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Fünf Tage nur, Mäcen, versprach ich dir auf meinem Gütchen frische Luft zu schöpfen, nun läßt den ganzen Erntemonat durch der lügenhafte Mensch vergebens sich erwarten! Und gleichwohl, wenn du gerne mich gesund und guten Mutes sehn willst, wirst du schon die Nachsicht, die du mit dem Kranken trügest, dem krank zu werden Fürchtenden so lange zustatten kommen lassen, als die Hitze die erste Feige reifet, und der Designatora) mit seinem Zug von schwarzen Amtstrabanten zu Rom die große Rolle spielt1); die Zeit, wo jeder Vater, jedes Mütterchen für seine Kinder zittert, und die eifrige Geflissenheit, Patronen und Klienten2) genug zu tun, von bösen Gallenfiebern begleitet wird, und Testamente öffnet. Und kaum ist diese böse Zeit vorüber, so, weißt du, geht für deinen armen Dichter schon eine andre an. Denn, wie der erste Reif | Quinque dies
tibi pollicitus me rure futurum, Sextilem totum mendax desideror. Atqui si me vivere vis recteque videre valentem; quam mihi das aegro, dabis aegrotare timenti, <5> Maecenas, veniam; dum ficus prima calorque designatorem decorat lictoribus atris; dum pueris omnis pater et matercula pallet, officiosaque sedulitas et opella forensis adducit febres et testamenta resignat. | |
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die Felder Albas weißt, so muß er nach der wärmern Küsteb) ziehn, und taugt nun sonst zu nichts, als sich zu schonen, und, zusammen- geschrumpft, die langen Nächte sich mit Lesen zu kürzen. Aber mit dem ersten milden Lüftchen, der ersten Schwalbe, kommt er, süßer Freund, wenn du's erlaubst, dich wieder zu besuchen. Du hast mich so nicht reich gemacht, wie ein Calabrier den Gast von seinen Birnen zu essen nötigt. »Lang' er zu, Herr Nachbar!« »Ich habe satt.« »So steck' er immer ein, so viel er will!« »Ich danke schönstens.« »I! So nehm' er doch! Er kanns ja seinen Kleinen zum Gruß nach Hause bringen.« »Sehr verbunden! Es soll so sein, als ob ich schwer beladen entlassen worden wäre.« »Wie's beliebt! Uns spart er nichts, es bleibt nur für die Schweine.« So gibt die plumpe unverständige Gutherzigkeit mit vollen Händen weg, | <10> Quod si bruma nives
Albanis illinet agris ad mare descendet vates tuus, et sibi parcet, contractusque leget. Te, dulcis amice, reviset cum Zephyris, si concedes, et hirundine prima. Non quo more piris vesci Calaber iubet hospes, <15> tu me fecisti locupletem. »Vescere sodes!« »Iam satis est.« »At tu quantumvis tolle!« »Benigne.« »Non invisa feres pueris munuscula parvis.« »Tam teneor dono quam si dimittar onustus.« »Ut libet; haec porcis hodie comedenda relinquis.« <20> Prodigus et stultus donat quae spernit et odit, | |
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was keinen Wert in ihren Augen hat; und dies ist eine Saat, die immer Undankbare getragen hat und ewig tragen wird3). Ein Biedermann steht jedem Würdigen zu Dienste, aber weiß doch auch Lupinenc) und blankes Geld sehr gut zu unterscheiden. Auch ich will eines Freundes, der so viel um mich verdient, mich immer würdig zeigen. Doch, sollt' ich niemals mich entfernen dürfen, so müßtest du die Jugendstärke auch mir wiedergeben können und den Busch von schwarzen Locken um die schmale Stirned), den leichten Witz, die frohe Laune wieder mir geben können, der das Lachen ansteht, und machen, daß mirs noch, wie ehmals, ziemte, beim Trinkgelag die Flucht des Schelmenmädchens, das heimlich sich davon schlich, zu bejammern4). Es war einmal ein Mäuschen, das in einen | haec seges ingratos tulit
et feret omnibus annis. Vir bonus et sapiens dignis ait esse paratus, nec tamen ignorat quid distent aera lupinis. Dignum praestabo me etiam pro laude merentis. <25> Quod si me noles umquam discedere, reddes forte latus, nigros angusta fronte capillos, reddes dulce loqui, reddes ridere decorum et inter vina fugam Cinarae maerere protervae. Forte per angustam tenuis nitedula rimam | |
