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Mein liebes Buch, ich sehe wohl, warum du so verstohlen nach dem Janus und Vertumnus1) schielst: du kannst es kaum erwarten, von den Gebrüdern Sosiern2) fein glatt und schmuck herausgeputzt, dich ausgelegt zu sehen. Die gute Zeit, da du, verschämt und züchtig, vor fremden Augen dich in meinem Pult verstecktest, ist vorbei; du hassest Schloß und Siegel, keuchst nach Freiheit, grämest dich so wenig Leuten nur gezeigt zu werden. So bist du nicht erzogen worden! Aber, weil du's dann nicht besser haben willst, so geh, wohin so weh dir ist! Die Reue wird dich nur zu bald ergreifen, aber leider! dann zu spät. Einmal hinaus, so ist kein Wiederkommen für dich! Was hab' ich dummes Ding getan? Was hatt' ichs Not? wirst du dann, wenn dich jemand beleidigt, schrei'n und nirgends Mitleid finden. Auch weißt du, daß du dich gar enge wieder zusammenschrumpfen mußt, sobald der gähnende Liebhaber deiner satt geworden. Soll ich (wenn anders mich die böse Laune nicht zum falschen Augur macht) dir sagen, Kind, | Vertumnum lanumque, Liber, spectare videris, scilicet ut prostes Sosiorum pumice mundus! Odisti claves et grata sigilla pudico; paucis ostendi gemis, et communia laudas, <5> non ita nutritus. Fuge, quo descendere gestis: non erit emisso reditus tibi. Quid miser egi? quid volui? dices ubi quis te laeserit, et scis in breve te cogi plenus cum languet amator. | |
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wie dirs ergehen wird? Du wirst, so lange du jung und etwas Neues bist, zu Rom gefallen: doch bist du erst bis in des Pöbels schmutz'ge Hände herabgesunken und der feinen Welt zum Ekel worden dann, du armes Buch, wirst du, in irgend einem Winkel, schweigend die Motten weiden, oder, diesen zu entrinnen, nach Utica dich flüchten, oder gar gebunden, wie ein Sklave, nach Ilerda3) dich senden lassen müssen. Ich, der dirs vorhergesagt, ich lache dann dazu, wie jener, da er seinen eigensinn'gen Esel im Zorn in einen gähen Abgrund jagt' und rief. so brich dir dann den Hals, weil du so große Lust dazu hast4)! Auch noch dies erwartet dich zuletzt, daß in der Vorstadt, in einem abgelegnen Winkel, sich ein alter stammelnder Schulmeister deiner bemächtigt, und, die Rute in der Hand, dich nötigt, seine Knaben im Syntax zu üben. Indessen, wenn ein lauer Sonnentag mehr Ohren um dich her versammeln wird, | Quod si non odio peccantis
desipit augur, <10> carus eris Romae, donec te deserat aetas: contrectatus ubi manibus sordescere vulgi coeperis, aut tineas pasces taciturnus inertes, aut fugies Uticam aut vinctus mitteris Ilerdam. Ridebit monitor non exauditus, ut ille <15> qui male parentem in rupes protrusit asellum iratus; quis enim invitum servare laboret? Hoc quoque te manet, ut pueros elementa docentem occupet extremis in vicis balba senectus. Cum tibi sol tepidus plures admoverit aures, | |
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sag' ihnen: daß ich, eines Freigelaßnen Enkel, mit magerm Erbteil, meine Federn über mein kleines Nest herausgestreckt und, kurz, was mir an Ahnen abgeht, gib mir immer an eignem Wert, und setze noch hinzu, ich sei den ersten Männern Roms, im Krieg und Frieden, lieb gewesen; übrigens von Körper klein, und vor den Jahren grau, ein großer Freund der Sonne, schnell zum Zorn, doch leicht und bald auch wieder gut zu machen. Fragt etwa jemand dich nach meinem Alter, so sprich: ich hätte viermal eilf Dezember im Jahr zurückgelegt, da Lollius das Konsulat mit Lepidus verwalteta). | <20>
me libertino natum patre et in tenui re maiores pennas nido extendisse loqueris; ut quantum generi demas, virtutibus addas: me primis urbis belli placuisse domique, corporis exigui, praecanum, solibus aptum, <25> irasci celerem, tamen ut placabilis essem. Forte meum si quis te percontabitur aevum, me quater undenos sciat implevisse Decembres collegam Lepidum quo duxit Lollius anno. |