Verkennst du mich so weit ? - Wenn die bürgerliche Gesellschaft auch nur das Gute hätte, dass allein in ihr die menschliche Vernunft angebauet werden kann : ich würde sie auch bei weit grössern Uebeln noch segnen.

ERNST

Wer des Feuers geniessen will, sagt das Sprichwort, muss sich den Rauch gefallen lassen.

FALK

Allerdings ! - Aber weil der Rauch bei dem Feuer unvermeidlich ist : durfte man darum keinen Rauchfang erfinden ? Und der den Rauchfang erfand, war der darum ein Feind des Feuers ? - Sieh, dahin wollte ich.

ERNST

Wohin ? - Ich verstehe dich nicht.

FALK

Das Gleichnis war doch sehr passend. - Wenn die Menschen nicht anders in Staaten vereiniget werden konnten als durch jene Trennungen : werden sie darum gut, jene trennungen ?

ERNST

Das wohl nicht.

FALK

Werden sie darum heilig, jene Trennungen ?

ERNST

Wie heilig ?

FALK

Dass er verboten sein sollte, Hand an sie zu legen ?

ERNST

In Absicht ?...

FALK

In Absicht, sie nicht grösser einreissen zu lassen, als die Notwendigkeit erfordert. In Absicht, ihre Folgen so unschädlich zu machen als möglich.

ERNST

Wie könnte das verboten sein ?

FALK

Aber geboten kann es doch auch nicht sein ; durch bürgerliche Gesetze nicht geboten ! - Denn bürgerliche Gesetze erstrecken sich nie über die grenzen ihres Staats. Und dieses würde nun gerade ausser den Grenzen aller und jeder Staaten liegen . - Folglich kann es nur ein Opus supererogatum sein : und es wäre bloss zu wünschen, dass sich die Weisesten und Besten eines jeden Staats diesem Operi superogato freiwillig unterzögen.

ERNST

Bloss zu wünschen ; aber recht sehr zu wünschen.

FALK

Ich dächte ! Recht sehr zu wünschen, dass es in jedem Staate Männer geben möchte, die über die Vorurteile des Völkerschaft hinweg wären und genau wüssten, wo Patriotismus Tugend zu sein aufhöret.

ERNST

Recht sehr zu wünschen !

FALK

Recht sehr zu wünschen, dass es in jedem Staate Männer geben möchte, die dem Vorurteile ihrer angebornen Religion nicht unterlägen ; nicht glaubten, dass alles notwendig gut und wahr sein müsse, was sie für gut und wahr erkennen.

ERNST

Recht sehr zu wünschen !

FALK

Recht sehr zu wünschen, dass es in jedem Staate Männer geben möchte, welche bürgerliche Hoheit nicht blendet und bürgerliche Geringfügigkeit nicht ekelt ; in deren Gesellschaft der Hohe sich gern herablässt und der Geringe sich dreist erhebet.