Flaminius, Servilius, und andre Bediente treten auf.
Servilius.
Gnädiger Herr - -
Timon.
Ich will euch an verschiedne Orte schiken; Ihr zu Milord Lucius
- - ihr zu Lord Lucullus, mit dem ich heut auf der Jagd war - -
ihr zu Sempronius; empfehlt mich ihrer Freundschaft; sagt ihnen,
ich sey stolz darauf, daß ich endlich Gelegenheit finde,
ihre Beyhülfe in einem mir zugestoßnen Geldmangel gebrauchen
zu können; begehrt fünfzig Talente.
Flaminius.
Nach Euer Gnaden Befehl.
(Flaminius und Bediente gehen ab.)
Flavius (bey seite.)
Lord Lucius und Lucullus! Hum!
Timon.
Ihr, mein Herr, geht zu den Senatoren, von denen ich, mit des
Staats gröstem Vortheil, eine solche Gefälligkeit wohl
verdient habe: Sagt ihnen, sie möchten mir augenbliklich
tausend Talente schiken.
Flavius.
Ich bin so kühn gewesen, (weil ich wußte, daß
dieses der gewöhnlichste Weg ist) euern Namen und euer Sigel
zu einem solchen Ansuchen bereits zu gebrauchen; allein, sie schüttelten
die Köpfe, und ich kam nicht reicher zurük.
Timon.
Was sagst du? Ist das wahr? Ist's möglich?
Flavius.
Sie antworteten alle aus einem Mund und mit einer vereinigten
Stimme, sie seyen eben nicht versehen, sie brauchten Geld, könnten
nicht thun was sie wollten; es sey ihnen leid - - Ihr seyt ein
Mann von Verdiensten - - Aber doch möchten sie gewünscht
haben - - Sie wissen nicht - - Es hätte etwas anders seyn
mögen - - ein edles Naturell könne sich verschlimmern
- - Wäre zu wünschen es wär' alles gut - - Sey
zu bedauren - - Und hiemit geriethen sie über andre ernsthafte
Materien, nachdem sie mich durch unfreundliche Blike und diese
harten Brüche, mit gewissen halben Winken, und einem kaltsinnigen
Kopfniken, zu erstarrendem Stillschweigen gebracht hatten.
Timon.
Ihr Götter, vergeltet's ihnen! - - Ich bitte dich, Mann,
sey ruhig! Die Undankbarkeit ist bey diesen alten Gesellen etwas
natürliches. Ihr Blut ist geronnen, es ist kalt, es fließt
selten; der Mangel an freundlicher Wärme macht sie unfreundlich;
die Natur, so wie sie nach und nach zur Erde herab sinkt, nimmt
auch ihre Eigenschaften an, und wird schwer und unempfindlich.
Geh zum Ventidius - - Ich bitte dich, sey nicht traurig, du bist
redlich und ohne Falsch; ich spreche von Herzen: Es ist nichts
an dir auszusezen - - Ventidius hat kürzlich seinen Vater
begraben, durch dessen Tod er zu einem grossen Vermögen gekommen
ist; wie er arm, im Gefängniß, und von jedermann verlassen
war, half ich ihm mit fünf Talenten aus der Noth. Grüß'
ihn in meinem Namen; sag ihm, irgend ein dringendes Bedürfniß
sey seinem guten Freunde zugestossen, welches ihn nöthige
sich dieser fünf Talente zu erinnern. Wenn du sie hast, so
gieb sie diesen Leuten, die diesen Augenblik ihre Bezahlung fordern.
Sage nur niemals, und denk' es auch nicht, daß Timons Glüksstand
mitten unter seinen Freunden, einsinken könne.
(Er geht ab.)
Flavius.
Wollte Gott, ich könnt' es nicht denken! Wie geneigt ist
ein edles und gütiges Herz, alle andern auch dafür zu
halten.
(Er geht ab.)