Ein andres Zimmer im Palast.
Lady Macbeth und ein Bedienter.
Lady.
Ist Banquo schon abgereist?
Bedienter.
Ja, Gnädigste Frau, aber er kommt auf die Nacht wieder zurük.
Lady.
Sage dem Könige, ich möchte, wenn's ihm gelegen ist,
ein paar Worte mit ihm sprechen.
(Der Bediente geht.)
Alles ist verlohren, und nichts gewonnen, wenn wir das Ziel unsrer Wünsche nicht mit unsrer Zufriedenheit erkauft haben - -
Macbeth tritt auf.
Wie steht's, Milord? warum so viel allein? wozu soll es dienen, daß ihr die verdrieslichsten Einbildungen zu eurer Gesellschaft macht, und euch mit Gedanken unterhaltet, die mit denen, an welche sie denken, gestorben seyn sollten? An Dinge die nicht zu ändern sind, sollt' auch nicht gedacht werden; was gethan ist, ist gethan.
Macbeth.
Wir haben die Schlange zerstükt, nicht getödtet - -
Sie wird wieder zusammenwachsen, und sie selbst seyn; indeß
daß unsre arme einfältige Boßheit der Gefahr
ihrer vorigen Zähne ausgesezt bleibt. Aber ehe sollen beyde
Welten aus ihren Angeln fallen, und alle Wesen unter ihrem Gewicht
zertrümmern, eh wir unser Brod mit Zittern essen, und in
der Beängstigung dieser schreklichen Träume schlafen
wollen, die uns bey nächtlicher Weil' erschüttern. Besser
bey dem Todten seyn, (den wir, diesen Plaz zu erhalten, in seine
Ruhe gesandt haben,) als auf dieser Folter des Gemüths in
rastloser Pein zu ligen - - Duncan ligt in seinem Grabe; auf das
unruhvolle Fieber des Lebens, schläft er wohl; Verrätherey
hat ihr ärgstes gethan; nun kan weder Gift, noch Stahl, weder
einheimische Boßheit, noch auswärtiger Anfall, nichts
kan ihn mehr berühren.
Lady.
Kommt, kommt, mein liebster Lord, heitert diese finstern Blike
auf; seyd munter und Jovialisch, unter euern Gästen, auf
die Nacht.
Macbeth.
Das will ich, meine Liebe, und ich bitte, seyd es auch. Sonderheitlich
habt eine immer geschäftige Achtung für Banquo; thut
ihm mit Bliken und Worten, alle ersinnliche Ehre an; noch erheischt
es die Zeit, daß wir unsre Würde vergessen, uns zu
Schmeicheleyen herablassen, und unsre Gesichter zu lächelnden
Masken unsrer Herzen machen.
Lady.
Denkt nicht an das.
Macbeth.
O, mein Gemüth ist mit Scorpionen angefüllt, theures
Weib! du weißt, daß Banquo und sein Fleance leben!
Lady.
Aber in beyden ist der Abdruk der Natur nicht unsterblich.
Macbeth.
Das ist noch der Trost, daß sie zerstörbar sind; also,
sey du gutes Muths. Eh noch die Fledermaus ihren einsiedlerischen
Flug beginnen wird, eh auf der schwarzen Hecate Ruf, der Scherben-gebohrne
Käfer, mit seinem schläfrigen Sumsen die gähnende
Nacht einläutet, soll eine That von furchtbarem Inhalt gethan seyn.
Lady.
Was soll dann geschehen?
Macbeth.
Sey lieber unwissend, mein liebstes Hühnchen, bis du der
vollbrachten That zujauchzen kanst. Komm, blendende Nacht, schliesse
das zärtliche Auge des mitleidigen Tags, durchstreiche mit
deiner blutigen und unsichtbaren Hand, und zerreiß in Stüken
diesen grossen Schuldbrief, der mich so bleich aussehen macht.
- - Die Nacht wird diker, und die Krähe fliegt dem dohlen-vollen
Gehölze zu; alle guten Tag-Geschöpfe fangen an zu niken
und einzuschlummern, indeß daß die schwarzen Hausgenossen
der Nacht auf ihren Raub ausgehen. Du erstaunst über meine
Reden; aber sey ruhig; Dinge, die einen bösen Anfang haben,
können nur durch Uebelthaten fortgeführt werden. Begnüge
dich hiemit, und folge mir.
(Sie gehen ab.)