Die Königin zu den Vorigen.
König.
Was giebt's, meine liebste Königin?
Königin.
Ein Unglük tritt dem andern auf die Fersen, so schnell folgen
sie auf einander: Eure Schwester ist ertrunken, Laertes.
Laertes.
Ertrunken? Oh, wo?
Königin.
Es ist eine gewisse Weide, am Abhang eines Wald-Stroms gewachsen,
die ihr behaartes Laub in dem gläsernen Strom besieht. Hieher
kam sie mit phantastischen Kränzen von Hahnen-Füssen,
Nesseln, Gänse-Blümchen und diesen langen rothen Blumen,
denen unsre ehrlichen Schäfer einen natürlichen Namen
geben, unsre kalten Mädchens aber nennen sie Todten-Finger;
wie sie nun an diesem Baum hinankletterte, um ihre Grasblumen-Kränze
an die herabhängende Zweige zu hängen, glitschte der
Boden mit ihr, und sie fiel mit ihren Kränzen in der Hand
ins Wasser; ihre weitausgebreiteten Kleider hielten sie eine Zeit
lang wie eine Wasser-Nymphe empor; und so lange das währte,
sang sie abgebrochene Stüke aus alten Balladen, als eine
die keine Empfindung ihres Unglüks hatte, oder als ob sie
in diesem Element gebohren wäre; aber länger konnte
es nicht seyn, als bis ihre Kleider so viel Wasser geschlukt hatten,
daß sie durch ihre Schwere die arme Unglükliche von
ihrem Schwanen-Gesang in einen nassen Tod hinabzogen.
Laertes.
O Gott! So ist sie ertrunken!
Königin.
Es ist allzuwahr.
Laertes.
- - Lebet wohl, mein Gebieter - - meine weibische Thränen
erstiken eine Rede von Feuer, welche eben auflodern wollte - -
(Er geht ab.)
König.
Kommt mit mir, Gertrude - - Wie viel hatte ich zu thun, seine
Wuth zu besänftigen! Nun besorg ich, dieser Umstand wird
sie von neuem anflammen - - Wir wollen ihm folgen.
(Sie gehen ab.)