Cato. Arsene. Phenice. Catons Gefolge.
Cato
Ich höre, Königin,
Ihr seid so kummervoll als Rom, als ich itzt bin.
Das Schicksal drücket Euch und uns mit gleichen Händen.
Arsaces ist nun tot. Wohin wollt Ihr Euch wenden?
Indessen wartet nur auf keinen Trost von mir!
Ihr seid so unverzagt in Eurer Not als wir.
Ihr mögt Euch, wie Ihr wollt, mit fremder Kleidung decken,
Man sieht ein römisch Herz in Eurem Busen stecken.
Nunmehr erwegt es wohl: Da Euer Vater fällt
Und Euch ein stolzes Volk die Krone zugestellt:
Sagt, ob der teure Bund, den er und wir beschworen,
Durch seinen Tod die Kraft und Gültigkeit verloren?
Arsene
Nein, Herr, er steht noch fest. Der unbesiegte Phrat
Verehrt den Friedensschluß mit Euch und Eurer Stadt.
War Euch Arsaces treu, ich bins mit stärkerm Triebe:
Nur denket mir nicht mehr an des Pharnaces Liebe!
Cato
Wie? Königin!
Arsene
So ists. Denn als vor kurzer Zeit
Ein Krieg der Römer Macht und unser Reich entzweit:
So wißt Ihr selber wohl, wie Crassus umgekommen,
Als unsrer Parther Schwert ihm Volk und Sieg genommen.
Allein Ihr wißt wohl nicht, was da Pharnaces tat?
Mein Bruder, der nach mir das Rund der Welt betrat,
Pacor, der jüngste Sohn von meines Vaters Ehe,
Um den ich itzo noch in tiefer Trauer stehe,
Der unsers Volkes Lust, der Feinde Schrecken ward,
Den ließ Pharnaces selbst, nach Meuchelmörder Art,
In einer strengen Schlacht durch Hinterlist ermorden:
Dieweil des Bruders Arm ihm selbst zu stark geworden.
Cato
O welch ein Bubenstück! Ich hab es nicht gewußt:
Doch rührt mich, Königin! der Schmerz in Eurer Brust.
Arsene
Ja glaubt nur, Cato, glaubt sein grausames Verfahren:
Weil Schwert und Arme stets von Lastern blutig waren.
Er hatte diesen Mord bishero ganz versteckt:
Nur gestern hat ihn mir der Bösewicht entdeckt,
Der selbsten dazumal das Blut Pacors vergossen,
Weil sein Gewissen ihm die Lippen aufgeschlossen.
Nun, da der Parther Reich in Fried und Ruhe steht,
Soll er der Bräutgam sein, der mir zur Seite geht!
Wer schon in Lastern steckt, wird insgemein verwegen.
Pharnaces wagte sich, mir Netz und Strick zu legen;
Er kam an unsern Hof und suchte mich zur Braut:
Ich ward ihm spinnenfeind, sobald ich ihn geschaut.
Und dennoch ließ ich mich, gleich zahmen Opfertieren,
Geduldig bis nach Rom zur Hochzeitfeier führen.
Doch hab ich Hymens Joch bisher noch nicht gesehn:
Der Römer Zwietracht machts, daß es noch nicht geschehn.
Der Krieg, Pompejens Fall und Cäsars Siegeszeichen,
Die ließen den Pharnaz aus seinem Staat nicht weichen.
Und dieses zwang auch mich, zu Euch, mein Herr, zu fliehn;
Nun kömmt er gleichfalls her, die Hochzeit zu vollziehn;
Wiewohl, ich wüßte nicht, was ich beginnen sollte,
Wenn seine Raserei mich irgend zwingen wollte.
Cato
Prinzessin, diese Stadt kann Eure Zuflucht sein,
Selbst Cato schließet sich in ihre Mauren ein.
Rom seufzet, und es steht das Capitol in Flammen!
Hier zieht die Freiheit noch die letzte Kraft zusammen,
Mit der die Republik gewiß zugrunde geht,
Und wenn sie einmal fällt, wohl niemals aufersteht.
Das beste Kriegesvolk hat sich hieher gezogen;
Doch ist uns sonderlich die Tugend selbst gewogen:
Sie schützet Turn und Wall, ja selbst die Billigkeit
Scheut hier die Waffen nicht und folgt uns in den Streit.
Hier laß ich unsern Rat noch einst zusammenkommen;
An Anzahl hat er zwar sehr merklich abgenommen:
Doch an der Hoheit nicht, so ihm die Tugend gibt,
Die mehr ein redlich Herz als Glanz und Ansehn liebt.
Hier können Könige noch eins so sicher wohnen,
Als wo man sie verehrt, als auf den höchsten Thronen.
Das Recht beschützt Euch selbst; drum dämpfet Gram und Pein
Und bauet nur, wie Rom, hinfort auf mich allein.
Mein Schicksal lenkt mich stets, die Bosheit zu bestreiten,
Und sollt ich mir dadurch mein eigen Grab bereiten!
Arsene
Nein, Herr, ich bitte, gebt der Ahndung kein Gehör!
Das höchstbedrängte Rom braucht so ein Haupt noch mehr,
Denn zweene können itzt nicht wohl entbehret werden,
Im Himmel Jupiter und Cato hier auf Erden.
Wiewohl, es kömmt vielleicht Pharnaz in kurzem her;
Darum entfern ich mich. Sein Anblick fällt mir schwer.
(Sie geht ab.)
Cato (allein)
Ich spüre neuen Trieb, Arsenen zu beschützen.
Allein, was seh ich doch aus ihren Augen blitzen?
Sie gleicht der Portia! Mein Kind lebt fast in ihr!
Doch, Phocas läßt sich seh'n; was will er doch bei mir?