1271   Der Würdinger

Bayerische Blätter für Geschichte, Statistik, Lit. u. Kunst, 1832, S. 51. Hazzis Statist., III., 1131. – Die Verehrung des heiligen Leonhard (Lienhard) in Bayern ist ebenso alt als allgemein. Viele Leonhardskapellen – darunter die vornehmsten wohl die zu Inchenhofen und zu Aigen am Inn – zeugen dafür. Wie nun der Umritt am St.-Leonhards-Tag, so deutet auch das sogenannte Leonardsheben auf eine an die Verehrung dieses Heiligen geknüpfte Übung der Ritterlichkeit. Desgleichen pflegten die Wallfahrer, wie Schmeller erzählt (B. W., II., 473), einen schweren Holzklotz – das Bild des heiligen Leonhard – um die Wette vom Boden in die Höhe zu heben oder gar in Prozession von einem Dorf ins andere zu tragen und dabei wohl auch mitunter in einen Bach oder in eine Hecke zu werfen.

Über die drei Dulden oder Goldenen Samstagsnächte zu Ehren des heiligen Leonhard (in Aigen am Inn) s. Landwirtsch. Wochenblatt 1823, S. 166.

Im Wallfahrtsort St. Leonhard befindet sich seit undenklicher Zeit eine geharnischte Figur von Eisen, wohl anderthalb Zentner schwer, der Würdinger geheißen. Durch den Zahn der Zeit, mehr noch durch allerlei Unbilden, hat sie Kopf und Füße verloren. Sie soll das Ebenbild eines harten und rauhen Zwingherrn aus dem angesehenen Adelsgeschlecht der Würdinger gewesen sein.

Am Tag des heiligen Ritters St. Georg und am Patroziniumsfest St. Leonhards übte die männliche Jugend des Rottals ihre Kräfte durch Heben und Tragen dieses eisernen Schreckensmannes. Solche Übung gab aber nicht selten Anlaß zu blutigen Köpfen. Man fand sich daher veranlaßt, das Bild im Pfarrhof zu verschließen.


Vorige Seite Titelseite Nächste Seite