Dritter Aufzug.

Erste Scene.

Des Herzogs Palast in Meiland.

Der Herzog, Thurio und Protheus treten auf.

Der Herzog.
Signor Thurio, ich bitte euch, entschuldiget uns für eine Weile; wir haben von einigen besondern Angelegenheiten miteinander zusprechen. (Thurio geht ab.) Nun saget mir Protheus, was habt ihr anzubringen?

Protheus.
Mein Gnädigster Herr, was ich entdecken soll, befiehlt mir das Gesez der Freundschaft zu verhehlen; allein wenn ich mir die Gnaden-Bezeugungen zu Gemüth führe, womit ihr mich, so unwürdig als ich bin, überhäuft habt, so treibt mich meine Pflicht Euch etwas zu eröffnen, das sonst alle Vortheile der ganzen Welt nicht aus mir herausziehen würden. Wisset dann, erlauchter Fürst, daß Signor Valentin, mein Freund, entschlossen ist, in dieser Nacht eure Tochter wegzustehlen, und ich selbst zum Vertrauten in diesem geheimen Anschlag gemacht worden bin. Ich weiß, daß ihr eure schöne Tochter dem Thurio zugedacht habt, ob sie ihn gleich hasset; und daß euerm Alter nichts empfindlicher fallen könnte, als sie auf eine so unanständige Art zu verlieren. Ich habe also, aus pflichtgemässem Eifer mich entschlossen, eher meinem Freund in seinem Vorhaben hinderlich zu seyn, als durch dessen Verheelung über euer Haupt eine Last von Kummer häuffen wollen, die euch in ein unzeitiges Grab hätte niederdrüken können.

Herzog.
Protheus, ich danke dir für deine Redlichkeit und Sorgfalt; alles was ich vermag, um sie zu erwiedern, soll, so lang ich lebe, zu deinen Diensten seyn. Ich habe selbst schon oft bemerkt, daß sie einander liebten, ob sie sich gleich einbildeten, daß ich fest eingeschlaffen sey; und schon mehrmal bin ich im Begriff gewesen, dem Signor Valentin ihre Gesellschaft und meinen Hof zu verbieten: Allein, aus Furcht, mein Mißtrauen möchte zu weit gehen, und um den Mann nicht unverdienter Weise zu beschimpfen, (eine Hastigkeit, wovor ich mich jederzeit gehütet habe,) gab ich ihm freundliche Blike, bis ich dasjenige selbst ausfündig gemacht habe, was du mir izt entdekt hast. Und damit du sehen mögest, daß der Gedanke, wie leicht die unschuldige Jugend mißleitet werden kan, mich nicht sorglos seyn ließ, so verschliesse ich sie des Nachts allemal in einen hohen Thurm, wozu ich allein den Schlüssel habe; und dort kan sie unmöglich herausgestohlen werden.

Protheus.
Wisset, Gnädigster Herr, daß sie ein Mittel gefunden haben, wie er ihr Kammerfenster ersteigen, und sie auf einer Strikleiter herablassen könne; er ist nun gegangen sie zu holen, und kommt uns eben izt mit ihr in den Weg. Ihr könnt ihn auffangen, wenn es euch beliebt; aber, ich bitte Eu. Gnaden, es auf eine so behutsame Art zu thun, daß er nicht merken könne, daß ich ihn verrathen habe; denn es ist meine Liebe zu euch, nicht Haß gegen meinen Freund, was mich zu dieser Entdekung bewogen hat.

Herzog.
Auf meine Ehre, er soll niemals erfahren von wem ich sie habe.

Protheus.
Ich entferne mich, Gnädigster Herr; Signor Valentin nähert sich.

(Protheus geht ab.)


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