Regans Pallast.
Regan und der Hofmeister.
Regan.
Sind meines Bruders Völker ausgerükt?
Hofmeister.
Ja, Gnädige Frau.
Regan.
Und er ist selbst in Person dabey?
Hofmeister.
Ja und noch jemand, der mehr zu bedeuten hat; eure Schwester ist
ein beßrer Soldat als er.
Regan.
Lord Edmund sprach nicht mit eurer Lady, da sie zu Hause angekommen?
Hofmeister.
Nein, Madame.
Regan.
Was mag meiner Schwester Brief an ihn zu sagen haben?
Hofmeister.
Ich weiß es nicht, Gnädige Frau.
Regan.
Er ist in wichtigen Geschäften von hier abgegangen. Es war
ein grosser Unverstand, dem Gloster nur die Augen, und nicht auch
das Leben zu nehmen; wohin er kömmt, empört er alle
Herzen wider uns. Edmund, denke ich, ist gegangen, aus Mitleiden
über seinen elenden Zustand, seinem nächtlichen Leben
ein Ende zu machen; und zugleich die Stärke der Feinde zu
erkundigen.
Hofmeister.
Ich muß ihn nothwendig aufsuchen, Gnädige Frau; um
ihm meinen Brief einzuhändigen.
Regan.
Unsere Truppen rüken morgen vor; bleibet bey uns; die Wege
sind so unsicher - -
Hofmeister.
Ich darf nicht, Madame; Mylady gab mir dieses Geschäfte auf
meine Pflicht.
Regan.
Was konnte sie dem Edmund zu schreiben haben? Konntet ihr ihr
Geschäfte nicht etwann mündlich ausrichten? - - Vielleicht,
etwas - - ich weiß nicht was - - Du sollt alle meine Gunst
haben - - laß mich den Brief öffnen.
Hofmeister.
Gnädige Frau, ich wollte lieber - -
Regan.
Ich weiß, eure Lady liebt ihren Gemahl nicht; und bey ihrem
lezten Hierseyn, warf sie zärtliche Blike, sehr deutlich
redende Blike auf den edeln Edmund. Ich weiß, ihr seyd ihr
Vertrauter - -
Hofmeister.
Ich, Gnädige Frau?
Regan.
Ich weiß was ich sage - - ihr seyd's - - ich weiß
es; merkt euch also, was ich euch izt sagen will. Mein Gemahl
ist todt; Edmund und ich haben uns miteinander besprochen; er
schikt sich besser für meine Hand, als für eure Lady.
Das übrige könnt ihr selbst schliessen. Wenn ihr ihn
findet, so gebt ihm dieses, ich ersuche euch; und wenn ihr eurer
Lady diese Nachrichten bringt, ich bitte, so rathet ihr, ihre
Weisheit zurük zu ruffen. Hiemit lebet wohl. Wenn ihr etwann
von diesem blinden Verräther hören solltet, so wißt,
daß der eine reiche Belohnung zu erwarten hat, der ihm den
Kopf abschneiden wird.
Hofmeister.
Ich wollte ich träfe ihn an, Madame, ich wollte bald zeigen,
was für eine Parthey ich halte.
Regan.
Lebet wohl.
(Gehen ab.)