1276   Das Glöcklein der Antonikapelle zu Reischach

Mündlich und Volksbüchlein v. Aurbacher, II., 110

Es zog einmal ein frommer Pilgersmann des Weges von der Mutter des Herrn zu Ötting seiner Heimat zu. Wie er nun mitten im Wald ganz allein auf einsamem Pfad einherschreitet, rauscht es plötzlich im Gebüsch, und ein paar Räuber stürzen voll Ingrimm auf den arglosen Wandersmann. Schon sinkt er schwer getroffen unter den Streichen der Gottlosen zu Boden, da richtet er sein letztes innigstes Flehen zu der heiligen Mutter des Herrn und gelobt, ihr und dem heiligen Antonius zu Ehren ein Kirchlein an dieser Stätte zu bauen, sofern er nur mit dem Leben davonkäme und noch einmal seine Lieben daheim wiedersehen könnte.

Sein Gebet wurde erhört. Die Räuber machten sich davon, der gute Pilgersmann aber fand sich auf einmal wunderbar gestärkt, erhob sich und kam glücklich zu den Seinigen.

Er hat aber sein Gelobtes treulich erfüllt und ein Kirchlein zu Ehren des heiligen Antonius samt einem weithin schallenden Glöcklein errichtet. Die frommen Pilger, die noch heute des Weges ziehen, verabsäumen nicht, das Glöcklein ertönen zu lassen, daß die Räuber und Bösen durch den Schall erschreckt, die Guten aber getröstet werden.


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