|
DU sendest mir das blut von deinem mund und wangen / Und eine nelcke muß dein theurer bote seyn: Ich schaue zwar das blut auf weissen feldern prangen; Doch stellt die wärmde sich hier nicht als nachbar ein. Die negel ehr ich zwar mit mehr als tausend küssen / Ich bin dazu verpflicht / sie kommt auß deiner hand; Doch wil nichts feuchtes mir auf mund und lippen flüssen: Was geist und wärmde heist / ist ihr gantz unbekannt. Sie weiß mit honigthau mir nicht den mund zu netzen / Sie kennt das schmätzeln nicht und diß was züngeln heist / Sie weiß den purpur nicht auf meinen mund zu setzen / Ich fühle nicht was mich auf meine lippen beist. Sie weiß mir meinen mund nicht schlüpfrig aufzuschliessen / Die feuchte kützelung kennt diese nelcke nicht. Durch warmes böben kan sie keinen kuß versüssen / Weil nässe / geist und blut der nelcke stets gebricht. Doch kömmt die nelcke mir nicht leichtlich aus dem munde / Ich aber netze sie durch einen heissen kuß. Ach freundin! wünsche mir doch zeitlich diese stunde / Da mich entzücken kan dein reicher überfluß. Es reist mich aus mir selbst ein süsses angedencken / Was mir vor höflichkeit dein kuß hat angethan. Du wirst mir einen kuß bey dieser nelcke schencken / Und zeigen / daß dein mund mehr als die blume kan. |