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Wiewohl von allen Lydiern, die einst Hetruriens Felder bauten1), keiner, o Mäcen, sich edlern Blutes rühmen mag als du, und unter deinen Ahnherrn beider Seiten du Lucumonen zählest2), siehst du doch auf Leute niedrer Abkunft, mich zum Beispiel, den Sohn von einem Freigelassenen, mit aufgeworfner Nase nicht herab, wie viele andre tun; indem daran dir wenig liegt, wer jemands Vater sei, wofern er nur kein Knecht an Stand und Herz geboren ist3). Sehr richtig denkest du, daß lange schon vor jenem Tullius, der, einer Sklavin Sohn, den Thron erstieg4), es manchen wackern Biedermann gegeben, der ohne Ahnen Ruhm und hohe Würden durch Tugend sich errungen: da hingegen Lävin5), wiewohl aus einem Hause, das Tarquin den Stolzen einst vom Thron gestürzt, | Non
quia, Maecenas, Lydorum quicquid Hetruscos incoluit fines nemo generosior est te, nec quod avus tibi maternus fuit atque paternus olim qui magnis legionibus imperitarint, <5> ut plerique solent, naso suspendis adunco ignotos, ut me, libertino patre natum, cum referre negas quali sit quisque parente natus, dum ingenuus. Persuades hoc tibi vere: ante potestatem Tulli atque ignobile regnum <10> multos saepe viros nullis maioribus ortos et vixisse probos, amplis et honoribus auctos; contra Laevinum, Valeri genus, unde Superbus | |
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um einen Groschen kaum verkäuflich war, selbst nach des Volkes Schätzung, das doch oft Unwürd'gen, wie du weißt, aus Unverstand die ersten Stellen zuwirft, dumme Ehrfurcht vor großen Namen hat, und Ahnenbilder und Titel anstaunt. Was geziemt denn euch6), die ihr in jeder Rücksicht über Pöbelssinn so hoch erhaben seid? Denn gäbe auch das Volk dem edelbürtigen Lävin die Würde lieber als dem neuen Decius7), was wär es denn? Ja, stieße mich ein zweiter Appius8), weil mein Vater nicht ein Freigeborner war, aus dem Senat: so hätt' er mich mit Recht dafür bestraft, daß ich in eigner Haut nicht schlafen konnte. Zwar freilich schleppt an ihrem glänzenden Wagen gefesselt (mit dem Dichter so zu reden)9) die Ruhmbegier nicht minder Unbekannte als Edle nach; doch, desto schlimmer! Denn, was half dirs, Tillius10), den abgelegten Clavus11) als Volks-Tribunus wieder aufzunehmen? | Tarquinius regno pulsus fuit,
unius assis non umquam pretio pluris licuisse, notante <15> iudice, quem nosti, populo; qui stultus honores saepe dat indignis et famae servit ineptus; qui stupet in titulis et imaginibus. Quid oportet vos facere, a vulgo longe lateque remotos? Namque esto populus Laevino mallet honorem <20> quam Decio mandare novo? Censorque moveret Appius, ingenuo si non essem patre natus? Vel merito, quoniam in propria non pelle quiessem. Sed fulgente trahit constrictos gloria curru non minus ignotos generosis. Quo tibi, Tilli, <25> sumere depositum clavum fierique tribuno? | |
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Zu nichts, als daß die Mißgunst, die zuvor dir als Privatmann minder lästig war, mit deinem Clavus wuchs. Sobald ein Tor das halbe Bein in schwarzes Leder steckt12) und einen breiten Purpurlappen über die Brust herabhängt, hört er stracks: wer ist denn der? Wer war sein Vater? Eben so wie einer, den des Barrus Krankheit plagt, für ein Modell von Schönheit zu passieren, den Mädchen, wo er steht und geht, die Mühe macht, ihn kritisch Stück vor Stück zu untersuchen, wie Nase, Fuß und Wade, Haar' und Zähne bei ihm beschaffen sind: so auch, wenn einer die Bürger und die Stadt, der Götter Tempel, Italien und das Reich in seine Pflege zu nehmen sich erbietet13), nötigt er stracks alle Sterblichen, mit großem Eifer zu forschen, wer sein Vater sei, und ob sein Stammbaum auf der mütterlichen Seite nicht etwan eine Lücke habe? Wie? »Du, eines Syrus, Dama, Dionysus Sohna), | Invidia
