Von irrenden Rittern und wandernden Schönen
Sing, comische Muse, in freyen irrenden Tönen!
Den Helden besing, der lange Berg auf und Berg ab
Die Welt durchstrich, um eine Schöne zu finden,
Die fähig wäre, für ihn, was er für sie, zu empfinden,
Und der, sie desto gewisser zu finden,
Von einer zur andern sich unvermerkt Allen ergab.
Bis endlich dem stillen Verdienst der wenig scheinbarn Olinden
Das Wunder gelang, sein Herz in ihren Armen zu binden.
Allein, was werden (so denkst du vielleicht)
Zu unserm Gesang die strengen Kenner sagen?
Die Kenner? Gut! die wahren gewinnest du leicht.
Ergötzt dein Lied, so wird kein Kluger fragen,
Ob Aristoteles ihm (mit allem Respect für das Haupt
Der Critiker sey es gesagt!) sich so zu ergötzen erlaubt.
Die Grazie tanzt nach unstudierten Gesetzen,
Und ohne Guidos1) Kunst entzückt Philomela die Flur.
Bleib du der Empfindung getreu, und der ungeschminkten Natur,
So kannst du, auf meine Gefahr, die andere Regeln verletzen.
Erobre den Beyfall der lesenden Welt,
Und sey, wo möglich, die Schöne, die Allen gefällt.
Ich? (ruft die Muse mit spottendem Lachen)
Die Mühe, dächt'ich, erließen sie mir!
So wollten Sie mich zur Lais des Publicums machen?
Ich sollt' in seinem Dienste mich hypochondrisch wachen?
Sie hoffen ein wenig zuviel von meiner Dienstbegier.
Gewohnt, mit Grazien die Nächte wegzuscherzen,
Sänn' ich mich mager und bleich beym Dampfe nächtlicher Kerzen,
Und kraute die Nägel mir ab; und wofür?
Daß Criticus mich und Anticriticus preise?
Ein feiner Ersatz! Herr Dichter, wo denken Sie hin?
Nein! Allen Ruhm des Sängers der Frösche und Mäuse,
Erkauft' ich nicht um ein spitziges Kinn!
Da lob'ich mir dafür die runden sorglosen Backen,
Das doppelte Kinn, den vollen Busen und Nacken
Von meiner Schwester U**rin.
Ihr Beyspiel reizt. Fahrwohl, du Beyfall der Kenner!
Ich würd' um dich das Modell zu einer Sibylle von
Denner?2)
Nein! wahrlich nicht, so wahr ich Muse bin!
Euch, Schwestern, mit denen ich oft in sommernächtlichen Stunden,
Am Rande der unberühmt schleichenden Riß,
Wie am Eurotas einst, und am Sokratschen
Iliß,3)
Den goldnen Gürtel losgebunden;
Euch weyh ich meinen Gesang. Ihn hört der romantische Hayn,
Den um Luisen-Lust die Oreaden gewunden,
Ihn hören, in Lauben versteckt, die Nymphen bey Cynthiens Schein;
Und fern im Felsen spitzt der alte Faun die Ohren,
Er raft vom Schlauche sich auf, in süßem Taumel verlohren,
Und schlummert horchend wieder ein.
Vielleicht, daß auch, indem sie die reizenden Schatten
Mit ihrer Freundin besucht, des Weisen Tochter uns hört,
Der, mit Verdiensten und Jahren beschwert,
Dem Vaterland theuer, und Königen werth,
Des Lebens Abend hier in selbstgepflanzten Schatten
Verlebte, wie Sülly und Oxford den ihrigen ausgelebt hatten.
Vielleicht, ihr Grazien, hört in unbelauschter Ruh
Sie, die von euch die Gabe zu scherzen
Und zu gefallen empfieng, gleich schön an Geist und Herzen,
Dann unsern Spielen lächelnd zu.
Ihr Lächeln, Schwestern, gewährt uns sicher den Beyfall von Allen,
Die Selbst verdienen, der Welt und uns zu gefallen.
Wem sängen wir sonst? - Gewiß nicht dem grämischen Mann,
Dem gelben Smelfungus,4) dem Mann von stumpfen Sinnen,
Dem Oheim Toby selbst kein Lächeln abgewinnen,
Schah Baham nicht5) die Stirn entrunzeln kann!
Der in Minervens göttlichstem Bilde
Die Göttin mühsam erkennt, doch nur an ihrem Schilde,
Der Venus am Arno6) sein Auge geärgert entzieht,
Und nur ein Weib in Winkelmanns Niobe sieht.7)
Auch nicht Tartüffen, der stracks zum Bösen versuchet sich fühlet,
Wenn Zephyr in Unschuld mit Hebens Unterrock spielet,
Und, wenn der schönen Sünderin Bild
Sein rollendes Aug mit verdächtigen Thränen erfüllt,
Susannens Aeltesten gleich, nach ihrem Busen schielet.
Noch Fatmen, die, künstlich und falsch, wie ihr studiertes Gesicht,
Bey Nacht Quartillen8) gleicht, bey Tage wie Seneca spricht.
Noch dem, der, gegen sich selbst in blindem Eifer entflammet,
Die Freude, die er nicht kennt, mißgünstig in andern verdammet.
Flieht, Ungeweyhte, für euch singt keine Muse nicht!
Sie fliehen, Muse, sie fliehn, von Rosenbekränzten Satyren
Gepeitscht aus unseren Gesicht. Beginne deinen Gesang!
Es reiseten queer durch die Welt auf ihren langhalsigen Thieren
Schah Bambos Töchter bereits drey ganzer Monate lang;
Als an des Atlas Fuß in einem schattichten Thale
Die Mittagsglut sie still zu halten zwang.
Ein reiches Gezelt wird unter den Palmen dem Strahle
Der Sonn' entgegengespannt. Die Damen kleiden sich um.
Die Köche schwitzen indeß. Man rüstet die Tafel zum Mahle,
Und ringsum legt sich auf Polstern die hohe Gesellschaft herum.
Sechs Knaben, jeder so schön, wie Aetions zärtlicher Pinsel,
In Wollust getaucht, den Liebling Jovis gemahlt,9)
Und jeder zum mindsten ein Prinz von einer kleinen Insel
Des festen Landes, bedienen die Tafel. Sie strahlt
Von goldnem Geschirr und elfenbeinernen Vasen;
Und Amber und Aloeholz beräuchert die fürstlichen Nasen.