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Horaz Catius | ||
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Horaz Ei, sieh da, Catius1)! woher? wohin? Catius Ich habe keine Zeit; ich bin in Eile, die Regeln einer neuen Weisheit auf- zuzeichnen, der Pythagoras und Sokrates, und der gelehrte Platon weichen muß. Horaz Ich fühle mein Vergehen, so zur Unzeit dich zu unterbrechen; wirst die Güte haben, mir's zu verzeihn! Doch, wär' auch etwas dir entwischt, ein Mann wie du, der an Genie und Kunst gleich wundernswürdig ist, wird bald auf eine oder andre Art2) es wieder zu finden wissen. Catius Eben dieses wars, | HORAT. Unde et quo Catius? CAT. Non est mihi tempus
aventi ponere signa novis praeceptis, qualia vincunt Pythagoram, Anytique reum, doctumque Platona. HORAT. Peccatum fateor, cum te sic tempore laevo <5> interpellarim, sed des veniam bonus, oro. Quod si interciderit tibi nunc aliquid, repetes mox, sive est naturae hoc, sive artis, mirus utroque. CAT. Quin id erat curae, quo pacto cuncta tenerem, | |
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worauf ich sann; wie ichs nämlich mache, um nichts von diesen Dingen zu verlieren, die, schon an sich subtil, es noch weit mehr durch seinen Vortrag wurden. Horaz Nenne doch den großen Mann mir! Ists ein Römer oder ein Fremder? Catius Das System, so gut ich's faßte, dir mitzuteilen trag ich kein Bedenken; nur des Meisters Name muß verschwiegen bleiben3). I. Vergiß nicht in der Wahl der Eier stets die länglichen, als feiner von Geschmack und nährender, den runden vorzuziehen. Der letztern dick're Schale zeigt dem Kenner das männliche Geschlecht des Dotters an. II. Dem nahe bei der Stadt gezogenen Gemüs' ist, was auf trocknen Ackern wächst, an Süßigkeit und Zärte überlegen. Nichts taugt zu Kohlgewächsen minder als ein durch Begießen ausgewaschner Boden. III. Kommt Abends spät ein unversehner Gast | utpote res tenues tenui
sermone peractas. <10> HORAT. Ede hominis nomen, simul et Romanus an hospes? CAT. Ipsa memor praecepta canam, celabitur auctor. I. Longa quibus facies ovis erit, illa memento ut succi melioris et ut magis alma rotundis ponere; namque marem cohibent callosa vitellum. <15> II. Caule suburbano qui siccis crevit in agris dulcior, irriguo nihil est dilutius horto. | |
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dir übern Hals, so merke dir, das Huhn, womit du ihn bewirten willst (damit es nicht dem Gaum durch Zäheit widerstehe) lebendig in Falernmost zu ersticken. Dies macht es zart. IV. Von allen Schwämmen sind die aus den Wiesen von der besten Art; den andern ist nicht immer recht zu trauen. V. Wer sich im Sommer wohl befinden will, beschließe seine Mahlzeit stets mit reifen Maulbeern, die, eh die Sonne hoch stieg, abgelesen worden. VI. Aufidius nahm, zu seinem Frühstück, Met aus Honig und Falerner. Fehlerhaft! In leere Adern schickt sich nichts, was nicht gelind ist. Besser wirst du tun, die Brust mit mildem Met aus Wasser anzufeuchten. VII. Bei hartem Leibe werden dir gemeine Muscheln mit Sauerampfer gute Dienste tun, doch ist dabei der weiße Wein von Kos nicht zu vergessen. VIII. Alle Schalfisch-Arten sind voller, wenn der Mond im Wachsen ist. | III. Si vespertinus subito te
oppresserit hospes, ne gallina malum responset dura palato, doctus eris vivam musto mersare Falerno: <20> hoc teneram faciet. IV. Pratensibus optima fungis natura est; aliis male creditur. V. Ille salubres aestates peraget, qui nigris prandia moris finiet, ante gravem quae legerit arbore solem. VI. Aufidius forti miscebat mella Falerno; <25> mendose! quoniam vacuis committere venis nil nisi lene decet: leni praecordia mulso prolueris melius. VII. Si dura morabitur alvus, mitulus et viles pellent obstantia conchae, et lapathi brevis herba, sed albo non sine Coo. <30> VIII. Lubrica nascentes implent conchylia lunae. | |
