Die Vorigen. Paul.
Paul zu Jungfer Lottchen. Was befehlen Sie?
Jungfer Lottchen. Bringt Caffee!
Der Diener geht ab.
Herr Reinhart lächelnd. Sie werden also Ihren Zweck hier sehr schlecht erreichen, da Sie studierens wegen hergekommen sind?
Herr Vielwitz. Studierenswegen bin ich eben nicht hiergekommen. Ich habe nur im Sinne gehabt, das was ich zu Hause gehöret, nicht ganz und gar zu vergessen! Allein ehe ich das elende Zeug anhören wollte, ehe wollte ich in ein Jahr nicht aus meine Stube gehen.
Jungfer Lottchen. Ey: wenn ich an Ihrer Stelle wäre, so reisete ich gleich wieder nach Hause, und wiese den Leipzigern, auf was für Lehrer sie sich erst geschickt machen müßten, wenn ich bey ihnen studieren sollte.
Herr Vielwitz. Es ist nun in meiner Vaterstadt der Schlendrian, daß wir erst drey oder vier Jahre auf die hohen Schulen das vergessen müssen, was wir zu Hause gelernet haben.
Herr Reinhart. Das ist ja erbärmlich!
Jungfer Lottchen. Schade, um so viel treffliche Gelehrsamkeit!
Herr Reinhart. Zum mindesten aber könnten Sie doch in dieser Zeit der Welt mit Schriften dienen. Es giebt ja mehr große Geister, die kaum von der Schule kommen, und auf der Akademie nichts zu thun wissen, als daß sie gleich Scribenten werden.
Herr Vielwitz. Ich habe freylich an Leibnitzens seiner Infinitesimalrechnung und an des Aristoteles Poetik verschiedene wichtige Puncte auszusetzen gefunden. Vielleicht mache ich mir einmal darüber. Allein wie viel gute Namen wird das nicht kosten. Wie viel Stümper werden da nicht zum Vorscheine kommen! die man bisher für große Leute gehalten, und die doch diesen zween Leuten alles nur so treuherzig nachgebethet haben.
Jungfer Lottchen lächelnd. Ey! mit denen wollte ich gar kein Mitleiden haben. Wenn sie solche blinde Affen gewesen sind: so mögen sie sichs auch gefallen lassen, daß sie mit zu Schanden werden.
Hier kömmt der Diener und bringt einen Caffeetisch mit dem Geräthe, Jungfer Lottchen schenkt ein.
Herr Vielwitz. Es taugt hernach, wenn ich meine Anmerkungen über dem Aristoteles fertig habe, darinn ich seine Regeln widerlege, keine Poetik, weder bey die Franzosen, noch bei die Deutschen was.
Herr Reinhart. Haben wir denn dieß Werk bald zu hoffen?
Herr Vielwitz. Das kann ich nicht sagen. Es liegt zwar schon fertig: denn ich habe es, die Wahrheit zu sagen, gemacht, wie ich noch in die Schule auf Secunda war: allein wenn man doch schon eine gewisse Reputation für sich hat . . .
Jungfer Lottchen. Freylich! die darf man so nicht ins Gelag hinein wagen. Zumal wenn sie noch so frisch ist. Sie giebt ihm ein Schälchen Caffee, dem Reinhart auch.
Herr Vielwitz. trinkt. Das ist ein schöner Caffee! Mademoiselle, was geben Sie davor.
Jungfer Lottchen. Ey! solche große Gelehrten, die müssen nicht wissen, was solche Kleinigkeiten in der Haushaltung kosten!
Herr Vielwitz. Ja, das ist nun einmal meine Schwachheit, daß ich das alles wissen muß. Da kann ich nicht vor. Ich will es Ihnen sagen. Vor den Caffee haben Sie höchstens 20 Gr. gegeben: denn bey uns kostet er 16 Gr. schwer Geld.
Herr Reinhart. Nun das ist wahr! Ich schmecke wohl, daß der Caffee sehr gut ist: aber zu schmecken: was er kostet, dazu ist meine Zunge zu dumm.
Herr Vielwitz nimmt ein Stück Zucker vom Schälchen. Und vor den Zucker? Er besieht ihn. Wo Sie vor den Zucker mehr als 22 Rthlr. vor den Centner gegeben haben! so sind Sie betrogen.
Herr Reinhart. Sie haben von Ihrem Herrn Vater die Preise besser gelernet, als ich von meinem.
Jungfer Lottchen. Nein, Herr Vielwitz, ich verliere alle Hochachtung gegen Ihre zukünftige gelehrte Schriften; wo Sie die Preise von mehrern Eßwaaren wissen.