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Kratinus, Eupolis und Aristophanes nebst allen andern Dichtern von der alten Komödie, nahmen sich die Freiheit, jeden, den böse Sitten oder Übeltaten der Ahndung würdig machten, auf die Bühne zu stellen; und kein Taugenichts, kein Dieb, kein Ehebrecher und kein Mörder war vor ihrem Strafamt sicher. Dies Verdienst hat sich bei uns Lucilius gemacht, als der, die Versart ausgenommen, sich genau an jene Muster hielt; ein Mann von Witz und feiner Nase, nur ein harter Verseschmied. Der Fehler lag bloß darin, daß er oft in einer Stund', und (falls es eine Wette gegolten hätt') auf einem Beine stehend, zweihundert Verse wegdiktierte, und auf diese Fertigkeit, als etwas Großes, viel zugut sich tat. Kein Wunder, wenn's ihm dann so trübe floß und seinen Versen immer was abzuwischen ist! Der gute Mann | Eupolis atque Cratinus,
Aristophanesque poetae atque alii, quorum comoedia prisca virorum est, siquis erat dignus describi, quod malus, aut fur, quod moechus foret aut sicarius, aut alioqui <5> famosus, multa cum libertate notabant. Hinc omnis pendet Lucilius, hosce secutus, mutatis tantum pedibus numerisque: facetus, emunctae naris, durus componere versus. Nam fuit hoc vitiosus: in hora saepe ducentos, <10> ut magnum, versus dictabat, stans pede in uno. Cum flueret lutulentus, erat quod tollere velles; | |
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war etwas schwatzhaft, und zu arbeitscheu zum Schreiben; gut zu schreiben, mein' ich; denn daß er viel schreibt, streit' ich ihm nicht ab1). Crispinus fodert mich heraus: »Nimm«, sagt er, »wenn du willst, ein Buch Papier, ich auch; man geb' uns Ort und Stunde auf, und Wächter, und es wird sich zeigen, wer am meisten von uns beiden schreiben kann.« Dank sei den guten Göttern, daß sie mich so arm und klein an Geist gemacht, um selten und wenig nur zu reden. Du, Crispin, magst, wenn dir wohl dabei ist, immerhin den Blasebälgen gleichen, die den Wind, wovon sie schwellen, von sich keuchen, bis das spröde Eisen in der Glut erweicht. Wie glücklich Fannius ist, sein Bild und seine Werke zu ganzen Schränken voll, mit öffentlichem Beifall in Roms Museum aufgestellt zu sehen2)! Mir freilich wird's so gut nicht werden: denn | garrulus, atque piger
scribendi ferre laborem, scribendi recte; nam ut multum, nil moror. Ecce Crispinus minimoa) me provocat: »Accipe, si vis, <15> accipiam, tabulas; detur nobis locus, hora, custodes, videamus uter plus scribere possit.« Di bene fecerunt, inopis me quodque pusilli finxerunt animi, raro et perpauca loquentis. At tu conclusas hircinis follibus auras, <20> usque laborantes, dum ferrum molliat ignis, ut mavis, imitare! Beatus Fannius, ultro delatis capsis et imagine: cum mea nemo | |
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wer lieset was ich schreibe? da mir's selbst an Mut es vorzulesen fehlt; wohl wissend, daß diese Art von Schriften manchen gar nicht wohl behagt, indem die meisten eben die Tadelhaften sind. Greift, wo das Volk ein wenig dichte steht, den ersten besten heraus er ist an Habsucht oder Ehrgeiz krank; den machen Weiber, jenen Ganymede zum Gecken; diesen reizt der Glanz des neuen Silbers, vor altem Erzt steht Albius außer sich3). Ein andrer der im Osten Waren holt, sie mit Gewinn im Westen umzusetzen, stürzt sich, Hals über Kopf, aus bloßer Furcht sein Haufen möchte schwinden, oder aus Begier ihn zu vermehren, in die größten Übel. Natürlich fürchten diese wackern Leute vor Versen sich, und hassen den Poeten4). »Weicht ihm von weitem aus! Seht ihr denn nicht das Heu um seine Hörner? Weicht ihm aus5)! | scripta
legat, vulgo recitare timentis, ob hanc rem quod sunt quos genus hoc minime iuvat, utpote plures <25> culpari dignos. Quemvis media arripeb) turba, aut ob avaritiam aut misera ambitione laborat; hic nuptarum insanus amoribus, hic puerorum; hunc capit argenti splendor, stupet Albius aere; hic mutat merces surgente a sole, ad eum quo <30> vespertina tepet regio; quin per mala praeceps fertur, uti pulvis collectus turbine, nequid summa deperdat metuens, aut ampliet ut rem: omnes hi metuunt versus, odere poetam. »Faenum habet in cornu, longe fuge! dummodo risum | |
