Franziska
Was ist das? Will das zu uns? (Gegen die
Türe gehend.)
Riccaut
Parbleu! Ik bin unriktig. - Mais non - Ik
bin nit unriktig - C'est sa chambre -
Franziska
Ganz gewiß, gnädiges Fräulein, glaubt
dieser Herr, den Major von Tellheim noch hier zu
finden.
Riccaut
Iß so! - Le Major de Tellheim; juste, ma
belle enfant, c'est lui que je cherche. Ou est-il?
Franziska
Er wohnt nicht mehr hier.
Riccaut
Comment? nok vor vier un swansik Stund
hier logier? Und logier nit mehr hier? Wo logier er
denn?
Fräulein
(die auf ihn zukömmt). Mein Herr-Riccaut.
Ah, Madame - Mademoiselle - Ihro Gnad verzeih -
Fräulein
Mein Herr, Ihre Irrung ist sehr zu
vergeben und Ihre Verwunderung sehr natürlich. Der
Herr Major hat die Güte gehabt, mir als einer Fremden,
die nicht unterzukommen wußte, sein Zimmer zu
überlassen.
Raccaut
Ah, voila de ses politesses! C'est un tres
galant-homme que ce Major!
Fräulein
Wo er indes hingezogen - wahrhaftig,
ich muß mich schämen, es nicht zu wissen.
Riccaut
Ihro Gnad nit wiß? C'est dommage; j'en
suis fache.
Fräulein
Ich hätte mich allerdings darnach erkundigen
sollen. Freilich werden ihn seine Freunde
noch hier suchen.
Riccaut
Ik bin sehr von seine Freund, Ihro Gnad -
Fräulein
Franziska, wißt du es nicht?
Franziska
Nein, gnädiges Fräulein.
Riccaut
Ik hätt ihn zu sprek sehr notwendik. Ik
komm ihm bringen eine Nouvelle, davon er sehr frölik
sein wird.
Fräulein
Ich bedauere um so viel mehr. - Doch
hoffe ich, vielleicht bald ihn zu sprechen. Ist es gleichviel,
aus wessen Munde er diese gute Nachricht erfährt,
so erbiete ich mich, mein Herr -
Riccaut
Ik versteh. - Mademoiselle parle francais?
Mais sans doute; telle que je la vois! - La demande
etait bien impolie; vous me pardonnerez, Mademoiselle. -
Fräulein
Mein Herr -
Riccaut
Nit? Sie sprek nit Französisch, Ihro Gnad?
Fräulein
Mein Herr, in Frankreich würde ich
es zu sprechen suchen. Aber warum hier? Ich höre ja,
daß Sie mich verstehen, mein Herr. Und ich, mein
Herr, werde Sie gewiß auch verstehen; sprechen Sie,
wie es Ihnen beliebt.
Riccaut
Gutt, gutt! Ik kann auk mik auf Deutsch
explizier. - Sachez donc, Mademoiselle - Ihro Gnad
soll also wiß, daß ik komm von die Tafel bei der
Minister - Minister von - Minister von - wie heiß
der Minister da drauß? - in der lange Straß? - auf
die breite Platz? -
Fräulein
Ich bin hier noch völlig unbekannt.
Riccaut
Nun, die Minister von der Kriegsdepartement. -
Da haben ik zu Mittag gespeisen - ik speisen
a l'ordinaire bei ihm - und da iß man gekommen
reden auf der Major Tellheim; et le ministre m'a dit
en confidence, car Son Excellence est de mes amis,
et il n'y a point de mysteres entre nous - Se. Exzellenz,
will ik sag, haben mir vertrau, daß die Sak von
unserm Major sei auf den Point zu enden und gutt zu
enden. Er habe gemakt ein Rapport an den Könik,
und der Könik habe darauf resolvier, tout-a-fait en
faveur du Major. - Monsieur, m'a dit Son Excellence,
vous comprenez bien, que tout depend de la maniere,
dont on fait envisager les choses au roi, et vous me
connaissez. Cela fait un tres joli garcon que ce Tellheim,
et ne sais-je pas que vous l'aimez? Les amis de
mes amis sont aussi les miens. Il coute un peu cher au
roi ce Tellheim, mais est-ce que l'on sert les rois pour
rien? Il faut s'entr'aider en ce monde; et quand il
s'agit de pertes, que ce soit le roi, qui en fasse, et non
pas un honnete-homme de nous autres. Voila le principe,
dont je ne me depars jamais. - Was sag Ihro
Gnad hierzu? Nit wahr, das iß ein brav Mann? Ah
que Son Excellence a le coer bien place! Er hat mir au
reste versiker, wenn der Major nit schon bekommen
habe une Lettre de la main - eine Könikliken Handbrief,
daß er heut infailliblement müsse bekommen
einen.
