Montano, Gratiano, Jago und andre treten auf.
Montano.
Was giebt es hier? Wie, was bedeutet das, General?
Aemilia.
O, seyd ihr auch da, Jago? Ihr habt es weit gebracht, daß
die Leute ihre Mordthaten auf euern Hals schieben.
Gratiano.
Was soll dieses bedeuten?
Aemilia.
Wiedersprich diesem Bösewicht, wenn du ein Mann bist; er
giebt aus, du habest ihm gesagt, seine Frau sey untreu gewesen:
Ich bin gewiß, du hast es nicht gesagt; du bist kein solcher
Bube! Rede, mein Herz ist so voll, daß es zerspringen wird.
Jago.
Ich sagte ihm was ich dachte; und nicht mehr, als er selbst glaubwürdig
und wahr befand.
Aemilia.
Aber sagtet ihr ihm jemals, sie sey untreu?
Jago.
Ja, das that ich.
Aemilia.
So sagtet ihr eine Lüge. eine hassenswürdige, verdammte
Lüge; auf meine Seel', eine Lüge; eine verfluchte Lüge.
Sie untreu mit Cassio? Sagtet ihr, mit Cassio?
Jago.
Mit Cassio, Frau; geht, geht, und laßt euch eure Zunge legen.
Aemilia.
Das will ich nicht; ich will, ich muß reden; es ist meine
Pflicht, daß ich rede. Meine Frau ligt hier ermordet in
ihrem Bette.
Alle.
Das wolle der Himmel nicht!
Aemilia.
Und eure Ohrenbläsereyen sind der Antrieb zu diesem Mord
gewesen.
Othello.
Nein, seht nicht so erschroken aus, meine Herren; es ist wahr,
es ist würklich so.
Gratiano.
Das ist eine verwünschte Wahrheit.
Montano.
O ungeheure That!
Aemilia.
Büberey! Schändliche versuchte Büberey! Ich seh
- - ich rieche sie - - Verdammte Büberey! - - Ich dachte
gleich - - O, ich möchte vor Schmerz Hand an mich selbst
legen - - o Büberey! Büberey!
Jago.
Wie, seyd ihr toll? Ich befehls euch, pakt euch heim.
Aemilia.
Meine liebe Herren, erlaubt mir daß ich reden darf, ich
bin ihm sonst Gehorsam schuldig, aber nicht izt: Vielleicht, Jago,
werd' ich nie wieder heim gehen.
Othello.
O! O! O!
(Er sinkt auf das Bette.)
Aemilia.
Ja, leg dich nur hin, und heule: Du hast die liebenswürdigste
Unschuldige umgebracht, die jemals geathmet hat.
Othello (auffahrend.)
O, sie war lasterhaft! - - Ich erkenn' euch erst izt, Oheim;
hier ligt eure Nichte, deren Athem, ich bekenn' es, diese Hände
nur eben gestopft haben; ich weiß es, diese That sieht gräßlich
aus.
Gratiano.
Arme Desdemona! Ich bin froh, daß dein Vater todt ist: Deine
Heurath kürzte ihm das Leben ab. Lebte er noch, dieser Anblik
würde ihn zur Verzweiflung treiben; ja, er würde seinen
guten Engel von seiner Seite wegfluchen, und in Verzweiflung sterben.
Othello.
Es ist erbarmenswürdig; aber Jago weiß es, daß
sie die schaamvolle That mit Cassio wol tausendmal begangen hat.
Cassio hat es eingestanden; und zu Vergeltung seiner Liebes-Proben
gab sie ihm das, womit ich ihr das erste Geschenk gemacht hatte;
ich sah es in seiner Hand; es war ein Schnupftuch, ein altes Andenken,
das mein Vater meiner Mutter gegeben hatte.
Aemilia.
O Himmel! O himmlische Mächte!
Jago.
Schweig, sag ich dir!
Aemilia.
Es muß heraus, es muß heraus - - Ich, schweigen? Laßt
Engel, Menschen und Teufel, laßt sie alle, alle, alle Schaam
über mich schreyen, wenn ich nicht rede.
Jago.
Sey klug und geh heim.
(Jago will sein Weib ermorden, und wird zurük gehalten.)
Gratiano.
Fy, euern Degen gegen ein Weibsbild!
Aemilia.
O du dummer Mohr! Dieses Schnupftuch, wovon du redst, fand ich
von ungefehr, und gab es meinem Manne, der mich gar oft aufs inständigste,
angelegenste, (mehr, in der That, als eine solche Kleinigkeit
werth war,) bat, daß ich es stehlen möchte.
Jago.
Verfluchte Hure!
Aemilia.
Sie soll es dem Cassio gegeben haben? Weh mir! ich fand es, und
gab es meinem Manne!
Jago.
Rabenaaß! du lügst.
Aemilia.
Beym Himmel! ich lüge nicht; ich lüge nicht, meine Herren;
o du meuchelmördrischer Dummkopf! Was sollte ein solcher
Narr mit einer so vortreflichen Frau machen?
(Jago bricht los, verwundet seine Frau, und entspringt.)
Othello.
Sind keine Donnerkeile mehr im Himmel? Wozu nüzt dann der
Donner? Unerhörter Lotterbube!
Gratiano.
Sie fällt; er hat sein Weib umgebracht - -
Aemilia.
Ja, ja; oh, legt mich an meiner Frauen Seite.
Gratiano.
Seine Frau ist ermordet, und er ist entlauffen.
Montano.
Das ist ein entsezlicher Bösewicht; nehmt diesen Degen in
Verwahrung, damit ihn der Mohr nicht erhasche; kommt, besezt die
auswendigen Thüren, laßt ihn nicht durch; tödtet
ihn eher; ich selbst will diesem Bösewicht nach; es ist ein
verdammter Geselle!
(Montano und Gratiano gehen ab.)