Vorbemerkungen des Einsenders:

Ich habe Baudissins Übersetzung von Shakespeares Antony and Cleopatra nicht nur aus einer mir zur Verfügung stehenden Buchausgabe eingescannt und die OCR-Ausgabe nachkorregiert, sondern auch mit dem englischen Originaltext verglichen. Dabei ging es mir nicht darum, Ungenauigkeiten in der Übersetzung der Dialoge aufzuspüren, die bei einem solchen Werk selbstverständlich unvermeidbar sind, sondern nur darum, festzustellen, ob die Übersetzung Passagen des Originals ausläßt (was nicht der Fall ist) oder andere schnell erkennbare Abweichungen enthält, z.B. abweichende Regieansweisungen.

Außerdem habe ich folgende offensichtliche Druckfehler korregiert: Reihen --> Reigen [... hand in hand], Feldheer --> Feldherr [grand captain], Ocatvia --> Octavia, Zeitvertrieb --> Zeitvertreib [joy].

Für den Vergleich habe ich die Version des Project Gutenberg Shakespeare Team's verwendet. Ich habe die Resultate dieses Vergleichs folgendermaßen in den Text eingebaut: Zusätzliche Texte im Original erscheinen in grüner Schrift in meiner eigenen Übersetzung. Texte der Übersetzung ohne Entsprechung im Original erscheinen in grünen, eckigen Klammern [ ].

Die Abweichungen beruhen keinesfalls alle auf einer Willkür des Übersetzers, sondern (und das gilt in besonderem Maße für die Regieanweisungen) sehr oft auf unterschiedlichen Lesarten des englischen Textes, wie man bereits an den verschiedenen, online verfügbaren Versionen des Originaltextes ersehen kann: Die drei Versionen, die im amerikanischen Project Gutenberg angeboten werden, the Complete Moby Shakespeare (als HTML-Datei beim MIT, als Textdatei u.a. auf dem English Server der Carnegie Mellon University) und die digitale Rekonstruktion einer Ausgabe von 1725 in der digitalen Bibliothek der Universität Bielefeld.


William Shakespeare


Antonius und Kleopatra


Übersetzt von Wolf Graf Baudissin







PERSONEN

Marcus ANTONIUS
Octavius CÄSAR
M. Ämilius LEPIDUS
} Triumvirn
SEXTUS POMPEJUS
Domitius ENOBARBUS
VENTIDIUS
EROS
SCARUS
DERCETAS
DEMETRIUS
PHILO
} Freunde des Antonius
MÄCENAS
AGRIPPA
DOLABELLA
PROCULEJUS
THYREUS
GALLUS
} Freunde des Cäsar
MENAS
MENEKRATES
VARRIUS
} Freunde des Pompejus
TAURUS, Oberbefehlshaber unter Cäsar
CANIDIUS, Oberbefehlshaber unter Antonius
SILIUS, ein Offizier in der Armee des Ventidius
EUPHRONIUS, ein Gesandter des Antonius an Cäsar
ALEXAS
MARDIAN
SELEUCUS
DIOMEDES
} im Dienste der Kleopatra
Ein WAHRSAGER
Ein BAUER
KLEOPATRA, Königin von Ägypten
OCTAVIA, Cäsars Schwester, Gemahlin des Antonius
CHARMION
IRAS
} im Dienste der Kleopatra
Hauptleute, Soldaten, [Diener,] Boten und Gefolge

Die Szene ist in verschiedenen Teilen des römischen Reichs







ERSTER AKT

ERSTE SZENE

Alexandria. Ein Zimmer in Kleopatras Palast


Demetrius und Philo treten auf.

PHILO
Nein, dieser Liebeswahnsinn unsres Feldherrn
Steigt übers Maß. Die tapfern, edlen Augen,
Die über Kriegsreihn und Legionen glühten,
Wie die des erznen Mars, sie heften sich
Und wenden ihrer Blicke Dienst und Andacht
Auf eine braune Stirn. Sein Heldenherz,
Das im Gewühl der Schlachten sonst gesprengt
Die Spangen seiner Brust, fällt ab zur Schmach
Und ist zum Fächer worden und zum Blasbalg,
Die lüsterne Zigeunrin abzukühlen. -
Trompetenstoß hinter der Bühne.
Seht da, sie kommen!
[Trompetenstoß. Antonius und Kleopatra mit ihrem Gefolge und Verschnittnen, die ihr Luft zufächeln, treten auf.]
Gebt nur recht Obacht, dann seht ihr in ihm
Des Weltalls dritte Säule umgewandelt
Zum Narren einer Buhlrin; schaut und seht!
Antonius und Kleopatra treten auf mit ihrem Gefolge; Eunuchen fächeln ihr Luft zu.

KLEOPATRA
Ists wirklich Liebe, sag mir denn, wieviel?

ANTONIUS
Armselge Liebe, die sich zählen ließe!

KLEOPATRA
Ich will den Grenzstein setzen deiner Liebe!

ANTONIUS
So mußt du neue Erd und Himmel schaffen.
Ein Bote tritt auf.

BOTE
Botschaft aus Rom, Herr!

ANTONIUS
                          O Verdruß! Machs kurz.

KLEOPATRA
Nein, höre sie, Antonius!
Fulvia vielleicht ist zornig? Oder hat
- Wer weiß es? - der dünnbärtige Cäsar dir
Sein Machtgebot gesandt: Tu dies und das!
Dies Reich erobre! Jenes mache frei!
Tu's gleich, sonst zürnen wir!

ANTONIUS
                                Wie, meine Liebe?

KLEOPATRA
Vielleicht - nein doch, gewiß
Darfst du nicht länger bleiben, Cäsar weigert
Dir fernern Urlaub! Drum, Antonius, hör ihn!
Wo ist Fulvias Aufruf? Cäsars meint ich - beider?
Die Boten ruf. So wahr ich Königin,
Antonius, du wirst rot: Dies Blut erkennt
Cäsarn als Herrn; wo nicht, zahlt Scham die Wange,
Wenn Fulvias Kreischen zankt. - Die Abgesandten!

ANTONIUS
Schmelz in den Tiber, Rom, der weite Bogen
Des festen Reichs zerbrech: Hier ist mein Raum!
Länder sind Lehm; die kotige Erde nährt
Wie Mensch, so Tier; des Lebens Adel ist
Nur so zu tun,
umarmt sie
                wenn solch ein liebend Paar
[umarmt sie]
Und solch Zwillingsgestirn es darf, worin
- Bei schwerer Ahndung wisse das die Welt -
Wir unerreichbar sind.

KLEOPATRA
                        Erhabne Lüge!
Wie ward er Fulvias Mann und liebt sie nicht?
Ich will die Törin scheinen, die ich nicht bin.
Antonius bleibt er selbst.

ANTONIUS
Nur nicht, reizt ihn Kleopatra. Wohlan,
Zu Liebe unsrer Lieb und süßen Stunden
Sei nicht durch herb Gespräch die Zeit verschwendet.
Keine Minute unsres Lebens soll
Verstreichen ohne Lust. Welch Spiel zur Nacht?

KLEOPATRA
Hör die Gesandten!

ANTONIUS
                    Zänkische Königin!
Der alles zierlich steht. Schelten und Lachen
Und Weinen; jegliche Bewegung kämpft
In dir, daß schön sie werde und bewundert.
Kein Bote als von dir; und ganz allein
Zu Nacht durchwandern wir die Stadt, betrachten
Des Volkes Art. Komm, meine Königin,
Noch gestern wünschtest du's. Nichts mehr gesagt!
Antonius mit Kleopatra und Gefolge ab.

DEMETRIUS
Wie? Schätzt Antonius Cäsarn so gering?

PHILO
Zuzeiten, wenn er nicht Antonius ist,
Entzieht sich ihm die große, würdige Haltung,
Die stets ihn sollte schmücken.

DEMETRIUS
                                 Mich bekümmerts,
Daß er bestätigt den gemeinen Lügner,
Der so von ihm in Rom erzählt. Doch hoff ich
Morgen auf ein verständiger Tun. - Fahrt wohl!
Beide ab.




ZWEITE SZENE

[Daselbst.] Alexandria. Ein andres Zimmer in Kleopatras Palast


Es treten auf Charmion, Iras, Alexas und ein Wahrsager.

CHARMION
Herzens-Alexas, süßer Alexas, ausbündigster Alexas, du allersublimiertester Alexas, wo ist der Wahrsager, den du der Königin so gerühmt? O kennte ich doch diesen Ehemann, der, wie du sagst, seine Hörner mit Kränzen behängen muß!

ALEXAS
Wahrsager!

WAHRSAGER
Was wollt ihr?

CHARMION
Ist dies der Mann? Seid Ihrs, der alles weiß?

WAHRSAGER
In der Natur unendlichem Geheimnis
Les ich ein wenig.

ALEXAS
                    Zeig ihm deine Hand!
Enobarbus tritt auf.

ENOBARBUS
Bringt das Bankett sogleich und Wein genug,
Kleopatras Wohl zu trinken.

CHARMION
Freund, schenk mir gutes Glück!

WAHRSAGER
Ich mach es nicht, ich seh es nur voraus.

CHARMION
Ersieh mir eins!

WAHRSAGER
Ihr werdet noch weit schöner, als Ihr seid.

CHARMION
Er meint an Umfang.

IRAS
Nein, wenn du alt, wirst du dich schminken.

CHARMION
Nur keine Runzeln!

ALEXAS
Stört den Propheten nicht! Gebt Achtung!

CHARMION
                                          Pst!

WAHRSAGER
Ihr werdet mehr verliebt sein als geliebt.

CHARMION
Nein, lieber mag mir Wein die Leber wärmen.

ALEXAS
So hört ihn doch!

CHARMION
Nun ein recht schönes Glück: laß mich an einem Vormittage drei Könige heiraten und sie alle begraben; laß mich im fünfzigsten Jahr ein Kind bekommen, dem Herodes, der Judenkönig, huldigt; sieh zu, daß du mich mit dem Octavius Cäsar verheiratest und meiner Gebieterin gleichstellst.

WAHRSAGER
Ihr überlebt die Fürstin, der Ihr dient.

CHARMION
O trefflich! Langes Leben ist mir lieber als Feigen.

WAHRSAGER
Ihr habt bisher ein beßres Glück erfahren,
Als Euch bevorsteht.

CHARMION
So werden meine Kinder wohl ohne Namen bleiben. Sage doch, wieviel Buben und Mädchen bekomme ich noch?

WAHRSAGER
Wenn jeder deiner Wünsche wär ein Schoß,
Und fruchtbar jeder Wunsch - 'ne Million.

CHARMION
Geh, Narr; ich vergebe dir, weil du ein Hexenmeister bist.

ALEXAS
Ihr meint, nur Eure Bettücher wüßten um Eure Wünsche?

CHARMION
Nun sag auch Iras' Zukunft!

ALEXAS
Wir wollen alle unser Schicksal wissen.

ENOBARBUS
Mein und der meisten Schicksal für heut abend wird sein: betrunken zu Bett.

IRAS
Hier ist eine flache Hand, die weissagt Keuschheit, wenn nichts anders.

CHARMION
Grade wie die Überschwemmung des Nils Hunger weissagt.

IRAS
Geh, du wilde Gesellin, du verstehst nichts vom Wahrsagen.

CHARMION
Nein, wenn eine feuchte Hand nicht ein Wahrzeichen von Fruchtbarkeit ist, so kann ich mir nicht das Ohr kratzen. - Bitte dich, sag ihr nur ein Alltagsschicksal!

WAHRSAGER
Euer Schicksal ist sich gleich.

IRAS
Doch wie? Doch wie? Sag mirs genauer noch!

WAHRSAGER
Ich bin zu Ende.

IRAS
Soll ich nicht um einen Zoll breit beßres Schicksal haben als sie?

CHARMION
Nun, wenn dir das Schicksal just einen Zoll mehr gönnt als mir, wo sollt er hinkommen?

IRAS
Nicht an meines Mannes Nase.

CHARMION
O Himmel, beßre unsre bösen Gedanken! Alexas, komm; dein Schicksal, dein Schicksal! O laß ihn ein Weib heiraten, das keine Kinder kriegen kann, liebste Isis, ich flehe dich! Und laß sie ihm sterben, und gib ihm eine Schlimmere, und auf die Schlimmere eine noch Schlimmre, bis die Schlimmste von allen ihm lachend zu Grabe folgt, dem fünfzigfältigen Hahnrei! Gute Isis, erhöre dies Gebet, wenn du mir auch etwas Wichtigers abschlägst; gute Isis, ich bitte dich!

IRAS
Amen! Liebe Göttin, höre dieses Gebet deines Volkes! Denn wie es herzbrechend ist, einen hübschen Mann mit einer lockern Frau zu sehn, so ists eine tödliche Betrübnis, wenn ein häßlicher Schelm ungehörnt einhergeht; darum, liebe Isis, sieh auf den Anstand und send ihm sein verdientes Schicksal!

CHARMION
Amen!

ALEXAS
Nun seht mir! Wenns in ihrer Hand stünde, mich zum Hahnrei zu machen, sie würden zu Huren, um es zu tun.

ENOBARBUS
Still da, Antonius kommt.

CHARMION
                           Nicht er, die Fürstin.
Kleopatra kommt.

KLEOPATRA
Saht Ihr den Herrn?

ENOBARBUS
Nein, Herrin.

KLEOPATRA
               War er nicht hier?

CHARMION
Nein, gnädige Frau.

KLEOPATRA
Er war gestimmt zum Frohsinn, da, auf einmal,
Ergriff ihn ein Gedank an Rom - Enobarbus!

ENOBARBUS
Fürstin?

KLEOPATRA
Such ihn und bring ihn her! Wo ist Alexas?

ALEXAS
Hier, Fürstin, Euch zum Dienst. - Der Feldherr naht.
[Antonius kommt mit einem Boten und Gefolge.]

KLEOPATRA
Wir wollen ihn nicht ansehn. Geht mit uns.
Kleopatra, Enobarbus, Alexas, Iras, Charmion, Wahrsager [und Gefolge] ab.
Antonius kommt mit einem Boten und Gefolge.

BOTE
Fulvia, dein Weib, erschien zuerst im Feld.

ANTONIUS
Wider meinen Bruder Lucius?

BOTE
                             Ja,
Doch bald zu Ende war der Krieg. Der Zeitlauf
Einte die zwei zum Bündnis wider Cäsar,
Des beßres Glück im Felde von Italien
Sie nach der ersten Schlacht vertrieb.

ANTONIUS
                                        Nun gut.
Was Schlimmres?

BOTE
Der bösen Nachricht Gift macht krank den Boten.

ANTONIUS
Wenn er sie Narren und Feigen meldet; -weiter!
Mir ist Geschehnes abgetan. Vernimm,
Wer mir die Wahrheit sagt, und spräch er Tod,
Ich hör ihn an, als schmeichelt' er.

BOTE
                                      Labienus
- O harte Post! - hat mit dem Partherheer
Vom Euphrat aus sich Asien erobert;
Sein triumphierend Banner weht von Syrien
Bis Lydien und Ionien; indes -

ANTONIUS
Antonius, willst du sagen -

BOTE
                             O mein Feldherr!

ANTONIUS
Sprich dreist, verfeinre nicht des Volkes Zunge,
Nenne Kleopatra, wie Rom sie nennt,
Tadle mit Fulvias Schmähn, schilt meine Fehler
Mit allem Freimut, wie nur Haß und Wahrheit
Sie zeichnen mag. Nur Unkraut tragen wir,
Liegt unser reger Geist in Ruh; uns schelten
Heißt nur rein jäten. Lebe wohl für jetzt!

BOTE
Nach Eurem hohen Willen.
Ab.

ANTONIUS
Was meldet man von Sikyon? Sag an!

ERSTER DIENER
Der Bot aus Sikyon! War nicht einer da?

ZWEITER DIENER
Er harrt auf Euren Ruf.

ANTONIUS
                         Laßt ihn erscheinen!
[Diener gehn.]
Die starke ägyptische Fessel muß ich brechen,
Sonst geh in Lieb ich unter. -
Ein weiterer Bote tritt auf.
                                Wer bist du?

ZWEITER BOTE
Fulvia, dein Weib, ist tot.

ANTONIUS
                             Wo starb sie?

ZWEITER BOTE
                                            [Herr,]
In Sikyon;
Der Krankheit Dauer und was Wichtiges sonst
Dir frommt zu wissen, sagt dies Blatt.
Übergibt einen Brief.

ANTONIUS
                                        Entfernt euch! -
[Beide] Bote ab.
Da schied ein hoher Geist! Es war mein Wunsch!
Was wir verachtend oft hinweggeschleudert,
Das wünschen wir zurück; jetzige Freude
Nimmt ab im Zeitumschwung und wandelt sich
Ins Gegenteil. Gut ist sie nun, weil tot,
Nun reicht ich gern die Hand, die ihr gedroht.
Fliehn muß ich diese Zauberkönigin:
Zehntausend Wehn, und schlimmre, als ich weiß,
Brütet mein Müßiggang. - He! Enobarbus!
Enobarbus kommt.

ENOBARBUS
Was wünscht Ihr, Herr?

ANTONIUS
Ich muß in Eile von hier.

ENOBARBUS
Nun, dann bringen wir alle unsre Weiber um! Wir sehn ja, wie tödlich ihnen eine Unfreundlichkeit wird; wenn sie unsre Abreise überstehn müssen, so ist Tod die Losung.

ANTONIUS
Ich muß fort!

ENOBARBUS
Ist eine Notwendigkeit da, so laßt die Weiber sterben. Schade wärs, sie um nichts wegzuwerfen; aber ist von ihnen und einer wichtigen Sache die Rede, so muß man sie für nichts rechnen. Kleopatra, wenn sie nur das mindeste hievon wittert, stirbt augenblicklich; ich habe sie zwanzigmal um weit armseligerm Grund sterben sehn. Ich denke, es steckt eine Kraft im Tode, die wie eine Liebesumarmung auf sie wirkt, so ist sie mit dem Sterben bei der Hand.

ANTONIUS
Sie ist listiger, als mans denken kann!

ENOBARBUS
Ach nein, Herr, nein; ihre Leidenschaften bestehn aus nichts als aus den feinsten Teilen der reinen Liebe. Diese Stürme und Fluten können wir nicht Seufzer und Tränen nennen; das sind größere Orkane und Ungewitter, als wovon Kalender Meldung tun. List kann das nicht sein; wenn es ist, so macht sie ein Regenwetter so gut als Jupiter.

ANTONIUS
Hätt ich sie nie gesehn!

ENOBARBUS
O Herr, dann hättet Ihr ein wundervolles Meisterwerk ungesehn gelassen; Euch diese Freude versagen würde Eure Reise um allen Kredit gebracht haben.

ANTONIUS
Fulvia ist tot.

ENOBARBUS
Herr?

ANTONIUS
Fulvia ist tot.

ENOBARBUS
Fulvia?

ANTONIUS
Tot.

ENOBARBUS
Nun, Herr, so bringt den Göttern ein Dankopfer! Wenn es ihrer himmlischen Regierung gefällt, einem Mann seine Frau zu nehmen, so gedenke er an die Schneider hier auf Erden und beruhige sich damit, daß, wenn alte Kleider aufgetragen wurden, diese dazu gesetzt sind, neue zu machen. Gäbe es nicht mehr Weiber als Fulvia, so wäre es allerdings ein Elend, und die Geschichte stände schlimm. Dieser Gram ist mit Trost gekrönt; aus Euerm alten Weiberhemd läßt sich ein neuer Unterrock machen; und in der Tat, die Tränen müssen in einer Zwiebel leben, die um diesen Kummer flössen.

ANTONIUS
Die Unruhn, die sie mir im Staat erregt,
Erlauben mir nicht mehr, entfernt zu sein.

ENOBARBUS
Und die Unruhe, die Ihr hier erregt habt, erlaubt nicht, daß Ihr geht, besonders die der Kleopatra, die allein von Euerm Hiersein lebt.

ANTONIUS
Nicht leichter Reden mehr! Unsern Beschluß
Tu kund den Führern! Ich verständige dann
Die Königin vom Anlaß dieser Eile,
Urlaub von ihrer Liebe fordernd. Nicht nur
Der Fulvia Tod und andre ernste Mahnung
Ruft uns nachdrücklich; andre Briefe auch,
Von vielen wohlbemühten römischen Freunden,
Verlangen uns daheim. Sextus Pompejus
Hat Cäsarn Trotz geboten und beherrscht
Das weite Meer; das wankelmütige Volk,
Des Gunst nie fest dem Wohlverdienten bleibt,
Bis sein Verdienst vorüber, wirft nun schon,
Was je Pompejus nur, der Große, tat,
Auf seinen Sohn, der hoch in Macht und Namen
Und höher noch durch Mut und Kraft ersteht
Als Held des Heers. Sein Ansehn, wächst es ferner,
Bedroht den Bau der Welt. Viel brütet jetzt,
Das gleich dem Roßhaar nur erst Leben hat,
Noch nicht der Schlange Gift. - Geh und verkünde
Des Heers Hauptleuten, unser Wille fordre
Schleunigen Aufbruch aller.

ENOBARBUS
                             Ich besorg es.
Beide ab.




DRITTE SZENE

[Daselbst.] Alexandria. Ein [andres] Zimmer in Kleopatras Palast


Es treten auf Kleopatra, Charmion, Iras und Alexas.

KLEOPATRA
Wo ist er?

CHARMION
            Ich sah ihn nicht seitdem.

KLEOPATRA
Sieh, wo er ist, wer mit ihm, was er tut
- Ich schickte dich nicht ab -; findst du ihn traurig,
Sag ihm, ich tanze; ist er munter, meld ihm,
Ich wurde plötzlich krank. Komm schnell zurück!
Alexas ab.

CHARMION
Fürstin, mir scheint, wenn Ihr ihn wirklich liebt,
Ihr wählt die rechte Art nicht, ihn zur Liebe
Zu zwingen.

KLEOPATRA
Und was sollt ich tun und laß es?

CHARMION
Gebt immer nach, laßt Euch von ihm nur führen!

KLEOPATRA
Törichter Rat! Der Weg, ihn zu verlieren!

CHARMION
Versucht ihn nicht zu sehr; ich bitt, erwägt,
Wir hassen bald, was oft uns Furcht erregt.
[Antonius kommt.]
Doch seht, er kommt!
Antonius kommt.

KLEOPATRA
                      Ich bin verstimmt und krank.

ANTONIUS
Es quält mich, meinen Vorsatz ihr zu sagen.

KLEOPATRA
Hilf, liebe Charmion, hilf, ich sinke hin!
So kanns nicht dauern, meines Körpers Bau
Wird unterliegen.

ANTONIUS
                   Teure Königin -

KLEOPATRA
Ich bitt dich, steh mir nicht so nah!

ANTONIUS
                                       Was gibts?

KLEOPATRA
Ich seh in diesem Blick die gute Zeitung!
Was sagt die Ehgemahlin? Geh nur, geh!
Hätt sie es dir doch nie erlaubt, zu kommen!
Sie soll nicht sagen, daß ich hier dich halte;
Was kann ich über dich? Der Ihre bist du!

ANTONIUS
Die Götter wissen -

KLEOPATRA
                     Nie ward eine Fürstin
So schrecklich je getäuscht. Und doch, von Anfang
Sah ich die Falschheit keimen.

ANTONIUS
                                Kleopatra -

KLEOPATRA
Wie soll ich glauben, du seist mein und treu,
Erschüttert auch dein Schwur der Götter Thron,
Wenn Fulvia du verrietst? Wahn, schwärmerischer,
An solchen mundgeformten Eid sich fesseln,
Der schon im Schwur zerbricht!

ANTONIUS
                                Geliebte Fürstin -

KLEOPATRA
Nein, such nicht schöne Farben deinem Gehn!
Geh, sag Lebwohl! Als du zu bleiben flehtest,
Hattest du Zeit für Worte, gabs kein Gehn!
In unserm Mund und Blick war Ewigkeit,
Wonn auf den Braun, kein Tropfen Blut so arm,
Der Göttern nicht entquoll - und so ists noch,
Oder der größte Held der Welt, du, würdest
Zum größten Lügner.

ANTONIUS
                   Wie? Was sagst du, Herrin!

KLEOPATRA
Ich wollt, ich hätt dein Maß; du solltest sehn,
Auch in Ägypten gäbs ein Herz.

ANTONIUS
                               Vernimm,
Der Zeiten strenger Zwang heischt unsern Dienst
Für eine Weile; meines Herzens Summe
Bleibt dein hier zum Gebrauch. Unser Italien
Blitzt rings vom Bürgerstahl; Sextus Pompe jus
Bedroht mit seinem Heer die Häfen Roms.
Die Gleichheit zweier heimischen Mächte zeugt
Gefährliche Parteiung; seit sie stark,
Liebt man die sonst Verhaßten; der verbannte
Pompejus, reich durch seines Vaters Ruhm,
Schleicht in die Herzen aller, die im Staat
Jetzt nicht gedeihn und deren Menge schreckt,
Und Ruhe, krank durch Frieden, sucht verzweifelnd
Heilung durch Wechsel. Doch ein näherer Grund,
Und der zumeist mein Gehn dir sollt entschuldgen,
Ist Fulvias Tod.

KLEOPATRA
Wenn mich das Alter auch nicht schützt vor Torheit,
Doch wohl vor Kindischsein. Kann Fulvia sterben?

ANTONIUS
Geliebte, sie ist tot.
Sieh hier, in frei bestimmter Stunde lies
Die Händel, die sie schuf; zuletzt ihr Bestes:
Sieh, wann und wo sie starb!

KLEOPATRA
                              O falsches Lieben!
Wo sind Phiolen, die du füllen solltest
Mit Tau des Grams? Nicht Fulvias Tod beweinen
Zeigt mir, wie leicht du einst erträgst den meinen.

ANTONIUS
Zanke nicht mehr, nein, sei gefaßt zu hören,
Was ich für Plän entwarf; sie stehn und fallen,
Wie du mir raten wirst. Ja, bei dem Feuer,
Das Nilus' Schlamm belebt, ich geh von hier,
Dein Held, dein Diener; Krieg erklär ich, Frieden,
Wie dirs gefällt.

KLEOPATRA
                    Komm, Charmion, schnür mich auf!
Nein, laß nur, mir wird wechselnd schlimm und wohl,
Ganz wie Antonius liebt.

ANTONIUS
                          Still, teures Kleinod!
Gib beßres Zeugnis seiner Treu; die strengste
Prüfung wird sie bestehn.

KLEOPATRA
                          Das lehrt mich Fulvia!
O bitte, wende dich und wein um sie,
Dann sag mir Lebewohl und sprich: die Tränen
Sind für Ägypten; spiel doch eine Szene
Ausbündiger Heuchelei, und mag sie gelten
Für echte Ehre!

ANTONIUS
                Du machst mich heiß! Laß ab!

KLEOPATRA
Das geht schon leidlich; doch du kannst es besser!

ANTONIUS
Bei meinem Schwert -

KLEOPATRA
                      Und Schild! - Er spielt schon besser,
Doch ists noch nicht sein Bestes. Sieh nur, Charmion,
Wie tragisch dieser römische Herkules
Auffährt in seinem Grimm!

ANTONIUS
                           So leb denn wohl!