accrevit, privato quae minor esset. Nam, ut quisque insanus nigris medium impediit crus pellibus et latum demisit pectore clavum, audit continuo: quis homo hic? et quo patre natus? <30> Ut si qui aegrotet quo morbo Barrus, haberi ut cupiat formosus, eat quacumque, puellis iniciet curam quaerendi singula, quali sit facie, sura quali, pede, dente, capillo: sic qui promittit cives, urbem, sibi curae <35> imperium fore, et Italiam et delubra deorum, quo patre sit natus, num ignora matre inhonestus, omnes mortales curare et quaerere cogit. | |
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du solltest Bürger von Tarpejens Felsen herabzustürzen dich erfrechen, oder dem Cadmus sie an Hand und Band zu geben?«14) »Und doch sitzt mein Kollege Novius15) um einen ganzen Grad noch unter mir: mein Vater war ein Freigelassener, er ist es selbst.« »Und dünkst du dich darum ein Paulus, ein Messala? Jener hat doch das voraus, daß, wenn er auf dem Markte zum Volke spricht, und mit zweihundert Karren drei Leichenzüge gleich zusammen träfen, er alle ihre Hörner und Posaunen mit seiner Stimme übertäuben würde. Das ist doch ein Talent!« Ich komme nun auf meine Wenigkeit zurück, den Sohn von einem Freigelaßnen, den man auch den Sohn des Freigelaßnen tüchtig fühlen läßt, jetzt, weil ich deiner Tischgenossen einer bin, Mäcenas, ehmals, weil mir eine Legion | »Tune Syri, Damae aut
Dionysi filius, audes deicere e saxob) cives aut tradere Cadmo?« <40> »At Novius collega gradu post me sedet uno; namque est ille pater quod erat meus.«c) »Hoc tibi Paulus, et Messala videris? At hicd), si plostra ducenta concurrantque foro tria funera, magna sonabit cornua quod vincatque tubas; saltem tenet hoc nos!« <45> Nunc ad me redeo, libertino patre natum, quem rodunt omnes libertino patre natum, nunc quia, Maecenas, tibi sum convictor; at olim quod mihi pareret legio Romana tribuno. | |
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gehorchte. Gleichwohl ist das ein' und andere nicht einerlei. Die Ehrenstelle könnte vielleicht von jedem mir beneidet werden: allein mit deiner Freundschaft, welche du behutsam nur an Würdige verschenkest, und welche nicht durch Ränk' und lose Künste erschlichen werden kann, ists wohl ein anders. Ich kann mich deiner Freundschaft wegen just nicht glücklich nennen, gleich als hätt' ich sie aus einem Glückstopf ausgezogen: denn kein Ungefähr hat mich in deinen Weg16) geworfen; lange hatte schon zuvor dir mein Virgil, hernach auch Varius von mir gesprochen. Als ich endlich selbst zum erstenmale vorkam, ließ Verlegenheit und unberedte Scham mich kaum zu Atem kommen; ich sprach nicht viel, und abgebrochen, log mir keinen edeln Vater, trabte nicht auf einem selbsterzognen Tarentiner17) um meine Güter, sondern sagte kurz und ehrlich was ich wäre. Du, nach deinem Brauch, erwiderst wenig; ich entferne mich, | Dissimile hoc illi est: quia non, ut
forsit honorem <50> iure mihi invideat quivis, ita te quoque amicum, praesertim cautum dignos assumere, prava ambitione procul. Felicem dicere non hoc me possum, casu quod te sortitus amicum: nulla etenim tibi me fors obtulit: optimus olim <55> Virgilius, post hunc Varius dixere quis essem. Ut veni coram singultim pauca locutus, (infans namque pudor prohibebat plura profari) non ego me claro natum patre, non ego circum me Satureiano vectari rura caballo, <60> sed quod eram narro. Respondes, ut tuus est mos, | |
