Arsene. Phenice.
Arsene
Phenice, komm nur her, hier will ich mich verweilen;
Allhier soll Cato mir den besten Trost erteilen.
Von ihm erwart ich ihn, er ist der große Mann,
Auf den das freie Rom noch einzig bauen kann.
Ich selbst will ihm mein Glück und Leben anvertrauen,
Bei ihm will ich mich frei von so viel Wettern schauen,
Die mich bisher bestürmt. Mein Vater, wie man spricht,
Arsaces, hat nunmehr das letzte Lebenslicht
Mit Tod und Gruft vertauscht. Pharnaces aber lebet!
Und weil er sich hieher nach Utica erhebet:
So dringt das Unglück itzt ganz häufig auf mich ein,
So muß ich überall geplagt und trostlos sein.
Phenice
Prinzessin, soll der Held, vor dem sich Pontus beuget,
Der Euch so zärtlich liebt, Euch so viel Gunst bezeuget,
Sagt, soll Pharnaces nicht den Wunsch erfüllet sehn,
Als Euer Bräutigam...
Arsene
Er? Das wird nie geschehn!
Phenice
Warum entsetzt ihr Euch? Prinzessin, da die Mienen,
selbst die Seufzer Euch schon zu Verrätern dienen.
Umsonst verstellt Ihr Euch. Die Tränen fließen zwar:
Allein aus Liebe bloß. Gestehts nur, ists nicht wahr?
Arsene
Ich habe freilich mich bisher vor dir verstecket
Und meine Schwachheit noch kein einzigmal entdecket.
Mein Vater lebte noch. Wie hätt ichs wohl gewagt,
Da mir sein hartes Wort das Lieben untersagt?
Die Klugheit lehrte mich die Neigung zu verhehlen
Und aus Verstellung den, der ihm gefiel, zu wehlen.
Wie teuer kömmt uns doch der hohe Stand zu stehn!
Wie grausam pflegt man nicht mit Fürsten umzugehn!
Man ist in Wahrheit nicht sein eigner Herr zu nennen.
Ein unschuldvoller Trieb, davon die Herzen brennen,
Muß ein Verbrechen sein. Man opfert uns dem Staat,
Und wer aus Sehnsucht liebt, begeht den Hochverrat.
Doch, endlich hab ich nun als Königin zu sprechen:
Drum will ich gegen dich mein langes Schweigen brechen.
Ich will die Glut gestehn, davon mein Herze brennt,
Die noch kein Mensch gespürt und die noch niemand kennt.
Phenice, kannst du dich des Römers noch entsinnen,
Den Cäsar einst gesandt, den Vater zu gewinnen?
Phenice
Sehr wohl! Er zeigte sich in allem als ein Held.
Die Parther haben oft das Urteil selbst gefällt:
Es sei was mehr in ihm, als man geglaubt, vorhanden,
Weil sie bei ihm durchaus was Königliches fanden.
Arsene
O Himmel! Hätt ich es auch damals wohl gedacht,
Daß nur ein Augenblick, der mich entzückt gemacht,
Mir so viel Kümmernis und Tränen kosten sollte?
Denn als der Römer da den Einzug halten wollte
Und an des Vaters Hof sich würklich sehen ließ,
Empfand ich, daß er stets mein Auge nach sich riß.
Sein Ansehn, Gang und Blick schien ungemein und prächtig,
Und seine Majestät war meiner Brust zu mächtig.
Kurz, er bezwang mein Herz durch einen schnellen Sieg,
Weil ihm was Göttliches aus Stirn und Augen stieg.
Jetzt trotzt sein Heldenmut, in Cäsars Dienst, dem Glücke.
Und mein verliebtes Herz beweinet mein Geschicke.
Phenice
Prinzessin, kann es sein? Ists möglich, daß Ihr liebt
Und gleichwohl den nicht kennt, dem sich das Herz ergibt?
Wie heißt der Sieger denn?
Arsene
Ich kann ihn zwar nicht nennen,
Doch gab sein edles Tun ihn sattsam zu erkennen.
Denn wem das Schicksal schon die Krone zugedacht,
Nimmt gleich an andern wahr, was sie zu Fürsten macht.
Die Ahndung der Natur gibts heimlich zu verstehen
Und läßt sich nicht so leicht betrüglich hintergehen.
Doch, Cato kömmt bereits. Phenice, siehst du nicht,
Daß seiner Weisheit Strahl durch Schmerz und Kummer bricht.
Bewundre doch den Held! Er hat nicht seinesgleichen,
Die Götter haben ihn mit vielen Unglücksstreichen
Bisher umsonst versucht. Er steht noch immer fest:
Weil ihn sein starker Mut nicht einmal wanken läßt.
Er bleibet gleichgesinnt bei allen ihren Schlägen
Und setzet ihrem Zorn nichts als sich selbst entgegen.
Ein vielmal größer Lob!