Wandernde Lichter

Von den tanzenden Lichtlein, die die Menschen irreführen, wird viel erzählt. Und mir selbst hat ein gar nicht so altes Weiblein, das rüstig tagaus, tagein die weitesten Märsche machte, um die Bauern auf den einsamen Höfen mit diesen und jenen Kleinigkeiten zu versorgen, wenn sie selbst während der Erntezeit nicht Zeit haben, in den nächsten Marktflecken zu gehen, versichert, daß es bereits einmal früh am Morgen, noch vor dem ersten Hahnenschrei, solch Lichtern begegnet sei. Die alte Krämerliesl, wie man das Weib nannte, ging auf einer Straße, die den Wald entlangführte, links den Abhang des Berges mit offenem Feld. Da plötzlich, als sie um eine Ecke bog, tauchten vor ihr drei Lichter auf, knapp nebeneinander, und gingen in gleichem Tempo wie sie selber vor ihr her, lautlos und geheimnisvoll. Da es nicht mehr so vollkommen dunkel war wie in der Mitte der Nacht, hätte die Krämerliesl Menschen unbedingt sehen müssen. Doch es schwebten tatsächlich nur die drei Lichter vor ihr her.

Zuerst war sie starr vor Schreck und Staunen, dann aber begann sie zu beten und siehe da, schon beim Kreuzzeichen löste sich der Spuk in nichts auf.

Daß Lichter mit Vorliebe an Kreuzwegen stehen und erst nach einem Kreuzzeichen des entsetzten Vorbeigehenden verschwinden, ist eine altbekannte Tatsache. Und daß die Lichtlein schon manchen in einen Bach oder in einen Sumpf lockten, ist nicht nur im Mühlviertel, sondern überall, wo Geistergeschichten erzählt werden, bekannt. Sie gehören zum festen Bestand mancher Volkssage.