(Des Lucullus Haus in Athen.)
Flaminius wartet auf Antwort, um vorgelassen zu werden; ein Bedienter kommt zu ihm.
Bedienter.
Ich hab euch bey meinem gnädigen Herrn angemeldt; er kommt
eben selbst herab.
Flaminius.
Ich danke euch.
Lucullus tritt auf.
Bedienter.
Hier ist Milord.
Lucullus.
Einer von Lord Timons Leuten? ein Präsent, denk' ich; nun,
es trift recht artig zu; ich träumte diese Nacht von einem
silbernen Handbeken und einer Gießkannen. Flaminius, ehrlicher
Flaminius, ihr seyd recht besonders willkommen, mein Herr; - -
(bringt mir einen Becher mit Wein) - - Und wie befindet sich dann
der würdigste, vollkommenste, großmüthigste Edelmann
in ganz Athen, dein sehr gütiger lieber Herr und Meister?
Flaminius.
Er ist ganz wohl auf, was seine Gesundheit betrift.
Lucullus.
Nun das freut mich ja recht, daß er wohl auf ist - - und
was hast du hier unter deinem Mantel, mein lieber Flaminius?
Flaminius.
Mein Treue, nichts als einen leeren Beutel, Gnädiger Herr,
Euer Gnaden zu bitten, daß ihr ihn aus Freundschaft für
meinen Herrn füllen möchtet; der, da ihm eben eine dringende
Noth zugestossen, mich zu Euer Gnaden geschikt hat, mit Bitte,
ihm mit fünfzig Talenten auszuhelfen; nicht zweiflend, daß
ihr ihm eure schleunige Beyhülfe nicht versagen werdet.
Lucullus.
La, la, la, la, - - Nicht zweiflend, sagt ihr? Ach, leider! der
gute Herr, er ist ein wakrer Edelmann, das ist wahr; wenn er nur
nicht eine so kostbare Haushaltung führte. Ich hab' oft und
viel mit ihm zu Mittag gegessen, und es ihm gesagt, und bin wieder
zum Nachtessen zu ihm gekommen, um es zu wiederholen, daß
er seine Ausgaben einschränken sollte: Allein er wollte nie
keinen guten Rath annehmen, und ließ sich meine Besuche
nicht zur Warnung dienen. Jedermann hat seine Fehler, der seinige
ist zuviel Ehrlichkeit. Ich hab' es ihm oft gesagt, aber ich konnte
nie was über ihn erhalten.
Ein Bedienter kommt mit Wein.
Bedienter.
Gnädiger Herr, hier ist der Wein.
Lucullus.
Flaminius, ich habe dich allezeit für einen verständigen
jungen Menschen gehalten; - - Auf deine Gesundheit!
Flaminius.
Ich danke Euer Gnaden.
Lucullus.
Ich hab immer bemerkt, daß du einen muntern fertigen Kopf
hast, und daß du gescheidt genug bist, dich selbst nicht
zu vergessen, und dich der Zeit zu bedienen, wenn sie dir Gelegenheit
dazu giebt. Du hast hübsche Gaben - - (Zu seinem
Bedienten) Geh deines Weges, Schurke - - Komm näher,
ehrlicher Flaminius; dein Herr ist ein gütiger Edelmann,
aber du bist verständig, und begreifst wol, (ob du gleich
zu mir gekommen bist,) daß es izt keine Zeit ist Geld auszuleihen,
zumal auf blosse Freundschaft, ohne Sicherheit. Hier hast du drey
Goldgulden, mein guter Junge; verstehe mich wol, und sage deinem
Herrn, du habest mich nicht gesehen. Lebe wohl.
Flaminius.
Ist's möglich, daß die Welt sich in so kurzer Zeit
so verändert hat? Weg, verdammte Niederträchtigkeit,
(er schmeißt das Geld weg) geh' zu dem,
dessen Abgott du bist.
Lucullus.
Ha! Nun seh' ich daß du auch ein Narr bist, und wol zu deinem
Herrn taugst.
(Lucullus geht ab.)
Flaminius.
Möge geschmolznes Geld deine Strafe in der Hölle seyn,
und diese Goldstüke zu den übrigen kommen, die dir glühend
in den Rachen gegossen werden sollen, du verfluchter Heuchler
von einem Freund - Hat Freundschaft ein so schwaches milchichtes
Herz, das in weniger als zwo Nächten gerinnt? O ihr Götter,
ich fühle den Zorn, worinn dieses meinen Herrn sezen wird.
Dieser Nichtswürdige hat in diesem Augenblik noch meines
Herren Mahlzeit im Leibe! Laßt es, anstatt ihn zu nähren,
sich in Gall und Gift verwandeln! Laßt es nichts als Krankheiten
in ihm zeugen, und wenn er auf den Tod darnieder ligt, o! so laßt
jedes Theilchen von Nahrungssaft, wofür mein Herr bezahlt
hat, aller seiner heilsamen Kraft beraubt, zu nichts anderm dienen
als durch langsame Pein seine lezte Stunde zu verzögern!
(Geht ab.)