KLEOPATRA
Höflicher Herr, ein Wort:
Wir beide müssen scheiden - doch das ists nicht -
Wir beide liebten einst - doch das ists auch nicht -
Das wißt Ihr wohl. - Was wars doch, das ich meinte?
O mein Gedächtnis ist recht ein Antonius,
Und ich bin ganz vergessen!

ANTONIUS
                             Wär nicht Torheit
Die Dienerin deines Throns, so hielt' ich dich
Für Torheit selbst.

KLEOPATRA
                          O schwere Müh des Lebens,
Dem Herzen nahe solche Torheit tragen,
Wie diese ich! Doch, teurer Freund, vergib mir,
Denn Tod bringt mir mein Treiben, wenn es dir
Nicht gut ins Auge fällt. Dich ruft die Ehre,
Hör denn auf meinen eiteln Wahnsinn nicht!
Und alle Götter mit dir! Siegeslorbeer
Kränze dein Schwert, und mühelos Gelingen
Bahne den Weg vor deinen Füßen!

ANTONIUS
                                 Komm!
Es flieht zugleich und weilet unsre Trennung;
Denn du, hier thronend, gehst doch fort mit mir,
Und ich, fortschiffend, bleibe doch mit dir. -
Gehn wir!
Alle ab.




VIERTE SZENE

Rom. Ein Zimmer im Hause des Octavius Cäsar


Es treten auf Octavius Cäsar, Lepidus und Gefolge.

CÄSAR
Ihr seht nun, Lepidus, und wißt hinfort,
Es ist nicht Cäsars Unart, daß er haßt
Den großen Mitbewerber. Aus Ägypten
Schreibt man uns dies: Er fischt und trinkt, verschwendet
Der Nächte Kerzen schwelgend, nicht mehr Mann
Als diese Königin, noch Kleopatra
Mehr Weib als er. Kaum sprach er die Gesandten,
Noch dacht er seiner Mitregenten. In ihm seht
Den Mann, der alle Fehler in sich faßt,
Die jeden locken.

LEPIDUS
                   Doch denk ich, hegt er
Nicht so viel Laster, all sein Gut zu schwärzen: -
Denn seine Fehler, wie die Sterne, glänzen
Heller in schwarzer Nacht, sind angestammt
Mehr als erworben, unwillwürklich mehr
Als freie Wahl.

CÄSAR
Ihr seid zu duldsam. Sei es auch verzeihlich,
Sich auf des Ptolemäus Lager wälzen,
Mit Kronen zahlen einen Scherz, umtrinken
Zur Wette nach der Kunst mit jedem Sklaven,
Am hellen Tag die Stadt durchtaumeln, balgen
Mit Schuften, schweißbetrieft: das steh ihm an
- Und dessen Art muß freilich selten sein,
Den solches nicht entehrt -, doch für Antonius
Gibts kein Entschuldigen seiner Schmach, wenn wir
So schwer an seinem Leichtsinn tragen. Füllt' er
Die leeren Stunden sich mit Wollust aus,
Vertrocknet Mark und Ekel zögen ihn
Zur Rechenschaft; doch solche Zeit verwüsten,
Die ihn vom Spiel wegtrommelt, so laut ruft,
Wie Weltherrschaft nur mahnt, das muß man schelten,
Wie man den Knaben schmält, der, trotz Erfahrung,
Einsicht der Lust des Augenblicks hinopfert
Wider sein beßres Wissen.
Ein Bote tritt auf.

LEPIDUS
                           Neue Botschaft!

BOTE
Erfüllt ist dein Gebot: Zu jeder Stunde,
Erhabner Cäsar, sollst du Nachricht hören,
Wie's auswärts steht. Pompejus herrscht zur See,
Und wie es scheint, gewann er sich die Herzen,
Die Cäsarn nur gefürchtet. Zu den Häfen
Strömen die Mißvergnügten, das Gerede
Nennt sehr betrogen ihn.

CÄSAR
                          Ich konnt mirs denken!
Vom ersten Anbeginn lehrt die Geschichte,
Daß, wer hoch steht, ersehnt war, bis er stand;
Wer strandet - nie zuvor der Liebe wert -,
Teuer wird, weil vermißt; der Haufe läßt
Wie Schilf sich treiben im Gezeitenstrom
Vor und zurück, folgsam dem Flutenwechsel,
Verrottend in Bewegung.

BOTE
                         Höre ferner:
Menekrates und Menas, mächtige Piraten,
Herrschen im Meer und pflügen und verwundens
Mit Kielen aller Art. Manch frecher Einbruch
Verheert Italien; alles Volk der Küste
Erblaßt vor Schreck; die kühne Jugend zürnt.
Kein Segel taucht nur auf, es wird gekapert,
Wie mans erblickt. Pompejus' Name schadet
Mehr als sein Heer im offnen Krieg.

CÄSAR
                                     Antonius,
Laß deine üppigen Becher! Als geschlagen
Du zogst von Mutina, wo du die Konsuln
Hirtius und Pansa erst besiegt, da folgte
Der Hunger deinen Fersen; den bestandst du,
Obgleich so zart gewöhnt, mit mehr Geduld,
Als Wilde selbst vermöchten; ja, du trankst
Den Harn der Rosse und den falben Schlamm,
Der Vieh zum Ekel zwäng'; dein Gaum verschmähte
Die herbste Beere nicht auf rauhster Hecke;
Ja, wie der Hirsch, wenn Schnee die Weide deckt,
Nagtst du der Bäume Rinden; auf den Alpen,
Erzählt man, aßest du so ekles Fleisch,
Daß mancher starb beim Anblick; und dies alles
- O Schande deinem Ruhm, daß ichs erzähle -
Trugst du so heldenmütig, daß die Wange
Dir nicht einmal erbleichte.

LEPIDUS
                              Schad um ihn!

CÄSAR
Laßt seine Scham ihn bald
Nach Rom zurückführn. Zeit wärs für uns zwei,
Daß wir im Feld uns zeigten; demgemäß
Ruft mir den Rat zusammen, denn Pompejus
Gedeiht durch unser Säumen.

LEPIDUS
                             Morgen, Cäsar,
Werd ich imstande sein. Euch zu berichten,
Was ich zu Meer und Land versammeln kann,
Der Zeit die Stirn zu bieten.

CÄSAR
                               Bis dahin
Sei dies auch meine Sorge. So lebt wohl!

LEPIDUS
Lebt wohl denn, Cäsar. Meldet man Euch mehr,
Was sich im Ausland regt, ersuch ich Euch,
Mirs mitzuteilen.

CÄSAR
                   Zweifelt nicht daran,
Ich kenns als meine Pflicht.
Beide ab.




FÜNFTE SZENE

Alexandria. Ein Zimmer im Palast


Es treten auf Kleopatra, Charmion, Iras und Mardian.

KLEOPATRA
Charmion -

CHARMION
Frau?

KLEOPATRA
Ah, ah,
Gib mir Mandragora zu trinken.

CHARMION
                                Wie?

KLEOPATRA
Daß ich die große Kluft der Zeit durchschlafe,
Wo mein Antonius fort ist!

CHARMION
                            Allzuviel
Denkt Ihr an ihn.

KLEOPATRA
                   Du sprichst Verrat.

CHARMION
                                        O nein!

KLEOPATRA
Eunuch du, Mardian!

MARDIAN
                     Was gefällt Eur Hoheit?

KLEOPATRA
Nicht jetzt dich singen hören: nichts gefällt mir
An einem Hämling. Es ist gut für dich,
Daß ohne Saft und Mark dein freier Sinn
Nicht fliehn mag aus Ägypten. - Hast du Triebe?

MARDIAN
Ja, gnädige Fürstin.

KLEOPATRA
                       In der Tat?

MARDIAN
Nicht in der Tat, Frau, denn ich kann nichts tun,
Was in der Tat nicht ehrsam wird getan.
Doch fühl ich heftige Trieb und denke mir,
Was Venus tat mit Mars.

KLEOPATRA
                         O Charmion,
Wo denkst du dir ihn jetzt? Sag, steht er, sitzt er?
Wie, geht er wohl? Sitzt er auf seinem Pferd?
O glücklich Pferd, Antonius' Last zu tragen!
Sei stolz, mein Pferd! Weißt du wohl, wen du trägst?
Den halben Atlas dieser Erde, Schild
Und Schutz der Welt! - Jetzt spricht er oder murmelt:
Wo weilst du, meine Schlang am alten Nil?
Denn also nennt er mich. Jetzt weid ich mich
Am allzu süßen Gift! Gedenke mein,
Ob auch von Phöbus' Liebesstichen braun
Und durch die Zeit gerunzelt! Als du hier
Ans Ufer tratst, breitstirniger Cäsar, war ich
Wert eines Königs; Held Pompejus stand
Und ließ sein Aug auf meinen Brauen wurzeln;
Da wollt er seinen Blick ankern und sterben
Im Anschaun seines Lebens.
Alexas kommt.

ALEXAS
Herrin Ägyptens, Heil!

KLEOPATRA
Wie ganz unähnlich bist du Marc Anton!
Doch sahst du ihn; die köstliche Tinktur
Vergoldet dich mit ihrem Glanz.
Wie geht es meinem edlen Marc Anton?

ALEXAS
Sein Letztes, Fürstin, war:
Er küßte - vieler Doppelküsse letzter -
Die Perle hier. Sein Wort lebt mir im Herzen.

KLEOPATRA
Von dort muß es mein Ohr sich pflücken.

ALEXAS
                                        Freund,
So, sagt' er mir, sprich du:
Der treue Römer schickt der großen Königin
Dies Kleinod einer Muschel; ihr zu Füßen,
Dies Nichts zu bessern, streu ich Königreiche
Vor ihren üppigen Thron: der ganze Ost,
Sprich, soll sie Königin nennen! - Damit nickt' er
Und stieg gelassen auf sein hohes Streitroß,
Des helles Wiehern, was ich gern erwidert,
Roh unterdrückte.

KLEOPATRA
                   War er munter oder ernst?

ALEXAS
Der Jahrszeit gleich, die auf der Mitte schwebt
Von heiß und kalt; er war nicht ernst noch munter.

KLEOPATRA
O wohlgeteilte Stimmung! Sieh ihn, Charmion,
Du Gute, sieh ihn, welch ein Mann! O sieh ihn!
Er war nicht ernst, denn die wollt er beglänzen,
Die heiter sind durch ihn; er war nicht munter -
Dies schien zu sagen, sein Erinnern weile
Mit seiner Lust hier; zwischen beiden war er!
O himmlische Vermischung! Ernst und munter,
Das Äußerste von beiden steht dir so,
Wie keinem Manne sonst. - Trafst du die Boten?

ALEXAS
Ja, Fürstin, zwanzig auf demselben Wege;
Warum so dicht?

KLEOPATRA
                 Wer an dem Tag geboren,
Wo ich vergaß an Marc Anton zu schreiben,
Der sterb als Bettler. - Bring mein Schreibzeug, Charmion! -
Willkommen, mein Alexas. - Sag mir, Charmion,
Liebt ich je Cäsarn so?

CHARMION
                          Du edler Cäsar!

KLEOPATRA
Erstick, wenn du den Ausruf wiederholst!
Sprich: edler Marc Anton!

CHARMION
                           Der tapfre Cäsar!

KLEOPATRA
Bei Isis, deine Zähne werden bluten,
Wenn du mit Cäsarn irgend noch vergleichst
Den ersten aller Männer!

CHARMION
                          Mit Vergunst,
Ich sing in Euerm Tone.

KLEOPATRA
                         Meine Milchzeit,
Als mein Verstand noch grün, das Herz noch kalt!
Zu sprechen wie ich damals! Eile nun!
Papier und Tinte!
Zu ihm soll jeden Tag besondrer Gruß,
Müßt ich Ägypten auch entvölkern!
Alle ab.







ZWEITER AKT

ERSTE SZENE

Messina. Ein Zimmer in Pompejus' Hause


Es treten auf Pompejus, Menekrates und Menas.

POMPEJUS
Sind sie gerecht, die Götter, schützen sie
Die Taten der Gerechten.

MENEKRATES
                          Denkt, Pompejus:
Was sie verzögern, nicht verweigern sie's.

POMPEJUS
Indes wir flehn vor ihrem Throne, welkt
Die Gab, um die wir flehn.

MENEKRATES
                            Wir Blinden bitten
Oft unser eignes Leid, das weise Mächte
Zu unserm Wohl versagt; so sind wir reicher
Durch des Gebets Verlust.

POMPEJUS
                           Mir wirds gelingen!
Mich liebt das Volk, mein ist das ganze Meer,
Macht wächst mir wie der Mond, prophetisch Hoffen
Sieht schon die volle Scheibe. Marc Anton
Hält Tafel in Ägypten und wird nicht
Zu Felde ziehn; Cäsar macht Geld, wo Herzen
Er einbüßt; beiden schmeichelt Lepidus,
Läßt sich von beiden schmeicheln und liebt keinen,
Und keiner hält ihn wert.

[MENEKRATES] MENAS
                           Cäsar und Lepidus
Stehn schon im Feld, mit großer Macht gerüstet.

POMPEJUS
Woher stammt das? 's ist falsch.

[MENEKRATES] MENAS
                                  Von Silvius, Herr.

POMPEJUS
Er träumt; ich weiß, sie sind in Rom zusammen
Und harren auf Anton. Doch Liebreiz würz dir,
Heiße Kleopatra, die feuchten Lippen,
Zauber erhöh die Schönheit, Wollust beide,
Den Schwelger bind ein Heer von Festgelagen,
Sein Hirn umnebelnd, epikurscher Köche
Gewürzte Brüh schärf seine Eßlust ständig,
Daß Schlaf und Schwelgen seinen Ruhm vertagen,
Bis zu lethischer Stumpfheit.
Varrius tritt auf.
                               Was bringt Varrius?

VARRIUS
Was ich zu melden hab, ist zuverlässig:
Antonius kann zu jeder Stund in Rom
Eintreffen; seit er Afrika verließ,
War Raum für weitre Reise.

POMPEJUS
Mir wäre kleinre Zeitung weit willkommner.
Menas, ich glaubte nicht,
Daß um so dürftigen Krieg der Liebesschwärmer
Den Helm sich aufgesetzt. Sein Feldherrngeist
Ist zwiefach der der beiden; doch erheb uns
So höher das den Mut, daß unser Tun
Den nimmer lustgesättigten Anton
Aufstört vom Schoß der Witwe von Ägypten.

MENAS
Ich glaube nie,
Daß Cäsar und Anton sich freundlich grüßen.
Sein Weib, nun tot, hat Cäsarn schwer gereizt,
Sein Bruder kriegte gegen ihn, obwohl
Nicht auf Antons Geheiß.

POMPEJUS
                         Ich weiß nicht, Menas,
Wie bald der größern Feindschaft kleinre weicht:
Ständen wir jetzt nicht gegen alle auf,
Gerieten sie ohn Zweifel aneinander,
Denn Anlaß haben alle längst genug,
Das Schwert zu ziehn; doch wie die Furcht vor uns
Ein Leim wird ihrer Trennung und verknüpft
Die kleine Spaltung, wissen wir noch nicht.
Sei's, wie's die Götter fügen! Unser Leben
Steht auf dem Spiel, wenn wir nicht mutig streben.
Komm, Menas!
Alle ab.




ZWEITE SZENE

Rom. Im Hause des Lepidus


Es treten auf Enobarbus und Lepidus.

LEPIDUS
Mein Enobarbus, es ist wohlgetan
Und bringt dir Ruhm, bewegst du deinen Feldherrn
Zu mildem, sanftem Wort.

ENOBARBUS
                          Ich werd ihn bitten,
Zu reden wie er selbst. Reizt Cäsar ihn,
So schau Anton auf Cäsars Haupt herab
Und donnre laut wie Mars! Beim Jupiter,
Hätt ich Antonius' Bart an meinem Kinn,
Heut schör ich ihn nicht ab.

LEPIDUS
                             's ist nicht die Zeit
Für Zwist der einzelnen.

ENOBARBUS
                         Jegliche Zeit
Paßt wohl für das, was sie zutage bringt.

LEPIDUS
Doch muß das Kleine sich dem Größern fügen!

ENOBARBUS
Nicht, kommt das Kleine erst.

LEPIDUS
                               Ihr sprecht im Zorn;
Doch stört nicht auf die Asche. Seht, hier kommt
Der edle Marc Anton.
Antonius und Ventidius treten auf.

ENOBARBUS
                      Und dort kommt Cäsar.
Cäsar, Mäcenas und Agrippa treten auf.

ANTONIUS
Im Fall wir einig werden, dann nach Parthien;
Hörst du, Ventidius?

CÄSAR
                      Frage den Agrippa,
Mäcen; ich weiß es nicht.

LEPIDUS
                          Erhabne Freunde,
Was uns vereinte, war so groß, nun laßt nicht
Geringen Zwist uns trennen! Was zu tadeln,
Hört es mit Nachsicht an; verhandeln wir
Den nichtigen Streit so laut, dann wird ein Mord,
Was Wunden sollte heilen. Drum, edle Freunde
- Und um so mehr, je ernstlicher ich bitte -,
Berührt mit mildstem Wort die herbsten Punkte,
Daß Laune nicht das Übel mehre.

ANTONIUS
                                 Wohl gesprochen;
Und ständ ich vor dem Heer zum Kampf bereit,
Ich macht es so.

CÄSAR
                  Willkomm in Rom!

ANTONIUS
                                    Habt Dank!

CÄSAR
Setzt Euch!

ANTONIUS
             Setzt Euch, Herr!

CÄSAR
                                Nun denn.

ANTONIUS
Ich seh. Ihr findet Anstoß, wo nichts ist
Und, wärs. Euch nicht beträfe.

CÄSAR
                                Lächerlich
Wär ich, wenn um ein Nichts, ein Wenigs ich
Mich hielt' beleidigt, und vor allen Menschen
Von Euch zumeist; noch lächerlicher, daß ich
Nur einmal Euch mit Abschätzung genannt,
Wenn Euern Namen auch nur auszusprechen
Mir fern lag.

ANTONIUS
               Mein Verweilen in Ägypten,
Was war es Euch?

CÄSAR
Nicht mehr, als Euch mein Walten hier in Rom
Mocht in Ägypten sein: doch wenn Ihr dort
Was gegen mich geschmiedet, war mir wichtig
Euer Verweilen dort.

ANTONIUS
                      Was meint Ihr? Schmieden?

CÄSAR
Beliebts Euch, faßt Ihr wohl, was ich bezeichne,
Aus dem, was hier mich traf. Eur Weib und Bruder
Bekriegten mich; für ihren Anlauf wart
Der Vorwand Ihr, Ihr wart das Feldgeschrei!

ANTONIUS
Ihr irrt in Eurer Ansicht. Mich zog nie
Mein Bruder da hinein. Ich forschte nach
Und hab aus sichrer Kunde die Gewißheit
Von Euern Freunden selbst. Bekämpft' er nicht
Vielmehr mein eignes Ansehn wie das Eurige?
Führt er den Krieg nicht meinem Sinn entgegen,
Der Euch verbündet war? All meine Briefe
Beweisens klar. Drum, wollt Ihr Händel flicken
- Denn nicht aus ganzem Tuch könnt Ihr sie schneiden -,
So muß es dies nicht sein.

CÄSAR
                           Ihr preist Euch selbst,
Indem Ihr schwach mein Urteil nennt; doch Ihr
Flickt nur Entschuldigung so.

ANTONIUS
                               O nein, o nein,
Es kann Euch nicht entgehn, ich weiß gewiß
Die sichre Folgrung: daß, mit Euch vereint
In jener Sach, um die er Krieg geführt,
Ich nie mit Lust den Zwist betrachten konnte,
Der meine Ruh bedroht'. Was Fulvia tat -
Ich wünschte Euch ein Weib von solchem Geist! -
Ihr lenkt der Erde Dritteil, mit 'nem Halfter
Zügelt Ihrs leicht, doch nimmer solch ein Weib!

ENOBARBUS
Hätten wir doch alle solche Weiber, daß die Männer mit ihren Weibern in den Krieg gehn könnten!

ANTONIUS
Ganz unbezähmbar, hat ihr Aufruhr, Cäsar,
Erregt von ihrem Jähzorn, dem nicht fehlte
Verschlagene Berechnung - ungern sag ichs -,
Euch Unruh viel erregt. Doch gebt mir zu,
Dies ändern konnt ich nicht.

CÄSAR
                             Ich schrieb an Euch;
Ihr aber, schwelgend in Ägypten, stecktet
Beiseit mein Schreiben, und mit Hohn und Lachen
Ward ungehört mein Bote fortgewiesen.

ANTONIUS
Er fiel mich an, noch kaum gemeldet; eben
Hatt ich drei Könige bewirtet, und mir fehlte,
Was ich am Morgen war; doch nächsten Tags
Sagt ich dies selbst ihm, was nicht minder war,
Als um Verzeihung bitten. Sei der Bursch
Nicht mehr genannt im Zwist, und wenn wir streiten,
Sei er ganz ausgestrichen!

CÄSAR
                            Eures Eids
Hauptpunkt habt Ihr gebrochen; des kann nimmer
Mich Eure Zunge zeihn.

LEPIDUS
                        Halt, Cäsar!

ANTONIUS
                                      Nein,
Lepidus, laßt ihn reden!
Die Ehr ist rein und heilig, die er angreift,
Im Wahn, ich sei ihr treulos. Weiter, Cäsar:
Der Hauptpunkt meines Eids -

CÄSAR
Mir Hülf und Macht zu leihn, wenn ichs verlangte,
Und beides schlugt Ihr ab.

ANTONIUS
                            Versäumt es nur;
Und zwar, als ein vergiftet Dasein mir
Mein Selbstbewußtsein raubte. Soviel möglich,
Zeig ich den Reuigen; doch mein Gradsinn soll
Nicht meine Größe schmälern, meine Macht
Nicht ohne diesen wirken. Wahr ists, Fulvia
Bekriegt' Euch, aus Ägypten mich zu scheuchen,
Wofür ich jetzt, unwissentlich die Ursach,
Soweit Verzeihung bitt, als ich mit Würde
Nachgeben kann.

LEPIDUS
                 Ihr spracht ein edles Wort.

MÄCENAS
Gefiels Euch doch, nicht ferner zu gedenken
Des Streites. Um ihn gänzlich zu vergessen,
Erinnert Euch, wie gegenwärtige Not
Euch an Versöhnung mahnt!

LEPIDUS
                                Ein würdiges Wort!

ENOBARBUS
Oder, wenn Ihr Euch einer des andern Freundschaft für den Augenblick borgt, könnt Ihr sie, wenn vom Pompejus nicht mehr die Rede ist, wieder zurückgeben: Ihr mögt Zeit zu zanken finden, wenn Ihr sonst nichts anders zu tun habt.

ANTONIUS
Du bist nur ganz Soldat, drum sprich nicht mehr!

ENOBARBUS
Ich hätte bald vergessen, daß Wahrheit schweigen muß.

ANTONIUS
Du kränkst den würdigen Kreis, drum sprich nicht mehr!

ENOBARBUS
Nur zu also, ich bin Euer bedächtiger Steinklotz.

CÄSAR
Ich tadle nicht den Inhalt seiner Rede,
Nur ihre Weise, denn unmöglich scheints,
Daß Freundschaft bleibe, wenn die Sinnesart
Im Tun so abweicht. Doch, wüßt ich den Reif,
Der uns verfestigte, von Pol zu Pol
Sucht ich ihn auf!

AGRIPPA
                    Wollt Ihr vergönnen, Cäsar -

CÄSAR
Agrippa, sprich!

AGRIPPA
Du hast 'ne Schwester von der Mutter Seite,
Die herrliche Octavia. Marc Anton
Ward Witwer -

CÄSAR
               Sprich kein solches Wort, Agrippa!
Hätt es Kleopatra gehört, mit Recht
Nennte sie jetzt dich übereilt.

ANTONIUS
Ich bin vermählt nicht, Cäsar; laß mich wissen
Agrippas fernere Meinung.

AGRIPPA
Euch in beständiger Freundschaft zu erhalten,
Euch brüderlich zu einen, eure Herzen
Unlösbar fest zu knüpfen, nehm Anton
Octavia zur Gemahlin, deren Schönheit
Wohl fordern kann den besten Mann der Welt,
Und deren Güt und Anmut sie erhebt,
Mehr, als es Worte könnten. Durch dies Bündnis
Wird kleine Eifersucht, die groß nun scheint,
Und große Furcht, die jetzt Gefahren droht,
In nichts verschwinden; Wahrheit wird dann Märchen,
Wie halbe Mär jetzt Wahrheit; beide liebend,
Verstärkt sie eure Wechsellieb und zieht
Der Völker Liebe nach. - Verzeiht die Rede,
Denn sie ward längst geprüft, nicht schnell ersonnen,
Pflichtmäßig reif bedacht.

ANTONIUS
                            Will Cäsar reden?

CÄSAR
Nicht bis er hört, was Marc Anton erwidert
Dem schon Gesagten.

ANTONIUS
                     Was vermag Agrippa,
Wenn ich nun spräch: Agrippa, also sei's,
Dies zu vollenden?

CÄSAR
                    Cäsars ganze Macht,
Und was sein Wort der Schwester gilt.

ANTONIUS
                                       Nie mög ich
Dem edlen Antrag, der so herrlich glänzt,
Verhindrung träumen. Reich mir deine Hand,
Fördre den frommen Bund; und nun, von Stund an,
Regier in unsrer Liebe Brudereintracht,
Das hohe Ziel erstrebend!

CÄSAR
                           Nimm die Hand!
Dir schenk ich eine Schwester, wie kein Bruder
So zärtlich eine je geliebt; sie lebe,
Zu binden unsre Reiche, unsre Herzen!
Flieh nie aus unsrer Liebe wieder!

LEPIDUS
                                    Amen!

ANTONIUS
Ich dachte nicht, Pompejus zu bekämpfen,
Denn großen Freundschaftsdienst erwies er mir
Vor kurzem erst: Dank darf er von mir fordern,
Daß mich der Ruf nicht unerkenntlich nenne.
Das abgetan, entbiet ich ihn zum Kampf.

LEPIDUS
Es drängt die Zeit;
Pompejus müssen wir alsbald nun suchen,
Sonst sucht er uns.

ANTONIUS
                     Wo ankert seine Flotte?

CÄSAR
Am Vorgebirg Misenum.

ANTONIUS
                       Seine Landmacht,
Wie stark?

CÄSAR
            Groß und im Wachsen; doch die See
Beherrscht er unumschränkt.

ANTONIUS
                            So sagt der Ruf.
Hätten wir uns gesprochen! Hin in Eil!
Doch eh wir uns bewaffnen, bringt zu Ende,
Was eben ward gelobt!

CÄSAR
                       Mit höchster Freude!
So lad ich Euch zum Anblick meiner Schwester
Und führ Euch gleich zu ihr.

ANTONIUS
                              Gönnt, Lepidus,
Uns Eure Gegenwart!

LEPIDUS
                     Edler Antonius,
Selbst Krankheit hielt' mich nicht zurück.
Trompetenstoß. Cäsar, Antonius und Lepidus ab.

MÄCENAS
Willkommen von Ägypten, Herr.

ENOBARBUS
Hälfte von Cäsars Herzen, würdiger Mäcenas! Mein ehrenwerter Freund Agrippa!

AGRIPPA
Wackrer Enobarbus!

