Macbeth und ein Bedienter bleiben.
Macbeth.
Camerad, ein Wort mit dir; sind diese Männer bey der Hand,
die wir foderten?
Bedienter.
Gnädigster Herr, sie warten bey der Schloß-Pforte.
Macbeth.
Führe sie vor uns - - (Der Bediente geht ab.) Das
zu seyn, ist noch nichts; aber es mit Sicherheit zu seyn - - Wir
haben grosse Ursachen, diesen Banquo zu fürchten; es herrscht
ein Etwas in seiner Königlichen Seele, das gefürchtet
werden will. Sein Muth reicht weit, und zu dieser unerschroknen
Stählung seines Gemüths, besizt er eine Klugheit, die
seinen Muth regiert, und seinen Unternehmungen Sicherheit giebt.
Er ist der einzige, dessen Daseyn ich fürchte. In seiner
Gegenwart allein wird mein Genius gedämpft, wie man erzählt,
daß Antons seiner es vor Cäsars war. Er redte die Schwestern
trozig an, da sie zum erstenmal den Königs-Titel auf mich
legten, und befahl ihnen, zu ihm zu reden; und dann grüßten
sie ihn, prophetisch, den Vater einer Reyhe von Königen.
Auf mein Haubt sezten sie eine unfruchtbare Crone, und gaben mir
einen dürren Scepter in meine Hand, damit er von einer fremden
Hand mir einst entwunden werde. Ist es so, so hab ich für
Banquos Nachkömmlinge meine Seele beflekt, für sie den
huldreichen Duncan ermordet; für sie auf ewig den Frieden
meines Herzens verlohren, und mein unvergängliches Kleinod
dem allgemeinen Feind der Menschen verkauft, um sie zu Königen
zu machen - - die Nachkommen des Banquo zu Königen: Eh diß
seyn soll, eh komme der Tod in die Schranken, und fordre mich
zum Kampf aufs Leben heraus! - - Wer ist hier?
Der Bediente kommt mit zween Mördern zurük.
Geh vor die Thüre, und warte dort, bis wir ruffen. War es nicht gestern, als wir mit einander sprachen?
Mörder.
Es war so, Gnädigster Herr.
Macbeth.
Wohlan dann, habt ihr meinen Reden nachgedacht? Ihr wißt
nun, daß er es war, der in vergangnen Zeiten das Glük
euch so ungeneigt machte; ihr bildtet euch ein, daß es unser
unschuldiges Selbst wäre; aber, es ist euch in unsrer lezten
Unterredung bewiesen worden, wie man mit euch umgegangen ist;
was für Kunstgriffe man gebraucht, wer die Werkzeuge dazu
waren, wer sie in Bewegung sezte, kurz, solche Umstände,
die einer halben Seele und dem schwächsten Begriff sagen
mußten: das that Banquo.
1. Mörder.
In der That, wir wurden überzeugt.
Macbeth.
Nunmehr komm' ich auf den andern Punct. Findet ihr eine so übermäßige
Geduld in eurer Natur, daß ihr das so gehen lassen könnt?
Seyd ihr so gar fromm, daß ihr für diesen wakern Mann
und seine Nachkommen beten könnt - - für den, der euch
bis ans Grab niedergebeugt, und auf immer zu Bettlern gemacht
hat?
1. Mörder.
Wir sind Männer, mein Gnädigster Oberherr.
Macbeth.
Ja, ja, in der allgemeinen Claßification geht ihr unter
diesem Namen, so wie Windhunde, Wachtelhunde, Pudel, Möpse,
Bullen-Beisser, Schäferhunde, alle unter dem allgemeinen
Namen Hund begriffen werden; die besondere Bestimmung unterscheidet
den schnellen, den langsamen, den schlauen, den Haushüter,
den Jäger, einen jeden durch eine gewisse Gabe der gütigen
Natur, die seiner Art eigen ist, und ihn aus der allgemeinen Gattung
auszeichnet. So ist es auch mit den Menschen. Nun, wenn ihr dann
Männer seyd, und in der Reyhe der verschiednen Arten an ächter
Mannheit nicht die allerlezten, so sagt es, und ich will ein Geschäft
in euern Busen legen, dessen Ausführung euch von einem Feinde
befreyen und zugleich an unser eignes Herz anklammern wird; indem
sein Tod allein uns eine vollkommne Zufriedenheit gewähren kan.
2. Mörder.
Ich bin einer, den die Streiche und Mißhandlungen der Welt
dermassen aufgebracht haben, daß ich bereit bin, ihr zu
Troz alles zu unternehmen.
1. Mörder.
Und ich ein andrer, der es so überdrüßig ist,
sich, immer zu seinem Nachtheil, mit dem Glük herumzubalgen,
daß ich alle Augenblike bereit bin, mein Leben auf das ungewisseste
Spiel zu sezen, und es zu verbessern, oder seiner gar loß
zu werden.
Macbeth.
Ihr wisset beyde, daß Banquo euer Feind war - -
Mörder.
Ja, Gnädigster Herr.
Macbeth.
Er ist auch der meinige, und mit einem so blutigen Hasse, daß
eine jede Minute, die sein Daseyn verlängert, das meinige
in Gefahr sezt; und ob ich gleich Macht genug hätte, ihn
öffentlich aus meinem Gesicht wegzutilgen, so mag ich's doch
um gewisser Freunde willen nicht thun, die auch die seinigen sind,
und deren Zuneigung ich nicht gerne verscherzte; die Klugheit
fordert, daß ich den Fall desjenigen beweine, den ich selbst
zu Boden geschlagen habe; und daher kommt es, daß ich euern
Beystand nöthig habe, um die Sache, aus besondern wichtigen
Ursachen, vor dem öffentlichen Auge zu verbergen.
2. Mörder.
Gnädigster Herr, wir sind zu allem entschlossen, was ihr
uns befehlen könnt.
1. Mörder.
Wenn gleich unser Leben - -
Macbeth.
Eure Geister scheinen durch euch hervor. Binnen einer Stund',
aufs längste, will ich euch über Zeit, Ort und Augenblik
den nähern Unterricht geben, denn es muß bey Nacht
gethan werden, und in einiger Entfernung von dem Palast - - aber
das muß noch genauer bestimmt werden - - und mit ihm soll,
um reine Arbeit zu machen, auch Fleance, sein Sohn, der ihm Gesellschaft
leistet, und dessen Hinwegräumung mir nicht weniger wichtig
ist, als seines Vaters, das Schiksal dieser finstern Stunde theilen.
Bedenket euch nun allein, ich will gleich wieder zu euch kommen.
Mörder.
Wir sind schon entschlossen, Gnädigster Herr.
Macbeth.
Gut, so will ich euch wieder ruffen lassen; geht indeß auf
die Seite - - (die Mörder gehen ab.) Es ist beschlossen
- - Banquo, wenn deine Seele dem Himmel zufliegen will, so muß
sie ihn in dieser Nacht ausfindig machen.