Ihr Grazien, wenn mein Dienst euch je gefällig war,
So laßt bey diesem Gesang mich euern Einfluß empfinden!
Wie könnt' ich, sonder euch, der Gefahr,
Die uns bevorsteht, mich und meinen Helden entwinden?
Die Wahrheit, so schön die Weisen sie unbekleidet finden,
Wird allzuoft dadurch den Schwachen ärgerlich.
Erlaubt ihr, sokratische Grazien,1) sich
Vor cynischen Faunen und critischen Zwergen
In euern Schleyer zu verbergen:
Und ist noch Raum, so deckt auch mich!
An Ort und Stelle gelangt, sieht itzt der Paladin
Den flammenden See vor seinen Augen prasseln.
Bey diesem Anblick verläßt beynahe sein Heldenmuth ihn.
Dieß, denkt er, sind die Flammen, worinn die Verworfenen glühn,
Ihr Winseln erschüttert mein Ohr, ich höre Ketten rasseln.
Sich hier hinein zu stürzen, wenn man's umgehen kann,
Das hätte Don Esplandian
Und Don Quischotte selbst so wenig als ich gethan.
Es wird kein Ueberfluß seyn (so spricht er zum Pygmäen2))
Uns, eh man das äußerste wagt, ein wenig umzusehen.
Herr Ritter (sprach der Zwerg) von hier zum Schlosse geht,
Wie jeder weiß, der seinen Euklides versteht,
Der kürzeste Weg gerade durch die Flammen.
Doch, wenn Ihr Muth, wie es scheint, sich nicht durch Zögern kühlt,
Und sucht den Weg, den ihm die Klugheit empfiehlt,
So hängt das Schloß mit dem Lande durch eine Brücke zusammen -
Herr Zwerg, (erwiedert der Held) ich hätte gute Lust
Euch durch den kürzesten Weg, den uns Euklides weiset,
Die Ohren zu stutzen. Wofern ihr eine Brücke gewußt,
Was brauch' ich, daß ihr mir den Weg durchs Feuer preiset?
Ich bitte tausendmal ab! es war nicht böse gemeynt,
(Versetzt der Zwerg) Herr Ritter, wie es scheint,
Kann Eure Herrlichkeit die Laune nicht vertragen?
»Zur Unzeit nicht, Herr Zwerg! - Im übrigen wollt' ich nur sagen,
Der Neger, gnädiger Herr, sey schwerlich höflich genug,
(Wiewohl es bey Ihresgleichen gewöhnlich ist) den Zug
Der Brücke hinunter zu lassen; - und, wie Sie besser wissen
Als ich, ist eine Brücke, die aufgezogen ist,
So gut als keine. - »Mich wundert, daß diesmal Trismegist
Und Archimedes nicht als Zeugen erscheinen müssen.
(Spricht Amadis) - Doch sieh, dein Neger ist besser, als man
Nach deiner Beschreibung von ihm erwartet hätte.
Der Weg ist offen! Ich nehme das Omen an!
So rief er, und spornte sein Roß; denn eine Wagenkette
Von Gold, mit Rubinen besetzt, war aller Widerstand,
Den unser Held vorn an der Brücke fand.
Sie sprang auf den ersten Hieb vor seiner bezauberten Klingen
In Zwey wie Glas. Er ritt mit aufgezognem Visier
Bis an das innerste Thor, und weder Mensch noch Thier
Wehrt ihm, bis ins Gemach der Schönen einzudringen.
Sie lag, ihr blondes Haupt auf den Ellenbogen gelehnt,
In einem NEGLIGÉ, der sehr bey Licht verschönt,
Auf goldne Polster hingegossen,
Die Locken aufgelöst, die Wangen von Thränen beflossen.
Beym ersten Blick erkennt der Paladin,
Daß ihn die Erwartung nicht betrogen.
Mehr aus Galanterie, als von Empfindung gezogen,
Läßt er vor ihr aufs linke Knie sich hin,
Bewundert, bedaurt, erbeut sich, sie zu rächen,
Kurz, sagt, was alle Ritter in solchen Fällen sprechen,
Im ächten Ton von einem Palmerin.3)
Die Göttin, ohne die Stellung zu ändern,
Wirft einen gnädigen Blick, doch seitwärts nur, auf ihn,
Spielt, während er spricht, mit einem von den Bändern,
Die ihr Corset zusammenziehn,
Und dankt ihm, da er schweigt, so schläfrig, als ob sie zur Müh
Die Lippen aufzuthun sich nicht entschließen könnte.
Der edle Ritter, dem die Knie
Zu schmerzen beginnen, steht auf, setzt ohne Complimente
Sich auf den Sopha zu ihr, spricht in vertraulichem Ton
Von ihren Schwestern, besonders von Fräulein Colifischon,
Und setzt galant hinzu: Wie er sich vor Freude kaum fasse,
So reizende Schwestern noch diese nehmliche Nacht
Einander wiederzusehen. Die blonde Dame macht
Bey diesen Worten dem Ritter eine Grimasse,
Als hätt' er, indem er sie selbst zu ihren Schwestern gesetzt,
Die Majestät von ihrer Schönheit verletzt.
Ich denke, spricht sie, mein Herr, wir haben nichts zu eilen,
Sie fürchten den Neger doch nicht, der seinen Hof hier hält?
»Nicht daß ich wüßte, Madam; und wenn er Ihnen gefällt,
So bin ich nicht der Mann, der Sie zurückehält,
Bis zum Platonischen Jahr4) an seinem Hof zu verweilen.
Vermuthlich muß ihr Neger sehr liebenswürdig seyn?
Mein Herr, versetzt die Infantin, sie kennen Blaffardinen
Soviel ich höre noch nicht. Es ist für sie zu klein,
Dem männlichen Uebermuth zur Unterhaltung zu dienen.
Mein Herz gesteht den schönen Facardinen5)
Den Vorzug, mit dem sie soviel sich wissen, nimmermehr ein.
Anbeten mögen sie uns, zu unsern Diensten sich weyhn,
Uns amüsieren, uns schützen, auch für uns sterben - allein,
Sich schmeicheln, daß wir dann sie wieder lieben müssen, -
Mein Herr, mit Ihrer Erlaubniß, und aller Ihrer Narcissen,
Dazu spricht Blaffardine nein!
Madam, erwiedert der Ritter, in gleichem Grade betroffen
Und mißvergnügt, Sie erklären Sich deutlich genug.
Gleich offenherzig zu seyn, so däucht mich der Mann nicht klug,
Der, ohne Gegenliebe zu hoffen,
Sein Herz sich rauben ließe. Der Ritter sagt's und schwieg.