MÄCENAS
Wir haben Ursach, froh zu sein, daß alles sich so gut entwirrt hat. Ihr habts Euch indessen in Ägypten wohl sein lassen?

ENOBARBUS
Ja, Herr, wir schliefen, daß sich der helle Tag schämte, und machten die Nacht mit Trinken hell.

MÄCENAS
Acht wilde Schweine ganz gebraten zum Frühstück, und nur für zwölf Personen, ist das wahr?

ENOBARBUS
Das war nur wie eine Fliege gegen einen Adler; wir hatten viel andre ungeheure Dinge bei unsern Festen, die wohl wert waren, daß man sie erwähnt.

MÄCENAS
Sie ist eine ganz unwiderstehliche Frau, wenn sie ihrem Ruf entspricht.

ENOBARBUS
Als sie den Marc Anton das erste Mal sah, stahl sie ihm sein Herz; es war auf dem Flusse Kydnos.

AGRIPPA
Dort zeigte sie sich ihm in der Tat, oder mein Berichterstatter hat viel für sie erfunden.

ENOBARBUS
Ich wills berichten:
Die Bark, in der sie saß, ein Feuerthron,
Brannt auf dem Strom: getriebnes Gold der Spiegel,
Die Purpursegel duftend, daß der Wind
Entzückt nachzog; die Ruder waren Silber,
Die nach der Flöten Ton Takt hielten, daß
Das Wasser, wie sie's trafen, schneller strömte,
Verliebt in ihren Schlag; doch sie nun selbst -
Zum Bettler wird Bezeichnung; sie lag da
In ihrem Zelt, das ganz aus Gold gewirkt,
Noch farbenstrahlender als jene Venus,
Wo die Natur der Malerei erliegt.
Zu beiden Seiten ihr holdselige Knaben,
Mit Wangengrübchen, wie Cupido lächelnd,
Mit bunten Fächern, deren Wehn durchglühte,
So schiens, die zarten Wangen, die sie kühlten,
So daß sie hemmten, was sie förderten.

AGRIPPA
Welch Wunderanblick für Antonius!

ENOBARBUS
Die Dienerinnen, wie die Nereiden,
Spannten, Sirenen gleich, nach ihr die Blicke,
Und dienten ihr zum Schmucke. Eine Meerfrau
Lenkte das Steuer. Seidnes Tauwerk schwoll
Dem Druck so blumenreicher Händ entgegen,
Die frisch den Dienst versahn. Der Bark entströmend
Betäubt' ein würziger Wohlgeruch die Sinne
Der nahen Uferdämme. Sie zu sehn,
Ergießt die Stadt ihr Volk; und Marc Anton,
Hochthronend auf dem Marktplatz, saß allein
Und pfiff der Luft, die, wär ein Leeres möglich,
Sich auch, Kleopatra zu schaun, verloren
Und so ein Loch in der Natur gemacht hätt.

AGRIPPA
O wundervolles Weib!

ENOBARBUS
Als sie gelandet, bat Antonius sie
Zur Abendmahlzeit; sie erwiderte,
Ihr sei willkommner, ihn als Gast zu sehn,
Und lud ihn. Unser höflicher Anton,
Der keiner Frau noch jemals Nein gesagt,
Zehnmal behandelt vom Barbier, geht hin
Zum Fest, wo denn sein Herz die Zeche zahlt,
Da nur sein Auge zehrte.

AGRIPPA
                          Fürstlich Weib!
Sie ließ des großen Cäsars Schwert zu Bett gehn;
Er pflügte sie, sie erntete.

ENOBARBUS
                              Ich sah sie
Einst vierzig Schritte durch die Straße hüpfen,
Und außer Atem, sprach sie doch und keuchte,
Und machte diesen Nachteil noch zum Vorteil
Und atmet' ohne Atem Zaubermacht.

MÄCENAS
Nun muß Antonius sie durchaus verlassen!

ENOBARBUS
Niemals! Das wird er nicht! Nicht kann sie Alter
Hinwelken, täglich Sehn an ihr nicht stumpfen
Die immerneue Reizung; andre machen
Satt, wenn sie Lust gewähren; sie macht hungrig,
Je reichlicher sie schenkt, denn das Gemeinste
Wird so geadelt, daß die heiligen Priester
Sie segnen, wenn sie buhlt.

MÄCENAS
Wenn Schönheit, Sitt und Weisheit fesseln können
Das Herz Antons, dann ist Octavia ihm
Ein segensreiches Los.

AGRIPPA
                        Kommt, laßt uns gehn!
Ihr, werter Enobarbus, seid mein Gast,
Solang Ihr hier verweilt.

ENOBARBUS
                           Ich dank Euch bestens.
Alle ab.




DRITTE SZENE

[Daselbst.] Rom. In Cäsars Hause


Es treten auf Cäsar, Antonius, Octavia zwischen ihnen; Gefolge; [ein Wahrsager].

ANTONIUS
Die Welt, mein großes Amt, wird jezuweilen
Von deiner Brust mich trennen.

OCTAVIA
                                All die Zeit
Beugt vor den Göttern betend sich mein Knie
Zu deinem Heil.

ANTONIUS
                 Gut Nacht, Herr! - O Octavia,
Lies meinen Tadel nicht im Ruf der Welt;
Ich hielt nicht stets das Maß, doch für die Zukunft
Fügt alles sich der Form. Gut Nacht, Geliebte!

OCTAVIA
Gut Nacht, Herr!

CÄSAR
                  Gute Nacht!
Cäsar und Octavia ab.
Ein Wahrsager tritt auf.

ANTONIUS
Nun, Freund? Du sehnst dich heim wohl nach Ägypten?

WAHRSAGER
Ging ich doch nie von dort, noch jemals Ihr
Dahin!

ANTONIUS
Den Grund, wenns einen gibt?

WAHRSAGER
                              Ich seh ihn
Im Geist; doch nicht mit Worten faß ichs. Dennoch
Eilt nur nach Afrika!

ANTONIUS
                       Weissage mir,
Wes Glück steigt höher? Cäsars oder meins?

WAHRSAGER
Cäsars;
Drum, o Antonius, weile nicht bei ihm!
Dein Geist, der dich beschützt, dein Dämon, ist
Hochherzig, mutig, edel, unerreichbar,
Dem Cäsar fern; doch nah ihm wird dein Engel
Zur Furcht, wie eingeschüchtert. Darum bleibe
Raum zwischen dir und ihm.

ANTONIUS
                            Sag das nicht mehr!

WAHRSAGER
Niemand als dir; nicht mehr; wenn doch, nur dir.
Versuche du mit ihm, welch Spiel du willst,
Gewiß verlierst du; sein natürlich Glück
Schlägt dich, wie schlecht er steht; dein Glanz wird trübe,
Strahlt er daneben. Noch einmal: Dein Geist,
Kommt er ihm nah, verliert den Mut zu herrschen,
Doch ihm entfernt, erhebt er sich.

ANTONIUS
                                    Geh nun!
Sag dem Ventidius, sprechen woll ich ihn:
Wahrsager ab.
Er soll nach Parthien. - Ob Geschick, ob Zufall,
Er sagte wahr. Der Würfel selbst gehorcht ihm!
In unsern Spielen weicht vor seinem Glück
Mein beßrer Plan. Ziehn wir ein Los, gewinnt er;
Sein Hahn siegt' über meinen stets im Kampf,
Wenn alles gegen nichts stand; seine Wachtel,
Ob schwächer auch, schlug meine. Nach Ägypten!
Und schloß ich diese Heirat mir zum Frieden,
Im Ost wohnt meine Lust. -
Ventidius kommt.
                            O komm, Ventidius,
Du mußt nach Parthien; fertig ist dein Auftrag,
Komm mit und hol ihn.
Beide ab.




VIERTE SZENE

[Daselbst.] Rom. Eine Straße


Es treten auf Lepidus, Mäcenas und Agrippa.

LEPIDUS
Bemüht Euch ferner nicht; ich bitt Euch, eilt,
Folgt Eurem Feldherrn nach!

AGRIPPA
                             Herr, Marc Anton
Umarmt nur noch Octavien; gleich dann gehn wir.

LEPIDUS
Bis ich Euch wiederseh in Kriegertracht,
Die beide zieren wird, lebt wohl!

MÄCENAS
                                   Wir sind,
Kenn ich die Gegend recht, am Vorgebirg
Noch ehr als Ihr.

LEPIDUS
                   Weil Eure Straße kürzer;
Mein Vorsatz führt mich einen weiten Umweg,
Ihr kommt zwei Tage früher.

[MÄCENAS] BEIDE
                             Viel Erfolg!

LEPIDUS
Lebt wohl!
Alle ab.




FÜNFTE SZENE

Alexandria. Zimmer im Palast


Kleopatra, Charmion, Iras, [und] Alexas und Gefolge treten auf.

KLEOPATRA
Gebt mir Musik; Musik, schwermütige Nahrung
Für uns verliebtes Volk!

[DIENER] ALLE
                          He! Die Musik!
Mardian kommt.

KLEOPATRA
Laßt es nur sein. Wir wolln zum Kugelspiel;
Komm, Charmion!

CHARMION
Mich schmerzt der Arm; spielt doch mit Mardian!

KLEOPATRA
Ein Weib spielt mit dem Hämling wohl so gut
Als mit 'nem Weibe. Wollt Ihr mit mir spielen?

MARDIAN
Fürstin, so gut ich kann.

KLEOPATRA
Wo guter Will ist, käm er auch zu kurz,
Muß man dem Spieler nachsehn. Doch 'was anders:
Gebt mir die Angel, kommt zum Flusse; dort,
Während Musik von fern erklingt, berück ich
Den goldbefloßten Fisch, mit krummem Haken
Die schleimigen Kiefer fassend, und bei jedem,
Den ich aufzog, denk ich, es sei Anton,
Und sag: Aha! Dich fing ich!

CHARMION
                              Lustig war
Mit ihm das Wettangeln, als Euer Taucher
Den Salzfisch hängt' an seine Schnur, den er
So eilig aufzog.

KLEOPATRA
                  Jene Zeit! O Zeiten!
Ich lacht ihn aus der Ruh; dieselbe Nacht
Lacht ich ihn in die Ruh; den nächsten Morgen
Noch vor neun Uhr trank ich ihn auf sein Lager,
Tat meinen Mantel ihm und Schleier um,
Und ich derweil trug sein Philippisch Schwert. -
Ein Bote kommt.
O von Italien!
Stopf mir fruchtbare Zeitung in mein Ohr,
Das lange brachgelegen!

BOTE
                         Fürstin, Fürstin!

KLEOPATRA
Antonius tot?
Sagst du das, Sklav, so mordest du deine Herrin;
Doch nennst du ihn
Gesund und frei, nimm Gold, und hier zum Kuß
Die blausten Adern; eine Hand, die zitternd
Der Könige Lippen küßten.

BOTE
                       Er ist wohl.

KLEOPATRA
Hier noch mehr Gold! - Doch, Mensch, wir sagen oft,
Wohl sei den Toten; wenn du's so gemeint,
Schmelz ich das Gold, das ich dir gab, und gieß es
In deinen Übelspei'nden Schlund!

BOTE
                                  O hört mich!

KLEOPATRA
Nun wohl, ich wills.
Doch sagt dein Blick nichts Gutes. Wenn Anton
Frei und gesund, wozu die finstre Miene
Zu solcher frohen Post? Ist ihm nicht wohl,
Solltst du als Furie kommen, schlangumkränzt,
Und nicht in Mannsgestalt.

BOTE
                            Wollt Ihr mich hören?

KLEOPATRA
Ich möchte gleich dich schlagen, eh du sprichst,
Doch wenn du meldst, Anton sei wohl, er lebe,
Sei Cäsars Freund und nicht von ihm gefangen,
Dann ström ein goldner Regen dir, ein Hagel
Von reichen Perlen.

BOTE
                     Er ist wohl.

KLEOPATRA
                                   Recht gut!

BOTE
Und Cäsars Freund.

KLEOPATRA
                    Du bist ein wackrer Mann!

BOTE
Cäsar und er sind größre Freund als je.

KLEOPATRA
Begehr ein Glück von mir!

BOTE
                          Fürstin, und doch -

KLEOPATRA
Ich hasse dies »und doch«, es macht zu nichts
Den guten Vordersatz. Pfui dem »und doch«!
»Und doch« ist wie ein Scherg und führt heran
Fluchwürdige Missetäter. Bitt dich, Freund,
Gieß mir die ganze Botschaft in mein Ohr,
Das Schlimm und Gute! - Er ist Freund mit Cäsar,
Gesund und frisch, sagst du, und sagst, in Freiheit?

BOTE
In Freiheit, Fürstin? Nein, so sagt ich nicht:
Octavia bindet ihn.

KLEOPATRA
                     In welchem Sinn?

BOTE
Als Ehgemahl.

KLEOPATRA
               Ich zittre, Charmion.

BOTE
Fürstin, er ist Octavien vermählt.

KLEOPATRA
Die giftigste von allen Seuchen dir!
Schlägt ihn zu Boden.

BOTE
Geduld, o Königin!

KLEOPATRA
[schlägt ihn wieder.]
Was sagst du? Fort,
schägt ihn wieder.
Elender Wicht! Sonst stoß ich deine Augen
Wie Bälle vor mir her; rauf deine Haare,
sie zerrt ihn hin und her,
Lasse mit Draht dich geißeln, brühn mit Salz,
Sieden in scharfer Lauge!

BOTE
                           Gnädge Fürstin,
Ich meldete die Heirat, schloß sie nicht!

KLEOPATRA
Sag, 's ist nicht so: ich schenke dir ein Land,
Daß du im Glücke schwelgest; jener Schlag
Sei Buße, daß du mich in Wut gebracht,
Und ich gewähre jede Gunst dir noch,
Die Demut wünschen mag.

BOTE
                         Er ist vermählt.

KLEOPATRA
Schurke, du hast zu lang gelebt!
Zieht einen Dolch.

BOTE
                                  Dann lauf ich!
Was wollt Ihr, Fürstin, 's ist nicht mein Vergehn!
Ab.

CHARMION
O Fürstin, faßt Euch, seid nicht außer Euch!
Der Mann ist schuldlos!

KLEOPATRA
Wie manch Unschuldigen trifft der Donnerkeil!
Der Nil ersäuf Ägypten! Werdet Schlangen,
Ihr sanftesten Geschöpfe! Ruft den Sklaven;
Bin ich auch toll, ich beiß ihn nicht. Ruft ihn!

CHARMION
Er fürchtet sich vor dir.

KLEOPATRA
                           Ich tu ihm nichts.
Charmion ab.
Ihr Hände seid entadelt, weil ihr schlugt
Den Mindern als ich selbst; denn nur ich selbst
War Ursach meines Zorns.
Charmion und der Bote kommen zurück.
                          Hieher denn, komm!
[Bote kommt zurück.]
Obwohl es redlich ist, wars doch nicht gut,
Die schlimme Nachricht bringen: Freudenbotschaft
Verkünd ein Heer von Zungen, doch die schlimme
Mag selbst sich melden, wenn man sie empfindet.

BOTE
Ich tat nach meiner Pflicht.

KLEOPATRA
                              Ist er vermählt?
Ich kann nicht mehr dich hassen, als ich tat,
Sagst du noch einmal Ja.

BOTE
                          Er ist vermählt.

KLEOPATRA
Fluch über dich! So bleibst du stets dabei?

BOTE
Sollt ich denn lügen?

KLEOPATRA
                       O daß du es tätest!
Und wär mein halb Ägypten überschwemmt,
Ein Pfuhl für schuppige Nattern! Geh, entflieh!
Hättst du ein Antlitz wie Narziß, für mich
Schienst du ein Ungeheuer! - Er vermählt?

BOTE
Ich bitt Euch um Verzeihung! -

KLEOPATRA
                                Er vermählt?

BOTE
Zürnt nicht, daß ich Euch nicht erzürnen will;
Mich dafür strafen, was Ihr selbst verlangt,
Scheint höchst unrecht. - Er ist Octaviens Gatte.

KLEOPATRA
O daß dein Frevel dich zum Schurken macht,
Der du nicht bist! Wie? Weißt du's sicher? Fort!
Die Ware, die du mir von Rom gebracht,
Ist mir zu teuer; bleibe sie dir liegen
Und möge dich verderben.
Bote ab.

CHARMION
                          Faßt Euch, Hoheit!

KLEOPATRA
Antonius zu erheben, schalt ich Cäsarn.

CHARMION
Oft, gnädige Fürstin.

KLEOPATRA
                       Dafür lohnt er nun!
Führt mich von hier!
Mir schwindelt. Iras, Charmion! - Es geht vorüber!
Geh zu dem Boten, mein Alexas, heiß ihn
Octavias Züge schildern, ihre Jahre,
Ihr ganz Gemüt; er soll dir nicht vergessen
Die Farbe ihres Haars. Gib schnell mir Nachricht!
Alexas ab.
Er geh auf immer! - Nein doch! Liebe Charmion,
Wenn er auch Gorgo ähnlich sieht von hier,
Von dort gleicht er dem Mars.
Zu Mardian.
                               Sag dem Alexas,
Er melde mir, wie groß sie ist. - Hab Mitleid,
Doch sag nichts, Charmion. - Führt mich in mein Zimmer!
Alle ab.




SECHSTE SZENE

In der Nähe von Misenum


Trompetenstoß. Es treten auf von der einen Seite Pompejus und Menas, mit Trommeln und Trompeten; von der andern Cäsar, Antonius, Lepidus, Enobarbus und Mäcenas mit marschierenden Truppen.

POMPEJUS
Ihr habt nun meine Geiseln, ich die euern,
So laßt uns reden vor der Schlacht.

CÄSAR
                                     Sehr löblich,
Daß erst verhandelt werde; darum sandt ich
Voraus, was wir dir schriftlich zugestanden.
Hast du dies wohl erwogen, zeig uns an,
Obs in der Scheide hält dein zürnend Schwert
Und führt zurück Siziliens mutige Jugend,
Die sonst hier fallen muß.

POMPEJUS
                             Hört mich, ihr drei
Alleinige Reichsverweser dieser Welt,
Höchste Statthalter Jupiters. Ich weiß nicht,
Weshalb mein Vater Rache sollt entbehren,
Dem Sohn und Freunde blieben, da doch Cäsar,
Des Geist den braven Brutus heimgesucht,
Euch bei Philippi für sich kämpfen sah.
Was trieb den bleichen Cassius zur Verschwörung?
Was tränkte der altrömische biedre Brutus,
Und wer noch sonst für holde Freiheit focht,
Mit Blut das Kapitol? Nur daß ein Mann
Nicht mehr sei als ein andrer Mann! Und deshalb
Rüstet auch ich die Seemacht, deren Last
Das Meer zornschäumend trägt, mit ihr zu geißeln
Den Undank, den dies schnöde Rom erwies
Meinem erhabnen Vater.

CÄSAR
                        Nimm dir Zeit!

ANTONIUS
Du schreckst mit deiner Flott uns nicht, Pompejus.
Wir sprechen uns zur See; zu Lande weißt du,
Wieviel wir reicher sind.

POMPEJUS
                           O ja, zu Lande
Bist reicher du durch meines Vaters Haus;
Doch weil der Kuckuck für sich selbst nicht baut,
Bleib drin, solang du kannst.

LEPIDUS
                               Gefällts Euch, sagt,
Denn dies führt uns vom Ziel, wie Euch bedünkt
Der Vorschlag, den wir taten.

CÄSAR
                               Dies der Punkt.

ANTONIUS
Nicht sei dazu gebeten, sondern wäge,
Was du dadurch gewinnst.

CÄSAR
                          Und was geschehn kann,
Noch größres Glück zu finden.

POMPEJUS
                               Ihr botet mir
Sizilien und Sardinien, und ich soll
Das Meer befrein von Räubern, soll nach Rom
Vorrat von Weizen senden: tu ich das,
Ziehn wir mit unzerhacktem Schwert nach Haus,
Und glattem Schild.

CÄSAR
ANTONIUS
LEPIDUS
}                      Das boten wir.

POMPEJUS
                                                  So wißt,
Ich kam vor Euch hieher mit dem Entschluß,
Dies anzunehmen; nur daß Marc Anton
Ein wenig mich verstimmt. - Büß ich schon ein
An Ruhm, erzähl ichs selber, dennoch wißt:
Als Cäsar Krieg mit Euren Brüdern führte,
Fand Eure Mutter in Sizilien damals
Den gastlichsten Empfang.

ANTONIUS
                           Ich weiß, Pompejus;
Und sann zeither auf edle Dankbarkeit,
Die ich Euch schuldig.

POMPEJUS
                        Gebt mir Eure Hand!
Ich hätte nicht gedacht. Euch hier zu treffen.

ANTONIUS
Es ruht sich sanft im Osten, und ich dank Euch,
Daß Ihr mich herrieft, eh's mein Vorsatz war,
Denn ich gewann dabei.

CÄSAR
                        Seit ich Euch sah,
Habt Ihr Euch sehr verändert.

POMPEJUS
                               Nun, ich weiß nicht,
Wie herbes Schicksal mein Gesicht gefurcht,
Doch nimmer soll mirs dringen in die Brust,
Mein Herz zu überwältigen.

LEPIDUS
                            Seid willkommen!

POMPEJUS
Das hoff ich, Lepidus. So sind wir eins.
Ich wünschte nun geschrieben den Vertrag
Und unterzeichnet.

CÄSAR
                    Das geschehe gleich.

POMPEJUS
Wir wollen uns bewirten, eh wir scheiden,
Und losen, wer beginnt.

ANTONIUS
                         Laßt mich beginnen!

POMPEJUS
Nein, losen wir, Antonius; ob der erste,
Ob letzte: Eurer Kochkunst aus Ägypten
Gebührt der Preis. Ich hörte, Julius Cäsar
Ward dort vom Schmausen fett.

ANTONIUS
                               Ihr hörtet vieles!

POMPEJUS
Ich mein es gut.

ANTONIUS
                  Und setzt die Worte gut.

POMPEJUS
Nun wohl, ich hört es;
Und hört auch das: Appollodorus trug -

ENOBARBUS
O still davon! Er tats.

POMPEJUS
                         Was?

ENOBARBUS
                               Eine gewisse
Monarchin hin zum Cäsar in 'ner Decke.

POMPEJUS
Nun kenn ich dich. Wie geht dirs. Kriegsmann?

ENOBARBUS
                                               Gut;
Und, wie mirs scheint, auch ferner gut: ich sehe,
Vier Schmäuse sind im Werk.

POMPEJUS
                             Reich mir die Hand!
Ich hab dich nie gehaßt; ich sah dich fechten
Und neidete dir deinen Mut.

ENOBARBUS
                             Mein Feldherr,
Ich liebt Euch nie sehr stark; doch lobt ich Euch,
Da Ihr wohl zehnmal soviel Lob verdient,
Als ich Euch zugestand.

POMPEJUS
                         Dein offnes Wesen
Erhalte dir, es steht dir wohl. -
Ich lad euch all an Bord meiner Galeere;
Wollt ihr vorangehn?

[ALLE] CÄSAR, ANTONIUS und LEPIDUS
                      Führt uns, Feldherr!

POMPEJUS
                                                 Kommt!
[Pompejus, Cäsar, Antonius, Lepidus, Soldaten und Gefolge ab.] Alle außer Enobarbus und Menas ab.

MENAS
beiseit.
Dein Vater, Pompejus, wäre nimmer diesen Vergleich eingegangen. - Ihr und ich haben uns schon gesehn, Herr.

ENOBARBUS
Zur See, denk ich.

MENAS
Ganz recht, Herr.

ENOBARBUS
Ihr habt Euch gut zur See gehalten.

MENAS
Und Ihr zu Lande.

ENOBARBUS
Ich werde jeden loben, der mich lobt, obgleich nicht zu leugnen ist, was ich zu Lande getan.

MENAS
Noch was ich zu Wasser getan.

ENOBARBUS
Nun etwas könnt Ihr schon für Eure Sicherheit leugnen; Ihr seid ein großer Dieb zur See gewesen.

MENAS
Und Ihr zu Lande.

ENOBARBUS
Solchen Landdienst leugne ich ab. Aber gebt mir die Hand, Menas; hätten unsre Augen jetzt Vollmacht, so würden sie hier zwei sich küssende Diebe ertappen.

MENAS
Aller Menschen Gesichter sind ohne Falsch, wie auch ihre Hände beschaffen sind.

ENOBARBUS
Aber noch kein hübsches Weib hatte je ein Gesicht ohne Falsch.

MENAS
Das ist kein Tadel, sie stehlen Herzen.

ENOBARBUS
Wir kamen, mit Euch zu fechten.

MENAS
Mir für mein Teil tuts leid, daß daraus ein Trinkgelag ward. Pompejus lacht heut sein Glück weg.

ENOBARBUS
Wenn das ist, so kann ers gewiß nicht wieder zurück weinen.

MENAS
Sehr gewiß, Herr; wir dachten nicht, Marcus Antonius hier zu treffen. Sagt doch, ist er mit Kleopatra vermählt?

ENOBARBUS
Cäsars Schwester heißt Octavia.

MENAS
Jawohl, sie war des Cajus Marcellus Weib.

ENOBARBUS
Und ist nun des Marcus Antonius Weib.

MENAS
Was Ihr sagt!

ENOBARBUS
's ist wahr!

MENAS
Dann sind Cäsar und er für immer aneinander geknüpft!

ENOBARBUS
Wenn es meines Amtes wäre, von dieser Vereinigung zu weissagen, ich prophezeite nicht so.

MENAS
Ich denke, in dieser Angelegenheit tat die Politik mehr für die Heirat als die Liebe der Vermählten.

ENOBARBUS
Das denk ich auch. Aber Ihr sollt sehn, das Band, das ihre Freundschaft zu verknüpfen scheint, erwürgt ihre Verbrüderung. Octavia ist von frommem, kühlem, stillem Temperament.

MENAS
Wer wünschte sein Weib nicht so?

ENOBARBUS
Der nicht, der selbst nicht so ist, und das ist Marc Anton. Sein ägyptisches Mahl wird ihn zurückziehen; dann werden Octavias Seufzer Cäsars Feuer anfachen, und wie ich vorhin sagte: was die Befestigung ihres Bundes scheint, wird die unmittelbare Veranlassung ihrer Entzweiung werden. Antonius wird seine Liebe zeigen, wo sie ist; hier hat er nur seinen Vorteil geheiratet.

MENAS
So wirds wohl kommen. Sagt, Herr, wollt Ihr an Bord? Ich habe eine Gesundheit für Euch.

ENOBARBUS
Die nehm ich an, Herr; wir haben unsre Gurgeln in Ägypten eingeübt.

MENAS
Gehen wir also!
Beide ab.




SIEBENTE SZENE

An Bord von Pompejus' Galeere, in der Nähe von Misenum vor Anker


Musik. Es treten auf zwei oder drei Diener, die ein Bankett anrichten.

ERSTER DIENER
Gleich werden sie hier sein. Kamrad. Ein paar von diesen edlen Bäumen sind nicht mehr im Boden festgewurzelt, der kleinste Wind kann sie umwerfen.

ZWEITER DIENER
Lepidus ist schon hochrot.

ERSTER DIENER
Den haben sie tüchtig trinken lassen!

ZWEITER DIENER
Wie nur einer dem andern den wunden Fleck berührt, ruft er: Haltet ein!, und macht, daß jeder sich seinen Friedensworten und er sich dem Becher ergibt.

