Theodorus. Cassandra. Violandra. Serenus. Eubulus. P. Squentz.
Theodorus.
Wir erfreuen uns höchst / das wir den nunmehr vergangenen
Reichs-Tag glücklich geendet / auch anwesende Abgesandten
mit guter Vergnügung abgefertiget / mit was Kurtzweil Herr
Marschalck passiren wir vorstehenden Abend?
Eub.
Durchläuchtigster König / es hat sich verwichene
Tage ein Seichtgelehrter Dorff-Schulmeister nebens etlichen seines
gleichen bey mir angemeldet / welcher willens vor ihrer Majestät
eine kurtzweilige Comoedi zu agiren, weil ich denn dieselbe sehr
annehmlich befunden / in dem ich dem Versuch beygewohnet; habe
ich die gantze Gesellschafft auff diesen Abend herbeschieden /
und zweiffele nicht / ihre Majestät werden sich ob der guten
Leute Einfalt und wunderlichen Erfindungen nicht wenig erlustigen.
Cassandra.
Wir sehen sehr gerne Comoedi und Tragoedien. Was Jnhalts deß
Spieles lassen sie anmelden.
Eub.
Durchläuchtigste Princessin sie haben mir ein groß
Register voll überreichet / aus welchen Jhrer Majestäten
frey stehet auszulesen / was sie am angenehmsten düncket.
Seren.
Leser uns doch die Verzeichnüß.
Eub.
Ein schön Spiel von der Verstörung Jerusalem. Die
Belägerung von Troja. Die Comoedia von der Susanna. Die Com.
von Sodom und Gomorrha. Die Trag. von Ritter Petern mit dem Silbernen
Schlüssel. Vom Ritter Pontus. Von der Melusina. Von Artus
und dem Ostwind. Von Carolus quinque. Die Comoedie von Julius
unus. Vom Hertzog und dem Teuffel. Ein schön Spiel lustig
und traurig / kurtz und lang / schrecklich und erfreulich von
Piramus und Thisbe hat hinten und forn nichts / niemals vor tragiret
und noch nie gedrucket / durch Peter Squentz Schulmeistern daselbst.
Seren.
Es scheinet die guten Schlucker können keine als die
letzte / darumb sie denn solche sonderlich außgestrichen
/ ruffet nur den Principal selber herein / ich muß mich
was mit ihm unterreden.
Eub.
Durchläuchtigster Fürst / es ist ein schlechter
guter Mann / er wird sich zweifels ohn entsetzen / und damit kommen
wir umb die Comoedi und verhoffte Lust.
Seren.
Fodert ihn herein / wir wollen schon wissen mit ihm umbzugehen.
Eub.
Dieses ist die bewuste Person / Durchläuchtigster Fürst.
Seren.
Seyd ihr der Author der Comoedi?
P. Sq.
Ja mit züchten zu melden Juncker König.
Theodor.
Von wannen seyd ihr?
P. Sq.
Tugendsamer Herr König ich bin ein Ober-Länder.
Theodor.
Wo habt ihr studiret?
P. Sq.
Jm Mägdeflecken auff der Neustad.
Theodor.
Was habt ihr studiret?
P. Sq.
Jch bin ein Universalem, das ist in allen Wissenschafften
erfahren.
Theodor.
Wo haltet ihr euch auff?
P. Sq.
Vor diesem bin ich wolbestelter Glockenzieher deß Spittelglöckleins
gewesen / weil ich mich aber aber diese massen auff die Music
deß Glockengeklanges verstanden / bin ich nun mehr zu Rumpel-Kirchen
wolbestelter Handlanger des Wortes Gottes / das ist Schreiber
und Schulmeister auch Expectant deß Pfarr-Ampts / wenn die
andern alle werden gestorben seyn.
Theodor.
Seyd ihr denn auch tüchtig darzu?
P. Sq.
Ja freylich / in der gantzen Welt sind 4. Theil / Europa,
Asia, Africa und America, unter diesen ist Europa das vornembste
/ in Europa sind unterschiedene Königreiche / als Spanien
/ Portugall / Franckreich / Deutschland / Moschkau / Engelland
/ Schottland / Dennemarck und Pohlen / unter allen aber ist Ober-Land
das vornembste / weil es über Niederland / Oberland wird
getheilet in Groß- und Klein-Oberland. Groß-Oberland
hat den Vorzug / dannenhero heist es auch groß. Jn groß
Ober-Land sind unterschiedene Creisser / als der Niesische / Gryllische
/ Würmische mit ihren vornehmsten Städten / als Fortzenheim
/ Narrenburg / Weißfischhausen / Kälberfurtz / Mägdeflecken.
Diese letztere ist die trefflichste / denn die Mägdlein oder
Jungfern haben wieder den Vorzug / denn sie gehen voran. Zu Mägdeflecken
gibt es unterschiedene Gassen / als die lange / die breite / die
enge / die rechte / die krumme / die Rosmarin-Gassen. Die Graupen-Gasse.
Die Kerbe-Gasse. Die Lilien-Gasse / welche andere mit Verlaub
aus Haß und Neyd die Dreck-Gasse nennen / unter allen ist
die Lilien-Gasse die trefflichste / denn auff derselben wohneten
vor Zeiten viel vornehme gelehrte Leute / als Meister Girge Hackenbanck
/ Matz Stroschneider / Meister Bulla-Butän / Meister Kricks
über und über und Meister Klipperling / unter allen
aber war ich der vornehmste. Ergò kan es nicht fehlen ich
bin der vornehmste Mann in der gantzen Welt / das ist in Europa,
Asia, Africa und America, ist mir niemand gleich.
Theodor.
Wir nehmen mit höchster Verwunderung an was ihr vorbringet
/ und erfreuen uns / daß wir so statliche und treffliche
Leute in unserm Lande haben.