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Es ist ein Mensch, der, um sich nur die Haut recht voll zu lachen, keines Freundes schont, und dem's, sobald er etwas aufs Papier gekleckt, nicht wohl ist, bis es alle Knechte und alte Weiber wissen, die vom Bäcker und vom Teiche kommen.« Höret nun, was ich mit wenigem hierauf zu sagen habe. Vor allen Dingen nehm' ich aus dem Häufchen, dem ich den Dichternamen zugestehen möchte, mich selber aus6). Dazu gehört schon mehr als einen runden Vers zu drehen wissen; und wer, wie ich, in einer Sprache, die so nah an die gemeine angrenzt, schreibt, ist darum lange noch kein Dichter. Dem, der Dichtergeist, der eine mit den Göttern verwandte Seele hat, und dessen Mund erhabene Gedanken und Gefühle in mächt'gen Tönen ausströmt, dem allein gebührt die Ehre dieses schönen Namens. Man hat daher die Frage aufgeworfen, ob die Komödie ein Gedicht zu nennen sei7), | <35>
excutiat sibi, non hic cuiquam parcet amico; et quodcumque semel chartis illeverit, omnes gestiet a fumo redeuntes scire lacuque et pueros et anus.« Agedum, pauca accipe contra. Primum ego me illorum, dederim quibus esse poetis, <40> excerpam numero: neque enim concludere versum dixeris esse satis, neque, si quis scribat, uti nos, sermoni propiora, putes hunc esse poetam. Ingenium cui sit, cui mens divinior, atque os magna sonaturum, des nominis huius honorem. <45> Idcirco quidam, comoedia, necne, poema | |
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da ihr's sowohl in Sachen als in Worten an Schwung und Feuer fehlt, und ihre Sprache von der gemeinen nur durchs Silbenmaß sich unterscheidet. »Aber glüht und stürmt der Vater nicht im Lustspiel, wenn er seinem heillosen Sohn den Text liest, der, aus toller Liebe zu einer feilen Dirne, eine Braut mit großem Mahlschatz sinnlos ausschlägt, oder in trunknem Mut, mit Fackeln (pfui der Schande!) bei hellem Tage durch die Straßen zieht.« Gut! würde, meint ihr, wohl Pomponius8) aus seines Vaters Munde, falls er noch bei Leben wäre, schwäch're Dinge hören? Es ist demnach nicht allerdings genug in Versen, wo die Sprache nie die Grenzen der Prose überschreitet, so zu schelten, daß, wie das Metrum aufgelöset wird, ein jeder andrer Vater eben so wie der verlarvte schnaubte. Nehmet dem, was ich soeben schreibe, oder was Lucil vor mir geschrieben, Rhythmus und Mensur, | esset, quaesivere: quod acer
spiritus ac vis nec verbis nec rebus inest, nisi quod pede certo differt sermoni, sermo merus. »At pater ardens saevit, quod meretrice nepos insanus amica <50> filius, uxorem grandi cum dote recuset ebrius et, magnum quod dedecus! ambulet ante noctem cum facibus.« Numquid Pomponius istis audiret leviora, pater si viveret? Ergo non satis est puris versum perscribere verbis, <55> quem si dissolvas, quivis stomachetur eodem quo personatus pacto pater. His, ego quae nunc, olim quae scripsit Lucilius, eripias si | |
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und stellt, was nun das letzte ist, voran, was bleibt uns Dichterisches? Tut dasselbe, wenn Ennius singt: die schwarze Zwietracht hatte kaum des Krieges Eisentore aufgesprengt, ihr werdet auch in den zerstückten Gliedern den Dichter9) wieder finden. Im Vorbeigehn dies! Ob diese Art von Schriften Poesie zu nennen sei, ein andermal! Jetzt soll nur noch die Frage sein, geneigter Leser, ob sie mit Grunde dir verdächtig sei. Dort kommen gleich mit Klaglibellen in der Hand, erhitzt und heischer, Sulcius und Caprius gelaufen, aller Straßenräuber Schrecken! Wer aber reine Hände hat, bekümmert sich wenig um den einen und den andern. Wenn du nun auch den Räubern Cölius und Birrus noch so ähnlich wärst, und ich bin weder Caprius noch Sulcius, was brauchst du mich zu fürchten? Meine Schriften liegen in keiner Bude, sind an keinem Pfeiler | tempora certa modosque, et quod