ERSTER DIENER
Desto größerer Krieg erhebt sich zwischen ihm und seinen fünf Sinnen.

ZWEITER DIENER
Das kommt dabei heraus, in großer Herren Gesellschaft Kamrad zu sein; ebenso gern hätte ich ein Schilfrohr, das mir nichts mehr nutzen kann, als eine Hellebarde, die ich nicht regieren könnte.

ERSTER DIENER
In eine große Sphäre berufen sein und sich nicht einmal darin bewegen können, ist wie Löcher, wo Augen sein sollten, was das Gesicht jämmerlich entstellt.
Eine Zinke wird geblasen. Es treten auf Cäsar, Antonius, Pompejus, Lepidus, Agrippa, Mäcenas, Enobarbus, Menas und andre Hauptleute.

ANTONIUS
zu Cäsar.
So ist der Brauch: Sie messen dort den Strom
Nach Pyramidenstufen; daran sehn sie
Nach Höhe, Tief und Mittelstand, ob Teurung,
Ob Fülle folgt. Je höher schwoll der Nil,
Je mehr verspricht er; fällt er dann, so streut
Der Sämann auf den Schlamm und Moor sein Korn
Und erntet bald nachher.

LEPIDUS
Ihr habt seltsame Schlangen dort!

ANTONIUS
Ja, Lepidus.

LEPIDUS
Eure ägyptische Schlange wird also durch die Kraft Eurer Sonne aus Eurem Schlamm ausgebrütet; so auch Euer Krokodil?

ANTONIUS
So ists.

POMPEJUS
Setzt Euch! - Mehr Wein! Auf Lepidus' Gesundheit!

LEPIDUS
Mir ist nicht so wohl, als sein sollte, aber ich bin dabei.

ENOBARBUS
So lange, bis Ihr einschlaft; bis dahin, fürcht ich, bleibt Ihr dabei.

LEPIDUS
Ja, das muß wahr sein, diese ptolomäischen Pyramichien, sagt man, sind allerliebste Dinger; in allem Ernst, das sagt man.

MENAS
beiseit zu Pompejus.
Ein Wort, Pompejus!

POMPEJUS
beiseit zu Menas.
                     Sag ins Ohr, was ists?

MENAS
beiseit zu Pompejus.
Steh auf von deinem Sitz, ich bitt dich, Feldherr,
Und hör mich auf ein Wort!

POMPEJUS
beiseit zu Menas.
                            Wart noch ein Weilchen. -
Den Wein für Lepidus!

LEPIDUS
Was für 'ne Sorte von Geschöpf ist Euer Krokodil?

ANTONIUS
Es hat eine Gestalt, Herr, wie es selbst, und ist so breit, als seine Breite beträgt; just so hoch, als es hoch ist, und bewegt sich mit seinen eignen Gliedern; es lebt von seiner Nahrung, und haben seine Elemente sich aufgelöst, so wird ein neues Wesen aus ihm.

LEPIDUS
Was hat es für eine Farbe?

ANTONIUS
Auch seine eigentümliche Farbe.

LEPIDUS
Ein kurioser Wurm!

ANTONIUS
Allerdings. Und seine Tränen sind naß.

CÄSAR
Wird ihm diese Beschreibung genügen?

ANTONIUS
Nach allen Gesundheiten, die Pompejus ihm bringt!
Sonst ist er ein wahrer Epikuräer.

POMPEJUS
beiseit zu Menas.
Geh mir und laß dich hängen! Mit mir reden?
Geh, tu, wie ich dich hieß. - Wo bleibt mein Becher?

MENAS
beiseit zu Pompejus.
Hab ich dir Treu bewiesen, hör mich an
Und komm beiseit!

POMPEJUS
beiseit zu Menas.
                   Du bist nicht klug.
Steht auf und geht beiseite.
                                        Was willst du?

MENAS
Ich zog die Mütze stets vor deinem Glück.

POMPEJUS
Du hast mir immer brav gedient; was weiter?
- Munter, Ihr edlen Herrn!

ANTONIUS
                            Nehmt Euch in acht
Vor dieser Sandbank, Lepidus; Ihr sinkt!

MENAS
Willst du Herr sein der ganzen Welt?

POMPEJUS
                                      Was sagst du?

MENAS
Willst Herr der ganzen Welt sein? Zweimal sagt ichs.

POMPEJUS
Wie sollte das geschehn?

MENAS
                          Sei willig nur,
Und schein ich noch so arm, ich bin der Mann,
Der dir die ganze Welt gibt.

POMPEJUS
                              Bist du trunken?

MENAS
Mein Feldherr, vor dem Becher wahrt ich mich;
Du bist, wenn du's nur wagst, der Erde Zeus,
Und was das Meer umgrenzt, umwölbt der Himmel,
Ist dein, wenn du's nur willst.

POMPEJUS
                                 So sag mir, wie?

MENAS
Diese drei Weltenteiler, die Triumvirn,
Faßt unser Schiff; ich kappe jetzt das Tau,
Wir stoßen ab, ich greif an ihre Kehle,
Und dein ist alles.

POMPEJUS
                     Ah! hättst du's getan
Und nichts gesagt! In mir wärs Büberei,
Von dir getreuer Dienst. Vergiß es nie:
Mein Vorteil geht nicht meiner Ehre vor,
Die Ehre ihm! Bereu es, daß dein Mund
So deine Tat verriet; tatst du's geheim,
Dann hätt ichs, wenns geschehn, als gut erkannt,
Doch nun muß ichs verdammen. - Vergiß und trink!

MENAS
beiseit.
                                                  Hinfort
Folg ich nie wieder deinem morschen Glück!
Wer sucht und greift nicht, was ihm einmal zuläuft,
Findets nie wieder.

POMPEJUS
                     Lepidus soll leben!

ANTONIUS
Tragt ihn ans Land! - Ich tu für ihn Bescheid.

ENOBARBUS
Menas, dein Wohl!

MENAS
                   Willkommen, Enobarbus!

POMPEJUS
Füllt bis zum Rand den Becher!

ENOBARBUS
Der Kerl hat Kräfte, Menas!
Er weist auf den Diener, der Lepidus fortträgt.

MENAS
                             Wie?

ENOBARBUS
                                   Da trägt er
Den dritten Teil der Welt: Mann, siehst du's nicht?

MENAS
Dies Dritteil also trunken! Wärs die ganze,
So kam es bald zu Rande.

ENOBARBUS
Trink, mach uns keine Schande!

MENAS
So komm!

POMPEJUS
          Dies ist noch kein ägyptisch Fest!

ANTONIUS
Es kommt ihm doch schon nah. - Stecht noch eins an!
- Das hier für Cäsar!

CÄSAR
                            Ich verbät es lieber,
's ist schwere Arbeit, mein Gehirn zu waschen;
Und es wird schmutziger.

ANTONIUS
                          Sei ein Kind der Stunde!

CÄSAR
Ein Herr der Stunde, sag ich. Lieber fast ich
Vier Tage lang, als einen so viel trinken.

ENOBARBUS
zu Antonius.
O wackrer Imperator!
Solln wir ägyptischen Bacchustanz beginnen
Und feiern diesen Trunk?

POMPEJUS
                          Recht so, mein Krieger!

ANTONIUS
Kommt, schließen wir den Reihn,
Bis der sieghafte Wein den Sinn uns taucht
In süße, weiche Lethe.

ENOBARBUS
                        Nun umfaßt Euch;
Bestürmt das Ohr mit lärmender Musik,
Bis ich Euch stell: dann singt der Knab ein Lied,
Und jeder fällt mit ein im Chor; so laut,
Als seine starke Brust nur schmettern kann.
Musik. Enobarbus stellt sie auf, und sie schließen den Reigen.

Lied
Komm, du Herrscher übern Wein,
Bacchus feist mit Plinkäuglein!
Sorgen solln im Faß ertrinken,
Weinlaub uns im Haare blinken!
Bis die Welt kreist, gib zu trinken,
Bis die Welt kreist, gib zu trinken!

CÄSAR
Was wollt Ihr mehr? Gut Nacht, Pompejus! Bruder,
Gehn wir, ich bitt Euch; unser ernst Geschäft
Zürnt diesem Leichtsinn. Werte Herrn, brecht auf,
Ihr seht, die Wangen glühn. Selbst Enobarbus
Ist schwächer als der Wein; auch meine Zunge
Spaltet die Worte; wilder Taumel hat uns
Zu Narren fast gemacht. - Was red ich noch?
Gut Nacht! Die Hand, Antonius!

POMPEJUS
Ich prüf Euch noch an Land!

ANTONIUS
's ist gut, Herr, gebt die Hand!

POMPEJUS
                                  Anton, Ihr habt
Des Vaters Haus; was tuts, wir sind ja Freunde!
Kommt jetzt ins Boot!

ENOBARBUS
                       Nehmt Euch in acht und fallt nicht!
Pompejus, Cäsar, Antonius und Gefolge ab.
Menas, ich will nicht mit.

MENAS
                            Komm zur Kajüte! -
He, unsre Trommeln, Flöten, Zimbeln, he!
Hör es, Neptun, welch lauten Abschied wir
Diesen Gewaltigen bringen! Blast, so blast doch!
Ein Tusch von Trompeten und Trommeln.

ENOBARBUS
Hallo! Die Mützen schwenkt!

MENAS
                             Brav, wackrer Kriegsmann!
Kommt!
Gehn ab.







DRITTER AKT

ERSTE SZENE

Eine Ebene in Syrien


Ventidius tritt auf, wie nach einem Siege; mit ihm Silius und andre römische Hauptleute und Soldaten; vor ihnen wird der Leichnam des Pacorus getragen.

VENTIDIUS
So, kühnes Parthien, schlug ich dich, und so
Erwählte mich das Glück, des Crassus Tod
Zu rächen. Tragt den toten Königssohn
Dem Heer voran. Orodes, dein Pacorus
Zahlt dies für Crassus.

SILIUS
                         Würdiger Ventidius!
Noch während raucht vom Partherblut dein Schwert,
Folge den flüchtigen Parthern schnell durch Medien,
Mesopotamien und in alle Schluchten,
Wohin die Flucht sie trieb! Dann hebt dein Feldherr
Antonius auf den Siegeswagen dich
Und kränzt dein Haupt mit Lorbeern.

VENTIDIUS
                                     Silius, Silius!
Ich tat genug. Ein Untergebner, merk es,
Glänzt leicht zu hell; denn wisse dies, mein Silius:
Besser nichts tun, als zuviel Ruhm erwerben
Durch tapfre Tat, wenn unsre Obern fern.
Cäsar und Marc Anton gewannen stets
Durch Diener mehr als durch sich selber. Sossius,
Sein Hauptmann, der vor mir in Syrien stand,
Verlor, weil ihn zu schnell der Ruf erhob,
Den er erlangt im Umsehn, seine Gunst.
Wer mehr im Krieg tut, als sein Feldherr kann,
Wird seines Feldherrn Feldherr; und der Ehrgeiz,
Des Kriegers Tugend, wählt Verlust wohl lieber
Als Sieg, der ihn verdunkelt.
Ich könnte mehr tun zu Antonius' Vorteil,
Doch würds ihn kränken; und in seiner Kränkung
Verschwände mein Bemühn.

SILIUS
                          Du hast, Ventidius,
Das, dessen Fehln den Krieger und sein Schwert
Kaum unterscheiden läßt. - Schreibst du dem Marc Anton?

VENTIDIUS
Ich meld in Demut, was in seinem Namen,
Dem magischen Feldgeschrei, uns jetzt gelang:
Wie sein Panier, sein wohlbezahltes Heer
Die nie besiegte parthische Reiterei
Mit Schmach vom Feld gejagt.

SILIUS
                              Wo ist er jetzt?

VENTIDIUS
Er wollte nach Athen; und dort so schnell,
Als unsres Zugs Beschwer vergönnen will,
Erscheinen wir vor ihm. Nun vorwärts, Leute, weiter!
Beide ab.




ZWEITE SZENE

Rom. Ein Vorzimmer in Cäsars Hause


Agrippa und Enobarbus begegnen einander.

AGRIPPA
Wie! Trennten sich die Schwäger?

ENOBARBUS
Sie sind eins mit Pompejus; er ist fort,
Die andern unterzeichnen. Octavia weint,
Von Rom zu gehn; Cäsar ist traurig; Lepidus,
Wie Menas sagt, ist seit Pompejus' Schmaus
Geplagt mit Bleichsucht.

AGRIPPA
                          Vornehm ist der Mann.

ENOBARBUS
Ein wahrhaft feiner. Oh, wie liebt er Cäsarn!

AGRIPPA
Wie liebevoll verehrt er Marc Anton!

ENOBARBUS
Cäsar? Das ist der Jupiter der Menschheit!

AGRIPPA
Und Marc Anton? Der Gott des Jupiter!

ENOBARBUS
Spracht Ihr von Cäsar? Oh, der nie Erreichte!

AGRIPPA
Und Marc Anton! Der Phönix aus Arabien!

ENOBARBUS
Cäsarn zu loben, sprecht: Cäsar! Nichts mehr!

AGRIPPA
Ja, beiden spendet er erhabnes Lob.

ENOBARBUS
Doch Cäsarn mehr. Zwar liebt er auch Anton;
Nicht Herz, Wort, Ziffer, Schreiber, Bard', Poet
Denkt, spricht, zählt, schreibt, singt, reimt, oh, seine Liebe
Für Marc Anton; doch nennt Ihr Cäsarn, kniet,
Kniet nieder, kniet und staunt!

AGRIPPA
                                 Er liebt sie beide.

ENOBARBUS
Sie sind ihm Flügel, er ihr Käfer. -
Trompetenstoß hinter der Bühne.
                                      So:
Das heißt zu Pferd. Leb wohl, edler Agrippa!

AGRIPPA
Viel Glück, mein wackrer Krieger, und lebt wohl!
Es treten auf Cäsar, Antonius, Lepidus und Octavia. [Enobarbus und Agrippa stehen abseits.]

ANTONIUS
Nicht weiter, Herr!

CÄSAR
Ihr nehmt von mir ein groß Teil von mir selbst;
Ehrt mich in ihm! - Schwester, sei solch ein Weib,
Wie dich mein Herz gedacht, mein höchstes Pfand
Dir Bürgschaft leisten möchte. - Mein Anton,
Laß nie dies Tugendbild, das zwischen uns
Als unsrer Liebe Mörtel eingesetzt,
Sie fest zu gründen, Mauerbrecher werden,
Sie zu zerschmettern. Besser dann für uns,
Wir liebten ohne sie, wenn beide nicht
Dies Mittel heilig achten.

ANTONIUS
                            Kränkt mich nicht
Durch Mißtraun!

CÄSAR
                 Nun genug.

ANTONIUS
                             Nie geb ich Euch,
So fein Ihr prüfen mögt, den kleinsten Anlaß
Zu solcher Furcht. So schützen dich die Götter
Und lenken deinem Wunsch die Herzen Roms!
Wir scheiden hier!

CÄSAR
Leb wohl, geliebte Schwester, lebe wohl!
Die Elemente sein dir hold, sie stärken
Mit frohem Mut dein Herz! Gehab dich wohl!

OCTAVIA
Mein edler Bruder!

ANTONIUS
April ist dir im Aug, der Liebe Lenz,
Und Tränen sind der Regen, die ihn künden!
Blick heiter!

OCTAVIA
O sorge doch für meines Gatten Haus,
Und -

CÄSAR
Wie, Octavia?

OCTAVIA
               - heimlich sag ichs dir.

ANTONIUS
Ihr Mund gehorcht dem Herzen nicht, noch kann
Das Herz die Zunge meistern; wie des Schwans
Flaumfeder steht auf hochgeschwellter Flut
Und sinkt auf keine Seite.

ENOBARBUS
beiseit zu Agrippa.
Weint Cäsar wohl?

AGRIPPA
beiseit zu Enobarbus.
                   Ein Fleck ist im Gesicht ihm.

ENOBARBUS
beiseit zu Agrippa.
Das wäre schlimm genug, wär er ein Pferd;
So mehr für einen Mann.

AGRIPPA
beiseit zu Enobarbus.
                         Wie, Enobarbus?
Antonius, als er Cäsarn sah erschlagen,
Da schluchzt' er bis zum Schrei, und weinte auch
Über des Brutus Leiche bei Philippi.

ENOBARBUS
beiseit zu Agrippa.
Nun, in dem Jahre hatt er wohl den Schnupfen!
Was er mit Lust zerstört', netzt' er mit Tränen?
Das glaubt, wenn ich auch wein'.

CÄSAR
                                  Nein, teure Schwester!
Stets sollst du von mir hören; keine Zeit
Soll dein Gedächtnis tilgen.

ANTONIUS
                              Kommt nun, kommt!
Laßt mich mit Euch in Kraft der Liebe ringen,
Seht, so noch halt ich Euch: so laß ich los
Und gebe Euch den Göttern.

CÄSAR
                            Geht! Seid glücklich!

LEPIDUS
Die ganze Schar der Stern umleuchte dir
Den heitern Pfad!

CÄSAR
                   Leb wohl! Leb wohl!
[Umarmt] Küßt Octavia.

ANTONIUS
                                        Leb wohl!
Trompetenstoß hinter der Bühne. Alle ab.




DRITTE SZENE

Alexandria. Ein Zimmer im Palast


Es treten auf Kleopatra, Charmion, Iras und Alexas.

KLEOPATRA
Wo ist der Mensch?

ALEXAS
                    Er fürchtet sich, zu kommen.

KLEOPATRA
Nur zu, nur zu,
Ein Bote tritt auf.
                 tritt näher, Mann.
[Bote tritt auf.]

ALEXAS
                                    Monarchin,
Herodes von Judäa scheut dein Auge,
Wenn du nicht lächelst.

KLEOPATRA
                         Des Herodes Haupt
Verlang ich, aber wie? Wer kann mirs schaffen,
Seit Marc Anton nicht hier ist? Komm, nur näher!

BOTE
Huldreiche Majestät -

KLEOPATRA
                       Hast du Octavia
Selber gesehn?

BOTE
                Ja, Herrin.

KLEOPATRA
                             Wo?

BOTE
                                  In Rom.
Ich sah ihr ins Gesicht; sah sie geführt
Von ihrem Bruder und von Marc Anton.

KLEOPATRA
Ist sie so groß als ich?

BOTE
                          Nein, gnädige Fürstin.

KLEOPATRA
Hörtst du sie sprechen? Leise oder laut?

BOTE
Ich hört sie sprechen: eine leise Stimme.

KLEOPATRA
Das ist nicht gut, dann liebt er sie nicht lang.

CHARMION
Sie lieben? Nun bei Isis, ganz unmöglich!

KLEOPATRA
Das hoff ich, Charmion! Dumpf von Stimm und zwerghaft!
Ist Majestät in ihrem Gang? Besinn dich,
Wenn du je Majestät gesehn!

BOTE
                             Sie schleicht;
Ihr Stillstehn und Bewegen sind wie eins;
Sie zeigt sich mehr ein Körper als ein Leben,
Mehr Bildnis als beseelt.

KLEOPATRA
                           Ist das gewiß?

BOTE
Sonst fehlt mir Scharfblick.

CHARMION
                              Drei in ganz Ägypten
Bemerken besser nicht.

KLEOPATRA
                        Er zeigt Verstand.
Das seh ich wohl, von der ist nichts zu fürchten.
Der Mensch hat gutes Urteil.

CHARMION
                              Ausgezeichnet!

KLEOPATRA
Wie alt wohl mag sie sein?

BOTE
                            Sie war
Schon Witwe, Fürstin.

KLEOPATRA
                       Witwe! Charmion, höre!

BOTE
Auf dreißig schätz ich sie.

KLEOPATRA
Schwebt dir ihr Antlitz vor? Lang oder rund?

BOTE
Ganz übertrieben rund.

KLEOPATRA
                        Solche Gesichter
Verraten meist auch Einfalt. Was für Haar?

BOTE
Braun, Fürstin, und so niedrig ihre Stirn,
Wie mans nur sehn mag.

KLEOPATRA
                        Hier, da hast du Gold!
Nimm meine Schärfe von vorhin nicht übel!
Ich geb dir Briefe mit zurück; du scheinst mir
Sehr brauchbar in Geschäften. Mach dich fertig;
Die Briefe sind bereit.
Bote ab.

CHARMION
                         Ein hübscher Mann!

KLEOPATRA
Das ist er auch; und ich bereue sehr,
Daß ich ihn so gerauft. Nun, so nach ihm
Kann das Geschöpf nicht viel bedeuten.

CHARMION
                                        Gar nichts!

KLEOPATRA
Er sah doch Majestät und muß sie kennen.

CHARMION
Ob er sie sah! Nun, Isis mög ihm helfen,
So lang in Euerm Dienst!

KLEOPATRA
Ich muß ihn eins noch fragen, gute Charmion;
Doch ists nicht wichtig. Bring ihn auf mein Zimmer,
Da will ich schreiben. Alles mag noch gut gehn.

CHARMION
Herrin, verlaßt Euch drauf!
Sie gehn ab.




VIERTE SZENE

Athen. Zimmer in Antonius' Hause


Antonius und Octavia treten auf.

ANTONIUS
Nein, nein, Octavia, 's ist nicht das allein;
Das wär verzeihlich, das und tausend andres
Von gleicher Art. Doch neuen Krieg begann er
Wider Pompejus; las sein Testament
Dem Volke vor;
Sprach leicht von mir, und mußt er mein durchaus
Ruhmvoll erwähnen, tat ers doch nur kalt
Und matt und brauchte höchst verkleinernd Maß.
Den nächsten Anlaß nahm er nicht, und mußt er,
Geschahs nur nebenher.

OCTAVIA
                        O teurer Gatte,
Glaub doch nicht allem oder, mußt du glauben,
Nimms nicht als Kränkung! Unglückseliger stand,
Trennt ihr euch jetzt, kein Weib je zwischen zweien,
Für beide betend.
Die guten Götter werden meiner spotten,
Fleh ich zu ihnen: Schützet meinen Bruder -
Und widerruf es gleich mit lautem Flehn:
Schützt den Gemahl! - Mag Gatte, Bruder siegen,
Beten zerstört Gebet; kein Mittelweg
Liegt zwischen diesem Äußersten.

ANTONIUS
                                  O Teure,
Schenk deine beste Liebe dem, der ihr
Den besten Schutz verheißt. Die Ehre missen
Heißt alles missen. Besser, nicht der Deine,
Als dein so schmuckberaubt. Doch, wie du's batest,
Sei Botin zwischen uns! Derweil, Octavia,
Will ich die Rüstung ordnen diesem Krieg,
Der deinem Bruder Schmach bringt. Eiligst fort;
So wird dir, was du wünschest.

OCTAVIA
                                Dank, mein Gatte!
Der Weltregierer mache mich, die Schwächste,
Euch zur Versöhnerin! - Krieg zwischen euch,
Das wär, als spaltete die Welt und Leichen
Füllten die weite Kluft!

ANTONIUS
Wenn du es einsiehst, wer den Zwist begann,
Lenk dorthin deinen Tadel! Unsre Schuld
Kann nicht so gleich sein, daß sich deine Liebe
Gleichmäßig teilte. Nun betreib die Reise,
Wähl dein Gefolge selbst und wieviel Aufwand
Dir irgend nur beliebt.
Sie gehn ab.




FÜNFTE SZENE

Athen. Ein anderes Zimmer, [daselbst] in Antonius' Haus


Enobarbus und Eros, einander begegnend.

ENOBARBUS
Was gibt es, Freund Eros?

EROS
Herr, man hört seltsame Neuigkeiten.

ENOBARBUS
Was denn?

EROS
Cäsar und Lepidus haben dem Pompejus Krieg erklärt.

ENOBARBUS
Das ist etwas Altes. Wie war der Ausgang?

EROS
Cäsar, nachdem er ihn im Krieg wider Pompejus gebraucht, verweigert ihm jetzt alle Mitgenossenschaft, läßt ihm keinen Teil an dem Ruhm des Feldzugs; und damit nicht zufrieden, beschuldigt er ihn, vormals dem Pompejus Briefe geschrieben zu haben; auf seine eigne Anklage setzt er ihn fest, und so ists nun mit dem armen dritten Mann vorbei, bis Tod sein Gefängnis öffnet.

ENOBARBUS
Dann hast du, Welt, ein einzig Paar von Kiefern.
Wirf alles Futter, das du hast, dazwischen:
Einer den andern werden sie zermalmen.
Wo ist Antonius?

EROS
Er geht im Garten - so: stößt mit dem Fuß
Die Binsen vor sich her, ruft: Lepidus, du Tor!
Und droht des Mannes Gurgel, der Pompejus
Ermordete.

ENOBARBUS
Die Flott ist segelfertig.

EROS
Wider Italien und Cäsar. - Eins noch:
Anton verlangt Euch jetzt; meine Geschichten
Konnt' ich Euch später sagen.

ENOBARBUS
                               's wird nichts sein;
Doch sei's wie's ist. Führ mich zu ihm!

EROS
                                         So komm!
Sie gehn ab.




SECHSTE SZENE

Rom. Zimmer in Cäsars Hause


Es treten auf Cäsar, Agrippa und Mäcenas.

CÄSAR
Zum Hohn für Rom tat er all dies und mehr.
In Alexandria - hier schreibt man mirs -
Thronten auf offnem Markt, vor allem Volk,
Kleopatra und er auf goldnen Stühlen
Und silbernem Gerüst, zu ihren Füßen
Cäsarion, meines Vaters Sohn genannt,
Und all die Bastardbrut, die ihre Lust
Seitdem erzeugt. Zur Herrschaft von Ägypten
Gab er ihr Zypern, Niedersyrien, Lydien,
Als einer unumschränkten Königin.

MÄCENAS
Dies vor den Augen allen Volks?

CÄSAR
Auf öffentlicher Bühne, wo sie spielen,
Ernannt' zu Königen der Könige
Er seine Söhne: Alexander für
Großmedien, Parthien und Armenien,
Ptolemäus für Zilizien, Syrien und
Phönizien. Sie erschien als Göttin Isis
Den Tag, wie sie schon oft Audienz erteilt hat,
Sagt man, in der Gestalt.

MÄCENAS
                           Das laßt in Rom
Verbreiten!

AGRIPPA
             Längst durch seinen Übermut
Verstimmt, wird es ihm seine Gunst entziehn.

CÄSAR
Das Volk erfuhrs und hat von ihm nun gleichfalls
Die Klag erhalten.

AGRIPPA
                    Wen beschuldigt er?

CÄSAR
Cäsar, und zwar, daß, als Sizilien wir
Pompejus nahmen, wir nicht abgeteilt
Für ihn die Hälfte; daß er Schiffe mir
Geliehn und nicht zurückerhielt; dann zürnt er,
Daß Lepidus aus dem Triumvirat
Entsetzt ward und wir auf sein ganz Vermögen
Beschlag gelegt.

AGRIPPA
                  Darauf müßt Ihr erwidern.

CÄSAR
Das ist geschehn, ich sandte schon den Boten.
Ich schrieb, daß Lepidus zu grausam wurde
Und seine hohe Macht mißbrauchte, daher
Den Fall verdiente. Dann, was ich erobert,
Das woll ich teilen; doch verlangt ich auch
Ein Gleiches für Armenien und die andern
Besiegten Reiche.

