Aemilia.
Wie? Ich glaube der Mann ist eifersüchtig?
Desdemona.
So hab' ich ihn noch nie gesehen. O ganz gewiß ist etwas
ausserordentliches in diesem Schnupftuch. Ich bin höchst
unglüklich es verlohren zu haben.
Aemilia.
Man lernt weder in einem noch in zweyen Jahren was ein Mann ist;
sie sind alle lauter Magen, und wir Arme sind ihr Futter; sie
schlingen uns gierig hinein; und wenn sie sich überfüllt
haben, so rülpsen sie uns wieder aus.* Seht, da kommt Cassio
und mein Mann.
Jago und Cassio treten auf.
Jago.
Es ist kein andres Mittel übrig; das muß sie thun -
Wie glüklich! hier ist sie schon; geht und bittet sie so
sehr ihr könnt.
Desdemona.
Wie steht's, guter Cassio? wie gehn eure Sachen?
Cassio.
Gnädige Frau, ich habe noch immer meine vorige Bitte. Auf
eurer Großmuth beruht alle meine Hofnung zu meiner Wiederherstellung
in die Freundschaft euers Gemahls, den ich mit so gänzlicher
Ergebenheit des Herzens ehre und liebe. Ich möchte nicht
noch länger aufgezogen werden. Ist mein Vergehen so groß,
daß weder meine Reue noch meine ehmaligen Dienste, noch
diejenigen die ich künftig zu leisten wünsche, mich
loskauffen und wieder in seine Gunst einsezen können, so
ist wenigstens das eine Wohlthat, wenn ich weiß daß
es so ist; damit ich in diesem Fall, in eine erzwungene Zufriedenheit
eingehüllt, einen andern Weg suchen kan, um vom Allmosen
des Glüks zu leben.
Desdemona.
Ach, mein lieber guter Cassio, meine Fürsprache ist dermalen
sehr unvermögend; mein Gemahl ist nicht mein Gemahl; ich
würde ihn nicht mehr kennen, wenn er sich an Gestalt so sehr
wie am Humor, verändert hätte. So stehe jeder gute Engel
mir bey, wie ich nach meinem äussersten Vermögen für
euch gesprochen habe. Aber alles was ich durch meine Freymüthigkeit
erhielt, war, daß ich mir seinen Unwillen zuzog. Ihr müßt
euch noch ein wenig gedulden; was ich thun kan, das will ich:
Und ich will mehr als ich Herz hätte für mich selbst
zu thun. Laßt euch das genug seyn.
Jago.
Ist der General zornig?
Aemilia.
Er gieng nur erst von hier fort, und, versichert, er ist in einer
seltsamen Gemüths-Unruhe.
Jago.
Kan er zornig seyn? Ich war dabey, wie die Canone seine Linien
in die Luft zerstiebte, und so schnell und gewaltsam wie der Teufel,
seinen Bruder unmittelbar an seiner Seite wegrafte; und kan er
zornig seyn? So muß etwas wichtiges daran Ursache seyn;
ich will gehn und ihn aufsuchen; in der That, das bedeutet was,
wenn er zornig ist.
(Er geht ab.)
* Dieses Gleichniß ist freylich unanständig genug;
allein darum bekümmert unser Autor sich nicht; genug für
ihn, daß es wahr ist.