Andreas Gryphius

Mitternacht

IV.

SChrecken / und Stille / und dunckeles Grausen / finstere Kälte bedecket das Land

Itzt schläfft was Arbeit und Schmertzen ermüdet/diß sind der traurigen Einsamkeit Stunden.

Nunmehr ist / was durch die Lüffte sich reget / nunmehr sind Menschen und Thire verschwunden.

Ob zwar die immerdar schimmernde Lichter / der ewig schitternden Sternen entbrant!

Suchet ein fleissiger Sinn noch zu wachen? der durch Bemühung der künstlichen Hand /

Ihm / die auch nach uns ankommende Seelen / Ihm / die anitzt sich' hir finden verbunden?

Wetzet ein bluttiger Mörder die Klinge? wil er unschuldiger Hertzen verwunden?

Sorget ein Ehren-begehrend Gemütte / wie zu erlangen ein höherer Stand?

Sterbliche! Sterbliche! lasset diß dichten! Morgen! Ach Morgen Ach muß man hinzihn!

Ach wir verschwinden gleich als die Gespenste / die umb die Stund uns erscheinen und flihn.

Wenn uns die finstere Gruben bedecket / wird / was wir wündschen und suchen zu nichte.

Doch / wie der gläntzende Morgen eröffnet / was weder Monde noch Fackel bescheint:

So / wenn der plötzliche Tag wird anbrechen / wird was geredet gewürcket / gemeynt.

Sonder vermänteln eröffnet sich finden vor des erschrecklichen GOttes Gerichte.