MÄCENAS
                   Niemals räumt ers ein.

CÄSAR
So wird das andre ihm nicht eingeräumt.
Octavia tritt auf mit ihrem Gefolge.

OCTAVIA
Heil Cäsarn, meinem Herrn! Heil, teurer Cäsar!

CÄSAR
Daß ich dich je Verstoßene muß nennen!

OCTAVIA
Du nanntest nicht mich so, noch hast du Grund.

CÄSAR
Stahlst du dich heimlich nicht hieher? Du kommst nicht
Wie Cäsars Schwester! Des Antonius Weib
Mußt uns ein Heer anmelden, und das Wiehern
Der Rosse ihre Ankunft uns verkünden,
Lang, eh sie selbst erschien; die Bäum am Wege
Besetzt mit Menschen sein, Erwartung schmachten
In sehnlichem Verlangen, ja, der Staub
Mußte zum Dach des Himmels sich erheben,
Erregt vom Volksgewühl! Allein du kommst
Gleich einer Bäurin her nach Rom, die Huldigung
Vereitelnd unsrer Lieb, die, ungezeigt,
Oft ungeliebt bleibt. Dich begrüßen sollten
Gestad und Meer, auf jeder Ruhestätte
Mit neuem Prunk dich feiernd.

OCTAVIA
                               Teurer Bruder,
Nicht kam ich so, weil man mich zwang; ich tats
Aus freier Wahl. Antonius, mein Gebieter,
Von deiner Rüstung hörend, bracht die Kunde
Vor mein betrübtes Ohr; sogleich begehrt ich
Urlaub zur Heimkehr.

CÄSAR
                      Den er gern gewährt,
Weil zwischen ihm und seiner Lust du standest!

OCTAVIA
Denke nicht so!

CÄSAR
                 Ich faßt ihn wohl ins Auge,
Mir bringt der Wind von seinem Tun die Kunde.
Wo ist er jetzt?

OCTAVIA
                  Noch in Athen, mein Bruder!

CÄSAR
Nein, schwer gekränkte Schwester. Kleopatra
Hat ihn zu sich gewinkt. Er gab sein Reich
An eine Metze, und nun werben sie
Der Erde Könige für den Krieg. Ihm folgen
Bochus, König von Libyen, Archelaus
Von Kappadozien, Philadelphus, König
Von Paphlagonien, Thraziens Fürst Adallas,
Fürst Malchus von Arabien, der von Pontus,
Herodes von Judäa, Mithridat
Von Comagene, Polemon und Amintas,
Der Lykaonier und der Meder Fürsten,
Und noch viel andre Zepter.

OCTAVIA
                             Ach, ich Ärmste,
In deren Herz sich zwei Geliebte teilen,
Die bittre Feindschaft trennt!

CÄSAR
                                Sei hier willkommen!
Nur deine Briefe hemmten noch den Ausbruch,
Bis wir zugleich erkannt, wie man dich täuschte
Und Säumnis uns gefährdet. Sei getrost,
Dich kümmre nicht der Zeitlauf, dessen strenge
Notwendigkeit dein friedlich Glück bedroht.
Nein, schau den vorbestimmten Schicksalsgang
Jetzt ohne Tränen; sei gegrüßt in Rom,
Teurer als je! Weit über alles Maß
Wardst du gekränkt; und die erhabne Gottheit
Macht dich, zu rächen, uns zu ihren Dienern
Und alle, die dich lieben. Sei getrost
Und immer uns willkommen!

AGRIPPA
                           Seid willkommen!

MÄCENAS
Willkommen, teure Frau!
Ganz Rom ist Euch ergeben und beklagt Euch;
Nur Marc Anton, im frechen Ehebruch
Und allem Greul vermessen, stößt Euch aus
Und gibt sein Zepter einer Buhlerin
Als Waffe wider uns.

OCTAVIA
                      Ist dies die Wahrheit?

CÄSAR
Nur zu gewiß! Willkommen, Schwester! Bitte,
Bleib standhaft und geduldig, liebste Schwester!
Alle ab.




SIEBENTE SZENE

Antonius' Lager bei dem Vorgebirge Aktium


Kleopatra und Enobarbus treten auf.

KLEOPATRA
Ich werde quitt mit dir noch, zweifle nicht!

ENOBARBUS
Wofür, wofür?

KLEOPATRA
Du widersprachst, daß in den Krieg ich folgte,
Sagtest, das sei nicht passend.

ENOBARBUS
                                 Paßt es etwa?

KLEOPATRA
War er nicht uns erklärt! Warum sollt ich nicht
Selbst mit ins Feld?

ENOBARBUS
beiseit.
                      Ei nun, ich könnt erwidern,
Wenn wir mit Stut und Hengst zusammen ausziehn,
Dann sei der Hengst zuviel; die Stute trüge
Den Reiter und sein Roß.

KLEOPATRA
                          Was sagst du da?

ENOBARBUS
Eur Beisein muß durchaus Anton verwirren
Und ihm an Herz und Hirn und Zeit entwenden,
Was dann höchst unentbehrlich. Zeiht man doch
Ihn schon des Leichtsinns und erzählt in Rom,
Photinus, der Eunuch, und Eure Weiber
Lenkten den Krieg.

KLEOPATRA
                    Fluch Rom! Verdorren sollen
Die Zungen dieser Lästrer! Unser ist
Der Krieg, und als der Vorstand meines Reichs
Streit ich in ihm als Mann. Sprich nicht dagegen,
Ich bleibe nicht zurück.

ENOBARBUS
                          Ich sage nichts.
Hier kommt der Feldherr.
Antonius und Canidius treten auf.

ANTONIUS
Wie seltsam ists, Canidius,
Daß von Tarent er und Brundisium
So schnell das Ionische Meer durchschneiden konnte
Und Toryn nehmen? - Hörtest du's, Geliebte?

KLEOPATRA
Geschwindigkeit wird nie so sehr bewundert
Als von Saumseligen.

ANTONIUS
                      Ein guter Vorwurf,
Wie er dem besten Manne wohl geziemt,
Nachlässigkeit zu rügen. - Wir, Canidius,
Bekämpfen ihn zur See.

KLEOPATRA
                        Zur See! Wie sonst?

CANIDIUS
Warum denn das, mein Feldherr?

ANTONIUS
Weil er uns dorthin fordert.

ENOBARBUS
Mein Fürst hat auch zum Zweikampf ihn gefordert.

CANIDIUS
Und bei Pharsalia diese Schlacht zu liefern,
Wo Cäsar mit Pompejus focht; doch beides,
Weils ihm nicht vorteilhaft, weist er zurück.
So tut doch auch!

ENOBARBUS
                   Die Flott ist schlecht bemannt:
Eur Schiffsvolk Maultiertreiber, Bauern, Leute,
In flüchtiger Eil geworben; Cäsars Mannschaft
Dieselbe, die Pompejus oft bekämpft;
Leicht seine Segler, Eure schwer. Kein Unheil
Erwächst für Euch, wenn Ihr zur See ihn meidet;
Zu Lande seid Ihr stark.

ANTONIUS
                          Zur See! Zur See!

ENOBARBUS
Höchst werter Herr, dadurch wirfst du ja fort
Die überlegne Kriegskraft, die zu Land
Du hast, verwirrst dein Heer, von dem die Mehrzahl
Erprobtes Fußvolk ist; unangewandt
Bleibt deine Kriegeskenntnis. Du verfehlst
Den Weg, der dir Erfolg verheißt, und gibst
Dich selbst dem eitlen Glück und Zufall hin,
Statt fester Sicherheit!

ANTONIUS
                          Zur See!

KLEOPATRA
                                    Ich bring
Euch sechzig Segel, Cäsar hat nicht beßre.

ANTONIUS
Der Schiffsmacht Überzahl verbrennen wir,
Und mit dem wohlbemannten Rest, am Vorland
Von Aktium, schlag ich Cäsarn. Schlägt es fehl,
Können zu Lande wirs noch tun.
Ein Bote tritt auf.
                                Was bringst du?

BOTE
Es ist bestätigt, Herr, man sah ihn selbst,
Cäsar nahm Toryn ein.

ANTONIUS
Kann er persönlich dort sein? 's ist unmöglich.
Schon viel, wenn nur sein Heer es ist. Canidius,
Du bleibst an Land mit neunzehn Legionen
Und den zwölftausend Pferden. - Wir an Bord,
Komm, meine Thetis.
Ein Soldat tritt auf.
                     Nun, mein braver Krieger?

SOLDAT
O edler Feldherr, fechtet nicht zur See,
Baut nicht auf morsche Planken! Traut Ihr nicht
Dem Schwert und diesen Wunden? Laßt die Syrer
Und die Ägypter wie die Enten tauchen;
Wir lernten siegen auf dem festen Grund
Und fechtend Fuß an Fuß.

ANTONIUS
                          Schon gut! Hinweg!
Kleopatra, Antonius und Enobarbus ab.

SOLDAT
Beim Herkules, mir dünkt, ich habe recht!

CANIDIUS
Das hast du, Freund. Doch all sein Tun keimt nicht
Aus eigner Macht. So führt man unsern Führer,
Und wir sind Weiberknechte.

SOLDAT
                             Ihr behaltet
Zu Land das Fußvolk und die Reiter alle?

CANIDIUS
Marcus Octavius und Marcus Justejus,
Publicola und Cälius sind zur See;
Wir alle stehn am Lande. Diese Eile
Cäsars ist ganz unglaublich.

SOLDAT
                              Seine Macht
Zog so vereinzelt sich aus Rom, daß er
Die Späher täuschte.

CANIDIUS
                      Wißt Ihr, wer sie führt?

SOLDAT
Man nannte Taurus.

CANIDIUS
                    Der ist mir bekannt.
Ein Bote kommt.

BOTE
Der Feldherr läßt Canidius rufen.

CANIDIUS
Die Zeit ist neuigkeitenschwanger; stündlich
Gebiert sie eine.
Alle ab.




ACHTE SZENE

Eine Ebene bei Aktium


Cäsar, Taurus, Hauptleute und Gefolge treten auf.

CÄSAR
Taurus!

TAURUS
Herr?

CÄSAR
Kämpf nicht zu Lande, bleib geschlossen,
Biet nicht die Schlacht, bis sichs zur See entschied;
Durchaus nicht übertritt mir dies Gebot:
Auf diesem Wurf steht unser Glück.
Gehn ab.




NEUNTE SZENE

Ein anderer Teil der Ebene


Antonius und Enobarbus treten auf.

ANTONIUS
Stellt unsre Scharen hinterm Hügel auf,
Im Angesicht von Cäsars Heer. Von dort
Läßt sich die Zahl der Segel übersehn
Und demgemäß verfahren.
Gehn ab.




ZEHNTE SZENE

Ein anderer Teil der Ebene


Von der einen Seite Canidius, mit seinen Landtruppen über die Bühne ziehend; von der andern Taurus, Cäsars Unterfeldherr, mit seinem Heer. Nachdem sie vorbeimarschiert sind, hört man das Getöse einer Seeschlacht.
Feldgeschrei. Enobarbus kommt [zurück].

ENOBARBUS
Vorbei, alles vorbei! Ich kanns nicht ansehn!
Ägyptens Admiralschiff »Antoniade«
Mit allen sechzgen fliehts und kehrt das Ruder:
Dies sehn, versengt die Augen mir!
Scarus tritt auf.

SCARUS
O Götter und Göttinnen!
O Ratsversammlung aller Himmelsscharen!

ENOBARBUS
Warum so außer dir?

SCARUS
Das größre Eckstück dieser Welt, verloren
Durch baren Unverstand; wir küßten weg
Provinzen und Königreiche!

ENOBARBUS
                            Wie steht die Schlacht?

SCARUS
Auf unsrer Seite wie die Beulenpest,
Wo Tod gewiß. Die Schandmähr von Ägypten
- Der Aussatz treffe sie! - in Kampfes Mitte,
Als Vorteil wie ein Zwillingspaar erschien,
Sie beide gleich, ja größer fast der unsre,
Die Brems' auf ihr, wie eine Kuh im Juni,
Hißt alle Segel auf und flieht.

ENOBARBUS
                                 Das sah ich;
Mein Aug erkrankte, wie's geschah, nicht aushielts,
Noch mehr zu schaun.

SCARUS
                      Sie hatte kaum gewendet,
Als ihres Zaubers edles Wrack, Antonius,
Die Schwingen spreizt wie 'n brünstiger Entrich und
Den Kampf verlassend auf der Höh, ihr nachfliegt!
Noch niemals sah ich eine Tat so schändlich;
Erfahrung, Mannheit, Ehre hat noch nie
Sich selber so vernichtet!

ENOBARBUS
                            Weh uns, weh!
Canidius tritt auf.

CANIDIUS
Zur See ist unser Glück ganz außer Atem
Und sinkt höchst jammervoll. War unser Feldherr
Nur, wie er selbst sich kannte, ging es gut!
Oh, er hat Beispiel unsrer Flucht gegeben,
Höchst schmählich, durch die eigne!

ENOBARBUS
[beiseit.]
Ha, steht die Sache so? Dann allerdings
Gut Nacht!

CANIDIUS
            Zur Peloponnes sind sie entflohn.

SCARUS
's ist leicht dorthin und da will ich erwarten,
Was weiter folgt.

CANIDIUS
                   Ich überliefre Cäsarn
Die Reiter und Legionen; schon sechs Könige
Zeigten, wie man die Waffen streckt.

ENOBARBUS
                                      Noch will ich
Dem wunden Glück Antonius' folgen, hält
Vernunft schon mit dem Gegenwind die Richtung.
Sie gehn ab.




[NEUNTE] ELFTE SZENE

Alexandria. Ein Zimmer im Palast


Antonius tritt auf, von einigen Dienern begleitet.

ANTONIUS
Hört: Mir verwehrt der Boden, ihn zu treten;
Er schämt sich, mich zu tragen! Freunde, kommt,
Bin ich doch so verspätet in der Welt,
Daß ich den Weg verlor auf ewig. Nehmt
Mein Schiff mit Gold beladen; teilt es, flieht
Und macht mit Cäsar Frieden!

ALLE
                              Fliehn? Nicht wir!

ANTONIUS
Ich selber floh und lehrte Memmen fliehn
Und ihren Rücken zeigen. Freunde, geht;
Zu neuer Laufbahn hab ich mich entschlossen,
Die euer nicht bedarf; drum geht,
Mein Schatz liegt dort im Hafen, nehmt ihn! - Oh,
Dem folgt ich, was mich rot macht, es zu schaun;
Ja, selbst mein Haar empört sich; denn das weiße
Tadelt des braunen Raschheit, dies an jenem
Feigheit und Narrheit! - Freunde, geht, ich will
Euch Brief an solche geben, die den Weg
Euch ebnen werden. Bitt euch, seid nicht traurig,
Gebt keine widerwillige Antwort, folgt dem,
Was mir Verzweiflung rät! Verlassen sei,
Was selber sich verläßt! Geht stracks zur See,
Ich schenk euch jenes Schiff und alles Gold. -
Laßt mich, ich bitt, ein wenig - bitt euch jetzt,
O tuts, denn mein Befehl ist nun zu Ende;
Drum bitt ich euch. - Ich komme euch gleich nach.
Er setzt sich nieder. Kleopatra, geführt von Charmion und Iras, und Eros treten auf.

EROS
O gütige Frau, zu ihm! O tröstet ihn!

IRAS
Tut es, geliebte Fürstin!

CHARMION
Ja, tut es! Was auch sonst?

KLEOPATRA
Laßt sitzen mich. O Juno!

ANTONIUS
Nein, nein, nein, nein!

EROS
Seht Ihr hier, Herr?

ANTONIUS
O nicht doch, nicht!

CHARMION
Gnädige Frau!

IRAS
O Fürstin, gütige Königin!

EROS
Herr, Herr!

ANTONIUS
Ja, Herr, o ja! - Er, zu Philippi, führte
Sein Schwert recht wie ein Tänzer, während ich
Den hagern, finstern Cassius schlug! Ich fällte
Den tollen Brutus! Er ließ andre handeln
An seiner Statt und hatte nicht Erfahrung
Im wahren Kriegshandwerk. Doch jetzt - gleichviel!

KLEOPATRA
O steht mir bei!

EROS
Die Königin, Herr, die Königin!

IRAS
Geht zu ihm, Fürstin, sprecht zu ihm!
Er ist sich selbst entfremdet vor Beschämung!

KLEOPATRA
Gut also - stützt mich - oh!

EROS
Erhabner Herr, steht auf: die Königin naht,
Ihr Haupt gesenkt; der Tod ergreift sie, nur
Durch Euern Trost kann sie genesen.

ANTONIUS
Verletzt hab ich die Ehre,
O schmählichste Verirrung!

EROS
                            Herr - die Fürstin.

ANTONIUS
Oh, wohin brachtst du mich, Ägypten? Sieh,
Wie ich die Schmach entziehe deinem Auge
Und seh zurück auf das, was ich verließ,
Zerstört in Schande!

KLEOPATRA
                           O mein teurer Herr,
Vergib den scheuen Segeln. Niemals glaubt ich,
Du würdest folgen.

ANTONIUS
                    Ach, du wußtest zu gut,
Mein Herz sei an dein Steuer festgebunden,
Und daß du nach mich rissest! Ha, du kanntest
Die Oberherrschaft über meinen Geist,
Und daß dein Wink vom göttlichen Gebot
Zurück mich herrschte!

KLEOPATRA
                        O verzeih!

ANTONIUS
                                    Nun muß ich
Dem jungen Mann demütigen Vorschlag senden,
Mich windend krümmen niedrigem Vertrag,
Ich, dessen Laun der halbe Weltball Spiel war,
Der Glück schuf und verdarb. Du wußtest doch,
Wie du so ganz mein Sieger warst und daß
Mein Schwert, geschwächt durch meine Leidenschaft,
Ihr folgen würd durchaus.

KLEOPATRA
                                Vergib! Vergib!

ANTONIUS
Laß keine Träne fallen! Eine zahlt schon
Gewinn sowie Verlust; gib einen Kuß,
Das macht mich schadlos. - Unsern Lehrer sandt ich;
Kam er zurück? Ich fühl mich schwer wie Blei;
Bringt etwas Wein und Speis. - Schicksal, du weißt,
Schlägst stark du zu, trotzt dir ein starker Geist.
Alle ab.




[ZEHNTE] ZWÖLFTE SZENE

Cäsars Lager in Ägypten


Es treten auf Cäsar, Dolabella, Thyreus und andere.

CÄSAR
Der trete vor, der von Antonius kommt! -
Kennst du ihn?

DOLABELLA
                's ist der Lehrer seiner Kinder.
Das zeigt, wie kahl er ist, entsandt er uns
Aus seinem Flügel solche dürftige Feder,
Er, der vor wenig Monden Könige konnt
Als Boten schicken.
Euphronius tritt auf.

CÄSAR
                     Komm heran und sprich!

EUPHRONIUS
So wie ich bin, komm ich von Marc Anton;
Ich war noch jüngst so klein für seine Zwecke
Wie auf dem Myrtenblatt der Morgentau
Vor seinem großen Meer.

CÄSAR
                         Sei's so! Die Botschaft!

EUPHRONIUS
Er grüßt dich, seines Schicksals Herrn, und wünscht
Zu leben in Ägypten. Schlägst du's ab,
So mäßigt er die Fordrung und ersucht dich,
Gönn ihm zu atmen zwischen Erd und Himmel
Als Bürger in Athen. So viel von ihm.
Dann: Kleopatra huldigt deiner Macht,
Beugt sich vor deiner Größ und fleht von dir
Der Ptolemäer Reif für ihre Söhne
Als Willkür deiner Gnade.

CÄSAR
                           Für Anton
Bin ich der Fordrung taub. Der Königin
Wird nicht Gehör noch Zugeständnis fehlen,
Treibt sie hinweg den ganz verworfnen Buhlen
Oder erschlägt ihn dort. Vollbringt sie dies,
Sei ihr Gesuch gewährt! So viel für beide.

EUPHRONIUS
Das Glück geleite dich!

CÄSAR
                         Führt ihn durchs Lager!
Euphronius ab.
Zu Thyreus.

Nun zeige deine Rednerkunst, eil fort,
Gewinn Kleopatra ihm ab; versprich
In unserm Namen, was sie heischt, und biet
Nach eignem Sinn noch mehr. Stark sind die Weiber
Im höchsten Glück schon nicht; Not lockt zum Meineid
Vestalische Tugend. Deine List versuche;
Mach für die Müh die Fordrung selbst; wir werden
Entsprechen ihr wie dem Gesetz.

THYREUS
                                 Ich gehe.

CÄSAR
Beachte, wie Anton den Schlag erträgt
Und was sein ganz Benehmen dir verkündet
In jeder Regung.

THYREUS
                  Cäsar, ich werds tun.
Alle ab.




[ELFTE] DREIZEHNTE SZENE

Alexandria. Ein Zimmer im Palast


Es treten auf Kleopatra, Enobarbus, Charmion und Iras.

KLEOPATRA
Was bleibt uns jetzt zu tun?

ENOBARBUS
                              Nachdenken, sterben.

KLEOPATRA
Hat dies Antonius, haben wirs verschuldet?

ENOBARBUS
Anton allein, der seine Leidenschaft
Zum Herrn seiner Vernunft gemacht. Floht Ihr auch
Des Kriegs furchtbares Antlitz, des Geschwader
Einander schreckten, weshalb folgte er Euch?
Da durfte seiner Neigung Kitzel nicht
Sein Feldherrntum wegspotten, im Moment,
Da halb die Welt der andern Hälfte trotzte
Und alles um ihn ging! Das war ein Schimpf,
So groß als sein Verlust, als er Euch nachzog
Und ließ die Flotte schreckensstarr.

KLEOPATRA
                                      Still bitte!
Antonius tritt auf mit Euphronius.

ANTONIUS
Dies seine Antwort?

EUPHRONIUS
                     Ja, mein Herr.

ANTONIUS
                                     Die Königin
Soll also Gunst erfahren, wenn sie uns
Verraten will?

EUPHRONIUS
                So ist es.

ANTONIUS
                            Nun, so sag ihrs! -
Schick dies ergraunde Haupt dem Knaben Cäsar,
Dann füllt er dein Begehren bis zum Rand
Mit Fürstentümern.

KLEOPATRA
                    Dieses Haupt, mein Herr?

ANTONIUS
Geh wieder hin: sag ihm, der Jugend Rose
Schmück ihn, und Großes fordre drum die Welt
Von ihm. All seine Schätze, Flotten, Heere
Könnt auch ein Feigling haben, dessen Diener
Auf eines Knaben Wort so leicht wohl siegten
Als unter Cäsar. Drum entbiet ich ihm,
Sein glänzend Außenwerk beiseit zu tun,
Mit mir Gebeugtem Schwert um Schwert zu fechten,
Er ganz allein. Ich will es schreiben; komm!
Antonius mit Euphronius ab.

ENOBARBUS
O ja! Recht glaublich! Cäsar, schlachtenstolz,
Sollte sein Glück vernichten, mit dem Fechter
Versuchen Bühnenkampf? Ich seh. Verstand
Ist auch ein Teil des Glücks, und äußre Dinge
Ziehn nach das innre Wesen, so daß eins
Wie's andre krankt. Daß er sich träumen läßt
- Der das Verhältnis kennt -, die Fülle Cäsars
Steh Rede seiner Leerheit! Auch sein Urteil,
Cäsar, hast du zerschlagen ihm.
Ein Diener kommt.

DIENER
Botschaft von Cäsar!

KLEOPATRA
Wie? Nicht mehr Förmlichkeit?
Seht, Fraun, sie möchten
Die Nase stopfen vor der welken Rose,
Die vor der Knospe knieten. - Laßt ihn ein!
Der Diener geht ab.

ENOBARBUS
beiseit.
Die Redlichkeit und ich beginnen Händel:
Die Pflicht, die fest an Toren hält, macht Treue
Zur Torheit selbst; doch wer ausdauern kann,
Standhaft zu folgen dem gefallnen Fürsten,
Siegt über den, der seinen Herrn besiegte,
Und erntet einen Platz in der Geschichte.
Thyreus tritt auf.

KLEOPATRA
Was ist der Wille Cäsars?

THYREUS
                           Hört allein mich!

KLEOPATRA
Hier stehn nur Freunde; redet frei heraus!

THYREUS
Dann sinds vermutlich Freunde Marc Antons?

ENOBARBUS
Anton bedarf so viel als Cäsar hat,
Oder bedarf nicht unser. Wünscht es Cäsar,
So stürzt mein Herr ihm zu, sein Freund zu sein:
Und wir sind des, dem er gehört, sind Cäsars.

THYREUS
So.
Vernimm denn. Hochgerühmte, Cäsar wünscht,
Nicht dein Geschick mögst du so sehr bedenken,
Als daß er Cäsar sei.

KLEOPATRA
                       Fahr fort: recht fürstlich!

THYREUS
Er weiß, du hast dich dem Anton verbunden,
Von Neigung nicht, von Furcht bewogen.

KLEOPATRA
[beiseit.]
                                        Oh!

THYREUS
Die Kränkung deiner Ehre drum beklagt er
Als unfreiwillige Schmach, die du erduldet
Und nicht verdient.

KLEOPATRA
                     Er ist ein Gott und sieht
Die Wahrheit. Meine Ehr ergab sich nicht,
Nein, ward geraubt.

ENOBARBUS
beiseit.
                     Das recht genau zu wissen,
Frag ich Anton. Du Armer wardst so leck,
Wir müssen dich versinken lassen, denn
Dein Liebstes wird dir treulos!
Ab.

THYREUS
                                 Meld ich Cäsarn,
Was du von ihm begehrst? Er bittet fast,
Du mögest fordern, daß er geb; es freut ihn,
Willst du sein Glück als einen Stab gebrauchen,
Dich drauf zu stützen; doch sein Herz wird glühn,
Erfährt er, daß du Marc Anton verließest
Und willst dich bergen unter seinem Schirm,
Des großen Weltgebieters.

KLEOPATRA
                           Wie dein Name?

THYREUS
Mein Nam ist Thyreus.

KLEOPATRA
                       Lieber Abgesandter,
Dem großen Cäsar sag in meinem Namen:
Ich küsse seine Siegerhand; die Krone
Leg ich zu Füßen ihm, und ich will kniend
Von seinem mächtigen Hauch Ägyptens Schicksal
Vernehmen.

THYREUS
            Diesen edeln Weg verfolge!
Wenn Klugheit mit dem Glück den Kampf beginnt,
Und jene wagt nur alles, was sie kann,
Ist ihr der Sieg gewiß. Laß huldreich mich
Auf deiner Hand der Ehrfurcht Pflicht besiegeln!

KLEOPATRA
Der Vater Eures Cäsar hat recht oft,
Wenn er auf Sturz der Könige sann, den Mund
Auf den unwürdigen Fleck gedrückt; ein Regen
Von Küssen.
Antonius und Enobarbus kommen zurück.

ANTONIUS
             Gunstbezeugung! Bei dem Donnrer,
Wer bist du, Mensch?

THYREUS
                      Ein Diener dem Gebot
Des allergrößten Manns, des würdigsten,
Sein Wort erfüllt zu sehn.

ENOBARBUS
beiseit.
                            Man wird dich peitschen.