prius ordine verbum est posterius facias, praeponens ultima primis: <60> non, ut si solvas »postquam discordia taetra belli ferratos postes portasque refregit«, invenias etiam disiecti membra poetae. Hactenus haec; alias, iustum sit necne poema: nunc illud tantum quaeram: meritone tibi sit <65> suspectum genus hoc scribendi. Sulcius acer ambulat et Caprius, rauci male, cumque libellis, magnus uterque timor latronibus! at bene si quis et vivat puris manibus, contemnat utrumque. Ut tu sis similis Coeli Birrique, latronum, <70> non ego sim Caprii neque Sulci, cur metuas me? | |
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den schmutzigen Fingern aller Pflastertreter und des Tigellius Nase Preis gegeben10). Auch les' ich niemals vor, als meinen Freunden, (und da nur weil ich muß) nicht überall noch jedermann. Es gibt ja derer g'nug die ihre Werke mitten auf dem Markte, ja gar im Bade lesen. Ein verschloßner Ort hallt einem seine Stimme, sagen sie, so angenehm zurück. Ein feiner Zeitvertreib für Müßiggänger, deren kleinster Kummer ist zur Unzeit was zu tun und ohne Sinn. »Und du«, so hör' ich sagen, »machst dir eine Lust und ein Geschäfte draus, aus bösem Willen den Leuten weh zu tun!« Wo nimmst du das? Hat etwa deren einer dir's vertraut mit denen ich gelebt? Den Mann, der hinterm Rücken des Freundes Ruhm benagt, ihm gegen fremden Tadel das Wort nicht redet, der ein loser Vogel zu heißen und, sobald sein Mund sich öffnet, ein berstend Lachen zu erregen stolz ist, | Nulla taberna meos habeat
neque pila libellos, queis manus insudet vulgi, Hermogenisque Tigelli, nec recitem quidquam nisi amicis, idque coactus, non ubivis coramve quibus libet. ln medio qui <75> scripta foro recitent, sunt multi, quique lavantes. Suave locus voci resonat conclusus. Inanes hoc iuvat, haud illud quaerentes, num sine sensu, tempore num faciant alieno. »Laedere gaudes«, inquit, »et hoc studio pravus facis!« Unde petitum <80> hoc in me iacis? est auctor quis denique eorum, vixi cum quibus? Absentem qui rodit amicum, qui non defendit, alio culpante; solutos qui captat risus hominum, famamque dicacis; | |
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von Dingen, die er selbst erdichtet, sich zum Augenzeugen macht, und das Vertraute nicht verschweigen kann, den nenn' ich schwarz, vor dem, vor dem, ihr Römer, seid auf eurer Hut! | fingere qui non visa
potest, commissa tacere <85> qui nequit, hic niger est, hunc tu, Romane, caveto! |
| Tum laterali' dolor certissimu' nuntiu' mortis, |
ingleichem daß er die Erlaubnis der Elision, ohne alle Schonung der Ohren seiner Leser, so ungemessen mißbraucht, wie in folgenden:
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Hunccine ego umquam Hyacintho hominem Cortinipotentis deliciis contendi?I) |
Wahrlich, wenn man, so oft es einem nur bequem ist, unu' statt unus, spurcu'st statt spurcus est, suppus statt supinus, lymphorem statt lympham sagen, und einen Hexameter so ausrunden darf, wie z. B. diesen:
| verrucam, naevum pictum, dentem eminulum unum; |
so möchte es wohl was Leichtes sein, ihrer zweihundert auf einem Beine stehend zu diktieren; zumal wenn man es auch mit der Anständigkeit nicht so genau nehmen und z. B., wenn von einer saugenden Frau die Rede ist, ohne Bedenken sumen (Euter) für mamma setzen darf. Da also das Urteil des Horaz von Lucilius sich, selbst aus den noch übrigen Fragmenten, hinlänglich bestätiget: so ist schwer zu begreifen, wie ein so scharfsinniger Kunstrichter als QuintilianII) schreiben konnte: er gehe eben so weit von Horaz ab, welcher meine, »Lucil fließe trübe, und es finde sich an seinen Versen manches zu reinigen« als von denjenigen, die kein Bedenken trügen, ihn allen andren Dichtern vorzuziehen: und mir ist dies um so unbegreiflicher, da Quintilian, zum Beweise dieser verdeckten Beschuldigung unsers Dichters nichts anders beibringen oder am Lucil rühmen kann, als was ihm Horaz an mehr als einem Orte seiner Schriften mit Vergnügen zugesteht, nämlich, daß er viel Kenntnisse und Gelehrsamkeit, viel Freimütigkeit, Schärfe und Salz habe; gleichwohl aber unmittelbar darauf selbst bekennen muß, Horaz sei multo tersior et purus magis. Bloß der Mangel an diesen beiden Eigenschaften ist es ja, was dieser an ihm aussetzt, nicht Mangel an Gelehrsamkeit, Witz und Freimütigkeit!