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Getreidekasten sich durch eine kleine Spalte hineingeschlichen und sich dick und rund darin gefressen hatte: aber wie es wieder heraus sich pressen wollte, war's umsonst. Da rief ein Wiesel ihm von ferne zu: »Mein gutes Mäuschen, zu entfliehn ist hier ein einzig Mittel; mager schlüpftest du hinein, nun schlüpfe mager wieder 'raus.« Gilt diese Fabel mir, so geb' ich alles wieder. Denn, wenn ich mir den guten derben Schlaf der Armen lobe, so geschieht's nicht, weil ich satt von Gänselebern und Pularden bin, noch würd' ich meine unumschränkte Muße um alles Gold Arabiens vertauschen. Oft hast du meine leicht genügsame Bescheidenheit gerühmt; auch bist du es an mir gewohnt mein König und mein Vater zu heißen, und ich bin nicht sparsamer mit solchen Namen, wenn du ferne bist. Versuch es, ob ich, was du mir geschenkt, mit frohem Mut zurück dir geben könne! Nicht übel spricht dort Telemach, der Sohn des duldsamen Ulysses: »Ithaka | <3o> repserat in cumeram
frumenti, pastaque rursus ire foras pleno tendebat corpore frustra: cui mustela procul: »Si vis«, ait, »effugere istinc, macra cavum repetes artum, quod macra subisti.« Hac ego si compellar imagine, cuncta resigno; <35> nec somnum plebis laudo satur altilium, nec otia divitiis Arabum liberrima muto. Saepe verecundum laudasti, rexque paterque audisti coram, nec verbo parcius absens: inspice si possum donata reponere laetus. <40> Haud male Telemachus, proles patientis Ulyssei: | |
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taugt nicht zur Pferdezucht, es mangelt uns an weiten Ebnen und an guter Weide; behalt', Atride, dein Geschenk, du kannst es besser nützen.« Einem kleinen Manne, wie ich, paßt nur, was klein ist, an. Mir ist das königliche Rom zu groß; dafür gefällt das leere Tibur mir, das ruhige Tarent5). Der edle Marcius Philippus war bekanntlich einer der beredtesten und rechtsgelehrt'sten Männer seiner Zeit6). Einst, da er um die achte Stunde7) von Geschäften nach Hause ging, und als ein ziemlich schon bejahrter Mann den weiten Weg vom Markte nach seiner Wohnung auf Carinä8) sehr beschwerlich fand, erblickt' er, sagt man, einen nicht allzu glatt Geschornen, der in eines leeren Barbierschopfs Schatten sehr gelassen sich mit einem Messerchen die Nägel putztee). | »Non
est aptus equis Ithacae locus, ut neque planis porrectus spatiis, neque multae prodigus herbae: Atride, magis apta tibi tua dona relinquam.« Parvum parva decent: mihi iam non regia Roma <45> sed vacuum Tibur placet, aut imbelle Tarentum. Strenuus et fortis causisque Philippus agendis clarus, ab officiis octavam circiter horam dum redit atque foro nimium distare Carinas iam grandis natu queritur, conspexit, ut aiunt, <50> adrasum quendam vacua tonsoris in umbra | |
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»Geh,« spricht Philipp zum Sklaven, der ihm folgte und in die Launen seines Herrn nicht übel sich zu schicken wußte, »geh, Demetrius, frag und bringe mir die Antwort, wer er sei? Was für ein Landsmann? Welchen Standes? Wie sein Vater heiße oder sein Patron?« Der Diener geht und bringt die Nachricht, Mena Vulteius nenn' er sich, sei seines Zeichens ein Ausrufer, steure wenig, übrigens ein wohlbekannter unbescholtner Mann, betriebsam wo was zu verdienen sei, um sich dafür in müß'gen Stunden wieder mit frohen Brüdern seines Sinns und Standes am eignen Herde was zulieb zu tun; versäume nebenher nicht leicht ein Schauspiel, und stelle immer, nach geendigten Geschäften, richtig sich im Marsfeldf) ein. | cultello proprios purgantem leniter ungues. »Demetri« (puer hic non laeve iussa Philippi accipiebat) »abi, quaere et refer, unde domo, quis, cuius fortunae, quo sit patre, quove patrono?« <55> It, redit et narrat: Vulteium nomine Menam, praeconem, tenui censu, sine crimine notum, et properare loco et cessare et quaerere et uti, gaudentem parvisque sodalibus et Lare certo, et ludis et post decisa negotia Campo. | |