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Nicht alle Meere sind an edeln Sorten fruchtbar: so sind, zum Beispiel, im Lucrinersee sogar Gähnmuscheln besser als zu Bajä die Stachelschnecke. Ihrer Austern rühmt die Bucht der Circe sich, der besten Wasserigel Misenum, und mit seinen flachgewölbten Kamm-Muscheln prangt das üppige Tarent. IX. Daß ja sich keiner in der Gastmahlskunst für einen Meister halte, der die feinern Regeln der guten Zubereitung nicht genau studiert hat. Mancher meint, es sei damit schon ausgerichtet, wenn er nur das Teurste, was auf dem Fischmarkt aufzutreiben ist, zusammenraffen läßt, unwissend, welchem die Brühe angemeßner ist, und was gebraten den erschlafften Appetit des müden Gastes wieder wecken kann. X. Ein wildes Schwein aus Umbrien, genährt mit derben Eicheln, soll die Schüsseln dessen drücken, der fades Wildpret scheut: das Laurentin'sche, das sich mit Schilf und Riedgras mästet, ist von allzuweichem Fette aufgedunsen. | Sed non omne mare est generosae
fertile testae; murice Baiano melior Lucrina peloris. Ostrea Circeis, Miseno oriuntur echini, pectinibus patulis iactat se molle Tarentum. <35> IX. Nec sibi cenarum quivis temere arroget artem non prius exacta tenui ratione saporum. Nec satis est cara pisces averrere mensa, ignarum quibus est ius aptius, et quibus assis languidus in cubitum iam se conviva reponet. <40> X. Umber et iligna nutritus glande rotundas curvet aper lances carnem vitantis inertem; nam Laurens malus est ulvis et arundine pinguis. | |
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in Gegenden, wo Wein gebaut wird, sind die Rehe nicht die besten; und die Hasen betreffend, wird's ein Weiser mit dem Vorderbug der Häsin halten. XI. Das Talent, der Fische und Vögel Alter und Geburtsort durch den bloßen Gaumen auszuschmecken, hat vor meinem sich keiner angemaßt. XII. Es gibt so eingeschränkte Genies, die auf Erfindung eines neuen Pastetchens oder andern kleinen Naschwerks sich viel zugute tun: doch, all sein Dichten nur auf ein Fach zu stellen, macht's noch lange nicht aus: als wenn, zum Beispiel, einer bloß für gute Weine sorgte, unbekümmert, mit was für Öl er seine Fische träufe. XIII. Den Wein vom Massicus laß unter freiem Himmel bei kühlem heiterm Wetter übernachten; er wird sich in der Nachtluft vollends klären, und seinen nervenschädlichen Geruch verduften: aber durch ein leinen Tuch geseugt verliert er seinen echten Wohlgeschmack. Wer Surrentiner-Weine schlauer Weise | Vinea
submittit capreas non semper edules. Fecundae leporis sapiens sectabitur armos. <45> XI. Piscibus atque avibus quae natura et foret aetas, ante meum nulli patuit quaesita palatum. XII. Sunt quorum ingenium nova tantum crustula promit. Nequaquam satis in re una consumere curam: ut siquis solum hoc, mala ne sint vina, laboret, <50> quali perfundat pisces securus olivo. XIII. Massica si caelo supponas vina sereno, nocturna, si quid crassi est, tenuabitur aura, et decedet odor nervis inimicus; at illa integrum perdunt lino vitiata saporem. | |
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auf Hefen von Falern veredeln will, wird, um sie klar zu machen, eines Taubeneies mit Vorteil sich bedienen; weil der Dotter, indem er sinkt, das Trübe mit sich nimmt. XIV. Den Trinker zu erfrischen, der den Kopf schon hängen läßt, setz ihm gebratne Hummern und afrikansche Schnecken vor; denn Lattich schwimmt nur im Weinerhitzten Magen oben, und gibt ihm nichts zu tun: in diesem Zustand verlangt er derbe Bissen, Schinken, Würste; das erste beste, was, nicht allzulieblich dampfend, vom Garkoch kommt, würd' ihm willkommen sein. XV. Noch ist's der Mühe wert, der beiden Soßen Natur und Art sich recht bekannt zu machen! Die simple wird aus süßem Öl, vermischt mit fettem Wein und Lake zubereitet; (wohl zu verstehn, mit Lake von Byzanz!) läßt man sie nun mit klein gehackten Kräutern zusammenkochen, tut ein wenig Safran von Korykus daran, läßts eine Weile stehn, und mischt noch Venafranisch Öl, soviel | <55> Surrentina vafer
