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Dem Freund der Stadt Aristius entbieten wir Landliebhaber unsern Gruß hierin, und nur hierin allein, verschieden, sonst in allem andern wahre Zwillingsbrüder; was einer will, dem nickt der andre zu, zwei trauten Taubern ähnlich, die in einem Schlag beisammen alt geworden. Du dort hütest das Nest: ich lobe mir das Feld, den Bach, den moosumwebten Felsen und den Wald. Mir ists nun so! Ich leb' und bin ein König, sobald ich alle jene Herrlichkeiten verlassen habe, die ihr andern bis zum Himmel mit einem tausendstimmigen Schall erhebt. Wie jener Sklave, der des Priesters Dienst entlief, verbitt' ich mir die ewigen Honigfladen1); ich brauche gutes hausgebacknes Brot, das baß mir schmeckt, als eure feinsten Kuchen. Wenn nach Natur zu leben Weisheit ist, | Urbis amatorem Fuscum salvere iubemus ruris amatores, hac in re scilicet una multum dissimiles, ad cetera paene gemelli, fraternis animis, quicquid negat alter, et alter <5> annuimus pariter vetuli notique columbi. Tu nidum servas, ego laudo ruris amoeni rivos, et musco circumlita saxa, nemusque. Quid quaeris? Vivo et regno simul ista reliqui, quae vos ad caelum effertis rumore secundo, <10> utque sacerdotis fugitivus, liba recuso; pane egeo iam mellitis potiore placentis. Vivere naturae si convenienter oportet, | |
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und, wer ein Haus sich bauen will, zuvörderst auf einen guten Grund bedacht sein muß: so sprich, wo ist ein Ort zum Glücklichleben bequemer eingerichtet, als das Land? Wo sind die Wintertage lauer? Wo die Lüfte milder, um des Hundsterns Wut zu sänft'gen, und den Grimm des Löwen, den der Sonne schärfster Pfeil getroffen hat? Wo unterbricht den Schlaf die Sorge minder? Riecht oder glänzt das Wiesengras vielleicht so gut nicht, als das schönste Mosaik? Und ist das Wasser, das auf euern Plätzen das enge Blei zu sprengen andringt, etwa reiner, als jenes, das mit murmelndem Geriesel den Bach hinab in klaren Wellchen eilt? Ihr selber pflanzt ja zwischen Marmorsäulen Gebüsche, lobt ein Haus, je freier es ins Feld hinaussieht! Wie verächtlich ihr sie von euch stoßt, die stärkere Natur kommt immer unversehns zurück und dringt durch euern falschen Ekel siegend durch. | ponendaeque domo quaerenda est
area primum; novistine locum potiorem rure beato? <15> Est ubi plus tepeant hiemes? ubi gratior aura leniat et rabiem Canis et momenta Leonis, cum semel accepit solem furibundus acutum? Est ubi divellat somnos minus invida cura? Deterius Libycis olet aut nitet herba lapillis? <20> Purior in vicis aqua tendit rumpere plumbum, quam quae per pronum trepidat cum murmure rivum? Nempe inter varias nutritur silva columnas, laudaturque domus longos quae prospicit agros; naturam expelles furca, tamen usque recurret, <25> et mala perrumpet furtim fastidia victrix. | |
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Kein Käufer, der den Purpur von Aquinum nicht vom Sidonischen zu unterscheiden2) gelernt, wird sich gewisser Schaden tun und bittrer seinen Unverstand bereuen, als wer im Leben nicht den Schein vom Wahren zu unterscheiden weiß. Je reizender die Gunst des Glücks in deinen Augen ist, je stärker wird sein Wechsel dich erschüttern. Was man bewundert, läßt man ungern fahren. Flieh alles Große! Unter armem Dache kannst du an wahrem Leben Könige und ihre Freunde weit zurücke lassen3). Der überlegne Hirsch vertrieb das Roß, das ihm an Streitbarkeit nicht gleich war, vom gemeinen Weideplatz, bis dieses endlich beim Menschen Hülfe sucht' und sich den Zaum gefallen ließ. Nun kam es zwar als Sieger voll Übermut zurück von seinem Feinde; | Non qui Sidonio
contendere callidus ostro nescit Aquinatem potantia vellera succum, certius accipiet damnum propiusve medullis, quam qui non poterit vero distinguere falsum. <30> Quem res plus aequo delectavere secundae, mutatae quatient. Si quid mirabere, pones invitus. Fuge magna! Licet sub paupere tecto reges et regum vita praecurrere amicos. Cervus equum pugna melior communibus herbis <35> pellebat, donec minor in certamine longo imploravit opes hominis frenumque recepit: | |
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allein ihm blieb dafür, trotz allem Schütteln, der Zaum im Maul, der Reiter auf dem Rückena). So, wer aus Furcht vor Armut seiner Freiheit, die kein Metall vergüten kann, entsagt, so muß auch er nun einen Herren tragen! Vergebens beißt er mit geheimem Ingrimm in sein Gebiß; er muß nun ewig dienen, zur Strafe, daß er sich an wenig nicht genügen ließ. Wem, was er hat, nicht zureicht, dem geht's wie jenem einst mit seinem Schuh: der Schuh war eng und brennt'; er ließ ihn ändern; nun war er gar zu weit, er schwamm darin, und lag beim ersten Anstoß auf der Nase. Du, mein Aristius, bist weise gnug, Mit deinem Los vergnügt zu sein, und wirst nicht unbestraft mich lassen, wenn dir deucht, ich sammle mehr, als nötig ist, und wisse nicht aufzuhören4). Unser Geld, wenn wir | sed postquam victor violens discessit ab
hoste, non equitem dorso, non frenum depulit ore. Sic qui, pauperiem veritus, potiore metallis <40> libertate caret, dominum vehet improbus, atque serviet aeternum, quia parvo nesciet uti. Cui non conveniet sua res, ut calceus olim, si pede maior erit, subvertet, si minor, uret. Laetus sorte tua vives sapienter, Aristi, <45>nec me dimittes incastigatum, ubi plura cogere quam satis est ac non cessare videbor. | |
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nicht seiner Meister sind, ist's über uns, und zieht den Strick, woran's gezogen werden sollte. Dies, Freund, diktiert' ich, an der guten Göttin Vacuna halbzerfallenen Kapelle5) ins Gras gestreckt, und, außer daß ich dich nicht bei mir hatte, übrigens vergnügt. | Imperat aut servit
collecta pecunia cuique, tortum digna sequi potius quam ducere funem. Haec tibi dictabam post fanum putre Vacunae, <50> excepto quod non simul esses, cetera laetus. |