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MEin Freund wo ist die Zeit da unsre grüne Jugend Die AnmuthsBluhmen brach und FreundschaftsAepfel laß / Als ich nicht weit von dir als Schul-Geselle saß / Erquicket durch den Saft der Wissenschaft und Tugend? Wir lebten dazumahl in einer süssen Ruh / Und schauten unberührt dem Weltgetümmel zu / Es machte Krieg und Pest uns gar geringen Schrecken. Die Einfalt hieng uns Schild und Giftbedämpfung an / Wir liessen KriegesRuff uns schlechte Furcht erwecken / Und zeigten wie man auch bey Unruh ruhen kan. Es war der Glockenklang bey etzlich tausend Leichen Uns ein gemeiner Schall / wir dachten / daß die Pest Wie grausam sie auch scheint noch Menschen übrig läst / Daß Glutt und Kugeln nicht durch iede Häuser streichen / Es war uns Troja mehr als Mantua bekandt / Und mehr das alte Rom als Eng- und Niederland / Es war uns Elb und Rein ein unbekanntes Wesen / Was bildeten wir uns nicht von der Tiber ein? Und was wir von Athen und von Corinth gelesen / Hieß Londen und Pariß geringe Flecken seyn. Wir schmeckten dazumahl den Frühling unsrer Jahre / Der kleinste Garten war vor uns ein Paradieß / Wir dachten das die Luft nur Rosen auf uns bließ / Es war der Bezoar uns unbekante Wahre. Auf unsrer Seiten gieng fast nichts als Freudigkeit / Vertrauligkeit und Lust verkürtzten uns die Zeit / Kein Unmuth kont in uns die FreudenCircul stören / Wir hielten Ja und Nein vor unsern grösten Schwur / Wir liessen keinen Glantz und Fürnüß uns bethören Und suchten nur allein der Einfalt reine Spur. Verdacht und Argwohn war entfernt von unsren Sinnen / Betrug das war vor uns ein Wort der neuen Welt / Ein Quintlein reiner Lust war unser LagerGeld / Kein Irrlicht fauler Brunst hat uns verleiten können / Ein Einfaltreiner Schertz war unser Zeitvertreib / Kein Schmuck deckt unsren Geist / kein Gold druckt unsren Leib / Glaß und auch Diamant war uns von gleicher Würde / Es hielt die Redligkeit den Hoff auf unsrer Brust / Es druckt uns dazumahl noch keine SorgenBürde / Kein Eyfer und Verdruß verpfeffert uns die Kost. Doch dieser Garten trug nicht süsse Lagerfrüchte / Verstand und Zeit zubrach das Wohnhaus unsrer Lust / Viel frembde Regungen beschwungen Geist und Brust / Und machten unser Thun wie leichten Schnee zunichte / Wir lernten daß der Zeug der Welt nicht Farbe hält / Daß Freud' als Stroh verstaubt / und Gunst wie Glaß zerfällt / Der Eydschwur nicht genung der Menschen Treu verbindet / Das keine Stunde recht der andern ähnlich ist / Daß sich Verdruß und Tod in Lust und Kost befindet / Und man bey Salbey Gift und Molchen hat erkiest. Es kitzelt' uns ein Trieb die frembde Luft zuschauen / Im reisen suchten wir das allerhöchste Gutt / Der Zeug' entfernt zuseyn bewegt uns Geist und Blut / Wir meinten dar und dort ich weiß nicht was zubauen / Wir bildeten uns ein / daß Weisheit und Verstand Uns nicht gewehret wird als nur durch frembde Hand / Daß nur der Künste Kern in frembden Schalen stecket / Daß andre Luft uns mehr als unsre witzig macht / Daß dieser Himmel nicht des Geistes Kraft erwecket / Und die Natur allein in frembden Orten lacht. Und diese HertzensLust war endlich auch gebüsset; Die alte Meisterin der Menschligkeit / die Zeit / Bewieß / daß der Genieß mit Eckel diß bestreut / Was uns die HoffnungsHand alleine hat versüsset. Wir schauten daß das Feld so Kunst und Weißheit hegt / Auch Wolfsmilch fauler Lust und FeindschaftsNesseln trägt / Daß fremde List sich auch zu