?
Was ists? Cassand. Jch habs gesehn. I' ay veu
marcher un ombre.
Levin. Was sagst du? Cassand.
Ja mein Herr! fort long & triste & sombre.
Levin. Du schwermst von Trunckenheit. Cassand.
Les cheveux herissez.
Ouy Monsieur! c' est Sulpice! il frappe! il parle ô Weh /
Cornelia. Was gibt er vor? Mein Herr. Cassand.
I' ouy avec mein Ohren.
Levin. Jch halt / er habe Sinn' / Witz und Verstand
verloren.
Cassand. Nenny mein Herr / ma Dame i' ay veu
Sulpices Geist /
Il erre dans la ville, il cherche, il schlägt / er reist.
Fort tristement vestu d' un long drap mortuaire
Schaut / wie er mich gemahlt. Levin. Schweig
Thor. Cassand. Que vay je faire.
Jch rede veritez. Levin. Wer weiß? Welch
leichter Tropff
Dir bey der dunckeln Zeit den Wein-dampff-vollen Kopff
Wie du verdint / zubläut? Cassand. Jch
tranck mein Herr nicht goutte.
Cornelia. Wie wird mir bey dem Werck so unversehns
zu Mutte?
Chloris. Was bildet ihm mein Geist bey disem
Zufall ein?
Levin. Es kan in Warheit nichts / denn Traum
und Schatten seyn.
Cornelia. Jch habe solchen Tand / in dem ich
lebt' verlacht.
Chlor. seit abw. Wenn das Gewissen nicht
zu ernster Rach erwacht.
Cornel. Mein Herr. Wo ihm belibt / so gönn'
er uns die Ehr /
Das man noch einst bey uns umbständlich ihn verhör.
Levin. Jch folg' und bin bereit / ihr wincken
zu vollnzihn /
Ja mich in jhrem Dinst unendlich zu bemühn.
Sulpice. Fabrice.
Jn Sulpices Behausung.
Sulpice. So ist Levin biß noch umbsonst
von dir gesucht?
Fabrice. Mein Herr / umbsonst! doch ist der
Gang nicht sonder Frucht.
Denn /wie ich umb mehr scheins / ein Traur-kleid umbgenommen /
Cassander aber mir bey Nacht entgegen kommen:
Verkennt er mich vor ihn / ja glaubt ich wär ein Geist /
Vnd rennt im schrecken fort / Sulpice. Sehr wol / der Zufall weist
Vns schon Gelegenheit: Den Anschlag auszuführen.
Man lasse selbst Levin nichts von dem Handel spüren.
Komm / bringe was mir Noth! damit ich mich bereit /
Vnd nicht durch säumnüß komm umb die bequemste Zeit.
O die du mächtig bist den Tod zu überwinden /
Laß traute Libe / mich / gewüntschten Ausgang finden.