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und nach dem neunten Monat lässest du mich wieder rufen, und bedeutest mich, forthin als deiner guten Freunde einen mich anzusehn18). Ich acht' es für nichts Kleines, dir, einem echten Menschenkenner, wohlgefallen zu haben, wie ich bin; zwar unberühmt von Herkunft, aber rein an Herz und Sitten. Indessen, wenn ich bei nicht vielen und verzeihlichen Gebrechen (wie sich etwan auch an wohlgestalten Körpern hie und da ein kleiner Fehler zeigt) im übrigen gutartig bin und niemand weder Geldsucht, noch Schmutz, Schmarotzerei, und wilde Nächte in Winkeln durchgeschwelgt, mir vorzurücken im Stand' ist; kurz, wofern ich (um einmal mein eigen Lob zu singen) bieder bin und meinen Freunden wert: so war daran mein Vater ganz allein die Ursach; der, wiewohl von einem magern Gütchen spärlich lebend, mich nicht an unserm Ort zu Flavius, dem Rechenmeister, in die Schule schickte, wohin doch große Hauptmanns-Jungen nicht | pauca: abeo; et revocas
nono post mense iubesque esse in amicorum numero. Magnum hoc ego duco quod placui tibi, qui turpi secernis honestum, non patre praeclaro, sed vita et pectore puro. <65> Atqui, si vitiis mediocribus ac mea paucis mendosa est natura, alioqui recta (velut si egregio inspersos reprendas corpore naevos) si neque avaritiam, nec sordes aut mala lustra obiciet vere quisquam mihi; purus et insons <70> (ut me collaudem) si et vivo carus amicis: causa fuit pater his, qui macro pauper agello noluit in Flavi ludum me mittere, magni | |
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zu vornehm waren mit der Rechentafel und dem Markensack am linken Arm zu traben, die edle Wissenschaft, wieviel Prozent von soviel Kapital des Monats fällt, zu lernen: sondern mich, so jung ich war, nach Rom zu führen herzhaft sich entschloß19), um dort so gut mich zu erziehen als ein Ritter oder Ratsherr seine Söhne erziehen lassen kann; so daß, wer mich in dieser großen Stadt, so wohl gekleidet, mit Sklaven hinter mir, daherziehn sah, nichts anders dachte, als das alles werde aus altem Ahnengut auf mich verwendet. Er selbst war neben allen meinen Lehrern mein zuverlässigster getreuster Führer; kurz, seiner Aufsicht hab' ich es zu danken, daß mich die Scham, der Tugend erste Blüte, von allen Jugendlastern, ja so gar von bösem Schein und Vorwurf rein erhielt. Er ließ sich den Gedanken nicht erschrecken, wie übel man's ihm nehmen werde, wenn | quo pueri, magnis e
centurionibus orti, laevo suspensi loculos tabulamque lacerto, <75> ibant, octonis referentes idibus aera: sed puerum est ausus Romam portare, docendum artes quas doceat quivis eques atque senator semet prognatos. Vestem, servosque sequentes in magno ut populo si quis vidisset, avita <80> ex re praeberi sumptus mihi crederet illos. Ipse mihi custos incorruptissimus omnes circum doctores aderat. Quid multa? pudicum (qui primus virtutis honos) servavit ab omni non solum facto, verum opprobrio quoque turpi: <85> nec timuit, sibi ne vitio quis verteret, olim | |
