Die andere Handlung

Erster Auftritt

Domitius. Phocas.

Domitius
So kömmt denn Cato her, mein Phocas?

Phocas
Wie gesagt;
Er selbst versprach es mir, als ich darnach gefragt.
Allein, ich wundre mich und kanns Euch nicht verschweigen,
Schickt Cäsar Euch denn her, was Gutes anzuzeigen?
Will er den schweren Krieg, der längst die Welt gedrückt,
Vielleicht geendigt sehn? Wohin das Auge blickt,
Da sieht man auch die Spur der rasenden Soldaten
In so viel rauchenden und ganz verheerten Staaten.

Domitius
Ich tu es alsobald dem Cato selber kund.
Ihr wißt, wer Fürsten dient, hält gerne reinen Mund.
Doch geht indessen nur zur Königin und saget:
Daß Pallas sich mit mir an diesen Ort gewaget,
Weil er was Heimliches ihr hinterbringen soll.

Phocas
Ich gehe. (Phocas geht ab.)

Domitius
Cäsar ist zwar ruhm- und ehrenvoll:
Doch liebt sein tapfres Herz im Kriegen und im Streiten
Der Parther Königin, Arsenens Lieblichkeiten.
Doch Cato kommt bereits. Sein Anblick bringt in mir
Viel Ehrerbietigkeit vor so ein Haupt herfür.

Der andere Auftritt

Cato. Domitius.

Cato
Wohlan! Domitius, was habt Ihr mir zu sagen?

Domitius
Ich hab Euch auf Befehl des Cäsars vorzutragen -

Cato
Wie? Cäsar gibt Befehl, und Ihr gehorcht ihm gern?

Domitius
Ja freilich.

Cato
Armer Sklav! Leibeigner deines Herrn!
Das heißt der Eltern Grab durch deinen Schimpf entehren;
Die wollten in der Welt von keinen Herren hören!
Ists möglich, daß in dir des großen Brutus Blut,
Von dem du stammen willst, nicht bessre Regung tut?
Half nicht sein tapfrer Mut, aus Abscheu vor Tyrannen
Die königliche Macht aus Latien verbannen?
Und du, sein echter Sohn! führst solche wieder ein,
Ja willst ein Römer bloß zu Roms Verderben sein?

Domitius
Welch Laster ist es denn? Er ist ja Bürgemeister!

Cato
Ja, sprich vielmehr, Tyrann und Haupt der Plagegeister;
Hat ihm wohl Rat und Volk, wie man vordem geschaut,
Das Bürgemeisteramt gutwillig anvertraut?
Verwegenheit und List sind deines Herren Rechte,
Verheert und plagt er nicht das menschliche Geschlechte?
Es ist ja seine Lust, wenn er nur Tränen sieht
Und das sonst freie Rom zum Sklavenjoche zieht.
Ja, wo die Götter uns nicht augenscheinlich retten,
So legt der Wütrich noch die ganze Welt in Ketten.

Domitius
Ach, gebt dem Neide doch nicht alsofort Gehör!
Sein unverschämtes Maul verlästert ihn zu sehr;
Er sucht nur überall die Gleichheit einzuführen.
Meint Ihr, ich wollte selbst die Freiheit gern verlieren?
So wahr ich römisch bin! Bei aller Götter Macht
Beteur ichs hier vor Euch, daran ist nie gedacht!
Wenn das die Absicht wär, ich wollt ihn selber fällen,
Ich selber würde gleich zum wütenden Rebellen.
Da würde diese Faust der Freiheit Schutz genannt
Und Cäsars Freundschaft ganz aus meiner Brust verbannt.
Doch itzt gehorch ich ihm und tu es ohne Sünde:
Weil ich den Gegenpart weit ungerechter finde.
Denn steht ihm Cato bei, das macht: Ein großes Herz
Erleichtert immer gern der Unterdrückten Schmerz.

Cato
Ihr schmeichelt mir umsonst; wer Cäsarn billig nennet,
Der hat mich selber schon vor ungerecht erkennet.
Glaubt mir, Domitius, Ihr kennt noch Cäsarn nicht;
Die Larve deckt noch stets sein falsches Angesicht.
Besiegt er mich dereinst, dann werdet Ihr ihn kennen
Und Euch, wiewohl zu spät, von ihm betrogen nennen.
Wir haben oftmals schon das Laster erst erblickt,
Wenn es durch unsre Schuld uns gänzlich unterdrückt.
Den strafet ein Tyrann zuallererst am Leben,
Der ihm behülflich war, ihn auf den Thron zu heben.
Erzittre! - Doch genug; nun mache mir bekannt,
Warum man dich hieher nach Utica gesandt?

Domitius
Herr, Cäsar wollte gern, der Römer Wohlfahrt wegen,
Mit Euch allein allhier was Großes überlegen.

Cato
Er komme, wenn er will; ich bin darzu bereit:
Allein, was fordert er zu seiner Sicherheit?

Domitius
Auf Eure Tugend, Herr, ist sicher gnug zu bauen:
Wiewohl Pharnaz ist hier; dem ist nicht wohl zu trauen.

Cato
In Utica ist er mir gleichfalls untertan.
Dies Schloß, darin wir sind, stößt an die Mauren an
Und schützt die ganze Stadt. Wir Römer halten Wache,
Daher bedarf es nicht, daß man sich Sorgen mache.
Pharnaz ist ohnedem am Ufer bei der See
Und forscht, wie es allda um seine Flotte steh.
Sein Volk darf näher nicht nach unsern Toren dringen;
Man gibt auf alles acht, auf ihn vor allen Dingen.
In diesem Schlosse nun kann es gar leicht geschehn,
Daß Cäsar mit mir spricht, eh ihn ein Mensch gesehn.
Entfernen nemlich sich die nahen Legionen,
So will ich auch das Tor mit der Besatzung schonen:
So ist vor ihn und mich vollkommne Sicherheit.
Doch in des Herzens Grund dringt Cato jederzeit!
Mein Blick reißt jedermann die Larve von den Augen,
Die reine Wahrheit nur, sonst kann vor mir nichts taugen.
Das tut dem Cäsar kund! Des Redens Überfluß
Verblendet mich nicht so wie den Domitius.

(Er geht ab.)


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