ANTONIUS
Kommt her da! O du Geier! Götter und Teufel,
Mein Ansehn schmilzt! Noch jüngst rief ich nur: Ho!,
Und Könige rannten wie zum Raufen Buben
Und riefen: Was befehlt Ihr? Hört Ihrs? Noch
Bin ich Anton.
Diener kommen.
Nehmt mir den Schalk und peitscht ihn!

ENOBARBUS
[beiseit.]
Man spielt noch sichrer mit des Löwen Jungen
Als mit dem alten sterbenden.

ANTONIUS
                               Mond und Sterne!
Peitscht ihn! Und wärens zwanzig Bundesfürsten,
Die Cäsarn anerkennen; fänd ich sie
Mit ihrer Hand so frech - wie heißt sie doch,
Seit sie nicht mehr Kleopatra? Geht, peitscht ihn,
Bis er sein Angesicht verzieht wie Knaben
Und wimmert laut um Gnade. Weg mit ihm!

THYREUS
Antonius -

ANTONIUS
            Schleppt ihn weg; ist er gepeitscht,
Bringt ihn zurück. Der Narr des Cäsar soll
Ihm eine Botschaft von uns bringen.
Diener mit dem Thyreus ab.
Ihr wart halb welk, eh ich Euch kannte. Ha,
Ließ ich mein Kissen ungedrückt in Rom,
Entsagt ich der Erzeugung echten Stamms
Vom Kleinod aller Fraun, daß diese hier
Mit Sklaven mich beschimpfe?

KLEOPATRA
                              Teurer Herr!

ANTONIUS
Ihr wart von jeher ungetreu und falsch.
Doch wenn wir in der Sünde uns verhärtet,
O Jammer, dann verblenden unsre Augen
Mit eignem Schmutz die Götter, trüben uns
Das klare Urteil, daß wir unsern Irrtum
Anbeten, lachen über uns, wenn wir
Zum Tode hin stolzieren!

KLEOPATRA
                          Kams so weit?

ANTONIUS
Ich fand Euch, einen kalt gewordnen Bissen
Auf Cäsars Teller, ja ein Überbleibsel
Gnäus Pompejus'; andrer heißer Stunden
Gedenk ich nicht, die Eure Lust sich auflas
Und nicht der Leumund nennt; denn ganz gewiß,
Wenn Ihr auch ahnen mögt, was Keuschheit sei,
Ihr habt sie nie gekannt!

KLEOPATRA
                           Was soll mir das?

ANTONIUS
Daß solch ein Sklav, der wohl ein Trinkgeld nimmt
Und spricht: Gott lohn Euch!, keck sich wagt an meine
Gespielin, Eure Hand, dies Königssiegel
Und großer Herzen Pfand! O daß ich stände
Auf Basans Hügel, die gehörnte Herde
Zu überbrüllen! Wilden Grund hab ich!
Dies sanft verkünden, wär wie 'n armer Sünder,
Der mit umstricktem Hals dem Henker dankt,
Daß ers so rasch gemacht. -
Diener kommen mit Thyreus zurück.
                             Ward er gepeitscht?

ERSTER DIENER
Recht derb, mein Feldherr.

ANTONIUS
                            Schrie er? Fleht' um Gnade?

ERSTER DIENER
Er bat um Schonung.

ANTONIUS
Hast du 'nen Vater noch, der solls bereun,
Daß du kein Weib geworden. Dir sei angst,
Cäsarn in seinem Glück zu folgen, seit
Du für dein Folgen wardst gepeitscht. Fortan
Schreck dich in Fieber jede Damenhand
Und schüttle dich der Anblick. Geh zum Cäsar,
Erzähl ihm deinen Willkomm; sag ihm ja,
Daß er mich zornig macht. Er scheint durchaus
Stolz und Verschmähn, nur sehend, was ich bin,
Vergessend, was ich war. Er macht mich zornig;
Und dazu kommt es leicht in dieser Zeit,
Seit gute Sterne, die mich sonst geführt,
Verließen ihre Bahn und ihren Glanz
Zum Pfuhl der Hölle sandten. Steht mein Wort
Und was geschehn, Cäsarn nicht an, sag ihm,
Hipparchus, meinen Freigelaßnen, hab er,
Den soll nach Lust er peitschen, hängen, foltern,
Dann ist er wett mit mir. Das zeig ihm an!
Nun fort mit deinen Striemen! Geh!
Thyreus ab.

KLEOPATRA
Seid Ihr zu Ende?

ANTONIUS
                   Ach, unser irdischer Mond
Ist nun verfinstert, und das deutet nur
Den Fall des Marc Anton!

KLEOPATRA
                          Ich muß schon warten.

ANTONIUS
Cäsarn zu schmeicheln, konntest du liebäugeln
Dem Sklaven, der den Gurt ihm schnallt?

KLEOPATRA
                                         Du kennst mich?

ANTONIUS
Kalt gegen mich?

KLEOPATRA
                  Ah, Teurer, ward ich das.
Verhärte Zeus mein kaltes Herz zu Hagel,
Vergift ihn im Entstehn und send auf mich
Die erste Schloße! Wie sie trifft mein Haupt,
Schmelze mein Leben hin; Cäsarion töte
Die nächst und das Gedächtnis meines Schoßes,
Und nach und nach mein ganz Ägyptervolk
Lieg ohne Grab, wenn der kristallne Regen
Zergeht, bis Nilus' Mücken sie und Fliegen
Als Raub bestatteten!

ANTONIUS
                       Ich bin befriedigt. -
Cäsar liegt still vor Alexandria;
Da tret ich ihm entgegen. Unser Landheer
Hielt rühmlich stand; auch die zerstreuten Schiffe
Sind nun vereint und drohn im Meer als Flotte.
Wo warst du, kühnes Herz? - Hörst du. Geliebte:
Wenn ich vom Schlachtfeld nochmals wiederkehre,
Den Mund zu küssen, komm ich ganz in Blut.
Ich und mein Schwert sind Schnitter für die Chronik;
's ist noch nicht aus!

KLEOPATRA
                        Das ist mein wackrer Held!

ANTONIUS
Ich will verdoppeln Herz und Mut und Sehnen
Und wütend fechten. Sonst, als meine Zeit
Noch leicht und hell, erkauft' ein Mann sein Leben
Durch einen Scherz; nun setz ich ein die Zähne,
Zur Hölle send ich, was mich aufhält. Komm,
Noch einmal eine wilde Nacht! Ruft mir
All meine ernsten Krieger; füllt die Schalen,
Der Mitternachtsglock einmal noch zu spotten!

KLEOPATRA
Morgen ist mein Geburtstag;
Ich wollt ihn still begehn, doch da mein Herr
Antonius wieder ward, bin ich Kleopatra.

ANTONIUS
Und es wird doch noch gut!

KLEOPATRA
Ruft alle tapfern Krieger meines Herrn!

ANTONIUS
Tut das, ich sprech sie an. Heut nacht soll Wein
Aus ihren Narben glühn. Komm, Königin!
Da ist noch Kraft, und kämpf ich morgen, soll
Der Tod in mich verliebt sein; denn wetteifern
Will ich mit seiner völkermähnden Sichel.
[Antonius mit Kleopatra und Gefolge ab.] Alle außer Enobarbus ab.

ENOBARBUS
Den Blitz nun übertrotzt er. Tollkühn sein,
Heißt aus der Furcht geschreckt sein; so gestimmt,
Hackt auf den Weih die Taub. Und immer seh ich,
Wie unserm Feldherrn der Verstand entweicht,
Wächst ihm das Herz. Zehrt Mut das Urteil auf,
Frißt er das Schwert, mit dem er kämpft. Ich sinne,
Auf welche Art ich ihn verlassen mag.
Ab.







VIERTER AKT

ERSTE SZENE

Cäsars Lager bei Alexandria


Cäsar, einen Brief lesend, Agrippa, Mäcenas und andre treten auf.

CÄSAR
Er nennt mich Knabe, schilt, als hätt er Macht,
Mich von hier wegzuschlagen, meine Boten
Peitscht' er mit Ruten, bot mir Zweikampf an:
Anton dem Cäsar! Wiß es, alter Raufer,
Ich hab manch andern Weg zum Tod. Indes
Verlach ich seinen Aufruf.

MÄCENAS
                            Denkt, o Cäsar,
Wenn ein so Großer rast, ward er gejagt
Bis zur Erschöpfung. Komm er nicht zu Atem,
Nutzt seinen Wahnsinn; niemals hat die Wut
Sich gut verteidigt.

CÄSAR
                      Tut den Führern kund,
Daß morgen wir die letzte vieler Schlachten
Zu fechten denken, In den Reihn der Unsern
Sind, die noch kürzlich dienten Marc Anton,
Genug, ihn einzufangen. Dies besorgt
Und gebt dem Heer ein Mahl. Wir haben Vorrat,
Und sie verdientens wohl. Armer Antonius!
Gehn ab.




ZWEITE SZENE

Alexandria. Ein Zimmer im Palast


Es treten auf Antonius, Kleopatra, Enobarbus, Charmion, Iras, Alexas und andre.

ANTONIUS
Er schlug den Zweikampf aus, Domitius.

ENOBARBUS
                                        Ja.

ANTONIUS
Was will ers nicht?

ENOBARBUS
Er meint, weil zwanzigmal er glücklicher,
Sei zwanzig gegen einen er.

ANTONIUS
                             Ich kämpfe
Morgen zu See und Land und leb entweder,
Oder ich bad die sterbende Ehr in Blut,
Das wieder sie belebt. Wirst du brav einhaun?

ENOBARBUS
Fechten und schrein: Jetzt gilts!

ANTONIUS
                                   Brav! Geh, mein Freund,
Ruf meine Hausbedienten. Diese Nacht
Seid fröhlich beim Gelag!
Einige Diener treten auf.
                           Gib mir die Hand,
Du warst ehrlich und treu; und so auch du,
Und du, und du, und du. Ihr dientet brav
Und Könige waren eure Kameraden.

KLEOPATRA
beiseit zu Enobarbus.
Was soll das?

ENOBARBUS
beiseit zu Kleopatra.
Solch seltsam Ding, wie Kummer sprossend treibt
Aus dem Gemüt.

ANTONIUS
                Und ehrlich bist auch du. -
Würd ich in euch, die vielen, doch verwandelt,
Und ihr zusammen ausgeprägt zu einem
Antonius, daß ich euch könnte dienen
So trefflich wie ihr mir!

DIENER
                           Verhüt es Gott!

ANTONIUS
Gut denn, Kameraden; heut bedient mich noch,
Füllt fleißig meine Becher, ehrt mich so,
Als wäre noch mein Reich euch Kamerad
Und folgsam meinem Ruf.

KLEOPATRA
beiseit zu Enobarbus.
                         Was sinnt er nur?

ENOBARBUS
beiseit zu Kleopatra.
Zum Weinen sie zu bringen.

ANTONIUS
                            Pflegt mich heut;
Kann sein, es ist das eure letzte Pflicht!
Wer weiß, ob ihr mich wiederseht, und tut ihrs,
Ob nicht als blutigen Schatten; ob nicht morgen
Ihr einem andern folgt. Ich seh euch an,
Als nähm ich Abschied. Ehrliche, liebe Freunde,
Ich stoß euch nicht von mir, nein, bleib als Herr,
Vermählt bis in den Tod so treuem Dienst.
Gönnt mir zwei Stunden noch, mehr bitt ich nicht,
Und lohnens euch die Götter!

ENOBARBUS
                                   Herr, was macht Ihr,
Daß Ihr sie so entmutigt? Seht, sie weinen;
Ich Esel rieche Zwiebeln auch. Ei schämt Euch
Und macht uns nicht zu Weibern!

ANTONIUS
                                 Ha, ha, ha!
So will ich doch verhext sein, meint ich das!
Heil sprieße diesem Tränentau! Herzfreunde,
Ihr nehmt mich in zu schmerzensvollem Sinn,
Denn ich sprach euch zum Trost; ich wünschte ja,
Daß wir die Nacht durchschwärmten; wißt ihr, Kinder,
Ich hoff auf morgen Glück und will euch führen,
Wo ich ein siegreich Leben ehr erwarte
Als Tod und Ehre. Kommt zum Mahle, kommt,
Und alle Sorg ertränkt!
Alle ab.




DRITTE SZENE

Alexandria. [Daselbst] vor dem Palast


Zwei Soldaten auf ihrem Posten treten auf.

ERSTER SOLDAT
Bruder, gut Nacht denn! Morgen ist der Tag.

ZWEITER SOLDAT
Dann wirds entschieden irgendwie. Leb wohl! -
Vernahmst du nichts Seltsames auf der Straße?

ERSTER SOLDAT
Nichts. Was geschah?

ZWEITER SOLDAT
                      Vielleicht ists nur Gerede;
Nochmals gut Nacht!

ERSTER SOLDAT
                     Gut Nacht, Kamrad!
Zwei andre Soldaten kommen.

ZWEITER SOLDAT
                                         Soldaten,
Seid ja recht wachsam!

DRITTER SOLDAT
                        Ihr auch! Gute Nacht!
[Die Soldaten stellen sich je zwei auf ihre Posten.] Die ersten zwei stellen sich auf ihre Posten.

VIERTER SOLDAT
Hier unser Platz. -
Der dritte und der vierte nehmen ihre Posten ein.
                     Wenns morgen nur der Flotte
Gelingt, so hab ich unbedingte Hoffnung,
Die Landmacht hält sich brav.

DRITTER SOLDAT
                               Ein wackres Heer,
Voll Zuversicht.
Oboen unter der Bühne.

VIERTER SOLDAT
Still! Welch ein Klingen?

ERSTER SOLDAT
                           Horch!

ZWEITER SOLDAT
Hört!

ERSTER SOLDAT
       In der Luft Musik.

DRITTER SOLDAT
                           Im Schoß der Erde!

VIERTER SOLDAT
Das ist ein gutes Zeichen, meint ihr nicht?

DRITTER SOLDAT
Nein!

VIERTER SOLDAT
       Stille, sag ich. Was bedeutet das?

ZWEITER SOLDAT
Gott Herkules, den Marc Anton geliebt,
Und der ihn jetzt verläßt.

ERSTER SOLDAT
                            Kommt, laßt uns sehn,
Obs auch die andern hörten!
Sie gehn zu den andern Posten.

ZWEITER SOLDAT
                             Heda! Leute!

ALLE SOLDATEN
sprechen durcheinander.
Was ist das? Hört ihrs wohl?

ERSTER SOLDAT
                              Ja, ists nicht seltsam?

DRITTER SOLDAT
Hört ihr. Kamraden? Hört ihrs jetzt?

ERSTER SOLDAT
Folgt diesem Klang bis zu des Postens Grenze;
Seht, wie das abläuft!

ALLE SOLDATEN
sprechen durcheinander.
                        Ja! 's ist wunderlich!
Sie gehn ab.




VIERTE SZENE

[Daselbst.] Alexandria. Ein Zimmer im Palast


Antonius und Kleopatra, Charmion, Iras und andres Gefolge treten auf.

ANTONIUS
Eros! Die Rüstung, Eros!

KLEOPATRA
                          Schlaf ein wenig!

ANTONIUS
Nein, Täubchen! - Eros, komm; die Rüstung, Eros!
Eros kommt mit der Rüstung.
Komm, lieber Freund, leg mir das Eisen an.
Wenn uns Fortuna heut verläßt, so ists,
Weil wir ihr trotzten.

KLEOPATRA
                        Sieh, ich helfe auch.
Wozu ist dies?

ANTONIUS
                Ah, laß doch, laß! Du bist
Der Wappner meines Herzens. Falsch - so, so!

KLEOPATRA
Geh, still; ich helfe doch; so muß es sein.

ANTONIUS
Gut, gut; nun sieg ich. Siehst du, mein Kamrad?
Nun geh und rüst dich auch.

EROS
                            Sogleich, mein Feldherr.

KLEOPATRA
Ist dies nicht gut geschnallt?

ANTONIUS
                                O herrlich, herrlich!
Wer dies aufschnallt, eh es uns selbst gefällt,
Es abzutun zur Ruh, wird Sturm erfahren. -
Du fuschelst, Eros: Bessern Knappendienst
Tut meine Königin hier als du. Mach fort! -
O Liebe, sähst du heut mich doch beim Handwerk
Der Könige und verstündest du's, du sähst
Als Meister mich!
Ein Hauptmann tritt auf, gerüstet.
                   Guten Morgen dir! Willkommen!
Du siehst dem gleich, der Krieges Amt versteht;
Zur Arbeit, die uns lieb, stehn früh wir auf
Und gehn mit Freuden dran.

ERSTER HAUPTMANN
                            Schon tausend, Herr,
So früh es ist, stehn in dem Kleid von Eisen
Und warten dein am Strand.
Feldgeschrei, Kriegsmusik, Trompeten. Andre Hauptleute und Soldaten treten auf.

ZWEITER HAUPTMANN
Der Tag ist schön. Guten Morgen, General!

ALLE
Guten Morgen, General!

ANTONIUS
                        's ist gut geblasen!
Früh fängt der Morgen an, so wie der Geist
Des Jünglings, der sich zeigen will der Welt. -
So, so; kommt, gebt mir das; dahin - so recht. -
Fahr wohl denn, Frau; wie es mir auch ergeht,
küßt sie.
Nimm eines Kriegers Kuß. Man müßte schelten,
Und schämen müßt ich mich, hielt ich mich auf
Mit Abschiedsfloskeln. Nun verlaß ich dich
Ein Mann von Stahl! - Ihr, die ihr kämpfen wollt,
Folgt mir ganz dicht; ich führ euch hin. - Lebt wohl!
Antonius, Eros, Hauptleute und Soldaten ab.

CHARMION
Wollt Ihr in Euer Gemach gehn?

KLEOPATRA
                                Führe mich! -
Er zieht hin wie ein Held. O daß sich beiden
Der große Streit durch Zweikampf könnt entscheiden!
Dann, Marc Anton - doch jetzt - gut, fort!
Ab.




FÜNFTE SZENE

Antonius' Lager bei Alexandria


Trompeten hinter der Bühne. Antonius und Eros treten auf; ein Soldat begegnet ihnen.

SOLDAT
Gebt heut, ihr Götter, dem Antonius Glück!

ANTONIUS
Hättst du und deine Narben mich bestimmt,
Damals zu Land zu schlagen!

SOLDAT
                             Tatst du so,
Die abgefallnen Könige und der Krieger,
Der diesen Morgen dich verließ, sie folgten
Noch deinen Fersen.

ANTONIUS
                     Wer ging heut morgen?

SOLDAT
                                            Wer?
Dir stets der nächste. Ruf den Enobarbus,
Er hört nicht oder spricht aus Cäsars Lager:
Nicht dir gehör ich an.

ANTONIUS
                         Was sagst du?

SOLDAT
                                        Herr,
Er ist beim Cäsar.

EROS
                    Seine Schätz und Kisten
Nahm er nicht mit sich.

ANTONIUS
                         Ist er fort?

SOLDAT
                                       Gewiß.

ANTONIUS
Geh, Eros; send ihm nach den Schatz! Besorg es,
Behalte nichts zurück, befehl ich; meld ihm
- Ich unterschreib es - Freundes Gruß und Abschied
Und sag, ich wünsch, er finde nie mehr Grund,
Den Herrn zu wechseln. Oh, mein Schicksal hat
Auch Ehrliche verführt! Eil - Enobarbus!
Gehn ab.




SECHSTE SZENE

Cäsars Lager bei Alexandria


Trompetenstoß. Es treten auf Cäsar, Agrippa, Dolabella und Enobarbus [und andre].

CÄSAR
Rück aus, Agrippa, und beginn die Schlacht;
Anton soll lebend mir gefangen sein,
So tu es kund!

AGRIPPA
                Cäsar, wie du befiehlst.
Ab.

CÄSAR
Die Zeit des allgemeinen Friedens naht,
Und sieg ich heut, dann sproßt von selbst der Ölzweig
Der dreigeteilten Welt.
Ein Bote tritt auf.

BOTE
                         Antonius' Heer
Rückt an zur Schlacht.

CÄSAR
                             Geh hin und heiß Agrippa,
Die Überläufer vorn ins Treffen stellen,
Daß auf sich selbst Antonius seine Wut
Zu richten scheine.
Cäsar und Gefolge ab.

ENOBARBUS
Alexas wurde treulos; in Judäa,
Wohin Antonius ihn geschickt, verführt' er
Herodes, sich zu Cäsar hinzuneigen,
Abtrünnig seinem Herrn. Für diese Müh
Hat Cäsar ihn gehängt. Canidius und die andern,
Die übergingen, haben Rang und Stellen,
Nicht ehrendes Vertraun. Schlecht handelt ich,
Um das verklag ich mich mit bitterm Schmerz,
Daß nichts mich freut.
Einer von Cäsars Soldaten tritt auf.

SOLDAT
                        Enobarbus, Marc Anton
Hat deinen ganzen Schatz dir nachgesandt
Mit seiner Liebe. Zu meinem Posten kam
Der Bote; der ist jetzt vor deinem Zelt
Und lädt die Mäuler ab.

ENOBARBUS
                         Ich schenk es dir!

SOLDAT
Spotte nicht, Enobarbus;
Ich rede wahr. Schaff nur in Sicherheit
Den Boten fort; ich muß auf meinen Posten,
Sonst hätt ichs selbst getan. Dein Imperator
Bleibt doch ein Zeus!
Geht ab.

ENOBARBUS
Ich bin allein der Schurke auf der Erde
Und fühl es selbst am tiefsten. O Anton,
Goldgrube du von Huld, wie zahltest du
Den treuen Dienst, wenn du die Schändlichkeit
So krönst mit Gold! Dies schwellt mein Herz empor;
Brichts nicht ein schneller Gram, soll schnellres Mittel
Dem Gram voreilen; doch ich fühls. Gram tuts.
Ich föchte gegen dich? Nein, einen Graben
Such ich zum Sterben mir. Der schmutzigste
Ziemt meines Lebens End am besten.
Ab.




SIEBENTE SZENE

Schlachtfeld zwischen den Lagern


Schlachtgeschrei. Trommeln und Trompeten. Agrippa und andre treten auf.

AGRIPPA
Zurück! Wir haben uns zu weit gewagt.
Selbst Cäsar hat zu tun; der Widerstand
Ist stärker, als wir dachten.
Gehn ab. Schlachtgeschrei. Es treten auf Antonius und Scarus, verwundet.

SCARUS
O tapfrer Imperator! Das hieß fechten!
Schlugen wir so zuerst, wir jagten sie
Mit blutigen Köpfen heim.

ANTONIUS
                           Du blutest sehr.

SCARUS
Die Wunde hier glich anfangs einem T,
Nun ward daraus ein H.

ANTONIUS
                        Sie gehn zurück!

SCARUS
Wir jagen sie bis in die Kellerlöcher;
Ich habe Platz noch für sechs Schmarren mehr.
Eros tritt auf.

EROS
Sie sind geschlagen, Herr, und unser Vorteil
Ist gleich dem schönsten Sieg.

SCARUS
                                Kerbt ihre Rücken
Und greift sie an den Fersen auf, wie Hasen;
Die Memmen klopfen ist ein Spaß.

ANTONIUS
                                  Dir lohn ich
Erst für dein kräftiges Trostwort, zehnfach dann
Für deinen Mut. Nun komm!

SCARUS
                           Ich hinke nach.
Alle ab.




ACHTE SZENE

Unter den Mauern von Alexandria


Schlachtgeschrei. Antonius im Anmarsch; mit ihm Scarus und Fußvolk.

ANTONIUS
Wir schlugen ihn ins Lager. Einer laufe,
Der Königin meld er unsre Taten. Morgen,
Eh Sonn uns sieht, vergießen wir das Blut,
Das heut uns noch entkam. Ich dank euch allen;
Denn tüchtige Hände habt ihr, fochtet nicht,
Als dientet ihr der Sache, nein, als wär
Sie jedes eigne; alle wart ihr Hektors.
Zieht in die Stadt, herzt eure Freund und Weiber,
Rühmt eure Tat, laßt sie mit Freudentränen
Eur Blut abwaschen, eure Ehrenwunden
Gesund euch küssen.
Zum Scarus.
                     Gib mir deine Hand!
Kleopatra tritt auf mit Gefolge.
Der großen Fee laß mich dein Lob verkünden,
Ihr Dank soll dich beseligen. - Tag der Welt,
Umschließ den erznen Hals, spring, Schmuck und alles,
Durch festen Harnisch an mein Herz und laß
Dich tragen von dem Pochen des Triumphs!

KLEOPATRA
O Herr der Herren! Heldentum ohn Grenzen!
Kommst du so lächelnd, wie du bist entronnen
Dem großen Netz der Welt?

ANTONIUS
                           O Nachtigall,
Wir schlugen sie zu Bett! Ha, Kind! Ob Grau
Sich etwas mengt ins junge Braun, doch blieb uns
Ein Hirn, das unsre Nerven nährt, den Preis
Und Kampf der Jugend abgewinnt. Schau diesen,
Reich seinen Lippen deine Götterhand! -
Küß sie, mein Krieger! - Der hat heut gefochten,
Als ob ein Gott, dem Menschenvolk verderblich,
In der Gestalt es würgte.

KLEOPATRA
                           Du bekommst
Eine Rüstung ganz von Gold; ein König trug sie!

ANTONIUS
Er hats verdient, wär sie auch voll Karfunkeln,
Wie Phöbus' heilger Wagen. - Deine Hand!
Durch Alexandria in freudigem Marsch
Tragt den zerhackten Schild, wie's Helden ziemt.
Hätt unser großer Burghof Raum genug
Für dieses Heer, wir zechten dort zu Nacht
Und tränken auf des nächsten Tages Glück
Und königliche Todsgefahr. Trompeter,
Betäubt mit erznem Schall das Ohr der Stadt,
Mischt euch mit unsrer Trommeln Wirbelschlag,
Daß Erd und Himmelsschall zusammen dröhnen
Und unsre Ankunft grüßen!
Gehn ab.




NEUNTE SZENE

Cäsars Lager


Schildwachen auf ihren Posten. [Enobarbus tritt auf.]

ERSTER SOLDAT
Sind wir nicht abgelöst in einer Stunde,
So müssen wir zurück zur Wacht. Der Mond
Scheint hell, und wie es heißt, beginnt die Schlacht
Früh um die zweite Stunde.

ZWEITER SOLDAT
                            Gestern war
Ein schlimmer Tag für uns!
Enobarbus tritt auf.

ENOBARBUS
                            Nacht, sei mein Zeuge!

DRITTER SOLDAT
Wer ist der Mann?

ZWEITER SOLDAT
                   Sei still und horch auf ihn!

ENOBARBUS
Bezeuge mirs, o segenreicher Mond,
Wenn einst die Nachwelt treuvergeßner Männer
Mit Haß gedenkt, der arme Enobarbus
Bereut vor deinem Antlitz.

ERSTER SOLDAT
                            Enobarbus!

DRITTER SOLDAT
Still da! Horcht weiter!

ENOBARBUS
Du höchste Herrscherin wahrhafter Schwermut,
Den giftigen Tau der Nacht gieß über mich,
Daß Leben, meinem Willen längst empört,
Nicht länger auf mir laste! Wirf mein Herz
Wider den harten Marmor meiner Schuld!
Gedörrt von Gram zerfall es dann in Staub,
Mit ihm der böse Sinn! O Marc Antonius,
Erhabner als mein Abfall schändlich ist,
Vergib du mir in deinem eignen Selbst,
Doch laß die Welt mich zeichnen in die Reihn
Der flüchtigen Diener und der Überläufer! -
O Marc Anton! O Marc Anton!
Er stirbt.

