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Till! diesen Schreibebrief muß ich dir senden,
Diesmal komm' ich nicht selbst zu deinem Schrein,
Kann jetzt nicht fort, muß andres noch vollenden, –
Wirst Augen machen auf dem alten Stein!
Sieh an, Gesell, du immer aufgelegter,
Das Lied, das du im Herzen mir erregt
Zu bleibender Erinn'rung, frohbewegter,
Zum zweiten Male schon ist's aufgelegt.
Nur eine Winterreise ist's gewesen,
Die du gemacht; es hatte schon geschneit,
Eh deiner Tausend eines war gelesen,
Die nun vergriffen sind zur Frühlingszeit.
Du alter Fahrender bist gut gefahren,
Dein Name zog, es zog dein alter Ruhm,
Nicht meiner Jamben leicht gereimten Paaren
Dankst du ein literarisch Heldentum.
Doch vorher hast mit Wasser und mit Feuer
Du gegen Druckerschwärze dich gewehrt,
Mir auf den Hals geschickt zwei Abenteuer,
Die deiner würdig, boshaft und verkehrt.
In Mölln, als ich mir deine Grabsteinbeichte
Abschrieb, da gossest einen Wolkenbruch
Du aus dem blauen, der mich ganz durchweichte
Und vom Papiere löschte deinen Spruch.
In Detmold, als du dich gedruckt erkanntest,
Da warfst du Feuer in des Druckers Haus,
Das fiel in Asche, und du selber branntest,
Nur halb gerettet trug man dich hinaus.
Wie kannst du gegen mich solch Unheil brauen,
Da wir so gut zusammen doch gepaßt!
Dem Till ist freilich alles zuzutrauen,
Auf Eulenspiegelei'n war ich gefaßt.
Doch denke nicht, daß darum es geschehen,
Wenn ich dir jetzt ein neu Quartier bestellt,
Du warst in Lippe-Detmold gern gesehen,
Doch hier bist du in einer Stadt der Welt.
Ein andrer Fahrender dich hier erwartet,
Der dir den Flaggenwechsel eingebrockt,
Der Rattenfänger hat es abgekartet,
Und seine Pfeife hat dich angelockt.
Davon ein andermal! du möchtest wissen,
Was man so von uns beiden spricht und denkt;
Ja Till, das ist so so, und, aufs Gewissen!
Man hat uns allen beiden nichts geschenkt.
Im ganzen sind wir gut davongekommen,
Vorzüglich gut, zumal du zaghaft schienst,
Man hat dich freundlich, herzlich aufgenommen,
Sei dankbar Till! frag' dich ob du's verdienst.
Zumeist um eines hat man dich gescholten:
Stelltest dich wunderbar vernünftig an
Und hätt'st doch deiner Zeit im Reich gegolten
Bei jung und alt für einen andern Mann,
Hätt'st nicht lang aufgehalten dich mit Worten,
Hätt'st lieber dreist und derbe zugeschla'n,
Hätt'st besser Kopf gestanden aller Orten,
Viel weniger gered't, viel mehr getan.
Das aber hört' ich dich im Elm schon sagen,
Der tollen Schwänkesucht von dunnemals
Läßt sich ins Hochdeutsch gar nicht übertragen,
Man schlägt nicht Rad auf dem Parkett des Saals,
Da kreuzt mit deiner Pritsche sich der Fächer,
Auch auf der Frauen Huld warst du bedacht,
Man ficht nicht gern mit einem Silbenstecher,
Und Weise lächeln, wo ein Narr schon lacht.
Hast du nur deines Volkes Art zu denken,
Wie' s liebt und haßt, wie's spricht und wie es singt.
So laß in diese Tiefen uns versenken,
Damit das Wort im Herzen wiederklingt.
Ob's klingt? wer weiß?! der Rezensentensegen
Steht ja da hinten, – ich schrieb's nicht dahin,
Mein Herr Verleger macht mich ganz verlegen,
Vergebens redet' ich's ihm aus dem Sinn.
So schüttle denn im Trott die Schellen wieder;
Hier dehnte ich, da stutzt' ich dir das Kleid,
Schob dir ins Ränzel ein paar neue Lieder
Und meine besten Wünsche als Geleit.
Wohin nun auch dein Weg, du Schalk, dich führe,
Schlag' mit dem Fuchsschwanz um dich im Gedräng,
Mich sollt' es freu'n, wenn bald vor jeder Türe
Mir dein Hic fuit! in die Augen sprang! –
Ich schließe, Kauz! Die Osterglocken klingen,
Auch dich zur Auferstehung ruft ihr Zug,
Blas' deinen Odem unter beide Schwingen
Dem Schelmenliede zum erneuten Flug.
Du aber ruh' von allen Wanderfahrten,
Weiß doch kein Mensch, wo Till begraben steht,
Liebling des Volks, den sie in Mölln verwahrten,
Schlaf wohl, Gesell! es grüßt dich
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