Aus dem Umstande, daß Lucilius noch zu Quintilians Zeiten,
d. i. mehr als hundert Jahr nach unserm Dichter, Liebhaber hatte, die ihn nicht nur dem Horaz,
Persius und Juvenal, sondern allen Dichtern ohne Ausnahme vorzogen, läßt sich der
Schluß machen, wie beliebt er bei dem Publico seines eigenen und des nächstfolgenden
Alters gewesen sein müsse. Cicero selbst, in dessen Epoke doch die Sprache, Literatur und
Verfeinerung der Römer beinahe ihren höchsten Punkt erstieg, gedenkt des
Lucilius nie, ohne seine Urbanität
anzurühmen; wiewohl sich dieser Dichter gegen Ciceros Zeit ungefähr so verhielt, wie
Opiz gegen die unsrige, und (ohne die Rauheit seiner Verse und die Fehler
seiner Schreibart in Anschlag zu bringen) bloß durch die veralteten Wörter und
Redensarten, wovon er wimmelte, von dem was damals die schöne Sprache und der gute
Konversations-Ton war, ungemein abstechen mußte; er, der schon, in Vergleichung mit der
Menandrischen Eleganz der Sprache des Terentius,
seines jüngern Zeitgenossen, um ein Jahrhundert älter als dieser zu sein scheint! Aber,
was ihn den Römern so angenehm machte und so lange in Achtung erhielt, war teils der ihm eigene
individuelle Schwung von Witz und Laune, teils ein gewisser Geschmack nach
seinem Jahrhundert, den glücklichen Zeiten eines Scipio, Lälius, Cato
Major, u.s.w. Zeiten, deren Andenken den Römern immer werter wurden, je weiter
sie sich von den ihrigen entfernten. Es war dieser sapor vernaculus, diese antiqua et
vernacula festivitas, diese Romani veteres atque urbani sales, welche
Cicero den Attischen selbst vorzieht, und
worüber er seinem liebenswürdigen Freunde Pätus das
Kompliment macht: Te cum video, omnes mihi
GraniosIII),
Lucilios, vere ut dicam, Crassos quoque et Laelios videre videor: moriar, si, praeter te, quemquam
reliquum habeo, in quo possim imaginem antiquae et vernaculae festivitatis
agnoscereIV).