qui miscet faece Falerna vina, columbino limum bene colligit ovo; quatenus ima petit volvens aliena vitellus. XIV. Tostis marcentem squillis recreabis et Afra potorem cochlea; nam lactuca innatat acri <60> post vinum stomacho: perna magis ac magis hillis flagitat immorsus refici; quin omnia malit quaecumque immundis fervent illata popinis. XV. Est operae pretium duplicis pernoscere iuris naturam: Simplex e dulci constat olivo, <65> quod pingui miscere mero muriaque decebit, non alia quam qua Byzantia putuit orca. Hoc ubi confusum sectis inferbuit herbis | |
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vonnöten ist, dazu, so ist die zweite fertig. XVI. Die Tiburtin'schen Äpfel weichen an Geschmack den Picentinischen, wiewohl sie schöner ins Auge fallen. Unter den Zibeben ist die Venucula in Töpfchen eingemacht, geräuchert die Albanische die beste. Ich, ohne Ruhm zu melden, war der erste, der den Gedanken hatte, Früchte, Tunken, Sardellenbrüh, und groben weißen Pfeffer, mit schwarzem Salz, und was dergleichen ist, in netten kleinen Näpfchen um den Tisch herum zu setzen; denn dazu sind kleine Näpfe schicklich: hingegen ists ein ungeheurer Unfug, dreihundert Taler auf den Markt zu schicken, um Fische, die des Schwimmens doch gewohnt sind, in eine enge Schüssel einzuzwängen Im übrigen ist auch die Reinlichkeit bei einem Gastmahl nicht zu übersehen. Nichts setzt den Magen mehr in böse Laune, als wenn ein naschiger Lakai den Becher dir mit Spuren seiner schmutz'gen Finger reicht, | Corycioque croco sparsum
stetit, insuper addes pressa Venafranae quod baca remisit olivae. <70> XVI. Picenis cedunt pomis Tiburtia succo, nam facie praestant. Venucula convenit ollis; rectius Albanam fumo duraveris uvam. Hanc ego cum malis, ego faecem primus et halec, primus et invenior piper album cum sale nigro <75> incretum puris circumposuisse catillis. Immane est vitium dare milia terna macello angustoque vagos pisces urgere catino. Magna movent stomacho fastidia, seu puer unctis tractavit calicem manibus, dum furta ligurrit, | |
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und alter Bodensatz in einer Tasse erraten läßt, wie lange man sie auszuspülen vergessen hat. Wie wenig Aufwand steckt in Besen, Sägemehl und Küchenquehlen, und doch, wenn's dran ermangelt, welche Schande? Wie? denkt man, schämt der Mann sich nicht, ein Estrich von Mosaik mit schmutz'gen Palmen kehren zu lassen, oder prächt'ge Purpurdecken um ungewaschne Polster-Überzüge zu legen? Man verzeiht dir leichter, wenn dir fehlt, was reichen Tafeln nur gebührt, als Dinge, die so wenig Aufwand und Bemühung kosten. Horaz Gelehrter Catius, bei unsrer Freundschaft und den Göttern sei gebeten, unverzüglich zu deinem großen Meister mich zu führen. Denn, wie getreu dir dein Gedächtnis war, so hat man doch so etwas lieber aus der ersten Hand; nicht zu gedenken, was des Lehrers Angesicht, Gebärden, Mienen zur Sache tun. Du, der dies Glück genoß, | <80> sive
gravis veteri craterae limus adhaesit. Vilibus in scopis, in mappis, in scobe, quantus consistit sumptus? Neglectis, flagitium ingens. Ten' lapides varios lutulenta radere palma, et Tyrias dare circum illota toralia vestes? <85> oblitum, quanto curam sumptumque minorem haec habeant, tanto reprendi iustius illis, quae nisi divitibus nequeant contingere mensis. HOR. Docte Cati, per amicitiam divosque rogatus ducere me auditum, perges quocumque, memento. <90> Nam quamvis referas memori mihi pectore cuncta, non tamen interpres tantundem iuveris. Adde | |