fremden Sprachen setzet / Daß von der Zierligkeit oft Treu und Glauben weicht / Und manches schöne Land / so uns zusehr ergötzet / Vor reine Lilien auch Kröten überreicht. Wir kamen / du von Nord / und ich von Ost zurücke / Das scharffe KriegesSchwerd verschrenckt uns unsern Lauff / Die allgemeine Noth hub unsre Reisen auff / Wir schauten nichts vor uns als jammerreiche Blicke / Wir funden manche Stadt in Ziegelgrauß verkehrt / Das Feld unangebaut die Dörffer gantz verhert / Dem Pfluge war verwehrt den Acker zu bestreichen / Und solcher Anblick bließ uns diese Wörter ein: Der MenschenLeben ist den Büchern zuvergleichen / Da schwartzer Noten viel / und weiser wenig seyn. Wir dachten / daß die Zeit so uns mit Feuer dreuet / So mit dem Donner schreckt und alles traurig macht / In einem Augenblick aus trüben Wolcken lacht / Und durch den Gegenschein der Wolfahrt uns erfreuet. Daß vieler Wochen Angst durch Freude kan vergehn / Daß Lust und Unlust hier in stetem Wechsel stehn / Daß dieser Welt Verdruß sich endlich läst vertreiben: Die Hoffnung bleibet doch das Labsal unser Noth: Weil wir in Pilgramschaft des Lebens müssen bleiben / So reicht die Hoffnung uns das beste ReiseBrodt. Wir liessen uns allso den Schluß des Himmels leiten / Der uns geführet hat durch Berge See / und Land / Wir unterworffen uns desselben starcken Hand / Die uns alleine kan den Ehrenstul bereiten. Wir lachten manchesmahl bey nicht zu gutem Spiel / Wir dachten wer verkehrt / diß / was der Himmel wil? Wir liessen die Geduld des Geistes Pflaster werden / Das Wetter schauten wir mit steiffen Augen an / Wir wusten das der Blick von traurigen Geberden Uns nur verächtlich macht / und nichts verbessern kan. Es mehrten dergestalt sich auch zugleich die Jahre / Doch mit Verminderung der Freudigkeit und Ruh / Es wuchs uns nach und nach der Kräften Abfall zu. Das Alter bleibet doch der Aufboth zu der Bahre. Die Sorgen bauten auch ihr Zeughauß bey uns auf / Der Freudigkeit verschloß der Unmuth ihren Lauff / Die Kranckheit zeigte sich in Lenden / Haubt und Beinen / Es war vor uns nicht mehr ein gantzer Feyertag Es plagten dich und mich nicht selten Sand und Steine / Doch mehr der Sorgen-Grieß / so uns im Geiste lag. Die Nacht von der Natur zur Ruhzeit uns geschencket / So fast der gantzen Welt Entledigung verspricht / Schloß uns die Augen zwar / doch unsern Kummer nicht / Wie hat bey kurtzem Schlaff uns mancher Traum gekräncket? Die Nacht ist ins gemein der Angst Vergrössungs-Glaß / Viel wachte bey uns auf / was sonst entschlaffen saß. Wie manches Trauerspiel entspann sich in Gedancken / Wir seufzten biß das Licht der goldnen Sonne schien / Sie rieß uns der gestalt zwar aus der Nächte Schrancken / Doch nahm sie nicht ein Loth von unsrem Kummer hin. So taumeln wir mein Freund auf dieses Lebens Wegen / Biß uns der Wolfahrt Ost und unsrer Sorgen West / So man das Sterben heist aus schweren Fesseln läst / Und unser Fuß entweicht den Dornen-reichen Stegen. Wer ist es der allhier der rechten Ruh geneust / Eh als des Todes Hand ihm seine Lippen schleust / Und läst uns in die Schoß der alten Mutter kommen? Dann diß / was uns alhier / Aug / Ehr und Mund erfreut / Heist zu dem Morgengruß auch bald den Abschied kommen / Und ist mit Gall erfüllt und Wehmuth überstreut. Du hast numehr den Port der rechten Ruh erreichet / Bist aller Noth befreyt / und deines Lebens Kahn Befällt kein harter Sturm und greift kein Wetter an / So uns von Ost und West bey Tag