Der Nonne Heimweh

Die tiefe Heimatverbundenheit, die Liebe zur Scholle, spricht aus vielen Sagen der Mühlviertler Bauern. Die Sehnsucht treibt gar manche hinaus in die Welt, aber keiner vergißt sein Zuhause, glücklich sein kann ein Mühlviertler doch nur daheim.

Ein Bauernmädchen hatte die Gottesliebe und die Frömmigkeit weg von der Heimat in ein Kloster geführt, viele Tagereisen weit entfernt. In seinem Elternhaus aber stand die Kammer des Mädchens Jahr um Jahr unberührt und unbewohnt, obwohl es ja keine Rückkehr für die Nonne gab.

Jahrzehnte waren dahin und die Nonne legte sich nieder, um zu sterben, fern der Heimat, nur die Sehnsucht trieb ihren Geist in der letzten Stunde zurück.

Entsetzen faßte die Hausbewohner, als plötzlich die düstere Gestalt der Klosterfrau im Zwielicht des Abends über den Hof ging, an der Stube vorbei und in ihre Kammer hinauf. Sie öffnete Laden und Truhen, verrichtete ein Gebet vor dem kunstlosen Madonnenbild, dem sie ihre kindlichen Nöte geklagt hatte; sie blickte aus dem Fenster, das Bild der Heimatflur zu schauen, und dann verließ sie ebenso schweigend den Hof, wie sie gekommen war. Auf der Dorfstraße aber war sie weit und breit nicht zu sehen gewesen.

An demselben Abend, zu derselben Stunde, war sie in dem fernen Kloster zur ewigen Ruhe eingegangen, wie die Hofleute einige Tage später erfuhren.