Seren.
Aus so vielen Comoedien, die ihr zu agiren willens / begehren
Jhre Majestat die erste zu sehen / von der Verstörung Jerusalem.
P. Sq.
O potz tausend felten.
Seren.
Was sagt ihr darzu? nun wie stehet ihr so / was krümmert
ihr lange im Kopffe?
P. Sq.
Die wolten wir wol tragiren, aber ihr müst uns zuvor
Jerusalem lassen bauen / da wolten wir es zustören und einnehmen.
Seren.
Wie stehets denn mit der Belägerung von Troja?
P. Sq.
Es ist ein Ding.
Seren.
Und was macht denn die schöne Susanna?
P. Sq.
Wir wolten die wol tragiren, aber es werde übel stehen
vor dem Frauen Zimmer / wann sich die Susanna nackend baden solte.
Seren.
Was sagt ihr denn zu Sodom und Gomorrha?
P. Sq.
Die wolten wir wol tragiren, aber es werde viel Feuerwerck
dazu gehören / wir möchten vielleicht den Teuffel gar
anzünden.
Seren.
Was sol man denn mit Rittern Peter machen?
P. Sq.
Die wolten wir wol tragiren, aber ihr müsset noch 14.
Tage darauff harren.
Seren.
Wie stehets denn mit Ritter Pontus?
P. Sq.
Die wolten wir wol tragiren, aber Ritter Pontus ist uns daraus
gestorben.
Seren.
Können wir die Melusinen sehen?
P. Sq.
Das hat Meister Lollinger wider mein Wissen und Willen dazu
gesetzet / den lasse ichs verantworten.
Seren.
Sol denn Artus und der Ostwind mit einander fechten?
P. Sq.
Die wolten wir wol tragiren, aber der / der den Ostwind tragiret,
ist itzt zu Schlieren Schlaff nach Wolle gezogen / könnet
ihr geduld haben / biß er wieder komt / so wollen wir sehen
/ wie wir das Spiel zuwege bringen.
Seren.
Was ist denn Carolus quinque vor einer gewesen?
P. Sq.
Er ist seines Namens der Erste gewesen / Julius unus der Andere
/ aber zu dem ersten mangeln uns die Kleider/ und in der andern
Comoedi ist zu viel Lateinisch. Es wurde dem Gestrengen Frauen-Zimmer
nur verdrüßlich fallen.
Seren.
Könnet ihr denn den Hertzog und den Teuffel einführen?
P. Sq.
Das könten wir wol thun / aber es würde erschrecklich
seyn / wenn der Teuffel kommen solte / die kleinen Kinder würden
so drüber weinen / daß man sein eigen Wort nicht vernehmen
könte.
Seren.
Nun ich sehe / ihr seyd sehr wol ausgerüstet / es mangelt
nun nichts mehr als die letzte von Pyramus und Thisbe.
P. Sq.
Die wollen wir euch den Augenblick hermachen.
Seren.
Jhre Majestät verstehen den Titul nicht wol / könt
ihr uns denselben nicht etwas erklären?
P. Sq.
Das kan ich besser als der Cantzler.
Theodor.
Bey Gott P. Sq. düncket sich keine Sau zu seyn.
P. Sq.
Ein schön Spiel / schön wegen der Materie, schön
wegen der Comoedianten und schön wegen der Zuhörer /
lustig und traurig / lustig ists weil es von Liebes-Sachen handelt
/ traurig weil zwey Mörde drinnen geschehen / kurtz und lang
/ kurtz wird es euch seyn / die ihr zusehet / uns aber lang /
weil wir es auswendig lernen müssen. Schrecklich und erfreulich
/ schrecklich weil ein grosser Löwe / so groß als ein
Affe drinnen ist / dahero es auch wol Affentheuerlich heissen
mag. Erfreulich / weil wir von Jhr Gestr. eine gute Verehrung
gewertig sind / hat hinten und forn nichts / ihr sehet wie die
Comoedi gebunden ist / sie hat vornen nichts und hinten auch nichts.
Niemals vor tragiret und noch nie gedrucket. Jch bin erst vor
3. Tagen mit fertig worden / derowegen ist nicht glaublich / daß
sie zuvor tragiret oder gedruckt sey.
Theodor.
Sie wird ja aber in künfftig gedrucket werden.
P. Sq.
Ja freylich / und ich wil sie Jhrer Majestät dediciren,
durch P. Sq. der bin ich / Schulmeister daselbst / das ist zu
Rumpels-Kirchen.
Cassandra.
Wer wolte das errathen?
P. Sq.
Wer es nicht kan / dem steht es frey / daß er es bleiben
lasse. Jch richte mich nach dem Cantzley Stylo. Neulich bekam
ich einen Brieff / der war unterschrieben datum Kunrathsheim durch
Peter Aschern / Stadtschreibern daselbst. Bin ich nicht so gut
als er?
Seren.
Jhr habt euch sehr wol verantwortet / Herr Marschalck man
lasse sie in dessen tractiren. Nach vollendeter Abendmalzeit stellet
euch mit euren Gehülffen auffs fertigste ein.
P. Sq.
Ja / ja Juncker König / ja.
Serenus.
Bey Gott Herr Marschalck / ihr habet statliche Kurtzweil angerichtet
/ wo die Tragoedi so anmuttig / wie sich der Anfang anlässet
/ wird unter den Zusehern niemand eines Schnuptuches zu Abtrucknung
der Threnen bedürffen.
Cassandra.
Es wäre denn daß sie im Lachen hervor dringen.
Eubul.
Jhre Majestät werden Wunder sehen und hören / ich
hätte selbst nimmermehr vermeinet / daß so vortreffliche
Geschickligkeit in Herren Peter Squentz vergraben.