Cato und Phocas.
Cato
Wie? Soll mein eigen Blut mir Brust und Herz zerreißen?
Was? Eine Königin soll Catons Tochter heißen?
Ihr Götter! Schützt ihr so des Cäsars Tyrannei
Und stürzt das arme Rom in seine Sklaverei?
Ihr gebt mir zwar mein Kind durch eure Gunst zurücke,
Allein, es ist dabei ein Scheusal meiner Blicke.
Ihr Anblick war mir lieb; doch dein zu strenger Schluß,
Verhängnis! kehrt die Lust in Jammer und Verdruß.
Wie kann mir Portia im Kronenschmuck gefallen?
Mein Blut erlaubt es zwar, doch Rom verbaut es allen!
Ach! Cato, diesmal kann, zu deiner größten Pein,
Ein zärtlich Vaterherz kein römisch Herze sein.
Nein, nein, sie soll und muß des Thrones sich entschlagen!
Nur eilend, bringt sie her, der Herrschaft abzusagen.
Phocas
Wie das, Herr? Wird denn itzt nicht zu des Reiches Heil,
Durch des Geschickes Huld, ihr Zepter uns zuteil?
Ihr seht ja, wie es steht. Wird uns vor Cäsars Waffen
Ein Utica mehr Schutz als Afrika verschaffen?
Wird das verjagte Rom in dieser Mauren Kreis
Vor ihm gesichert sein? Nein, Cato, nein, ich weiß,
An Beistand fehlt es uns! Sonst hat der Krieg ein Ende,
Und Rom gerät nebst uns dem Sieger in die Hände.
Ja, glaubt, die Königin, als Eure Tochter, stellt
Zu unsrer Freiheit Schutz ein parthisch Heer ins Feld.
Entdeckt ihr, wer sie ist, und lehrt sie ihr Geschlechte:
Doch laßt ihr Thron und Reich und bringet Rom zurechte.
Das Schicksal war Euch hold, drum helft ihm selber nun;
Sein Beistand machts nicht aus; man muß das Seine tun!
Cato
Welch unerhörter Rat! Meinst du daß Freveltaten
In einer Tugend Dienst auch tugendhaft geraten?
Betrüge dich doch selbst mit leerer Hoffnung nicht!
Mit was vor einer Stirn, mit welchem Angesicht
Würd ich, und Rom dazu, durch ungerechte Waffen
Des angemaßten Reichs, der Freiheit Hülfe schaffen?
Da schlüge Jupiter mit Blitz und Donner drein!
Vielmehr soll Utica mein Scheiterhaufen sein.
Wir würden sträflicher als Cäsar selber werden.
Was recht und billig ist, sonst rührt mich nichts auf Erden!
Tyrannen helfen sich durch Schand und Laster auf;
Doch wer die Tugend liebt, geht lieber selbst darauf.
Die Götter haben selbst, im Aufruhr jener Riesen,
Sich zornig und gerecht, nicht lasterhaft erwiesen.
Wir sind bestürmt, wie sie, bedrängt und kummervoll;
Was hinderts, daß man nicht der Tugend folgen soll?
Phocas
Sitzt Portia denn nicht mit Recht auf ihrem Throne?
Die Götter fehlen nie, die schenkten ihr die Krone!
Bedünkts uns ungerecht? Ach! Unser Augenschein
Kann hier von ihrem Tun kein rechter Richter sein;
Man unterwerfe sich nur dem, was sie befehlen;
Schlagt nie das Mittel aus, so sie uns selber wehlen.
Zum mindsten macht uns erst ein Opfer beim Altar
Des Schicksals letzten Schluß im Eingeweide klar.
Cato
Wer? Ich sollt allererst in toten Opfertieren
Des Gottes, der mich treibt, Befehl und Willen spüren?
Der mir doch damals schon, eh ich das Licht erblickt,
Den Trieb zur Billigkeit in Herz und Sinn gedrückt.
Der lenkt ohn Unterlaß mein Tichten und mein Trachten
Und treibt mich, lebenslang die Tugend hoch zu achten,
Dem Laster feind zu sein, so mächtig es auch ist;
Gesetzt, daß ich dabei zugrunde gehen müßt!
Der lehrt mich, Rom sei nur zur Freiheit auserkoren
Und habe die Gewalt der Könige verschworen.
Ja, der beut uns auch itzt der Parther Zepter an,
Zur Prüfung, ob man ihn beherzt verschmähen kann?
Drum laßt uns standhaft sein und solchen Beistand fliehen!
Die Tugend weiß uns schon aus der Gefahr zu ziehen.
Man rücke nur getrost auf den Tyrannen los,
Und jedes Herze sei von edler Hoffnung groß.
Darf uns nur künftig nichts von unserm Tun gereuen,
So sind wir stark genug, Tyrannen zu zerstreuen.
Allein, Pharnaces kömmt. Geh zu der Tochter hin,
Doch sag ihr noch kein Wort, daß ich ihr Vater bin;
Auch Artaban sei still. Ich wills ihr selber sagen
Und sehn, ob ihr Gemüt auch aus der Art geschlagen?