DRITTE SZENE

Eine Straße.

(Zwei Bürger begegnen sich.)

E r s t e r B ü r g e r.

Guten Morgen, Nachbar! wohin so in Eil'?

Z w e i t e r B ü r g e r.

Ich weiß es selber kaum, beteur' ich Euch.

Ihr wißt die Neuigkeit?

E r s t e r B ü r g e r.

Ja, daß der König tot ist.

Z w e i t e r B ü r g e r.

Schlimme Neuigkeit,

Bei Unsrer Frauen! Selten kommt was Beßres;

Ich fürcht, ich fürcht, es geht die Welt rundum.

(Ein andrer Bürger kommt.)

D r i t t e r B ü r g e r.

Gott grüß' euch, Nachbarn!

E r s t e r B ü r g e r.

Geb' Euch guten Tag!

D r i t t e r B ü r g e r.

Bestätigt sich des guten Königs Tod?

Z w e i t e r B ü r g e r.

Ja, ‘s ist nur allzuwahr: Gott steh' uns bei!

D r i t t e r B ü r g e r.

Dann, Leut', erwartet eine stürm'sche Welt.

E r s t e r B ü r g e r.

Nein, nein! Sein Sohn herrscht nun durch Gottes Gnaden.

D r i t t e r B ü r g e r.

Weh' einem Lande, das ein Kind regiert!

Z w e i t e r B ü r g e r.

Bei ihm ist Hoffnung auf das Regiment,

Daß in der Minderjährigkeit sein Rat,

Und, wann er reif an Jahren ist, er selbst,

Dann und bis dahin gut regieren werden.

E r s t e r B ü r g e r.

So stund der Staat auch, als der sechste Heinrich,

Neun Monat alt, gekrönt ward in Paris.

D r i t t e r B ü r g e r.

Stund der Staat so? Nein, nein! Gott weiß, ihr Freunde!

Denn dieses Land war damals hoch begabt

Mit würd'ger Staatskunst; und der König hatte

Oheime voll Verdienst zur Vormundschaft.

E r s t e r B ü r g e r.

Die hat er auch vom Vater wie der Mutter.

D r i t t e r B ü r g e r.

Viel besser war s, sie waren bloß vom Vater,

Oder es wär' vom Vater ihrer keiner.

Denn Eifersucht, der Nächste nun zu sein,

Tritt uns gesamt zu nah, wenn's Gott nicht wendet.

Oh! sehr gefährlich ist der Herzog Gloster,

Der Kön'gin Söhn' und Brüder frech und stolz;

Und würden sie beherrscht und herrschten nicht,

Dies kranke Land gediehe noch wie sonst.

E r s t e r B ü r g e r.

Geht, geht! wir zagen: alles wird noch gut.

D r i t t e r B ü r g e r.

Wann Wolken ziehn, nimmt man den Mantel um,

Wann Blätter fallen, ist der Winter nah;

Wer harrt der Nacht nicht, wann die Sonne sinkt?

Unzeit'ge Stürme künden Teurung an.

Noch kann es gut gehn: doch, wenn's Gott so lenkt,

Ist's mehr als ich erwart und wir verdienen.

Z w e i t e r B ü r g e r.

Wahrlich, der Menschen Herzen sind voll Furcht,

Ihr könnt nicht reden fast mit einem Mann,

Der nicht bedenklich aussieht und voll Schrecken.

D r i t t e r B ü r g e r.

So ist es immer vor des Wechsels Tagen.

Auf höhern Antrieb mißtraun die Gemüter

Der kommenden Gefahr; so sehn wir ja

Die Wasser schwellen vor dem wüsten Sturm.

Doch lassen wir das Gotte. Wohin geht's?

Z w e i t e r B ü r g e r.

Die Richter haben beid' uns rufen lassen.

D r i t t e r B ü r g e r.

Mich auch; so will ich euch Gesellschaft leisten.

(Alle ab.)


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