»Wenn ich dich sehe, ist mirs, ich sehe alle Granios,
Lucilios, ja, die Wahrheit zu sagen, auch die Crassos und Lälios des
vorigen Jahrhunderts: ich will des Todes sein, wenn ich, außer dir, noch einen einzigen habe,
in welchem ich das Bild unsrer altrömischen eigentümlichen
FestivitätV)
erkennen könnte.« Kurz, das, was den Lucilius auch den spätern und unendlich
mehr verfeinerten Römern empfahl, und weswegen viele, die mehr Nase als andere haben wollten,
ihn dem Horaz selbst vorzogen, war das nämliche, was in und außer Frankreich die Verse
des Marot und die Prose des Montaigne und
Amyot Personen von Geschmack noch immer so angenehm macht; und weswegen
viele den Plutarch und die Amours pastorales des Letztern lieber lesen als die neuen
Übersetzungen. Man begreift hieraus, warum unserm Dichter sein Urteil über
Lucil so übel genommen wurde, daß er sich in einem eigenen
Stücke deswegen entschuldigen mußte. In der Tat war Horaz, der seinen Geschmack zu
Athen gereinigt hatte und seine Sprache selbst, gewissermaßen, an
griechischen Mustern bildete, weit weniger nach dem Gaumen des großen Haufens als der alte
Lucil; ungefähr aus eben dem Grunde, warum die oft groben und platten, aber meistens wohl
gesalznen und lustigen Pickelhärings-Späße des Plautus den
feinern Scherzen und der attischen Urbanität des Terenz noch im
Augustischen Jahrhundert von den meisten vorgezogen wurden und sogar in dem unsrigen die
Majorität erhalten würden.
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Beatus Fannius, ultro delatis capsis et imagine, |
in einem sehr schönen Lichte; und man fühlt (was der gelehrte
Cruquius weder fühlen noch sehen konnte), daß Horaz sich in
einem Atem über die lächerliche Selbstgefälligkeit des Dichterlings, seine
Büste und seine Kisten voll Bücher, und über die Römer, denen man (so gut wie
andern die keine Römer sind) in Sachen des Geschmackes weis machen konnte was man wollte,
lustig macht.
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den Vorzug vor der armen Tröpfin Kunst erteilte, und die Dichter die nicht rasen vom Pindus ausgeschlossen wissen wollteVIII). |
Auch läßt er die Frage, ob man seine Satiren Gedichte nennen könne, unentschieden,
und verspricht, die Sache ein andermal auszumachen; wiewohl er in der Folge nicht für
nötig fand Wort zu halten. Mir deucht also, seine Absicht sei hier bloß gewesen, die
unendliche Menge von platten Versemachern, wovon es in Rom wimmelte, im Vorbeigehen zu erinnern,
daß zwischen ihres gleichen und einem Dichter im eigentlichen Verstande ein sehr großer
Unterschied sei. Daß er sich selbst, seiner Satiren wegen, bloß unter die Versemacher
gestellt wissen will, geschah teils, um diesen letztern einen Weg zu Gegenvorwürfen
abzuschneiden; teils weil er damals in der Tat noch keine Prätension von dieser Seite machte,
und mehr für einen
LiebhaberIX) als
für einen, der die Dichtkunst als Meister treibt, angesehen zu sein wünschte; kurz, aus
eben dem Grunde, warum einer, der für sein eigenes Vergnügen und (mit dem
Bourgeois-Gentilhomme zu reden) für seine guten Freunde sehr
artig Miniatur oder Pastell malte, sich darum nicht für einen Kameraden von
Raffael und Titian halten und, wenn von den
großen Malern die Rede wäre, gleich rufen würde: nos poma natamus!
Was den Hermogenes Tigellius betrifft, der hier schon wieder, in ziemlich
schlechter Gesellschaft, auftreten muß: so vermute ich, daß es nicht der Sänger
Tigellius (von welchem in der 2ten und 3ten Satire die Rede war), ein Mann, der zu seiner Zeit eine
gewisse Figur in Rom gemacht hatte, sondern irgend ein Sohn oder Neffe desselben gewesen, der, als
Erbe der Überbleibsel seines mit Ambubajen, Tänzerinnen und
Balatronen durchgepraßten Vermögens, auch seine Prätension
an den Charakter eines Bel-Esprit und Elegant und an die Protektion, die er einigen
subalternen Geschöpfen aus dieser Kategorie angedeihen ließ, geerbt haben mochte. Ich
nehme also zwei Tigellios Hermogenes an: den bekannten, der bereits tot war, als Horaz die
zweite Satire schrieb, und indessen schwerlich wieder ab inferis zurückgekommen war; und
diesen bisher unbekannter der hier und in der 10ten Satire ziemlich übel behandelt wird.
Wenigstens begreife ich nicht, wie man ohne diese Voraussetzung das, was Horaz an verschiedenen
Stellen und zu verschiedenen Zeiten vom Tigellius Hermogenes sagt, ungezwungen erklären, und
alles allein auf den ältern ziehen könnte.