| Davus Horaz | ||
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Davus Schon lange paß ich auf, und möchte wohl dem Herrn ein Wörtchen sagen, wenn ich dürfte. Horaz Wer spricht hier? Davus? Davus Ja, der untertänigste von deinen Sklaven, Davus, seinem Herrn getreu und hold, und überhaupt ein guter Kerl, zum wenigsten sofern, daß für sein Leben nichts zu besorgen ist1). Horaz Wohlan! weil unsre Alten es so für gut befanden, so bediene dann dich der Dezember-Freiheit2); schwatze was du willst! Davus Ein Teil der Menschen hängt an seinen Lastern mit Lust und Lieb', und treibt darin | DAV. Iamdudum
ausculto, et cupiens tibi dicere servus pauca, reformido. HOR. Davusne? DAV. Ita, Davus, amicum mancipium domino et frugi quod sit satis, hoc est, ut vitale putes. HOR. Age, libertate Decembri, <5> (quando ita maiores voluerunt) utere, narra! DAV. Pars hominum vitiis gaudet constanter, et urguet | |
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nach einem festen Plan sich immer vorwärts: hingegen schwimmt der größte Haufe zwischen dem Guten und dem Bösen hin und her, greift manchmal wohl nach jenem, aber wird doch stets von diesem wieder überwältigt. So war, zum Beispiel, ein gewisser Priscus sich selbst so ungleich, daß er oft in einer Stunde den Clavus wechselte, und bald drei Ringe3), bald keinen trug; aus einem großen Hause plötzlich in einen Winkel zog, woraus fürwahr ein rechtlicher Libertus kaum mit Ehren hervorgehn konnte; bald den Sausewind zu Rom, bald zu Athen den Weisen spielte. Der kam nun wohl im Zorn von allen möglichen Vertumnen in die Welt4)! Da lob ich mir den braven Scurra Volanerius, der, als das wohlverdiente Chiragra ihm alle Knöchel lähmte, einen Menschen im Taglohn dingtea), der die Würfel ihm, statt seiner, in den Becher werfen mußte. Mir scheint ein solcher seinen Lastern standhaft | propositum; pars multa
natat, modo recta capessens, interdum pravis obnoxia. Saepe notatus cum tribus anellis, modo laeva Priscus inani, <10> vixit inaequalis, clavum ut mutaret in horas, aedibus ex magnis subito se conderet, unde mundior exiret vix libertinus honeste; iam moechus Romae, iam mallet doctus Athenis vivere, Vertumnis quotquot sunt natus iniquis! <15> Scurra Volanerius, postquam illi iusta chiragra contudit articulos, qui pro se tolleret atque mitteret in phimum talos mercede diurna | |
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getreuer Mensch viel minder elend, und mit einem Wort, der beßre Mann, als einer der bald an längerm bald an kürzerm Stricke zerrt. Horaz Nun, Galgenstrick, wirst du dich bald erklären, wem dies Gewäsche gilt? Davus Wem sonst als dir? Horaz Wieso, Halunk? Davus Du lobst die Sitten und das Glück des guten alten Volks von ehmalsb), und doch, wenn dich ein Gott auf einmal in dies große Glück versetzen wollte, würdest du dich sehr dafür bedanken: zum Beweis, daß du nicht fühlst, daß jenes besser sei, was du für besser ausrufst, oder weil es dir | conductum pavit: quanto
constantior idem in vitiis, tanto levius miser ac prior illo, <20> qui iam contento iam laxo fune laborat. HOR. Non dices hodie, quorsum haec tam putida tendant, furcifer? DAV. Ad te, inquam. HOR. Quo pacto, pessime? DAV. Laudas fortunam et mores antiquae plebis; et idem, si quis ad illa deus subito te agat, usque recuses: <25> aut quia non sentis quod clamas rectius esse, | |