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machst wenig draus: allein mir ist gar viel daran gelegen, selbst, wie weit der Weg auch sei, die ersten Quellen aufzusuchen und die wahre Lebenskunst daraus zu schöpfen. | vultum habitumque
hominis; quem tu vidisse beatus non magni pendes, quia contigit: at mihi cura non mediocris inest, fontes ut adire remotos <95> atque haurire queam vitae praecepta beatae. |
Catius fängt nun an, dem Horaz die Lektion seines philosophischen Meisters, von welcher er eben herkommt, so viel er sich ihrer erinnern kann, und in der Art von methodischer Unordnung, die durch die Furcht etwas auszulassen verursacht wird, vorzutragen. Sie besteht aus XVI Artikeln, welche die Regeln und Kautelen enthalten, die sich auf die Qualität der Speisen und Getränke und ihre Zubereitung beziehen; nebst einem Anhang, worin noch einige Regeln, die Anordnung der Tafel und die Reinlichkeit betreffend, beigefügt werden. Ich habe die XVI Haupt-Artikel, der mehrern Deutlichkeit wegen, numeriert; und werde nun, was bei dem einen und andern zu erinnern ist, unter seinem Numero gehen lassen.
I. Lambinus und Cruquius haben sich sehr unnötiger Weise den Kopf darüber zerbrochen, ob und wiefern diese Oosophische Regel, und der Grund, welchen Catius für die vorzügliche Güte der länglichten Eier angibt, in der Physik gegründet sei oder nicht. Es fällt in die Augen, daß diese spitzfündige Eier-Philosophie Persiflage ist. Übrigens fängt er bei den Eiern an, weil sie bei den Römern die Stelle der ihnen unbekannten Suppen vertraten, und folget dann so ziemlich der Ordnung, worin die Speisen serviert zu werden pflegten.
III. Ich lese mit Bentley musto Falerno, ohne seiner Anmerkung beizustimmen, daß hiedurch der Helluonum periergia et inepta diligentia lepide durchgezogen werde, weil sie nämlich das Huhn nicht in Wasser, sondern in Wein, nicht in jedem Weine, sondern in Falerner, nicht in jedem Falernerweine, sondern gerade in Falernermost ersticken ließen. Ich meines Orts sehe hier nichts von Schlemmern und Prassern: die Regel scheint mir weder mehr noch weniger als ein ökonomischer Pfiff eines guten ehrlichen Landwirts zu sein, der, weil er seinem späten Gast nichts Bessers als ein in der Eile abgewürgtes frisches Huhn vorzusetzen hat, es wenigstens genießbar machen will. Hierzu scheint das Ersticken in Phalerner Moste, welcher sehr scharf und stark war, ein durch die Erfahrung bewährtes Mittel gewesen zu sein. Was die Römer mustum nannten, und ich, aus Mangel eines andern Wortes, durch Most übersetze, war ein von dem, was wir Most nennen, sehr verschiedener, durch die Zubereitung auf unzählige ArtII) vervielfältigter Liquor. Es scheint hauptsächlich in der Küche gebraucht worden zu sein, und hielt sich ein ganzes Jahr unverdorben. Mustum von falernischem Wein war eben nichts so Kostbares; denn der Falerner wurde nur nach Maßgabe seines Alters geschätzt, und war unter 15 Jahren wegen seines Feuers und seiner Schärfe kaum trinkbar, wie Plinius sagt.
VI. Das mulsum (melicraton) der Alten (für welches unser Met das rechte Wort ist), ihr gewöhnlichstes Getränke zur Erfrischung, wurde auch zu Anfang der Mahlzeit (in Antecenio) nach dem Voressen, welches daher Promulsis hieß, genommen. Die kostbarste Art von Met wurde aus hymettischem Honig und altem Falernerwein zubereitet. Der Lehrmeister des Catius zieht den bloßen Wassermet demjenigen, den Aufidius zum Frühstück nahm, nicht deswegen vor, weil er besser schmecke, sondern weil er gesünder sei; und wird also von dem Jesuiten Jul. Cäs. Boulenger in seinem Traktat de ConviviisIII) zur Ungebühr getadelt. Übrigens gehörten Eier, Gemüse, Schwämme, Austern und dergleichen zur Promulsis; daher handelt sie Catius zuerst ab.