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»Das alles muß ich von ihm selber hören. Sag ihm, er soll zum Essen zu mir kommen!« Mein Mena stutzt, wie er den Antrag hört; das kann nicht Ernst sein, denkt er, da muß was dahinter stecken! kurz, der Mann bedankt sich, und schleicht davon. »Er will nicht kommen, sagst du?« »Nicht anders; aus zu wenig oder aus zu viel Respekt beharrt der Schuft darauf, er komme nicht.« Den nächsten Morgen trifft Philippus seinen Mann in einem Kreise von Linnenkittelng) an, der ihnen Trödel verkauft, geht auf ihn zu und grüßt ihn. Jener entschuldigt sich mit unversäumlichen Geschäften, daß er heute früh nicht aufgewartet, Und bittet um Verzeihung, ihn nicht gleich gesehn zu haben. »Soll ich dir verzeihn, so ists auf die Bedingung, daß du heut mein Gast zu sein versprechest.« »Auf Befehl!« »So komm nach zwei! Indessen treibe dein | <60> »Scitari
libet ex ipso quaecumque refers, dic ad cenam veniat.« Non sane credere Mena, mirari secum tacitus. Quid multa? benigne, respondet. »Neget ille mihi?« »Negat improbus et te negligit aut horret.« Vulteium mane Philippus <65 > vilia vendentem tunicato scruta popello, occupat et salvere iubet prior. Ille Philippo excusare laborem et mercenaria vincla quod non mane domum venisset, denique quod non providisset eum. »Sic ignovisse putato <70> me tibi, si cenas hodie mecum.« »Ut libet.« »Ergo | |
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Geschäft, und Glück zu einem guten Zug!« Mein Mena stellt sich ein, schwatzt, was sich schickt und nicht schickt, läßt sichs trefflich wohl belieben, und wird, sein Räuschgen auszuschlafen, endlich nach Haus geschickt. Von nun an schwamm der Fisch von selbst dem unsichtbaren Hamen zu. Vultej, der alle Morgen als Klient im Vorgemach und richtig jeden Abend sich bei Tafel einfand, kriegt zuletzt aus Anlaß der Ferien9) Befehle, den Patron auf seine nächsten Güter zu begleiten. Entzückt von seinem Glücke rollt in offnem Wagen der Mann an seines hohen Freundes Seite daher, und kann nicht sattsam Worte finden, die große Schönheit des Sabin'schen Himmels und Landes anzupreisenh). Marcius, der ihm ins Herz sieht und bei Laune ist sich Spaß zu machen, auch bei diesem Anlaß sich einen Ort zum Ausruhn schaffen möchtei) | post
nonam venies. Nunc i, rem strenuus auge!« Ut ventum ad cenam est, dicenda tacenda locutus tandem dormitum dimittitur. Hinc, ubi saepe occultum visus decurrere piscis ad hamum, <75> mane cliens et iam certus conviva, iubetur rura suburbana indictis comes ire Latinis. Impositus mannis arvum caelumque Sabinum non cessat laudare. Videt ridetque Philippus, et sibi dum requiem, dum risus undique quaerit, | |
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indem er ihm dreihundert Taler schenkt und noch dreihundert anzuleihn verspricht, beredet ihn, ein Gütchen hier zu kaufen. Der Kauf wird richtig. Kurz, um dich nicht gar zu lange aufzuziehn, der schmucke Städter wird nun zum Bauer, schwatzt von nichts als Äckern und Rebeland, setzt Ulmen, sät und pflanzt, berechnet stündlich Einnahm' und Gewinn, und wird, vor Hunger immer mehr zu haben, in kurzer Frist blaß, hager, alt und grau. Allein, wie erst die Unglücksfälle kommen, auf die er nicht gerechnet, seine Schafe gestohlen werden, seine Ziegen sterben, die Ernte fehlt, sein Stier am Pfluge fällt, Schwingt mitten in der Nacht mein Mena sich in voller Wut auf seinen dürren Klepper, und sporenstreichs dem Konsular vors Haus. | <80> dum septem donat