ZWEITER SOLDAT
                             Kommt, redet
Ihn an!

ERSTER SOLDAT
Nein, horcht, denn was er sagt,
Kann Cäsarn angehn.

[ZWEITER] DRITTER SOLDAT
                    Du hast recht. Doch schläft er.

ERSTER SOLDAT
Liegt wohl in Ohnmacht; denn so schlimmes Beten
Ging keinem Schlaf voran.

ZWEITER SOLDAT
                           Gehn wir zu ihm!

DRITTER SOLDAT
Erwacht, erwacht, Herr, redet!

ZWEITER SOLDAT
                                Hört Ihr, Herr?

ERSTER SOLDAT
Die Hand des Tods ergriff ihn.
Trommeln in der Ferne.
                                Hört! die Trommel
Weckt feierlich die Schläfer. Kommt und tragt ihn
Zur Wach; er ist von Ansehn. Unsre Stunde
Ist abgelaufen.

DRITTER SOLDAT
                 Nun so kommt; vielleicht
Erholt er sich.
Gehn ab und tragen den Körper fort.




ZEHNTE SZENE

Zwischen den zwei Lagern


Es treten auf Antonius und Scarus mit Truppen, marschierend.

ANTONIUS
Heut rüsten sie sich auf den Kampf zur See,
Zu Land gefalln wir ihnen nicht.

SCARUS
                                  Herr, nirgend!

ANTONIUS
Und kämpften sie in Feuer oder Luft,
Wir föchten auch dort! Doch so sei's: Das Fußvolk
Dort auf den Hügeln, so die Stadt begrenzen,
Bleibt hier bei mir; zur See befahl ich ihnen,
Den Hafen zu verlassen. Nun hinan,
Wo ihre Stellung wird erspäht am besten
Und jegliche Bewegung.
Gehn weiter.




ELFTE SZENE

Ein anderer Teil dieses Geländes


Cäsar kommt mit seinen Truppen, marschierend.

CÄSAR
Greift er nicht an - und kaum vermut ich es -,
So bleibt zu Lande ruhig; seine Hauptmacht
Entsandt er auf die Schiffe. Nun zur Niederung,
Und haltet euch aufs beste!
Gehn ab.




ZWÖLFTE SZENE

Ein anderer Teil dieses Geländes


Antonius und Scarus kommen [zurück].

ANTONIUS
Noch nicht zum Kampf geschart! Dort bei der Fichte
Kann ichs ganz übersehn; gleich meld ich dir,
Wie es sich anläßt.
Ab.

SCARUS
                     Schwalben nisteten
In den ägyptischen Segeln. Unsre Augurn
Verstummen, wolln nichts wissen, sind verstört
Und scheun zu reden, was sie sahn. Antonius
Ist mutig und verzagt, und fieberhaft
Gibt sein zerstörtes Glück ihm Furcht und Hoffnung
Des, was er hat und nicht hat.
Schlachtgetöse in der Ferne wie von einem Seetreffen. Antonius kommt zurück.

ANTONIUS
                                Alles hin!
Die schändliche Ägypterin verriet mich;
Dem Feind ergab sich meine Flotte. Dort
Schwenken sie ihre Mütze, zechen sie
Wie Freunde, lang getrennt. Dreifache Hure!
Du hast dem Knaben mich verkauft! Mein Herz
Führt Krieg mit dir allein. - Heiß alle fliehn!
Denn wenn ich mich gerächt an meinem Zauber,
Bin ich zu Ende. Geh! Heiß alle fliehn!
Scarus ab.
O Sonne! Nimmer seh ich deinen Aufgang!
Ich und Fortuna scheiden hier; hier schütteln
Die Hand wir uns! Kam es dahin? Die Herzen,
Die hündisch mir gefolgt, die jeden Wunsch
Von mir erlangten, schmelzen hin und tauen
Auf den erblühnden Cäsar ihre Huld,
Und abgeschält nun steht die Fichte da,
Die alle überragt! Ich bin verraten!
O falsch ägyptisch Herz! O tiefer Zauber!
Du zogst mein Heer zum Krieg, du riefst es heim!
Dein Busen war mein Diadem, mein Ziel,
Und du, ein echt Zigeunerweib, betrogst mich
Beim falschen Spiel um meinen ganzen Einsatz! -
He, Eros! Eros!
Kleopatra kommt.
                 Ah, du Blendwerk! Fort!

KLEOPATRA
Was tobt mein Freund so gegen die Geliebte?

ANTONIUS
Entflieh, sonst zahl ich dir verdienten Lohn
Und schände Cäsars Siegszug. Nehm er dich!
Hoch aufgestellt den jauchzenden Plebejern,
Folg seinem Wagen als der größte Schandfleck
Des Fraungeschlechts! - Laß dich als Monstrum zeigen
Den schäbigsten Geselln und Tölpeln; laß
Octavia die sanfte dein Gesicht
Mit zugespitzten Nägeln pflügen.
Kleopatra ab.
                                  - Gut,
Daß fort du bist, wenns gut ist, daß du lebst;
Doch besser wars, du fielest meiner Wut;
Der einen Tod hätt vielen vorgebeugt. -
He, Eros!
Des Nessus Hemd umschließt mich! Lehre mich,
Alkide, großer Ahnherr, deine Wut;
Laß mich ans Horn des Monds den Lichas schleudern
Und diese Hand, die Riesenkeulen schwang,
Mein edles Selbst zerstören. Tod der Hexe!
Dem jungen Mann in Rom mich zu verkaufen!
Ich falle durch den Trug; sie sterbe drum! -
He, Eros!
Ab.




[ELFTE] DREIZEHNTE SZENE

Alexandria. Zimmer im Palast


Kleopatra, Charmion, Iras und Mardian treten auf.

KLEOPATRA
Helft mir, ihr Fraun! Oh, er ist toller als
Um seinen Schild der Telamonier, schäumt
Mehr als Thessaliens Eber.

CHARMION
                            Auf, zum Grabmal!
Da schließt Euch ein, laßt melden Euern Tod!
Mehr schmerzt das Scheiden nicht von Seel und Leib
Als Größe, die uns abfällt.

KLEOPATRA
                                  Hin zum Grabmal! -
Mardian, geh, sag, ich tötete mich selbst;
Sag ihm, mein letztes Wort war Marc Anton,
Und recht wehmütig sprichs, ich bitt dich. Geh,
Mardian, und melde mir, wie er es nimmt! -
Zum Grabmal!
Alle ab.




[ZWÖLFTE] VIERZEHNTE SZENE

[Daselbst.] Alexandria. Ein anderes Zimmer


Antonius und Eros treten auf.

ANTONIUS
Eros, siehst du mich noch?

EROS
                            Ja, edler Herr.

ANTONIUS
Oft sehn wir eine Wolke drachenhaft,
Oft Dunst wie einen Löwen, einen Bären,
Wie hochgetürmte Burg, wie Felsenhang,
Gezackte Klippe, blaues Vorgebirg,
Mit Bäumen drauf, die nicken auf die Welt,
Mit Luft die Augen täuschend. Solche Zeichen
Sahst du, des dunkeln Abends Prachtgebilde.

EROS
Ja, edler Herr.

ANTONIUS
Was jetzt ein Pferd noch war, im nächsten Nu
Verschwemmts der Wolkenzug, unkenntlich wirds,
Wie Wasser ist im Wasser.

EROS
                           Ja, so ists.

ANTONIUS
Mein guter Bursch, solch einem Bilde gleicht
Dein Feldherr jetzt. Noch bin ich Marc Anton,
Doch halt ich nicht die sichtbare Gestalt.
Der Krieg war für Ägypten, und die Königin -
Ihr Herz, wähnt ich, war mein, denn meins war ihr,
Und als es mein, da zogs Millionen andre
Mir nach, die jetzt dahin - sie, Eros, hats
Mit Cäsar abgekartet, meinen Ruhm
Falsch zugespielt dem Feinde als Triumph.
Nein, lieber Eros, weine nicht! Es blieb
Uns noch, uns selbst zu enden. -
Mardian kommt.
                                  O die Arge!
[Mardian kommt.]
Sie hat mein Schwert gestohlen!

MARDIAN
                                 Nein, Antonius,
Meine Herrin liebte dich und knüpft' ihr Schicksal
An deines fest.

ANTONIUS
                 Fort, schnöder Hämling, schweig;
Verraten hat sie mich, und sie soll sterben!

MARDIAN
Den Tod kann jeder Mensch nur einmal zahlen;
Sie hat die Schuld getilgt. Was du gewollt,
Ist schon vollbracht. Ihr letztes Wort im Leben
War: Marc Antonius, edler Marc Anton!
Dann brach ein stöhnend Ächzen mitten durch
Das Wort Antonius; es blieb geteilt
So zwischen Herz und Lippen; sie verschied
Und ward des Namens Grab.

ANTONIUS
                           Tot also?

MARDIAN
                                      Tot.

ANTONIUS
Schnell ab, Eros! Getan ist langes Tagwerk,
Wir müssen schlafen. Daß du friedlich ziehn magst,
Zahlt reichlich deinen Gang. Fort!
Mardian geht.
                                    Ab! Reiß ab!
Nicht Ajax' siebenfältiger Schild bewahrte
Vor diesem Sturm mein Herz. O brecht, ihr Seiten!
Herz, sei doch diesmal stärker als die Hülle,
Spreng dein zerbrechlich Haus! - Schnell, Eros, schnell! -
Kein Krieger mehr! Lebt wohl, zerschlagne Waffen,
Ihr seid in Ehrn getragen. - Geh ein Weilchen.
Eros [mit Rüstung und Waffen] ab.
                              [Nun bist du fern,]
Doch hol ich bald dich ein, Kleopatra,
Und weine um Verzeihung. Also sei's!
Aufschub ist Folter; weil dein Licht erlosch,
Ruh aus, schweife nicht länger! Jetzt verdirbt
Bemühn das Werk: Kraft selber wird verstrickt
Durch Kraft. - Drum zugesiegelt, dann ists gut!
Eros! - Ich komme, Königin! - Eros! Weil' noch;
Wo Seelen ruhn auf Blumen, wandeln wir,
Daß Geister staunen unserm freudigen Gang,
Dido und ihr Äneas stehn verlassen,
Und alles schwärmt uns nach. - Komm, Eros! Eros!
Eros kommt zurück.

EROS
Was wünscht mein Herr?

ANTONIUS
                        Seit sie vorangegangen,
Lebt ich in solcher Schmach, daß meine Feigheit
Den Göttern ward zum Abscheu. Ich, des Schwert
Die Welt geteilt, der auf des Meeres Wogen
Schiffe zu Städten schuf, bin nun verdammt,
Dem Weib an Mut zu weichen, minder kühn
Als sie, die sterbend unserm Cäsar sagt:
Ich überwand mich selbst. - Du schwurst mir, Eros,
Käm es zum Äußersten - und wahrlich, jetzt
Kam es so weit - und säh ich hinter mir
Die unvermeidliche Verfolgung von
Schande und Grauen, dann, auf mein Geheiß,
Wolltst du mich töten. Tu's! Die Zeit ist da!
Nicht triffst du mich, den Cäsar schlägst du nieder!
Ruf Farb auf deine Wangen!

EROS
                            Götter, wahrt mich!
Sollt ich das tun, was alle Partherspeere,
So feindlich, nicht vermocht, verfehlten?

ANTONIUS
                                           Eros,
Möchtst du am Fenster stehn im großen Rom
Und deinen Feldherrn sehn, verschränkt den Arm,
Geneigt den unterjochten Hals, sein Antlitz
Durchglüht von Scham, indes der Siegerwagen
Des glücklichen Cäsar brandmarkt den Geschmähten,
Der folgen muß?

EROS
                 O nimmer möcht ichs sehn.

ANTONIUS
So komm, mit einer Wunde heilst du mich.
Zieh dies dein wackres Schwert, das du geführt
So nützlich für dein Land.

EROS
                            O Herr, verzeiht mir!

ANTONIUS
Als ich dich freiließ, schwurst du's damals nicht,
Zu tun, wenn ichs verlangte? Tu's mit eins,
Sonst wird dein früherer treuer Dienst durchaus
Zu grundsatzlosem Zufall. Zieh, und schnell!

EROS
So wende denn von mir das edle Antlitz,
Aus dem die Majestät des Weltalls blickt!

ANTONIUS
Wohlan!
Wendet sich ab.

EROS
Ich zog das Schwert.

ANTONIUS
                      Vollende dann mit eins,
Weshalb du's zücktest.

EROS
                        Mein geliebter Herr,
Mein Held, mein Imperator! Nun sag ich
Vor diesem blutigen Streich dir Lebewohl!

ANTONIUS
Du sprachst es, Mann: leb wohl!

EROS
Leb wohl, mein Feldherr! Stoß ich jetzt?

ANTONIUS
                                          Ja, Eros!

EROS
Nun, so dann:
fällt in sein Schwert.
               so entgeh ich denn der Trauer
Um des Antonius Tod.
[Fällt in sein Schwert.] Stirbt.

ANTONIUS
O dreimal edler du als ich!
Du lehrtest mich, mein tapfrer Eros, was
Ich sollt, du konntest nicht. Die Königin
Und du, mit tapferm Beispiel mahntet ihr
Mich an den alten Mut. Nun will ich sein
Ein Bräutigam dem Tod und zu ihm eilen,
Wie zu der Liebsten Bett. Wohlan! Und Eros,
Dein Meister stirbt dein Schüler: das zu tun
fällt in sein Schwert
Lernt ich von dir. - Was? Nicht tot? Nicht tot? Wache!
O endet nun mit mir!
Dercetas kommt mit Wache.

ERSTE WACHE
                      Was für ein Lärm?

ANTONIUS
Ich machte schlecht mein Werk; vollendet. Freunde,
Was ich begonnen!

ZWEITE WACHE
                   Unser Stern ging unter!

ERSTE WACHE
Und unsre Zeit ist aus!

ALLE
                         Weh allen! Weh!

ANTONIUS
O wer mich liebhat, töte mich!

ERSTE WACHE
                                Nicht ich!

ZWEITE WACHE
Ich auch nicht!

DRITTE WACHE
                 Keiner hier!
Wachen gehen ab.

DERCETAS
Dein Tod und Schicksal scheucht die Freunde weg. -
Cäsarn dies Schwert mit dieser Post nur zeigen,
Das wird mich bei ihm einführn.
Diomedes tritt auf.

DIOMEDES
Wo ist Anton?

DERCETAS
               Hier, Diomed.

DIOMEDES
                              Lebt er?
Willst du nicht Antwort geben?
Dercetas geht.

ANTONIUS
Diomed, bist du's? O zieh dein Schwert und gib mir
Den Todesstreich!

DIOMEDES
                   Erhabenster Gebieter,
Kleopatra, meine Fürstin, sandte mich.

ANTONIUS
Wann schickte sie?

DIOMEDES
                    Jetz eben, Herr.

ANTONIUS
                                      Wo ist sie?

DIOMEDES
In ihrem Grabmal. Ein prophetisch Ahnen
Weissagt' ihr, was geschehn. Denn als sie sah
- Was nimmer sich bewähren wird - Euch mißtraun,
Sie halt es mit dem Cäsar und Eur Grimm
Sei nicht zu sänftigen, gab sie sich für tot aus.
Dann, fürchtend, wie Ihrs tragen möchtet, hieß sie
Mich, Euch die Wahrheit künden. Doch ich komme
Zu spät, besorg ich.

ANTONIUS
Zu spät, mein Diomed. Ruf mir die Wache!

DIOMEDES
He, he! Des Feldherrn Wache! Wache, he!
Kommt, eur Gebieter ruft!
Einige von der Wache kommen zurück.

ANTONIUS
Tragt mich zur Königin, meine guten Freunde;
Dies ist der letzte Dienst, den ich verlange.

ERSTE WACHE
Weh über uns! Daß Ihr nicht überlebt
All Eure treuen Diener!

ALLE
                         Tag des Jammers!

ANTONIUS
Nein, Kinder, schmeichelt nicht dem argen Schicksal,
Gönnt ihm nicht euren Kummer; heißt willkommen,
Was uns als Strafe naht, so strafet ihrs,
Indem ihrs leicht ertragt. Nun hebt mich auf!
Ich führt euch oft, nun tragt mich, liebe Freunde,
Und nehmt für alles Dank!
Sie tragen den Antonius weg.




[DREIZEHNTE] FÜNFZEHNTE SZENE

Daselbst. Das Grabmal


Kleopatra, Charmion und Iras erscheinen oben auf dem Grabmal.

KLEOPATRA
O Charmion, ich will nie von hier mehr gehn.

CHARMION
O tröstet Euch, Verehrte!

KLEOPATRA
                           Nein, ich will nicht;
Entsetzen sei und Schrecknis mir willkommen,
Doch Trost verschmähn wir. Unsres Schmerzes Größe,
Der Ursach gleich gemessen, sei so furchtbar,
Als was ihn uns erregt.
Diomedes tritt unten auf.
                         Sprich, ist er tot?

DIOMEDES
Sein Tod schwebt über ihm, doch lebt er noch.
Schaut nur nach jener Seite Eures Grabmals,
Dort bringt ihn schon die Wache.
Antonius wird unten von der Wache hereingetragen.

KLEOPATRA
                                  O du Sonne,
Verbrenne deine Sphäre! Nacht steh fest
Auf wechselndem Weltufer! O Antonius,
Antonius! Charmion, hilf, hilf, Iras,
Helft, Freunde, unten! Zieht herauf ihn!

ANTONIUS
                                          Still!
Nicht Cäsars Kraft besiegte Marc Anton,
Nein, Marc Anton erlag sich selber nur!

KLEOPATRA
So mußt es sein; Antonius konnt allein
Antonius schlagen; aber weh dem Tag!

ANTONIUS
Ich sterb, Ägypten, sterbe; nur ein Weilchen
Laß ich den Tod noch warten, bis ich dir
Der vielen tausend Küsse armen letzten
Auf deine Lippen drückte.

KLEOPATRA
                           Ich wag es nicht,
O teurer Herr, vergib! - Ich wag es nicht,
Sie fangen mich. Nein, nicht das Siegsgepränge
Des hochbeglückten, übermütigen Cäsar
Zier ich jemals! Bleibt Messern, Giften, Schlangen
Nur Schärfe, Kraft und Stachel, bin ich sicher.
Dein Weib Octavia mit dem kalten Blick
Und stillem Gleichmut soll nicht Ehr gewinnen,
Indem sie streng mich ansieht. Komm, Antonius,
Helft, meine Fraun, wir ziehn dich hier herauf;
Faßt alle an!

ANTONIUS
               O schnell, sonst bin ich hin.

KLEOPATRA
O seltsam Spiel! Wie schwer du wiegst. Geliebter!
All unsre Stärke ging in Schwermut unter,
Das mehrt die Last. Hätt ich der Juno Macht,
Merkur, der Kraftbeschwingte, höbe dich
Und setzte dich an Jovis Seite. Komm nur!
Wünschen war immer Torheit: komm, komm, komm!
Sie ziehen Antonius hinauf.
Willkommen, willkommen! Stirb nun, wo du lebtest,
Leb auf im Kuß! Vermöchten das die Lippen,
Ich wollt sie so verbrauchen!

ALLE
                               Traurig Bild!

ANTONIUS
Ich sterb, Ägypten, sterbe!
Reicht mir ein wenig Wein, daß ich noch rede!

KLEOPATRA
Nein, laß mich reden, laß so laut mich schelten,
Bis sie, gekränkt, das falsche Weib Fortuna,
Ihr spinnend Rad zerbricht.

ANTONIUS
                             Ein Wort, Geliebte:
Bei Cäsar such dir Schutz und Ehre - Oh!

KLEOPATRA
Die gehn nicht miteinander.

ANTONIUS
                             Hör mich, Liebe:
Von Cäsars Volk trau nur dem Proculejus!

KLEOPATRA
Ich trau auf meinen Mut und meine Hand,
Keinem von Cäsars Volk.

ANTONIUS
Den jammervollen Wechsel und mein Sterben
Bewein, beklag es nicht; stärk dein Gedächtnis
An der Erinnerung meines frühern Glücks,
Das mich erhob zum ersten Weltgebieter,
Zum edelsten. Und jetzt, nicht feige sterb ich,
Noch setz ich ehrlos ab den Helm vorm Landsmann,
Ein Römer, männlich nur besiegt vom Römer.
Und nun entflieht mein Geist; ich kann nicht mehr.
[Er stirbt.]

KLEOPATRA
O edelster der Männer, willst du scheiden?
So sorgst du nicht um mich? Aushalten soll ich
In dieser schalen Welt, die ohne dich
Nicht mehr ist als ein Viehstall? Seht, ihr Fraun,
Antonius stirbt.
Der Erde Krone schmilzt! Mein edler Herr!
O hingewelkt ist aller Siegeslorbeer,
Gestürzt des Kriegers Banner, Dirn und Knabe
Stehn jetzt den Männern gleich; kein Abstand mehr,
Nichts Achtungswertes bietet mehr sich dar
Unter dem spähnden Mond.
Sie fällt in Ohnmacht.

CHARMION
                          O Fassung, Fürstin!

IRAS
Sie stirbt auch, unsre Königin!

CHARMION
                                 Herrin!

IRAS
                                          Fürstin!

CHARMION
O Fürstin, Fürstin, Fürstin!

IRAS
Ägyptens Krone, unsre Herrscherin!

CHARMION
                                    Still, Iras, still!

KLEOPATRA
Nicht mehr als jeglich Weib, und untertan
So armem Schmerz als jede Magd, die melkt
Und niedern Hausdienst tut. Nun könnt ich gleich
Mein Zepter auf die neidischen Götter schleudern
Und rufen, diese Welt glich ihrer ganz,
Bis sie gestohlen unsern Diamant! -
Nichtsnutzig alles jetzt!
Geduld ist läppisch, Ungeduld ziemt nur
Den tollgewordnen Hunden! Ists denn Sünde,
Zu stürmen ins geheime Haus des Todes,
Eh Tod zu uns sich wagt? Was macht ihr, Mädchen?
Wie, wie? Getrost! Wie geht dirs, Charmion?
Ihr edlen Mädchen! Ach! Seht, Frauen, seht,
Aus unser Licht, verzehrt! Faßt Mut, ihr Freunde;
Begraben wolln wir ihn; was groß, was edel,
Vollziehn wir dann nach hoher Römer Art.
Stolz sei der Tod, uns zu empfangen! Kommt,
Die Hülle dieses Riesengeists ist kalt!
Ach, Frauen, Frauen, kommt! In dieser Not
Blieb uns kein Freund, als Mut und schneller Tod.
Alle ab. Antonius' Leiche wird von denen, die sich oben befinden, weggetragen.







FÜNFTER AKT

ERSTE SZENE

Cäsars Lager vor Alexandria


Es treten auf Cäsar, Agrippa, Dolabella, Mäcenas, Gallus, Proculejus und andre.

CÄSAR
Geh, Dolabella, heiß ihn sich ergeben;
Weils so vergeblich, sag, es sei nur Spott,
Noch länger zu verziehn.

DOLABELLA
                          Ich gehe, Cäsar.
Dolabella ab. Dercetas kommt mit dem Schwert des Antonius.

CÄSAR
Was soll uns das? Und wer bist du, der wagt,
Uns so zu nahn?

DERCETAS
                 Dercetas heiß ich, Herr;
Ich diente Marc Anton, dem Besten, wert
Des Besten Diensts. Solang er stand und sprach,
War er mein Herr; mein Leben trug ich nur,
An seine Hasser es zu wagen. Willst du
Mich zu dir nehmen? Was ich ihm gewesen,
Will ich dem Cäsar sein. Gefällt dirs nicht,
So nimm mein Leben hin.

CÄSAR
                         Was sagst du mir?

DERCETAS
Ich sag, o Cäsar, Marc Anton ist tot.

CÄSAR
Daß nicht den Einsturz solcher Macht verkündet
Ein stärkres Krachen! Soll der Welt Erschüttrung
Nicht Löwen in der Städte Gassen treiben
Und Städter in die Höhln? Antonius' Tod
Ist nicht ein einzeln Sterben; denn so hieß
Die halbe Welt.

DERCETAS
                 Er ist gestorben, Cäsar.
Kein Henker des Gerichts auf offnem Markt,
Kein mordgedungner Stahl, nein, jene Hand,
Die seinen Ruhm in Taten niederschrieb,
Hat mit dem Mut, den ihr das Herz geliehn,
Sein Herz durchbohrt. Dies ist sein Schwert,
Ich raubt es seiner Wund; es ist gefärbt
Mit seinem edlen Blut.

CÄSAR
                        Trauert ihr. Freunde?
So strafe Zeus mich! Dies ist eine Botschaft,
Ein Königsaug zu feuchten.

AGRIPPA
                            Seltsam ists,
Daß uns Natur das zu beweinen zwingt,
Was wir erstrebt mit Eifer!

MÄCENAS
                             Ruhm und Unwert
Wog gleich in ihm.

AGRIPPA
                    Nie lenkt' ein höherer Geist
Ein menschlich Wesen; doch ihr Götter leiht
Uns Fehler, daß wir Menschen sein. Weint Cäsar?

MÄCENAS
Wird ihm solch mächtiger Spiegel vorgehalten,
Muß er sich selber schaun.

CÄSAR
                            O Marc Anton!
Bis dahin bracht ich dich! Doch treiben wir
Uns Krankheit aus dem Leib; gezwungen mußt ich
Dir solchen trüben Tag des Falls bereiten,
Wenn du nicht mir. Raum war nicht für uns beide
In ganzer weiter Welt. Und doch beklag ichs
Mit Tränen, kostbar wie des Herzens Blut,
Daß du, mein Bruder, du, mein Mitbewerber
Zum Gipfel jedes Ruhms, Genoß der Herrschaft,
Mein Freund, Gefährt im wilden Sturm der Schlacht,
Arm meines Leibes, Herz, an dem das meine
Seine Gedanken zündete - ach daß
Ganz unversöhnlich unsre Sterne lösten
Die Gleichheit auf so weit! Hört, werte Freunde -
Doch sag ichs lieber euch zu beßrer Zeit!
Ein Bote kommt.
Des Mannes Botschaft kündet schon sein Blick,
Laßt hören, was er sagt. Woher bist du?

BOTE
Ein arm Ägypter bloß. Die Königin,
In ihrem Grabmal, ihrer Habe Rest,
Verschlossen, wünscht zu wissen deine Absicht;
Daß sie sich fassen mög und vorbereiten
Auf ihre Zukunft.

CÄSAR
                   Sprich ihr Mut und Trost zu!
Bald meldet einer von den Unsern ihr,
Welch ehrenvoll und mildes Los wir schon
Für sie bestimmt; denn Cäsar kann nicht leben
Und hart gesinnt sein.

BOTE
                        Schütze dich der Himmel!
Ab.

CÄSAR
Komm hieher, Proculejus; geh, verkünd ihr,
Ich sei nicht willens, sie zu kränken. Gib ihr
Den Trost, der ihres Leides Art entspricht,
Daß sie großherzig nicht durch eignen Tod
Uns überwinde. Daß sie lebt' in Rom,
Würd unsern Siegstriumph verewigen.
Geh, und aufs schnellste bring mir, was sie sagt,
Und wie sie dir erschien.