und Nacht bestreichet / Kein kalter Kummer-Wind / kein heisser Donnerschlag / Beblitzet dir die Nacht / verdunckelt dir den Tag / Du lebst numehr befreyt vor Jammer / Angst und Schrecken / Die Sonne wil dir nicht wie vormahls untergeh'n / Dich wil die Sicherheit mit ihrem Schilde decken / Und nichts als Freudigkeit an deiner Seite stehn. Die deutsche Redligkeit / die Anmuth der Geberden / Die edle Fähigkeit / der Dinge Wissenschaft / Der Zunge Fertigkeit / der Feder Wunder-Kraft / Kan nicht wie Haut und Bein zu dünnem Staube werden. Dein Angedencken lebt in tausend Menschen Geist / So diß der Afterwelt zuschencken sich befleist / Dein EhrenRuhm entreist des Todes festem Netze / Er steiget über sich / kennt nicht den Sturm der Zeit / Ist niemahls unterthan der Sterbligkeit Gesetze / Und ist der Seelen gleich von ihrem Spruch befreyt. Du bleibest beygesetzt in deiner Freunde Hertzen / Die Ehrensäule hat die Tugend dir gestift / Dein From und Redlichseyn wird dir zur Grabeschrift / Und keine Zeit verlescht die hellen EhrenKertzen. Was Zung' und Feder hat vor Rath und Stadt gethan / Macht daß man deiner nicht so bald vergessen kan / Man wird dein Ehrenlob den späten Zeiten zeigen / Weil in der Erdenschoß der Moder dich zerfällt / So wird dein TugendRuff der Sonne gleiche steigen / Wo das gestirnte Heer so fleißig Wache hält. Die Tugend balsamirt der Menschen Angedencken / Das Opium der Zeit schläft auch nicht alles ein / Der gute Leumundt weiß von keinem Grabestein / Und läst sich nicht so leicht als Haut und Bein versencken. Die Säulen durch den Geist der Menschen aufgericht / Frist nicht der Jahre Frost / zermalmt das Alter nicht. Des Wolverhaltens Baum läst keine Blätter fallen / Es trotzt sein edler zweig die rauhe WintersZeit / Er scheuet keinen Reif und keines Donners Knallen / Und seine Früchte seyn ein Bild der Ewigkeit. Kan gleich dein Nahme nicht der Sternen Rey vermehren / Kan er dem Perseus nicht nechst an der Seite stehn / Und neben dem Mercur nicht auf und nieder gehn / Sol deiner Strahlen Glantz nicht Mohrenland verehren / So schadet dieses nicht / das hat der Heyd erdacht / So Dieb' und Mörder oft zu Gott und Sternen macht. Der Sternen goldnes Haubt wird Assig übersteigen / Es schmeltzt Orion doch durch jenem letzten Brand / Und wann kein Cepheus mehr sich wird im Himmel zeigen / So bleibt dein Nahme noch verwahrt in Gottes Hand. Mein Freund bleib wo du bist / geneuß der süssen Stunden / Dein edle Seele schaut der Strahlen Uberfluß / Vor der die Sonne selbst verdunckelt werden muß / Und ohne derer Licht sich hat kein Licht gefunden. Vor Galle schmeckst du itzt / die süsse HimmelsKost / Vor KummerDorn umschleust dich Rosensanfte Lust / Du fühlst nicht mehr den Sturm der Wundertrüben Zeiten / Mein Freund bleib wo du bist / dich stöst kein Unfall an / Du kanst auf Lilien und Tuberosen schreiten / Wol dem / der diese Welt / wie du / verwechseln kan. Allso begleit ich nun des Liebsten Freundes Bahre / Und mich begleitet nichts als Unmuth und Verdruß / Dadurch die Menschligkeit sich meistern lassen muß / Und immer schwerer wird bey Wachsthum unsrer Jahre. Den Zucker dieser Welt hab ich genung geschmeckt / Ich weiß das vielmahls Gift in süssen Mandeln steckt / Das Frucht und Bäume seyn umzirckt mit gelben Schlangen / Der Grundstein unsrer Lust ist nichts als Schminck und Schein / Ich lasse dieser Welt ihr Reichthum und ihr Prangen / Und wüntsche halb bey Gott und halb verscharrt zuseyn. |