sestertia, mutua septem promittit, persuadet uti mercetur agellum. Mercatur Ne te longis ambagibus ultra quam satis est morer, ex nitido fit rusticus atque sulcos et vineta crepat mera, praeparat ulmos, <85> immoritur studiis et amore senescit habendi. Verum ubi oves furto, morbo periere capellae, spem mentita seges, bos est enectus arando: offensus damnis media de nocte caballum arripit, iratusque Philippi tendit ad aedes. | |
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»Ei, ei,« spricht dieser, da er ihn so schmutzig und ungeschoren sieht, »du tust der Sache zu viel, Vultej! bist gar zu häuslich und dir selbst zu hart!« »Bei Gott, Patron,« ruft jener, »wenn ihr mir meinen rechten Namen geben wollt, so nennt mich einen armen Schächer, denn der bin ich! Und bei euerm Genius10), bei dieser Hand und euers hohen Hauses Schutzgöttern, bitt' ich und beschwör' ich euch, setzt mich zurück in meinen alten Stand!« Wer einmal eingesehn, wie viel, was er zurückließ, besser ist, als was er sucht, der kehr' in Zeiten um! Das Wahre ist: Ein jeder messe sich mit seinem Fuße! | <90> Quem simul aspexit scabrum intonsumque
Philippus, »durus«, ait, »Vultei, nimis attentusque videris esse mihi.« »Pol, me miserum, patrone, vocares, si velles«, inquit, »verum mihi ponere nomen. Quod te per genium dextramque deosque Penates <95> obsecro et obtestor, vitae me redde priori!« Qui semel aspexit quantum dimissa petitis praestent, mature redeat, repetatque relicta. Metiri se quemque suo modulo ac pede, verum est! |
| ubi tepidas praebet Iupiter brumas. |
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non sum qualis eram bonae sub regno Cinarae Ich bin nicht, der ich war unter dem Regiment der guten Cinara |
Die Szene, an die er den Mäcen hier erinnert, hatte sich, wie es scheint, im Hause desselben
bei einer solchen fröhlichen Gelegenheit zugetragen: und es ist nicht unwahrscheinlich,
daß der Streich, der dem verliebten, aber zwischen Bacchus und Amor allzusorglos geteilten
Dichter gespielt wurde, ein von Mäcenas selbst heimlich mit Cinara angestellter Handel war, um
sich und die Gesellschaft an den possierlichen Klagliedern, die er bei Entdeckung ihrer Flucht
anstimmen würde, zu erlustigen.
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Dieser Winkel der Erde lacht vor allen andern mir Lang ist da durch Jupiters Gunst der Frühling, und der Winter so lau! Auch braucht, vom Weingott hochbegünstigt, der Aulon den Falernus nicht zu beneidenII). |
Die Beiwörter vacuum Tibur und imbelle Tarentum sind hier so wenig unbedeutend,
als irgend ein Beiwort im ganzen Horaz. Tibur war, an sich, ein kleiner
unbevölkerter Ort, wiewohl die umliegende Gegend, eine der anmutigsten in der Welt, (wie noch
jetzt) mit Landhäusern der Großen in Rom angefüllt war, welche in der heißen
Jahrszeit die reinere und frischere Luft suchten, die man da atmet.
Tarent, ehemals die ansehnlichste Stadt in Großgriechenland, war
schon in den Zeiten ihres größten Flors wegen der Weichlichkeit ihrer Bewohner
verschreit. Das spartanische Blut ihrer alten Vorfahren war gar bald unter dem wollüstigen
Himmel dieser Gegenden ausgeartet. Die Lage der Tarentiner bestimmte sie zu einer weit
ausgebreiteten Handelschaft; sie erwarben auf diesem Wege große Reichtümer, und
wetteiferten nun mit den Sybariten selbst um den Vorzug der
Üppigkeit. Die übrigen Menschen, sagten sie, verlieren unter ewiger Arbeit und Anstrengung
ihre Zeit mit lauter Anstalten zum Leben: wir sind die einzigen, die nicht
zu leben hoffen, sondern wirklich leben
ou mellein, all' hdh
bivnaiIII).
Mit einer solchen Art zu denken bekümmert man sich wenig um die Nachkommenschaft; und diese
wars auch, die für die guten Tage ihrer Vorfahren büßen mußte. Zu Horazens
Zeit war Tarent sehr heruntergekommen: aber der sanfte gesellige freudeliebende Charakter war ihnen
geblieben; und es ist also sehr begreiflich, wie die Vorstellung, unter einem so milden Himmel mit
so gutartigen Menschenkindern sein Alter hinzubringen, für einen Philosophen von seinem
Temperament so viel Reiz haben konnte.