|
ACh edle Flavia! ich weiß nicht wo ich bin / Ich schreib / und weiß nicht was / dein schertzen macht mir schmertzen / Dein stern der freundlichkeit reist meine freyheit hin / Du schickst mir einen brieff / und greiffst mir nach dem hertzen. Ach ein vergebner griff! du hast es ja bey dir / Und mir ist nur davon ein kleiner rest erlaubet; Denn seine schalen sind zwar / wie es scheint / bey mir / Du aber hast mir längst den kern davon geraubet. Ich schreibe sehr verwirrt: Denn wer so lebt / wie ich / Und ohne hertze schreibt / dem taumeln geist und sinnen. Verdirbt mir dieser brieff / so schrey ich über dich / Was solt ich ohne hertz itzt wohl vollbringen können? Doch schreib ich / wie ich kan / als sclave deiner hand; Die fehler meiner schrifft sind deine sieges-zeichen. Reicht Critons dienstbarkeit dir hier kein besser pfand / So denck / ein schwacher kan nicht / was er will / erreichen; Und rechte liebe will nicht reich verbrämet seyn / Sie will nicht allemahl mit purpur sich bedecken / Sie stellt nicht selten sich in schlechter kleidung ein / Und meynt / daß schminck und schmuck nicht zieren sonder flecken. Du aber / Flavia / gebrauchst verschwenderey / Du thust mir deine gunst durch einen brieff zu wissen / Und daß ich auch davon noch mehr versichert sey / So wilst du bald darauff mein schlechtes haus begrüssen. Ach freundin! das gelück und dessen freuden-fest Speist die verliebten offt mit leeren fleisch-pasteten / Und ob es seinen wein gleich etwas schmecken läst / So fließt er mehrentheils nur unsre lust zu tödten. Es drücket das gelück uns freundlich an die brust / Und kratzet unvermerckt bey falschen liebes-küssen / Es zeigt uns sein betrug den zucker reiner lust / Und raubt uns / als ein feind / die nahrungs-reichen bissen. Der krantz / den seine hand auff unsre scheitel setzt / Ist mehrentheils mit dorn und disteln unterwunden. Sein becher hat uns offt biß auff den tod verletzt; Nicht selten hat man hier ein spinnen-gifft gefunden. Ich rühr in meiner noth nicht fremden unfall an / Ich kenne das gelück und dessen falsche waren / Und wie sich dessen lust in list verstellen kan. Denn was ich hier berührt / das hab ich auch erfahren: Es stund mein treuer sinn in steiffer zuversicht / In meinem hause dich / als freundin / zu umfangen; Ach blumen ohne frucht! Ich armer fand dich nicht / Du warst zu meiner noth mir allzubald entgangen / Dein helles auge war vor mich ein donnerstrahl / Als ich / du weist ja wo / dich unverhofft erblickte / Kein pinsel kan allhier bezeichnen meine qual / Die tausend seufftzer dir nach deinem hertzen schickte. Mein größter kummer war zu bergen meine pein / Mein blut stund schon gerüst / verrätherey zu üben / Doch must ich in der noth als eiß gefrohren seyn. Wie übel paart sich doch behutsamkeit und lieben! Wie der verdruß hernach mir meinen tisch gedeckt / Wie nichts als Traurigkeit mir oben an gesessen / Wie bitter mir hierauf das mittags-mahl geschmeckt / Das kanst du / liebst du mich / auch vor dich selbst ermessen. Es schloß der unmuth mir die heisse kähle zu; Mich hätte der verdruß auch endlich selbst erstecket / Und läge wohl vielleicht itzt in der bleichen ruh / Wann nicht mein hofnungs-stern mich wieder auffgewecket. Ist eine wehmuth noch vor mich in dieser welt / So trockne / Flavia / mir meine nasse wangen; Du weist es / da mir doch kein ander tuch gefällt / Als das ich armer kan aus deiner hand erlangen. Schau meine liebe nicht als wollust-sprossen an / Die aus dem hertzen nichts als geile blüthe treiben / Du weist es / daß man auch vernünfftig lieben kan / Und lieb und tugend wohl Geschwister können bleiben. Ich schliesse meinen brieff / doch meine hoffnung nicht / Dich / liebste Flavia / in kurtzer zeit zu schauen; Und so der himmel uns nicht allen fürsatz bricht / So wollen wir ein haus von zucker-rosen bauen. Doch weil du rose bist, so will ich biene seyn / Die bienen mögen sich in blätter ja verstecken; Vielleicht fällt dir / wie mir / noch der gedancken ein / Daß bienen zwar ein blat berühren, nicht beflecken. |