Apemanthus und ein Harlequin zu den Vorigen.
Caphis.
Wartet, wartet, hier kommt der Narr mit Apemanthus, wir wollen
ein wenig Spaß mit ihnen haben.
Varro.
An den Galgen mit ihm, er wird uns eins anhängen.
Isidor.
Daß ihn die Pest, - - den Hund!
Varro.
Wie geht's, Narr?
Apemanthus.
Redst du mit deinem Schatten?
Varro.
Ich rede nicht mit dir.
Apemanthus.
Das ist wahr, du redst mit dir selbst. Komm, laß uns gehn.
(Zum Narren.)
Isidor.
Der Narr hangt schon an deinem Rüken.
Apemanthus.
Nein, du stehst einzeln.
Caphis.
Weil du noch nicht an ihm bist. Wo ist der Narr hingekommen?
Apemanthus.
Er hat die lezte Frage gethan. Arme Schelme und Wucherers Sclaven!
Kuppler zwischen Geld und Mangel!
Alle.
Was sind wir, Apemanthus?
Apemanthus.
Esel.
Alle.
Was?
Apemanthus.
Wenn ihr euch selbst kenntet, so brauchtet ihr mich nicht zu fragen.
Rede du mit ihnen, Narr.
Harlequin.
Was lebt ihr gutes, meine Herren?
Alle.
Grossen Dank, Narr; was macht eure Frau?
Narr.
Sie sezt eben Wasser über, um solche Hühnchen abzubrühen,
wie ihr seyd. Ich wünschte wir könnten das Vergnügen
haben, euch zu Corinth* zu sehen.
Apemanthus.
Grossen Dank für den guten Wunsch!
Ein Page zu den Vorigen.
Narr.
Seht, hier kommt meiner Frauen Page.
Page.
Wie geht's, Capitain, Was macht ihr in dieser weisen Gesellschaft?
Wie befindst du dich, Apemanthus?
Apemanthus.
Ich wollt', ich hätte eine Ruthe in meinem Maul, um dir eine
heilsame Antwort geben zu können.
Page.
Ich bitte dich Apemanthus, lies mir die Aufschrift auf diesen
Briefen; ich weiß nicht, wem jeder gehört.
Apemanthus.
Kanst du nicht lesen?
Page.
Nein.
Apemanthus.
Es wird also an dem Tag, da du gehängt werden wirst, nicht
viel Gelehrtheit sterben - - Dieser ist an Lord Timon, dieser
an Alcibiades. Geh, du wardst ein Huren-Sohn gebohren, und wirst
als ein Huren-Wirth sterben.
Page.
Und du wardst als ein Hund geworffen, und wirst verhungern, wie
ein Hund. Antworte mir nicht, ich gehe.
(Er geht ab.)
Apemanthus.
Narr, ich will mit euch zum Lord Timon gehn.
Harlequin.
Wollt ihr mich dort verlassen?
Apemanthus.
Wenn Timon bey Hause ist - - Ihr drey dient bey drey Wucherern?
Alle.
Ich wollte, sie dienten uns.
Apemanthus.
Das wollt' ich auch - - Ein so feiner Streich, als jemals ein
Henker einem Dieb gespielt hat!
Harlequin.
Seyd ihr Drey Wucherers-Leute?
Alle.
Ja, Narr.
Harlequin.
Ich glaub', es giebt in der ganzen Welt keinen Wucherer, der nicht
einen Narren zum Diener hat. Meine Frau gehört auch in diese
Zunft, und ich bin ihr Narr; wenn die Leute zu euern Herren gehn
um Geld zu borgen, so kommen sie traurig, und gehn lustig fort;
aber in meiner Frauen Haus gehn sie lustig hinein, und traurig
wieder fort. Wißt ihr die Ursach?
Varro.
Ich könnte wol eine sagen.
Harlequin.
So thue es dann, damit wir sehen, daß du ein Hurenjäger
und ein Lumpenhund bist; wofür du aber, auch ohne das, nichts
desto minder gehalten werden sollst.
Varro.
Was ist ein Hurenjäger, Narr?
Harlequin.
Ein Narr in hübschen Kleidern, und dir in etwas ähnlich.
Es ist ein Geist; zuweilen läßt er sich in Gestalt
eines Edelmanns sehen, zuweilen in Gestalt eines Advocaten, zuweilen
in Gestalt eines Philosophen, mit zwey Steinen, ohne den Stein
der Weisen zu rechnen. Sehr oft nimmt er die Gestalt eines Soldaten
an, und überhaupt ist keine Gestalt, worinn der Mensch von
achtzig Jahren bis zu dreyzehn, nur immer gesehen werden mag,
in welcher dieser Geist nicht spüke.
Varro.
Du bist nicht ganz ein Narr.
Harlequin.
Und du nicht ganz gescheidt; ich habe gerade so viel Narrheit,
als dir an Gescheidtheit mangelt.
Apemanthus.
Das ist eine Antwort, deren Apemanthus sich nicht zu schämen
hätte.
Alle.
Auf die Seite, auf die Seite, der Lord Timon kommt.
Timon und Flavius treten auf.
Apemanthus.
Komm mit mir, Narr, komm mit.
Harlequin.
Einem Liebhaber, einem ältern Bruder, und einem Weibsbild
folg' ich nicht allemal; izt will ich einmal einem Philosophen
folgen.
Flavius (zu den Vorigen.)
Seyd so gut, und spaziert ein wenig dort, ich will gleich mit
euch reden.
(Die Gläubiger, Apemanthus und Harlequin, treten ab.)
* Ein unter gewissen Leuten übliches Wort anstatt Bordell, vermuthlich von der Ausgelassenheit dieser alten Griechischen Stadt hergenommen; wovon Alexander ab Alexandro sagt: Corinthi super mille Prostitutae in templo Veneris assiduae degere & inflammata libidine quaestui meretricio operam dare & velut Sacrorum ministrae Deae famulari solebant.