Andreas Gryphius

Ebenbild unseres Lebens

Auff das gewöhnliche Königs-Spiel

XLIII.

DEr Mensch das Spil der Zeit / spilt weil er allhie lebt.

Im Schau-Platz diser Welt; er sitzt / und doch nicht feste.

Der steigt und jener fällt / der suchte der Paläste /

Vnd der ein schlechtes Dach / der herrscht und jener webt.

Was gestern war ist hin / was itzt das Glück erhebt;

Wird morgen untergehn / die vorhin grüne Aeste

Sind numehr dürr und todt / wir Armen sind nur Gäste

Ob den ein scharffes Schwerdt an zarter Seide schwebt.

Wir sind zwar gleich am Fleisch / doch nicht von gleichem Stande

Der trägt ein Purpur-Kleid / und jener grabt im Sande /

Biß nach entraubtem Schmuck / der Tod uns gleiche macht.

Spilt denn diß ernste Spil: weil es die Zeit noch leidet /

Vnd lernt: daß wenn man von Pancket des Lebens scheidet:

Kron / Weißheit / Stärck und Gut / bleib ein geborgter Pracht.