Fräulein
Gewiß, mein Herr, diese Nachricht
wird dem Major von Tellheim höchst angenehm sein.
Ich wünschte nur, ihm den Freund zugleich mit Namen
nennen zu können, der so viel Anteil an seinem Glücke
nimmt -
Riccaut
Mein Namen wünscht Ihro Gnad? - Vous
voyez en moi - Ihro Gnad seh in mik le Chevalier
Riccaut de la Marliniere, Seigneur de Pret-au-val, de
la branche de Prensd'or. - Ihro Gnad? steh verwundert,
mik aus so ein groß, groß Familie zu hören, qui
est veritablement du sang Royal. - Il faut le dire;
je suis sans doute le cadet le plus avantureux, que la
maison a jamais eu. - Ik dien von meiner elfte Jahr.
Ein Affaire d'honneur makte mik fliehen. Darauf
haben ik gedienet Sr. Papstliken Eilikheit, der Republik
St. Marino, der Kron Polen und den Staaten-General,
bis ik endlik bin worden gezogen hierher.
Ah, Mademoiselle, que je voudrais n'avoir jamais vu
ce pays-la! Hätte man mik gelaß im Dienst von den
Staaten-General, so müßt ik nun sein aufs wenikst
Oberst. Aber so hier immer und ewik Capitaine geblieben,
und nun gar sein ein abgedankte Capitaine -
Fräulein
Das ist viel Unglück.
Riccaut
Qui, Mademoiselle, me voila reforme, et
par-la mis sur le pave!
Fräulein
Ich beklage sehr.
Riccaut
Vous etes bien bonne, Mademoiselle. - Nein,
man kenn sik hier nit auf den Verdienst. Einen Mann
wie mik su reformir! Einen Mann, der sik nok dasu
in diesem Dienst hat rouinir! - Ik haben dabei sugesetzt
mehr als swansik tausend Livres. Was hab ik
nun? Tranchons le mot; je n'ai pas le sou, et me voila
exactement vis-a-vis du rien. -
Fräulein
Es tut mir ungemein leid.
Riccaut
Vous etes bien bonne, Mademoiselle. Aber
wie man pfleg su sagen: ein jeder Unglück schlepp nak
sik seine Bruder; qu'un malheur ne vient jamais seul:
so mit mir arrivir. Was ein Honnete-homme von mein
Extraction kann anders haben für Ressource als das
Spiel? Nun hab ik immer gespielen mit Glück, solang
ik hatte nit vonnöten der Glück. Nun ik ihr hätte vonnöten,
Mademoiselle, je joue avec un guignon, qui
surpasse toute croyance. Seit funfsehn Tag iß vergangen
keine, wo sie mik nit hab gesprenkt. Nok gestern
hab sie mik gesprenkt dreimal. Je sais bien, qu'il y
avait quelque chose de plus que le jeu. Car parmi mes
pontes se trouvaient certaines dames - Ik will niks
weiter sag. Man muß sein galant gegen die Damen. Sie
haben auk mik heut invitir, mir su geben revanche;
mais - vous m'entendez, Mademoiselle. - Man muß
erst wiß, wovon leben, ehe man haben kann, wovon
su spielen -
Fräulein
Ich will nicht hoffen, mein Herr -
Riccaut
Vous etes bien bonne, Mademoiselle -
Fräulein
(nimmt die Franziska beiseite). Franziska,
der Mann dauert mich im Ernste. Ob er mir es
wohl übelnehmen würde, wenn ich ihm etwas anböte?
Franziska
Der sieht mir nicht darnach aus.
