Rodrigo und Jago bleiben.
Rodrigo.
Jago - -
Jago.
Was willst du mir sagen, tapfres Herz?
Rodrigo.
Was denkst du, daß ich thun will?
Jago.
Was? Zu Bette gehen und schlaffen.
Rodrigo.
Ich will auf der Stelle gehn, und mich ins Wasser stürzen.
Jago.
Wenn du das thust, so werd' ich dich in meinem Leben nicht mehr
lieb haben. Wie, du bist ein recht alberner Edelmann!
Rodrigo.
Es ist etwas albernes, leben, wenn Leben eine Qual ist; und dann,
so sterben wir ja nach den Regeln, wenn der Tod unser Arzt ist.
Jago.
O wie niederträchtig das gedacht ist! Es ist schon viermal
sieben Jahre, daß ich mich auf der Welt umsehe, und seitdem
ich einen Unterscheid zwischen einer Wohlthat und einer Beleidigung
machen kan, hab' ich noch keinen Menschen gesehen, der den Verstand
hätte sich selbst zu lieben. Eh ich sagen wollte, ich wolle
mich einer Guineischen Henne zulieb ersäuffen, eh wollt'
ich meine Menschheit mit einem Wald-Teufel vertauschen.
Rodrigo.
Wie soll ich mir aber anders helfen? Ich bekenn', es macht mir
schlechte Ehre, daß ich so vernarrt in sie bin; aber meine
Tugend ist nicht stark genug, dem Uebel abzuhelfen.
Jago.
Tugend? Pfifferling. Auf uns kommt es an, ob wir so oder so seyn
wollen. Unsre Leiber sind unsre Gärten, und unser Wille ist
der Gärtner darinn. Ob wir Nesseln oder Lattich drein säen
wollen, ob wir ihn mit Ysop oder Thymian, mit einer einzigen Art
von Gewächsen, oder mit vielerley Gattungen besezen, aus
Faulheit verwildern und unfruchtbar werden lassen, oder durch
fleissige Wartung in guten Stand sezen wollen: Das hängt
alles lediglich von unsrer Willkühr ab. Hätten wir nicht
in der Waage unsers Lebens eine Schaale voll Vernunft, um die
Sinnlichkeit in der andern im Gleichgewicht zu halten, zu was
für tollen Ausschweiffungen würde uns die Hize des Bluts
und der thierische Trieb dahinreissen? Aber wir haben die Vernunft
dazu, daß sie unsre rasenden Bewegungen, unsre fleischliche
Triebe und zügellose Lüste bändigen soll - - Was
nennt ihr Liebe? Meynt ihr, daß es eine so feyrliche Sache
sey, als ihr euch einbildet? Ein blosser Trieb des Blutes ist's,
dem der Wille den Zügel verhängt - - Komm, sey ein Mann!
dich selbst ersäuffen? Ersäuffe mir Kazen und junge
blinde Hunde! Ich habe dir meine Freundschaft zugesagt, und ich
mache mich groß, mit Seilen, die unser beyder Leben ausdauern
sollen, zu deinen Diensten gebunden zu seyn. Izt ist die Gelegenheit,
da ich dir nüzlich seyn kan. Einen wolgespikten Beutel, und
fort in diesen Krieg! Verbräme dein glattes Gesichtchen mit
einem falschen Bart; Geld in deinen Beutel, sag ich. Es ist unmöglich,
daß Desdemona den Mohren in die Länge lieben könnte,
- - nur Geld in deinen Beutel - - noch der Mohr sie. Alle Sachen,
die mit solcher Heftigkeit anfangen, pflegen auch schnell wieder
aufzuhören - - Spik du nur deinen Beutel - - Diese Mohren
sind veränderlich in ihren Neigungen; - - füll deinen
Beutel mit Geld - - Der Lekerbissen, der ihm izt so süß
daucht wie Syrop, wird ihm bald genug bittrer als Coloquinten
schmeken; und wenn sie, an ihrem Theil, sich einmal an ihm ersättiget
hat, so werden ihr die Augen über ihre ungereimte Wahl auf
einmal aufgehen. Sie muß sich ändern, sie muß!
Also füll du nur deinen Beutel. Wenn du ja zum T** fahren
willst, so thu es wenigstens auf einem angenehmern Weg als Ersäuffen.
Mach alles zu Gelde was du kanst. Wenn Tugend und ein armes zerbrechliches
Gelübde zwischen diesem Landstreicher aus der Barbarey und
einer super-feinen verschmizten Venetianerin, nicht stärker
sind als mein Wiz und die ganze Zunft der Hölle, so sollst
du sie in deine Arme kriegen. Also Geld in deinen Sekel, sag ich!
Laß du dich lieber dafür hängen, daß du
deine Lust gebüßt hast, als dich zu ersäuffen,
und nichts dafür genossen zu haben.
Rodrigo.
Stehst du mir gut für meine Hoffnungen, wenn ich's wage?
Jago.
Verlaß dich auf mich - - Geh, mach Geld zusammen - - Ich
habe dirs oft gesagt, und sage dirs wieder und wieder, ich hasse
den Mohren. Meine Ursach stekt mir tief im Herzen; dein Haß
hat keinen schlechtern Grund. Laß uns gemeine Sache machen,
um unsre Rache an ihm zu nehmen. Wenn du ihn zum Hahnrey machen
kanst, so machst du dir selbst ein Vergnügen, und mir einen
Spaß. Die Zukunft geht mit allerley Begebenheiten schwanger,
von denen sie zu gehöriger Zeit entbunden werden wird. Geh
du izt, und sorge für Geld; morgen mehr von dieser Materie.
Adieu.
Rodrigo.
Wo sehen wir einander morgen?
Jago.
In meinem Quartier.
Rodrigo.
Ich will bey Zeiten kommen.
Jago.
Gut, geht nur, lebt wohl. Hört ihr, Rodrigo?
Rodrigo.
Was soll ich hören?
Jago.
Nichts mehr vom Ersäuffen, hört ihr's?
Rodrigo.
Es ist mir anders gekommen: Ich will gehen und alle meine Güter
zu Geld machen.
(Er geht ab.)