Zehnte Scene.

Die Königin zu den Vorigen.

König.
Was giebt's, meine liebste Königin?

Königin.
Ein Unglük tritt dem andern auf die Fersen, so schnell folgen sie auf einander: Eure Schwester ist ertrunken, Laertes.

Laertes.
Ertrunken? Oh, wo?

Königin.
Es ist eine gewisse Weide, am Abhang eines Wald-Stroms gewachsen, die ihr behaartes Laub in dem gläsernen Strom besieht. Hieher kam sie mit phantastischen Kränzen von Hahnen-Füssen, Nesseln, Gänse-Blümchen und diesen langen rothen Blumen, denen unsre ehrlichen Schäfer einen natürlichen Namen geben, unsre kalten Mädchens aber nennen sie Todten-Finger; wie sie nun an diesem Baum hinankletterte, um ihre Grasblumen-Kränze an die herabhängende Zweige zu hängen, glitschte der Boden mit ihr, und sie fiel mit ihren Kränzen in der Hand ins Wasser; ihre weitausgebreiteten Kleider hielten sie eine Zeit lang wie eine Wasser-Nymphe empor; und so lange das währte, sang sie abgebrochene Stüke aus alten Balladen, als eine die keine Empfindung ihres Unglüks hatte, oder als ob sie in diesem Element gebohren wäre; aber länger konnte es nicht seyn, als bis ihre Kleider so viel Wasser geschlukt hatten, daß sie durch ihre Schwere die arme Unglükliche von ihrem Schwanen-Gesang in einen nassen Tod hinabzogen.

Laertes.
O Gott! So ist sie ertrunken!

Königin.
Es ist allzuwahr.

Laertes.
- - Lebet wohl, mein Gebieter - - meine weibische Thränen erstiken eine Rede von Feuer, welche eben auflodern wollte - -

(Er geht ab.)

König.
Kommt mit mir, Gertrude - - Wie viel hatte ich zu thun, seine Wuth zu besänftigen! Nun besorg ich, dieser Umstand wird sie von neuem anflammen - - Wir wollen ihm folgen.

(Sie gehen ab.)


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