5. Szene

(Paul Werner. Franziska)

Werner
Frauenzimmerchen, kennt Sie denn meinen Major?

Franziska
Den Major von Tellheim? Jawohl kenn ich den braven Mann.

Werner
Ist es nicht ein braver Mann? Ist Sie dem Manne wohl gut? -

Franziska
Vom Grund meines Herzens.

Werner
Wahrhaftig? Sieht Sie, Frauenzimmerchen; nun kömmt Sie mir noch einmal so schön vor. - Aber was sind denn das für Dienste, die der Wirt unserm Major will erwiesen haben?

Franziska
Ich wüßte eben nicht; es wäre denn, daß er sich das Gute zuschreiben wollte, welches glücklicherweise aus seinem schurkischen Betragen entstanden.

Werner
So wäre es ja wahr, was mir Just gesagt hat? - (Gegen die Seite, wo der Wirt abgegangen.) Dein Glück, daß du gegangen bist! - Er hat ihm wirklich die Zimmer ausgeräumt? - So einem Manne so einen Streich zu spielen, weil sich das Eselsgehirn einbildet, daß der Mann kein Geld mehr habe! Der Major kein Geld?

Franziska
So? Hat der Major Geld?

Werner
Wie Heu! Er weiß nicht, wieviel er hat. Er weiß nicht, wer ihm alles schuldig ist. Ich bin ihm selber schuldig und bringe ihm hier ein altes Restchen. Sieht Sie, Frauenzimmerchen, hier in diesem Beutelchen (das er aus der einen Tasche zieht) sind hundert Louisdor und in diesem Röllchen (das er aus der andern zieht) hundert Dukaten. Alles sein Geld!

Franziska
Wahrhaftig? Aber warum versetzt denn der Major? Er hat ja einen Ring versetzt -

Werner
Versetzt! Glaub Sie doch so was nicht. Vielleicht, daß er den Bettel hat gern wollen los sein.

Franziska
Es ist kein Bettel! Es ist ein sehr kostbarer Ring, den er wohl noch dazu von lieben Händen hat.

Werner
Das wird's auch sein. Von lieben Händen; ja, ja! So was erinnert einen manchmal, woran man nicht gern erinnert sein will. Drum schafft man's aus den Augen.

Franziska
Wie?

Werner
Dem Soldaten geht's in Winterquartieren wunderlich. Da hat er nichts zu tun und pflegt sich und macht vor langer Weile Bekanntschaften, die er nur auf den Winter meinet und die das gute Herz, mit dem er sie macht, für zeitlebens annimmt. Husch ist ihm denn ein Ringelchen an den Finger praktiziert; er weiß selbst nicht, wie es dran kömmt. Und nicht selten gäb' er gern den Finger mit drum, wenn er es nur wieder loswerden könnte.

Franziska
Ei! und sollte es dem Major auch so gegangen sein?

Werner
Ganz gewiß. Besonders in Sachsen; wenn er zehn Finger an jeder Hand gehabt hätte, er hätte sie alle zwanzig voller Ringe gekriegt.

Franziska
(beiseite). Das klingt ja ganz besonders und verdient untersucht zu werden. - Herr Freischulze oder Herr Wachmeister -

Werner
Frauenzimmerchen, wenn's Ihr nichts verschlägt: - Herr Wachtmeister, höre ich am liebsten.

Franziska
Nun, Herr Wachtmeister, hier habe ich ein Briefchen von dem Herrn Major an meine Herrschaft. Ich will es nur geschwind hereintragen und bin gleich wieder da. Will Er wohl so gut sein und so lange hier warten? Ich möchte gar zu gern mehr mit Ihm plaudern.

Werner
Plaudert Sie gern, Frauenzimmerchen? Nun meinetwegen: geh Sie nur; ich plaudre auch gern; ich will warten.

Franziska
Oh, warte Er doch ja! (Geht ab.)