Des Herzogs von Albanien Palast. Gonerill und Haushofmeister treten auf.
Gonerill.
Wie? mein Vater schlägt meinen Hof-Junker, weil dieser seinen
Narren ausgescholten hat?
Hofmeister.
So ist es, Gnädige Frau.
Gonerill.
Tag und Nacht beleidigt er mich; es vergeht keine Stunde, da er
nicht in diese oder jene grobe Uebelthat aufsprudelt, die uns
alle an einander hezt; ich will es nicht länger leiden: Seine
Ritter fangen an ganz ausgelassen zu werden, und er selbst macht
uns um einer jeden Kleinigkeit willen Vorwürffe. Wenn er
von der Jagd zurük kömmt, will ich nicht mit ihm reden;
sagt, ich befinde mich nicht wol. Wenn ihr von euerm vorigen Dienst-Eifer
gegen ihn nachlasset, werdet ihr wohl thun; ich nehme die Verantwortung
auf mich.
Hofmeister.
Er kömmt würklich, Gnädige Frau; ich hör' ihn.
Gonerill.
Ermüdet seine Geduld durch so viel Nachlässigkeiten,
als euch nur beliebt, ihr und eure Cameraden; ich möchte
gern, daß es zur Untersuchung käme. Wenn es ihm nicht
ansteht, so mag er zu meiner Schwester gehen, deren Sinn mit dem
meinigen darinn übereinkömmt, sich nicht beherrschen
lassen zu wollen; der thörichte alte Mann, der alle diese
Gewalt immer ausüben will, die er doch weggegeben hat. Nun,
bey meinem Leben! Alte Leute werden wiederum Kinder, und müssen,
wie Kinder, ausgescholten und nicht geliebkoset werden, wenn man
sieht daß sie nur unartiger davon werden.
Hofmeister.
Euer Gnaden haben vollkommen recht.
Gonerill.
Seinen Rittern kan man auch kältere Blike zukommen lassen;
was daraus entstehen mag, das hat nichts zu bedeuten; weiset die
übrigen Bedienten deshalben an; ich will sogleich an meine
Schwester schreiben, damit sie eben denselben Weg einschlägt
- - Macht, daß das Mittag-Essen fertig wird.
(Sie gehen ab.)