VII. Athenäus, auf dessen Zeugnis sich einige Ausleger berufen, um das, was Catius von der antistyptischen Tugend des Koischen weißen Weins erwähnt, zu bestätigen, spricht in der von ihnen angezogenen Stelle von den weißen Weinen überhaupt. Besonders aber schreibt er den griechischen Weinen, welche mit Seewasser gehörig präpariert würden, als dem von Myndos, Halikarnaß, Rhodus und Kos die Qualität zu, weswegen der letztere hier von Catius empfohlen wirdIV).
XIII. Man kann aus dem Plinius ersehen, daß die Rang-Ordnung unter den italienischen Weinen ziemlich unbeständig war. Der Wein vom Berge Massicus in Campanien wurde zwar auch unter die edlern Sorten gerechnet; doch gab man ihm zu Plinius Zeiten nur die vierte Stelle, und die Surrentinischen (welche Catius hier durch Falernerhefen veredeln lehrt) wurden ihm vorgezogen. Diese letztern wurden zwar wegen ihrer Leichtigkeit und Salubrität besonders den Genesenden von ihren Ärzten empfohlen; aber Tiberius Cäsar erklärte sie demungeachtet nur für edlen EssigV).
XV. Ich bin zu wenig in der kulinarischen Philosophie bewandert, um die wichtige Materie de duplici iuris natura in das erfoderliche Licht zu setzen; und mit aller der scheinbaren Erudition, die sich bei diesem und andern Artikeln hätte anbringen lassen, würden sich die Leser doch von der muria, die ein so wichtiges Ingrediens in der Küche der Alten war, schwerlich einen sehr vorteilhaften Begriff machen können. Es war eine besondere Art von liquamen (Lake oder Bökel), die aus dem Thunfisch, einer großen Art von Makrelen, zubereitet wurde. Die beste kam zu Plinius Zeiten von Antipolis (einer See-Stadt in Gallia Narbonensis), von Thurium, und aus Dalmatien. Indessen war die eigentliche Niederlage der Thunfische im Schwarzen Meere, von wannen sie ihren Zug nach der Propontis (Mar di Marmora) nahmen, und zu Byzanz in großer Menge gefangen wurdenVI). Catius, der keine andre Muria gelten läßt, als die ihren Gestank einer Byzantinischen OrcaVII) mitgeteilt habe (quam qua Byzantia putuit orca), erklärt dadurch diejenige, die zu Byzanz zubereitet wurde, für die beste. Übrigens hat er sich in dem Rezepte, das er uns zu der einfachen und zusammengesetzen Soße gibt, nicht der gehörigen Deutlichkeit beflissen: es ist aber doch nicht schwer zu erraten, daß vom 63sten Verse des Originals bis zum 66sten von der ersten, und vorn 66sten zum 69sten von der zweiten die Rede ist.
XVI. In diesem Artikel, wo vom Nachtisch, und im folgenden, wo von der Reinlichkeit und Eleganz,
deren sich ein Hauswirt, wenn er ein Gastmahl gibt, zu befleißen habe, gehandelt wird, glaube
ich wieder manche kleine Züge zu finden, die meiner obigen Meinung günstig sind. Gegen
alles, was Catius hier sagt, ist an sich nichts einzuwenden: das
Lächerliche liegt bloß in der Wichtigkeit, die er seinen Erfindungen und Regeln gibt, und
in dem emphatischen Tone, womit er so kleinfügige und gemeine Dinge vorträgt. Besonders
scheinen die kleinen Schüsselchen, mit deren Erfindung er sich breit
macht, einen Wirt zu verraten, der darauf studiert hat, seiner Tafel mit wenigem Aufwand ein Ansehen
zu machen. Wenn man annimmt, daß Horaz in allem diesem sich selbst, oder einen seiner
Commensalen zum besten gebe, so erhalten diese Stellen dadurch eine ganz andre Grazie, als sie nach
der gemeinen Meinung der Ausleger haben. Doch, solche Dinge sind, wie alle sales und
facetiae, für die momentane Empfindung, nicht für Kommentatoren gemacht: also mag
es an diesem genug sein.