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an Stärke fehlt, dem Bessern treu zu bleiben; kurz, weil du schon zu tief im Sumpfe steckst, um dich herauszuziehn. Zu Rom, da ist das ewige Gewimmer, wär' ich doch auf meinem Gut! Kaum bist du da, so tönts schon wieder anders, und die Stadt wird himmelhoch erhoben. Trifft sichs daß du nirgends geladen bist, da geht dir in der Welt nichts über eine Schüssel Kohl; »man bleibt so hübsch gesund dabei und schläft so sanft!« Wer dich so reden hörte, müßte denken, du gingst zu einem Schmaus wie ins Gefängnis, so freust du dich, so preisest du dich selig, daß du heut nirgends zechen müssest! Aber laß nur den Mäcenas dich noch Abends kurz vor Nacht zur Tafel bitten, welch ein Aufruhr gleich im Hause! wie du schreist und tobest, wenn das Salböl nicht flugs auf den Wink zur Hand ist5)! Indessen Mulvius, samt deinen übrigen Schmarotzern6), an den Hals dir wünschend was ich nicht sagen will, mit trocknem Maul sich trollen müssen. Ich gesteh es (kann ein solcher sagen) ja, ich bin ein lockrer Bursche, | aut quia non firmus
rectum defendis, et haeres nequicquam caeno cupiens evellere plantam. Romae rus optas, absentem rusticus urbem tollis ad astra levis. Si nusquam es forte vocatus <30> ad cenam, laudas securum olus, ac, velut usquam vinctus eas, ita te felicem dicis, amasque quod nusquam tibi sit potandum. Iusserit ad se Maecenas serum sub lumina prima venire convivam »nemon' oleum fert ocius? ecquis <35> audit?« cum magno blateras clamore, furisque: Mulvius et scurrae, tibi non referenda precati, | |
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dem eines Bratens Wohlgeruch die Nase gleich in die Höhe zieht, ein Taugenichts, ein Faultier, und ein Vielfraß, wenn du willst: Allein, wenn du gerade bist was ich, ja, schlimmer noch vielleicht, wie steht dirs an, mir, gleich als wärst du besser, mitzuspielen, weil du die Kunst gelernt hast, deine Laster in schöne Worte einzuschleiern7)? Wie, wenn sichs nun fände, daß du närrischer sogar als ich bist, der dich nur fünfhundert Drachmenc) gekostet? Grinse mich nicht so gefährlich an, und halte Zorn und Faust zurück, so sollst du die Rede haben, die mein guter Freund, der Pförtner Crispins, am Hörsaal seines Herren aufgeschnappt, und mir, wie folget, vorgetragen hat. Du stellest eines andern Weibe nach8): dem Davus ist das erste Gassenmädchen schon gut genug. Wer von uns beiden sündigt nun am sträflichsten? Mich spornt die unbezähmbare Natur, und, wenn nun meine Trivia | discedunt.
Etenim fateor me, dixerit ille, duci ventre levem; nasum nidore supinor, imbecillus, iners, si quid vis, adde, popino: <40> tu, cum sis quod ego, et fortassis nequior, ultro insectere, velut melior? verbisque decoris obvolvas vitium? Quid si me stultior ipso, quingentis empto drachmis, deprenderis? Aufer me vultu terrere, manum stomachumque teneto, <45> dum quae Crispini docuit me ianitor edo. Te coniux aliena capit, meretricula Davum: peccat uter nostrum cruce dignius? Acris ubi me | |
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so oder so mich expediert hat, bin ich just so ehrlich wie zuvor, und kümmre mich sehr wenig, ob ein Reichrer oder Schönerer, vor oder nach mir, seine Notdurft auch am gleichen Ort verrichte. Du hingegen wenn du dein Römerkleid, den Ritterring, die Zeichen deines Standes, ablegst9), und dein duftend Haupt in eine Sklavenkappe versteckst, aus einem Schöppen metamorphosiert in einen Damad), bist du dann nicht wirklich, was du scheinen willst? Du wirst im Dunkeln furchtsam hineingeführt, und alle Knochen klappern am Leibe dir, im Kampf der bösen Lust mit deiner Furcht: was liegt nun dran, ob du zum blutgen Tod gedungen geheste), oder, in eine schmutzige Kiste von der zitternden Mitschuldigen der Dame eingeschlossen, | natura incendit, sub clara nuda
lucerna quaecumque excepit turgentis verbera caudae, <50> clunibus aut agitavit equum lasciva supinum, dimittit neque famosum neque sollicitum, ne ditior aut formae melioris meiat eodem. Tu, cum proiectis insignibus, anulo equestri, Romanoque habitu, prodis ex iudice Dama <55> turpis, odoratum caput obscurante lacerna, non es quod simulas? Metuens induceris, atque altercante libidinibus tremis ossa pavore. Quid refert, uri virgis, ferroque necari auctoratus eas: an turpi clausus in arca, | |