Fräulein
Gut! - Mein Herr, ich höre - daß
Sie spielen, daß Sie Bank machen; ohne Zweifel an
Orten, wo etwas zu gewinnen ist. Ich muß Ihnen bekennen,
daß ich - gleichfalls das Spiel sehr liebe -
Riccaut
Tant mieux, Mademoiselle, tant mieux!
Tous les gens d'esprit aiment le jeu a la fureur.
Fräulein
Daß ich sehr gern gewinne; sehr gern
mein Geld mit einem Mann wage, der - zu spielen
weiß. - Wären Sie wohl geneigt, mein Herr, mich in
Gesellschaft zu nehmen? mir einen Anteil an Ihrer
Bank zu gönnen?
Riccaut
Comment, Mademoiselle, vous voulez etre
de moitie avec moi? De tout mon coeur.
Fräulein
Vors erste nur mit einer Kleinigkeit
- (Geht und langt Geld aus ihrer Schatulle.)
Riccaut
Ah, Mademoiselle, que vous etes charmante! -
Fräulein
Hier habe ich, was ich ohnlängst gewonnen,
nur zehn Pistolen - ich muß mich zwar schämen, so wenig -
Riccaut
Donnez toujours, Mademoiselle, donnez.
(Nimmt es.)
Fräulein
Ohne Zweifel, daß Ihre Bank, mein
Herr, sehr ansehnlich ist -
Riccaut
Jawohl, sehr ansehnlik. Sehn Pistol? Ihr
Gnad soll sein dafür interessir bei meiner Bank auf ein
Dreiteil, pour le tiers. Swar auf ein Dreiteil sollen
sein - etwas mehr. Dok mit einer schöne Damen muß
man es nehmen nit so genau. Ik gratulir mik, su kommen
dadurk in liaison mit Ihro Gnad, et de ce moment
je recommence a bien augurer de ma fortune.
Fräulein
Ich kann aber nicht dabei sein, wenn
Sie spielen, mein Herr.
Riccaut
Was brauk Ihro Gnad dabei su sein? Wir
andern Spieler sind ehrlike Leut untereinander.
Fräulein
Wenn wir glücklich sind, mein Herr,
so werden Sie mir meinen Anteil schon bringen. Sind
wir aber unglücklich -
Riccaut
So komm ik holen Rekruten. Nit wahr,
Ihro Gnad?
Fräulein
Auf die Länge dürften die Rekruten
fehlen. Verteidigen Sie unser Geld daher ja wohl,
mein Herr.
Riccaut
Wofür seh mik Ihro Gnad an? Für ein Einfalspinse? für ein dumme Teuf?
Fräulein
Verzeihen Sie mir -
Riccaut
Je suis des bons, Mademoiselle. Savez-vous
ce que cela veut dire? Ik bin von die Ausgelernt -
Fräulein
Aber doch wohl, mein Herr -
Riccaut
Je sais monter un coup -
Fräulein
(verwundernd). Sollten Sie?
Riccaut
Je file la carte avec une adresse -
Fräulein
Nimmermehr!
Riccaut
Je fais sauter la coupe avec une dexterite -
Fräulein
Sie werden doch nicht, mein Herr? -
Riccaut
Was nit? Ihro Gnade, was nit? Donnez-moi
un pigeonneau a plumer, et -
Fräulein
Falsch spielen? betrügen?
Riccaut
Comment, Mademoiselle? Vous appellez
cela betrügen? Corriger la fortune, l'enchainer sous ses
doigts, etre sur de son fait, das nenn die Deutsch betrügen?
Betrügen! Oh, was ist die deutsch Sprak für
ein arm Sprak! für ein plump Sprak!
Fräulein
Nein, mein Herr, wenn Sie so denken -
Riccaut
Laissez-moi faire, Mademoiselle, und sein
Sie ruhik! Was gehn Sie an, wie ik spiel? - Gnug,
morgen entweder sehn mik wieder Ihro Gnad mit
hundert Pistol, oder seh mik wieder gar nit - Votre
tres-humble, Mademoiselle, votre tres-humble - (Eilends ab.)
Fräulein
(die ihm mit Erstaunen und Verdruß
nachsieht). Ich wünsche das letzte, mein Herr, das
letzte!