PROCULEJUS
                           Ich eile, Cäsar.
Ab.

CÄSAR
Gallus, begleit ihn.
Gallus geht ab.
                      Wo ist Dolabella,
Zu gehn mit Proculejus?

ALLE [AGRIPPA und MÄCENAS]
                         Dolabella!
[Gallus geht ab.]

CÄSAR
Laßt, eben jetzt besinn ich mich darauf,
Wozu ich ihn gebraucht. Er muß bald hier sein.
Kommt mit mir in mein Zelt, da sollt ihr hören,
Wie schwer ich mich für diesen Krieg entschied,
Wie mild und ruhig ich mich stets geäußert
In allen Briefen. Geht mit mir und seht,
Was ich euch zeigen kann.
Alle ab.




ZWEITE SZENE

Alexandria. Ein Zimmer im Grabmal


Kleopatra, Charmion und Iras treten auf.

KLEOPATRA
Schon gibt Verzweiflung mir ein beßres Leben;
Armselig ist es, Cäsar sein; da er
Fortuna nicht, ist er nun Knecht Fortunens,
Handlanger ihres Willens. - Größe ists,
Das tun, was alle andern Taten endigt,
Zufall in Ketten schlägt, verrammt den Wechsel,
Fest schläft und niemals mehr den Kot schmeckt, der
Den Bettler nährt und Cäsar.
Proculejus, Gallus und Soldaten erscheinen unten an der Tür des Begräbnisses.

PROCULEJUS
Cäsar begrüßt Ägyptens Königin
Und heißt dich sinnen, welchen billigen Wunsch
Er dir gewähren soll.

KLEOPATRA
[von innen.]
                       Wie ist dein Name?

PROCULEJUS
Mein Nam ist Proculejus.

KLEOPATRA
                          Marc Anton
Sprach mir von Euch, hieß mich auf Euch vertraun;
Doch wenig soll michs kümmern, ob Ihr täuscht,
Da Gradheit mir nicht nutzt. Will Euer Herr,
Daß eine Königin ihn bettelnd angeht,
Sagt: Majestät dürf, das Dekorum wahrend,
Nicht weniger betteln als ein Reich. Gefällts ihm,
Für meinen Sohn Ägypten mir zu schenken,
So gibt er mir so viel des Meinen, daß ich
Auf Knien ihm danken will.

PROCULEJUS
                            Habt guten Mut!
Ihr fielt in Fürstenhand, seid unbesorgt,
Vertraut Euch ohne Rücksicht meinem Herrn,
Der so voll Gnad ist, daß sie überströmt
Auf alle Hülfsbedürftgen. Ich bericht ihm
Eur sanftes Unterwerfen, und als Sieger
Erscheint er Euch, der das von Euch erbittet,
Um was Ihr knieend fleht.

KLEOPATRA
                           O meldet ihm,
Ich, seines Glücks Vasallin, bring ihm dar
Die Hoheit, die er sich gewann: gehorchen
Lern ich jetzt stündlich, und mit Freuden säh ich
Sein Angesicht.

PROCULEJUS
                 Dies sag ich, werte Fürstin;
Seid ruhig, denn ich weiß, Eur Unglück weckt
Des Mitleid, ders veranlaßt hat.

GALLUS
Ihr seht, wie leicht wir jetzt sie überfallen!
Proculejus und [einige] zwei von der Wache ersteigen das Grabmal auf einer Leiter, die an ein Fenster gestellt wurde, und, nachdem sie hinaufgestiegen sind, [umringen] stellen sie sich hinter Kleopatra. Zugleich wird das Tor von einigen der Wache entriegelt und aufgesprengt.
Zu Proculejus und der Wache.

Bewacht sie gut, bis Cäsar kommt!
Ab.

IRAS
                                   O Fürstin!

CHARMION
Kleopatra! Du bist gefangen, Fürstin!

KLEOPATRA
Schnell, liebe Hand!
Zieht einen Dolch hervor.

PROCULEJUS
                      Halt, edle Frau; laßt ab!
Ergreift und entwaffnet sie.
Tut Euch nicht selbst so nah; dies soll Euch retten,
Nicht Euch verraten!

KLEOPATRA
                      Auch den Tod mißgönnt Ihr,
Der selbst den Hund von seiner Angst erlöst?

PROCULEJUS
Entzieht Euch nicht des Feldherrn Gnade, Fürstin,
Durch Euern Untergang! Die Welt erfahre
Das Wirken seiner Großmut, das Eur Tod
Nicht läßt zum Ziel gelangen.

KLEOPATRA
                               Tod, wo bist du?
Komm her! Komm, komm! Nimm eine Königin,
Mehr wert als viele Säuglinge und Bettler!

PROCULEJUS
O mäßigt Euch!

KLEOPATRA
Herr, keine Speise nehm ich, Herr, nicht trink ich,
Und wenn auch müßig schwätzen nötig ist,
Schlaf ich auch nicht: dies irdische Haus zerstör ich;
Tu Cäsar, was er kann. Wißt, Herr, nicht frön ich
In Ketten je an Eures Feldherrn Hof,
Noch soll mich je das kalte Auge quälen
Der nüchternen Octavia. Hochgehoben
Sollt ich des schmähnden Roms jubelndem Pöbel
Zur Schau stehn? Lieber sei ein Sumpf Ägyptens
Mein freundlich Grab! Lieber in Nilus' Schlamm
Legt mich ganz nackt, laßt mich die Wasserfliege
Zum Scheusal stechen; lieber macht Ägyptens
Erhabne Pyramiden mir zum Galgen
Und hängt mich auf in Ketten!

PROCULEJUS
                               Ihr dehnt weiter
Die Bilder solchen Schauders, als Euch Cäsar
Veranlassung wird geben.
Dolabella tritt auf.

DOLABELLA
                          Proculejus,
Was du getan, weiß Cäsar, dein Gebieter.
Er hat gesandt nach dir; die Königin
Nehm ich in meine Hut.

PROCULEJUS
                        So, Dolabella,
Ist mirs am liebsten. Sei nicht streng mit ihr!
Zu Kleopatra.
Cäsarn bestell ich, was du irgend wünschest,
Wenn du mirs aufträgst.

KLEOPATRA
                              Sprich, ich wolle sterben.
Proculejus mit den Soldaten ab.

DOLABELLA
Erhabne Fürstin, hörtet Ihr von mir?

KLEOPATRA
Ich weiß nicht.

DOLABELLA
                 Ganz gewiß. Ihr kennt mich schon.

KLEOPATRA
Gleichviel ja, wen ich kenne, was ich hörte. -
Ihr lacht, wenn Fraun und Kinder Träum erzählen;
Ists Eure Art nicht?

DOLABELLA
                      Ich versteh nicht, Herrin.

KLEOPATRA
Mir träumt', es lebt' ein Feldherr Marc Anton -
Ach, noch ein solcher Schlaf, damit ich nur
Noch einmal sähe solchen Mann!

DOLABELLA
                                Gefällts Euch -

KLEOPATRA
Sein Antlitz war der Himmel, darin standen
Sonne und Mond, kreisten und gaben Licht
Dem kleinen O, der Erde.

DOLABELLA
                          Hohes Wesen -

KLEOPATRA
Das Weltmeer überschritt sein Bein; es ragte,
Der Welt Helmschmuck, sein Arm; die Stimme war
Wie aller Sphären Harmonie - für Freunde.
Doch wollt den Weltkreis stürmisch er erschüttern,
War er prasselnder Donner. Seine Güte
Kannt keinen Winter; immer blieb sie Herbst,
Die mehr noch wuchs im Ernten. Seine Freuden
Glichen Delphinen, zeigten seinen Nacken
Über der Flut; und seine Farben trugen
Kronen wie Fürstenhüt; gleich Münzen fielen
Ihm aus der Tasche Königreich' und Inseln -

DOLABELLA
                                             Kleopatra -

KLEOPATRA
Gab es wohl jemals, gibts je solchen Mann,
Wie ich ihn sah im Traum?

DOLABELLA
                           Nein, edle Fürstin!

KLEOPATRA
Du lügst, hinauf bis zu dem Ohr der Götter!
Doch gab es je, gibts jemals solchen, ist es
Jenseits von Traum. Stoff mangelt der Natur,
Geträumte Wunderform zu überbieten;
Doch daß sie einen Marc Anton ersann,
Dies Kunststück schlug die Traumwelt völlig nieder,
All ihre Schatten tilgend.

DOLABELLA
                            Fürstin, hört:
Groß wie Ihr selbst ist Eur Verlust, und Ihr
Tragt ihn der Last entsprechend. Mög ich nie
Ersehntes Ziel erreichen, fühl ich nicht
Durch Rückschlag Eures Grams den tiefsten Schmerz,
Bis in des Herzens Grund.

KLEOPATRA
                           Ich dank Euch, Freund.
Wißt Ihr, was Cäsar über mich beschloß?

DOLABELLA
Ich wollt. Ihr wüßtet, was ich ungern sage.

KLEOPATRA
Ich bitt Euch, Herr -

DOLABELLA
                       Wie groß sein Edelmut -

KLEOPATRA
Er will mich im Triumph aufführen?

DOLABELLA
                                    Fürstin,
So ists, ich weiß es.
Trompetenstoß hinter der Szene

Hinter der Szene:
                       Platz! Macht Platz dem Cäsar!
Cäsar, Gallus, Proculejus, Mäcenas, Seleucus und Gefolge treten auf.

CÄSAR
Welch' ist die Königin von Ägypten?

DOLABELLA
                                     's ist
Der Imperator, edle Frau.
Kleopatra kniet.

CÄSAR
                           Steht auf,
Ihr sollt nicht knien, ich bitt Euch drum; steht auf,
Steht auf, Ägypten!

KLEOPATRA
                     Also wollten es
Die Götter; meinem Sieger und Gebieter
Muß ich gehorchen.

CÄSAR
                    Laßt nun trübes Sinnen!
Erinnrung aller Unbill, uns erwiesen,
Sei nur, obschon in unser Fleisch geschrieben,
Wie Ding von Ungefähr.

KLEOPATRA
                        Einziger Weltherr,
Ich kann nicht meinem Tun das Wort so führen,
Daß es ganz klar erscheine; ich bekenn es,
Mich drücken solche Schwächen, wie schon sonst
Oft mein Geschlecht beschämt.

CÄSAR
                               Kleopatra,
Wir wollen mildern lieber als verschärfen;
Wenn Ihr Euch unsrer Absicht fügsam zeigt,
Die gegen Euch sehr sanft ist, findet Ihr
Gewinn in diesem Tausch. Doch wenn Ihr sucht
Auf mich den Schein der Grausamkeit zu werfen,
Antonius' Bahn betretend, raubt Ihr Euch,
Was ich Euch zugedacht, stürzt Eure Kinder
In den Ruin, vor dem ich gern sie schützte,
Wenn Ihr Euch drauf verlaßt. - So geh ich nun.

KLEOPATRA
Das könnt Ihr, durch die Welt hin! Sie ist Euer,
Und uns. Schildzeichen und Trophäen gleich,
Hängt auf, wo's Euch gefällt. Hier, edler Herr! -

CÄSAR
Ihr selbst sollt für Kleopatra mir raten.

KLEOPATRA
Hier steht an Geld, Gerät und Schmuck verzeichnet,
Was mein Besitz; es ist genau verfaßt,
Nur Kleinigkeiten fehln. Wo ist Seleucus?

SELEUCUS
                                           Hier, Fürstin.

KLEOPATRA
Dies ist mein Schatzverwalter; fragt ihn, Herr,
Daß ich Euch nichts entzog, laßt ihn versichern
Bei seiner Pflicht. - Seleucus, sprich die Wahrheit!

SELEUCUS
Eh schließt den Mund mir, als daß ich auf Pflicht
Versichre, was nicht wahr.

KLEOPATRA
                            Was denn verhehlt ich?

SELEUCUS
Genug, damit zu kaufen, was Ihr hergabt.

CÄSAR
Errötet nicht, Kleopatra! Ich lob Euch
Für Eure Klugheit.

KLEOPATRA
                    Seht, o Cäsar, lernt
Des Siegers Macht! Die Meinen werden Euer
Und, tauschen wir das Glück, die Euern mein.
Dieses Seleucus schnöder Undank macht
Ganz wütend mich. O Sklav! Nicht treuer du
Als feile Liebe! Schleichst du fort? Du sollst
Fortschleichen, glaub mirs! Doch dein Aug erhasch ich,
Und hätt es Flügel. Hund! Sklav! Fühllos Tier!
O Schandfleck, einzig!

CÄSAR
                        Fürstin, mäßigt Euch!

KLEOPATRA
O Cäsar, wie verwundet diese Schmach!
Daß, wenn du würdigst selbst mich hier zu sehn,
Die. Ehre gönnend deiner Fürstlichkeit
Der Tiefgebeugten - daß mein eigner Knecht
Vermehrt die große Summe meines Unglücks
Durch Zutat seiner Bosheit. - Gesetzt auch, Cäsar,
Daß ich behielt ein wenig Frauentand,
Unwichtig Spielwerk, Dinge solches Werts,
Wie man sie leichten Freunden schenkt, gesetzt,
Ein edles Kleinod hätt ich aufgespart
Für Livia und Octavia, ihr Vermitteln
Mir zu gewinnen, mußte mich verraten
Ein Mensch, den ich genährt? O Gott, das stürzt mich
Noch tiefer als mein Fall. -
Zu Seleucus.
                              Du weilst noch? Fort!
Sonst sollen Funken meines Geistes sprühn
Aus meines Unglücks Asche. Wärst du menschlich,
Du hättst Mitleid für mich.

CÄSAR
                             Geh fort, Seleucus!
Seleucus geht.

KLEOPATRA
Ihr wißt, uns Größte trifft so oft Verdacht
Um das, was andre taten; fallen wir,
So kommt auf unser Haupt die fremde Schuld
Statt Mitleid, das uns ziemte.

CÄSAR
                                Königin,
Nicht was Ihr angezeigt noch was verhehlt,
Wolln wir als Beute ansehn; Euch verbleib es.
Schaltet damit nach Willkür! Denkt auch nicht,
Cäsar sei Handelsmann, mit Euch zu dingen
Um Kaufmannswaren; deshalb seid getrost,
Macht Euren Wahn zum Kerker nicht. Nein, Teure,
Wir wollen so mit Euch verfügen, wie
Ihr selbst uns raten werdet. Eßt und schlaft!
So sehr gehört Euch unsre Sorg und Tröstung,
Daß Ihr als Freund uns finden sollt. Lebt wohl!

KLEOPATRA
Mein Herr und mein Gebieter!

CÄSAR
                              Nicht -. Lebt wohl!
Trompetenstoß. Cäsar und sein Gefolge ab.

KLEOPATRA
Ha, Worte, Mädchen, Worte macht er, daß ich
Nicht edel an mir handle! - Hör du, Charmion.
Spricht leise mit Charmion.

IRAS
Zu Ende denn! Der klare Tag ist hin,
Im Dunkel bleiben wir!

KLEOPATRA
                        Komm schnell zurück;
Ich hab es schon bestellt, es ist besorgt.
Geh, daß mans eilig bringe!

CHARMION
                             Ja, ich geh.
Dolabella kommt.

DOLABELLA
Wo ist die Fürstin?

CHARMION
                     Hier.
Geht ab.

KLEOPATRA
                            Nun, Dolabella -

DOLABELLA
Auf Eures königlichen Worts Geheiß,
Dem meine Lieb als heilig treu gehorcht,
Meld ich Euch dies: Durch Syrien denkt nun Cäsar
Den Marsch zu lenken; innerhalb drei Tagen
Schickt er mit Euern Kindern Euch voraus.
Nutzt diese Frist, so gut Ihr könnt. Ich tat
Nach Euerm Wunsch und meinem Wort.

KLEOPATRA
                                    Ich bleib Euch
Verpflichtet, Dolabella.

DOLABELLA
                          Ich Eur Knecht.
Lebt, Fürstin, wohl; ich muß dem Cäsar folgen.

KLEOPATRA
Lebt wohl; ich dank Euch.
Dolabella geht ab.
                           Nun, was denkst du, Iras?
Du, als ein fein ägyptisch Püppchen, stehst
In Rom zur Schau wie ich; Handwerkervolk,
Mit schmutzgem Schurzfell, Maß und Hammer, hebt
Uns auf, uns zu besehn; ihr trüber Hauch,
Widrig von ekler Speis', umwölkt uns dampfend
Und zwingt zu atmen ihren Dunst.

IRAS
                                  Helft, Götter!

KLEOPATRA
O ganz unfehlbar, Iras! Freche Liktorn
Packen uns an wie Huren; schreiend singt uns
Der Bänkelsänger; aus dem Stegreif spielen
Uns selbst und Alexandriens Gelage
Die lustigen Histrionen: Marc Anton
Tritt auf im Weinrausch; meine Majestät
Wird als Kleopatra ein quäkender Junge
In einer Metze Stellung höhnen!

IRAS
                                 Götter!

KLEOPATRA
Ja, ganz gewiß!

IRAS
Das. seh ich nimmer. Meine Nägel, weiß ich,
Sind stärker als mein Auge.

KLEOPATRA
                             Freilich, so nur
Höhnen wir ihren Anschlag und vernichten
Den aberwitzigen Plan.
Charmion kommt zurück.
                        Nun, Charmion? Nun?
Schmückt mich als Königin, ihr Fraun; geht, holt
Mein schönstes Kleid; ich will zum Kydnos wieder
Und Marc Anton begegnen. Hurtig, Iras!
Nun, edle Charmion, wirklich enden wir,
Und tatst du heut dein Amt, dann magst du spielen
Bis an den Jüngsten Tag. Bringt Kron und alles! -
Iras geht ab. Ein Geräusch hinter der Bühne.
Was für ein Lärm?
[Iras geht. Lärm hinter der Szene.]
Ein Soldat tritt auf.

SOLDAT
                   Es steht ein Bauer draußen,
Der will durchaus mit Eurer Hoheit reden;
Er bringt Euch Feigen.

KLEOPATRA
Laßt ihn herein.
Soldat ab.
                  Welch armes Werkzeug oft
Das Edelste vollführt! Er bringt mir Freiheit!
Nicht wankt mehr mein Entschluß; nichts fühl ich mehr
Vom Weib in mir: vom Kopf zu Fuß ganz bin ich
Nun marmorfest; der unbeständige Mond
Ist mein Planet nicht mehr.
Der Soldat kommt zurück mit einem Bauer, welcher einen Korb trägt.

SOLDAT
                             Dies ist der Mann.

KLEOPATRA
Geh fort und laß ihn hier.
Soldat ab.
Hast du den artigen Nilwurm mitgebracht,
Der tötet ohne Schmerz?

BAUER
Ja freilich; aber ich möchte nicht der Mann sein, ders Euch riete. Euch mit ihm abzugeben, denn sein Beißen ist ganz unsterblich; die, welche daran verscheiden, kommen selten oder nie wieder auf.

KLEOPATRA
Weißt du von einem, der daran gestorben?

BAUER
Sehr viele; Mannsleute und Frauensleute dazu! Ich hörte ganz kürzlich, noch gestern, von einer, ein recht braves Weib, nur etwas dem Lügen ergeben - und das sollte eine Frau nie sein, außer in redlicher Art und Weise -, die erzählte, wie sie an seinem Biß gestorben war, was sie für Schmerzen gefühlt. Mein Seel, sie sagte viel Gutes von dem Wurm; aber wer den Leuten alles glauben will, was sie sagen, dem hilft nicht die Hälfte von dem, was sie tun. Das ist aber auf keinen Fall eine untrügliche Wahrheit: Der Wurm ist ein kurioser Wurm.

KLEOPATRA
Geh, scher dich fort, leb wohl!

BAUER
Ich wünsch Euch viel Zeitvertreib von dem Wurm.
Stellt den Korb ab.

KLEOPATRA
Leb wohl!

BAUER
Das müßt Ihr bedenken, seht Ihr, daß der Wurm nicht von Art läßt.

KLEOPATRA
Ja, ja, leb wohl!

BAUER
Seht Ihr, dem Wurm ist nicht zu trauen, außer in gescheiter Leute Händen; denn, mein Seel, es steckt nichts Gutes in dem Wurm.

KLEOPATRA
Sei unbesorgt, wir wolln ihn hüten!

BAUER
Recht schön. Gebt ihm nichts, ich bitt Euch; er ist sein Futter nicht wert.

KLEOPATRA
Wird er mich essen?

BAUER
Denkt doch nicht, ich wäre so dumm, daß ich nicht wissen sollte, der Teufel selbst werde kein Weibsbild essen. Ich weiß, ein Weibsbild ist ein Gericht für die Götter, wenns der Teufel nicht zugerichtet hat; aber, mein Seel, diese Hurensöhne von Teufeln machen den Göttern viel Verdruß mit den Weibern, denn von jedem Dutzend, das sie erschaffen, verderben ihnen die Teufel sechse.

KLEOPATRA
Nun geh nur, geh! Leb wohl!

BAUER
Ja wahrhaftig, ich wünsche Euch viel Zeitvertreib von dem Wurm.
Ab.
Iras kommt zurück mit Krone und Kleid etc.

KLEOPATRA
Den Mantel gib, setz mir die Krone auf,
Ich fühl ein Sehnen nach Unsterblichkeit!
Nun netzt kein Traubensaft die Lippe mehr. -
Rasch, gute Iras! Schnell! Mich dünkt, ich höre
Antonius' Ruf, ich seh ihn sich erheben,
Mein edles Tun zu preisen, er verspottet
Des Cäsar Glück, das Zeus nur als den Vorwand
Für spätem Zorn verleiht. Gemahl, ich komme!
Jetzt schafft mein Mut ein Recht mir zu dem Titel!
Ganz Feuer und Luft, geb ich dem niedern Leben
Die andern Elemente. - Seid ihr fertig?
So kommt, nehmt meiner Lippen letzte Wärme!
Leb wohl, du gute Charmion! Liebste Iras,
Ein langes Lebewohl!
Küßt beide. Iras fällt hin und stirbt.
Hab ich die Natter auf der Lippe? Fällst du?
Kann. sich Natur so freundlich von dir trennen,
So trifft uns Tod wie Händedruck des Liebsten,
Schmerzlich und doch ersehnt. Liegst du so still?
Wenn du so schwindest, meldest du der Welt,
Sie sei nicht wert des Abschieds.

CHARMION
Zerschmilz in Regen, trübe Luft; dann glaub ich,
Daß selbst die Götter weinen.

KLEOPATRA
                               Dies beschämt mich! -
Sieht sie zuerst Antonius' lockig Haupt,
Wird er sie fragen und den Kuß verschwenden,
Der mir ein Himmel ist. - Komm, tödlich Spielzeug,
setzt die Schlange an ihre Brust,
Mit scharfem Zahn lös nun mit eins des Lebens
Verwirrten Knoten! Armer, giftiger Narr!
Sei zornig, mach ein End! O könntst du reden,
Daß ich dich hört den großen Cäsar schelten
Kurzsichtigen Tropf.

CHARMION
                      O Stern des Ostens!

KLEOPATRA
                                           Still,
Siehst du den Säugling nicht an meiner Brust
In Schlaf die Amme saugen?

CHARMION
                            Brich, mein Herz!

KLEOPATRA
So süß wie Balsam, mild wie Luft, so lieblich -
O mein Antonius! - Ja, dich nehm ich auch,
setzt eine zweite Schlange an ihren Arm,
Was wart ich noch -
Fällt zurück auf ein Bett und stirbt.

CHARMION
In dieser öden Welt? So fahre wohl!
Nun triumphiere, Tod, du führtest heim
Das schönste Fraunbild. Schließt euch, weiche Fenster!
Den goldnen Phöbus schaun hinfort nicht mehr
So königliche Augen. Deine Krone
Sitzt schief, ich richte sie; dann will ich spielen.
Wache stürzt herein.

ERSTE WACHE
Wo ist die Königin?

CHARMION
                     Still, weckt sie nicht!

ERSTE WACHE
Cäsar schickt -

CHARMION
                 Viel zu langsam seine Boten!
Sie setzt sich die Schlange an.
O komm, schnell! Brings zu End! Ich fühl dich kaum!

ERSTE WACHE
Kommt her! Hier steht es schlimm: sie täuschten Cäsar!

ZWEITE WACHE
Ruft Dolabella, Cäsar sandt ihn her!

ERSTE WACHE
Was gibts hier? Charmion, ist das wohlgetan?

CHARMION
Ja, wohlgetan; und wohl ziemts einer Fürstin,
Die so viel hohen Königen entstammt.
Ah, Krieger!
Stirbt.
Dolabella tritt auf.

DOLABELLA
             Wie stehts hier?

ZWEITE WACHE
                               Alle tot.

DOLABELLA
                                          Cäsar, dein Argwohn
Trifft hier sein Ziel. Du selber kommst, zu sehn
Vollführt die Tat, die schon gefürchtet,
Die du gern hindern wolltest.

Hinter der Szene:
                               Platz für Cäsar!
Cäsar tritt auf mit Gefolge.

DOLABELLA
O Herr, Ihr wart ein allzu sichrer Augur,
Was Ihr besorgt, geschah.

CÄSAR
                           Tapfer zuletzt!
Sie riet, was wir gewollt, und königlich
Ging sie den eignen Weg. - Wie starben sie?
Ich seh kein Blut.

DOLABELLA
                    Wer war zuletzt mit ihnen?

ERSTE WACHE
Ein schlichter Landmann, der ihr Feigen brachte;
Dies war sein Korb.

CÄSAR
                     Gift also!

ERSTE WACHE
                                 Eben noch,
O Cäsar, lebte Charmion, stand und sprach
Und ordnet' an dem Königsdiadem
Der toten Herrin; zitternd stand sie da,
Und plötzlich sank sie nieder.

CÄSAR
                                Edle Schwachheit! -
Hätten sie Gift geschluckt, so fände sich
Geschwulst von außen; doch sie gleicht dem Schlaf,
Als wollte sie Anton von neuem fangen
Im starken Netz der Schönheit.

DOLABELLA
                                Ihre Brust
Ist blutgefärbt und etwas aufgeschwollen,
Und ebenso ihr Arm.

ERSTE WACHE
Dann wars 'ne Schlange; auf den Feigenblättern
Ist Schleim zu sehn, so wie die Schlang ihn läßt
In Höhlungen des Nils.

CÄSAR
                        Sehr zu vermuten,
Daß so sie starb, denn mir erzählt' ihr Arzt,
Wie oft und wiederholt sie nachgeforscht
Schmerzlosen Todesarten. Nehmt ihr Bett
Und tragt die Dienerinnen fort von hier!
Mit ihrem Marc Anton sei sie bestattet! -
Kein Grab der Erde schließt je wieder ein
Solch ruhmvoll Paar. Hohes Geschick wie dies
Rührt den an, der es schuf. Der beiden Unglück
Wirbt Mitleid so für sie wie Ruhm für den,
Der sie gestürzt. Erweisen soll das Heer
Mit allem Pomp der Trauerfeier Ehr.
Und dann nach Rom! Du, Dolabella, acht
Auf der Bestattung angemeßne Pracht!
Alle gehn ab.