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die Nase mit dern Knie berühren mußt? Und hat der Ehmann einer Ungetreuen nicht über beide Macht? Ja, über den Verführer die größre noch10). So schlägst du wissentlich dein Hab und Gut, dein Leben, deinen Ruf, mit einem Wort, dein Alles in die Schanze! Und gleichwohl ist am Ende, was die stolze und ihrem Buhler selbst nicht trauende Matrone dir verwilligt, schwerlich wert, was Davus ohne Müh und langes Sperren erhält! Gesetzt nun auch, du bist mit heiler Haut davongekommen, wird die ausgestandne Angst dich etwa weiser machen? Umgekehrt, du denkst schon wieder drauf, wie bald du dich von neuem in den Fall, zu zittern und dein Leben zu verlieren, setzen könnest! O du vielfacher Sklave! welche Bestie, die einmal durchgebrochen, ist so toll, sich selbst der Kette wieder einzuliefern? Ich bin kein Ehebrecher, sagt der Herr11), und ich, beim Herkules, kein Dieb, indem ich so klug bin und bei deinem Silberzeuge | <60> quo te demisit peccati
conscia herilis, contractum genibus tangas caput? Estne marito matronae peccantis in ambo iusta potestas? In corruptorem vel iustior. Illa tamen se non habitu mutatve loco, peccatve superne: <65> cum te formidet mulier, neque credat amanti. Ibis sub furcam prudens dominoque furenti committes rem omnem et vitam et cum corpore famam! Evasti? Credo, metues doctusque cavebis? Quaeres quando iterum paveas iterumque perire <70> possis! O toties servus, quae belua ruptis, cum semel effugit, reddit se prava catenis? Non sum moechus, ais: neque ego, Herculel fur, ubi vasa | |
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vorbeigeh' ohne einzusacken. Aber nimm uns beiden die Gefahr, den Zaum der lüsternen Natur, und sieh, wie rasch sie über die Schranken springen wird! Was? du, mein Herr? Du, dem so viele Menschen, dem so viele Dinge zu gebieten haben? Du, den vierfache Manumissionf) nicht von dem knechtischen Affekt der Furcht befreien könnte? Wenn, wer einem Knechte gehorcht, sein Mitknecht, oder (wie ihr andern es nennet) sein Vikar ist, nun, was bin ich dir? Da du, der mir gebietest, so vieler andern Sklave bist, und immer von fremder Hand, wie eine Gliederpuppe an Roßhaar, hin und her gezogen wirst? Wer ist denn also frei? Der Weiseg), der | praetereo sapiens argentea: tolle periclum, iam vaga prosiliet frenis natura remotis. <75> Tune mihi dominus, rerum imperiis hominumque tot tantisque minor? quem ter vindicta quaterque imposita haud umquam misera formidine privet? Adde super dictis quod non levius valeat: nam sive vicarius est qui servo paret, (uti mos <80> vester ait) seu conservus, tibi quid sum ego? nempe tu, mihi qui imperitas, aliis servis miser, atque duceris ut nervis alienis mobile lignum. | |
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sich selbst beherrscht, den weder Armut, Kerker, noch Tod aus seiner Fassung setzen kann; der Stärke hat, den Lüsten Trotz zu bieten und Titel zu verschmähn; der ganz aus einem Stück und rund und glatt ist, so daß nichts von außen an ihn sich hängen, und kein Fall des Glücks aus seinem Gleichgewicht ihn heben kann. Kannst du in diesem Bilde auch nur einen Zug, der dir gehört, erkennen? Wie? Ein Weibsstück ist unverschämt genug, für ihre Gunst dir bare fünf Talente abzufodern; sie quält dich, schließt die Tür dir vor der Nase zu, begießt dich, wenn du weilst, wohl gar mit kaltem Wasser, und wenn sie dann dich wieder rufen läßt, was tust du? Nun, so ziehe doch den Hals aus diesem schandbarn Joche! Faß ein Herz und sag' ihr: ich bin frei! Du kannst nicht? Gelt? Denn deine Seele drückt ein strenger Herrh) und stößt und treibt dich, wenn du abgemattet nicht vorwärts willst, mit scharfem Stachel fort! | Quisnam igitur
