Andreas Gryphius

Vber des HErrn Leiche

Bidermanni. Eheu! flebile funus

V.

ACh weh! was seh' ich hir? ein außgesträckte Leichen /

An der man von Fuß auff nichts unzerschlagen find't:

Die Seit / aus der das Blutt mit vollen Strömen rinn't

Die Wangen so von Schmertz in Todes-Angst erbleichen.

Wer hat dich so verletzt? Wer hat mit Geissel-Streichen

Gewüttet auff diß Fleisch? Welch grimmes Tygerkind

Hat Hand hir angelegt / als dise Glider sind

Mit Nägel gantz durchbort? Wem sol ich den vergleichen

Der deine zarte Stirn mit Dornen hat verschrenckt?

Wer hat / mein Bräutigam / mit Galle dich getränckt?

Ach! diß hat deine Lib und meine Schuld verübet.

Wen dise Libe nicht zu Wider-Libe zwingt /

Wem dises Jammerbild nicht Seel und Geist durchdringt /

Verdint / daß er empfindt was für und für betrübet.