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am End' aus dieser stattlichen Erziehung doch nichts als ein Zollbedienter, wie er selbst, herausgekommen wäre20). Auch in diesem Falle hätt' ich mich nicht beklagt; nun bin ich desto mehr Erkenntlichkeit und Lob ihm schuldig. Nein, so lang ich meine Sinnen habe, soll ein solcher Vater niemals mich gereuen; noch werd' ich, wie die meisten die sich nicht mit hochgebornen Ahnherrn brüsten können, versichern, daß es meine Schuld nicht sei. Ganz anders sprech' und denk' ich über diesen Punkt: und wollte die Natur, daß jeder mit gewissen Jahren sein vergangnes Leben von vorn beginnen und sich Eltern nach Gefallen zum Prunke wählen dürfte: möchten andre sich wählen wen sie wollten, ich, zufrieden mit den meinen, würde keine nehmen wollen die Glanz von hohen Würden borgten; töricht im Wahn des Volkes, doch vielleicht, Mäcen, | si praeco parvas, aut (ut fuit
ipse) coactor mercedes sequerer: neque ego essem questus. At hoce) nunc laus illi debetur et a me gratia maior. Nil me paeniteat sanum patris huius: eoque <90> non, ut magna dolo factum negat esse suo pars, quod non ingenuos habeat clarosque parentes, sic me defendam. Longe mea discrepat istis et vox et ratio: nam si natura iuberet a certis annis aevum remeare peractum <95> atque alios legere ad fastum quoscumque parentes: optaret sibi quisque, meis contentus, honestos fascibus et sellis nolim mihi sumere, demens | |
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nach deinem Urteil weise, daß ich meine Schultern mit keiner größern Last, als ich gewohnt zu tragen bin, beladen möchte. Denn da müßt' ich auch für größre Renten sorgen, mehr Leute sehen, wenn ich reis'te oder aufs Land nur ginge (um bei Leibe! nie allein zu sein) stets einen und den andern Begleiter mit mir schleppen, mehr Bediente und Pferd' und Wagen halten. Izt ist mir erlaubt auf einem kurzgeschwänzten Maultier, das mich und meinen Mantelsack zugleich zu tragen sich gefallen lassen muß, wenn's mir beliebt bis nach Tarent zu gehen, und niemand wird darum der Knauserei mich schelten, wie den Prätor Tullius, wenn ihm, von Tibur kehrend, nur fünf Hausbediente mit seinem Flaschenkorb und Nachtstuhl folgen21). Soviel gemächlicher, mein edler Ratsherr, leb' ich als du und tausend deines gleichen. Ich brauche kein Gefolge, geh' allein wohin michs lüstet; frage was der Kohl | iudicio vulgi, sanus
fortasse tuo, quod nollem onus, haud umquam solitus, portare molestum <100> Nam mihi continuo maior quaerenda foret res, atque salutandi plures; ducendus et unus et comes alter, uti ne solus rusve peregre- ve exirem; plures calones atque caballi pascendi, ducenda petorrita. Nunc mihi curto <105> ire licet mulo vel, si libet, usque Tarentum, mantica cui lumbos onere ulceret atque eques armos; obiciet nemo sordes mihi, quas tibi, Tulli, cum Tiburte via praetorem quinque sequuntur te pueri, lasanum portantes oenophorumque. <110> Hoc ego commodius quam tu, praeclare senator, | |
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und was das Mehl gilt; schlendre Abends um den großen Schauplatz aller Beutelschneider, den Circus, oder auf dem Markt, und stehe bei einem Schreier still, der Amulette verkauft und wahrsagt22); kehre dann nach Hause zu einer Schüssel Erbsen, Lauch und Plinsen; drei Sklaven richten meine ganze Mahlzeit aus23); ein Cyathus, zwei Becher24), und beim Spülnapf ein schlecht Lavor mit seinem Becken, lauter Campanisch Töpferzeug, auf einem Tische von weißem Steine, macht die ganze Tafel- Gerätschaft aus. Dann geh ich schlafen, ohne die Sorge, daß ich mit dem frühsten wieder aufstehen müsse, um dem Marsyas Besuch zu geben, dessen Grinsen uns bezeugt, daß ihm die Physiognomie des jüngern Novius unausstehlich sei25). Ich bleibe ruhig bis um neune liegen; drauf mach' ich fliegende Besuche, oder ich lese oder schreibe was im Stillen mich belustigt oder bessert, salbe mich sodann | milibus atque aliis, vivo.