liber? Sapiens, sibi qui imperiosus, quem neque pauperies neque mors neque vincula terrent, <85> responsare cupidinibus, contemnere honores fortis, et in se ipso totus teres atque rotundus, externi ne quid valeat per leve morari; in quem manca ruit semper fortuna. Potesne ex his ut proprium quid noscere? Quinque talenta <90> poscit te mulier, vexat, foribusque repulsum perfundit gelida; rursus vocat: eripe turpi colla iugo; liber, liber sum, dic age! Non quis? Urguet enim dominus mentem non lenis, et acres subiectat lasso stimulos, versatque negantem. | |
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Und wenn du, wie ein Tor, vor einem Täfelchen des Pausias versteinert dastehst12), was bist du vernünftiger als ich, wenn ich die Kämpfe des Fulvius und Rutuba, und des Placidejansi) straff angestrengtes Knie, gemalt mit roter Kreide oder Kohle, bewundre, gleich als ob es wirkliche lebend'ge Fechter wären, die im Ernst mit wahren Schwertern blut'ge Streiche führten und ausparierten? Davus, heißts dann, ist ein Schlingel, der die Zeit vertändelt: du hingegen wirst noch, als ein feiner Kenner der alten Meister und der Kunst, bewundert! Ich bin ein Lumpenhund, wenn mich ein Fladen, frisch aus der Pfanne dampfend, reizt denn freilich ein Geist und eine Tugend wie die deine läßt sich vom reichsten Gastmahl nicht versuchenk)! Mir ist es schädlicher, dem Bauch zu Willen zu sein! Warum? Mein Rücken muß es büßen. | <95> Vel cum Pausiaca torpes, insane,
tabella, qui peccas minus atque ego, cum Fulvi Rutubaeque aut Placideiani contento poplite miror proelia, rubrica picta aut carbone, velut si revera pugnent, feriant, vitentque moventes <100> arma viri? Nequam et cessator Davus; at ipse subtilis veterum iudex et callidus audis. Nil ego, si ducor libo fumante; tibi ingens virtus atque animus cenis responsat opimis. Obsequium ventris mihi perniciosius est: cur? | |
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Als ob du ungestrafter bliebst, wenn du mit teuren Schüsseln und mit Schmäusen ohne Ende den Magen dir vergällst, und die getäuschten Beine den siechen Körper nicht mehr tragen können! Ein armer Schelm, der eine alte Striegel aus seines Herren Bad um eine Traube tauscht, hat schwer gesündigt: und des Sklaven Herr, der, seinem Gaum zu lieb, ein Grundstück nach dem andern feil macht, handelt er nicht noch weit knechtischer? Zu allem diesem laß mich noch hinzutun, daß du keine Stunde dich mit dir selbst behelfen kannst, nichts Kluges mit deiner Muße anzufangen weißt, dich selber ausweichst, und, gleich einem seinem Herrn entlaufnen Vagabund, dir die Gedanken bald mit Trinken, bald mit Schlafen zu vertreiben suchst. Vergebens! Denn die schwarze Sorge folgt dem Flüchtling überall dicht an der Ferse nach. Horaz Ist denn kein Stein zur Hand? | <105> Tergo plector enim! Qui tu impunitior illa quae parvo sumi nequeunt opsonia captas? Nempe inamarescunt epulae sine fine petitae, illusique pedes vitiosum ferre recusant corpus. An hic peccat sub noctem qui puer uvam <110> furtiva mutat strigili? qui praedia vendit nil servile, gulae parens, habet? Adde quod idem non horam tecum esse potes, non otia recte ponere, teque ipsum vitas, fugitivus ut erro, iam vino quaerens, iam somno fallere curam; <115> frustra, nam comes atra premit sequiturque fugacem. HOR. Unde mihi lapidem? | |
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Davus
Wozu? Horaz Kein Pfeil13)? Davus Der Mann ist rasend, oder macht er Verse? Horaz Wenn du nicht eilends dich von hinnen machst, wirst du die Knechte des Sabinschen Gutes mit einem neunten Taugenichts vermehren! |
DAV. Quorsum est opus? HOR. Unde sagittas? DAV. Aut insanit homo aut versus facit. HOR. Ocius hinc te ni rapis, accedes opera agro nona Sabino. |