Quacumque libido est incedo solus; percontor quanti olus ac far; fallacem circum, vespertinumque pererro saepe forum; assisto divinis; inde domum me <115> ad porri et ciceris refero laganique catinum; cena ministratur pueris tribus, et lapis albus pocula cum cyatho duo sustinet; astat echino vilis cum patera guttus, Campana supellex. Deinde eo dormitum, non sollicitus mihi quod cras <120> surgendum sit mane, obeundus Marsya, qui se vultum ferre negat Noviorum posse minoris. Ad quartam iaceo; post hanc vagor; aut ego, lecto aut scripto quod me tacitum iuvat, ungor olivo, | |
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(doch nicht mit solchem Öl als seinen Lampen der schmutz'ge Natta stiehlt)26), dann nach dem Campus, bis die schwüle Sonne mich, vom Ballspiel müde, ins Bad zu gehn erinnert27). Diesem folgt ein leichtes Mittagsmahl, soviel ich brauche den Rest des Tages, der geschäftlos mir zu Haus entschlüpft, bis Abends auszudauern. So lebt, wer frei vom Joch der armen Ehrsucht ist; so hoff' auch ich vergnüglicher zu leben, als wenn mein Ahn, mein Vater, und mein Oheim das Staatsschatzmeister-Amt verwaltet hätten. | non quo fraudatis
immundus Natta lucernis: <125> ast ubi me fessum sol acrior ire lavatum admonuit, fugio Campum lusumque trigonem. Pransus non avide, quantum interpellet inani ventre diem durare, domesticus otior. Haec est vita solutorum misera ambitione gravique; <130> his me consolor victurum suavius, ac si quaestor avus, pater atque meus, patruusque fuissent. |
Es ist übrigens leicht zu erachten, (und Horaz sagt es uns auch deutlich genug) daß Leute
von besserer Herkunft mit einer Neuerung, wodurch sie um eine Stufe degradiert wurden, übel
zufrieden waren: und eben darum, weil es solcher Beispiele, wie Mäcenas gab,
bedurfte, macht ihm Horaz ein so großes Verdienst daraus, daß
er in der Wahl seiner Gesellschafter nicht auf den Stand des Vaters sehe,
wofern einer nur frei geboren sei. Diesem allem ungeachtet läßt
sich doch aus der Art, wie unser Dichter den Beweis führt, daß
Mäcen wohl daran tue, schließen, daß er bei dem Worte dum ingenuus
auch die zweite Bedeutung desselben, nämlich den Adel des
Gemütes, im Sinne gehabt habe: und dies um so mehr, da am Ende (wie er in der Folge
deutlich genug zu verstehen gibt) nicht die freie Geburt für sich allein, sondern die
Ausbildung des Geistes und die feinern Sitten, welche freigeborne Personen durch eine bessere
Erziehung erhielten, den wahren Grund abgaben, warum Männer von Mäcens Stande und
Charakter auf einen vertrautem Fuß mit ihnen leben konnten.
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ut pueros elementa docentem occupet extremis in vicis |
Die Worte octonis referentes idibus aera sind von den meisten ältern Auslegern so gedeutet worden, als ob das Schulgeld damit gemeint wäre, das die Hauptmanns-Jungen dem Flavius alle Monate auf diese Zeit gebracht hätten. Die Ungereimtheit dieser Deutung hat schon Lambinus und Cruquius dargetan. Um diesen Vers sich recht deutlich zu machen, muß man folgendes wissen. Jeder römische Monat wurde durch die Idus ungefähr in zwei gleiche Teile geteilt, und wiewohl eigentlich nur der 13te oder 15te eines Monats diesen Namen führte, so wurden doch 8 Tage auf die Idus gerechnet; daher nennt sie Horaz octonas. Gewöhnlich wurden bei den Römern die Zinsen von entlehnten Geldern monatlich, und zwar an den Calendis (der erste Tag des Monats) oder an den Idibus bezahlt. Durch aera kann Horaz nichts anders als Zinsen gemeint haben. Der Vers hieße also wörtlich: die Knaben hätten ihrem Rechenmeister die monatlichen Zinsen gebracht. Da dies aber keinen Sinn hat, so ist es bloß eine unserm Dichter sehr gewöhnliche Wendung, um zu sagen: sie hätten ihm die Ausrechnung über gewisse Rechen-Aufgaben, z. B. wieviel Interessen zu 6 pr. % betragen 25654 Sesterzien monatlich? gebracht, welche der Rechenmeister ihnen zu ihrer Übung mit nach Hause gegeben. Es ist, wie man sieht, ein satirischer Seitenblick auf eben den Charakterzug des römischen Volkes, den er in der Epistel an die Pisonen berührt, wo er die Haupt-Ursache angibt, warum die Römer in den Musenkünsten soweit zurückblieben:
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Graiis ingenium, Graiis dedit ore rotundo Musa loqui, praeter laudem nullius avaris: Romani pueri longis rationibus assem discunt in partes centum diducere |
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Naevia sex gathis, septem Iustina bibatur, quinque Lycas, Lyde quattuor, Ida tribus. |
| Martial. Epigr. I. 71. |