Erläuterungen - (B)

Den alten Scholiasten ist es gar nicht zweifelhaft vorgekommen, daß Horaz in dieser Stelle auf einige von August und Agrippa ausgeführte außerordentliche Werke ziele. Der mit dem Meer verbundne Landsee, der ganze Flotten vor den Aquilonen schützt, deutet, sagen sie, auf den Lucrinersee bei Neapel, welchen August mit dem Meere verband, und durch gewaltige Dämme zu einem der besten und sichersten Seehäfen von Italien (Portus Iulius genannt) machte - Der unfruchtbare des Ruders gewohnte Sumpf etc. auf die Pomptinischen Sümpfe, die er austrocknen und urbar machen ließ - und der Strom, der einen neuen unschädlichern Weg zu laufen gelehrt wird, auf die Tiber, deren Bette Agrippa veränderte. Geßner meint, das erste, nämlich der receptus terra Neptunus, könne, wegen dem Beisatz Regis opus, nicht auf ein Werk des Augusts gehen, dem der Königliche Name so verhaßt gewesen sei: sondern deute auf die Bemühungen des Xerxes den Berg Athos ausstechen zu lassen. Mich deucht es ist sehr unnötig zu einer so gezwungnen Auslegung seine Zuflucht zu nehmen, da gewiß weder August noch irgend ein Römer bei diesem Regis opus etwas anders gedacht hat, als opus regium, ein Königliches Werk, ein Werk, das dem größten Könige Ehre machen würde. Übrigens erhält das Kompliment, das der Dichter dem Augustus durch die Erwähnung dieser Werke macht, seinen ganzen Wert von der Delikatesse, womit es gemacht ist, nämlich gerade davon, daß es gar nicht die Prätension eines Kompliments hat. August wird nicht dabei genannt; die Werke selbst werden nur durch das Wunderbare, das sie haben, charakterisiert; man läßt den Leser erraten wovon die Rede sei; und das schönste ist, daß Horaz sie nur als Beispiele der Vergänglichkeit der menschlichen Dinge anführt, und, indem er dafür sorgt, ihr Andenken bei der Nachwelt zu erhalten, ihren Untergang vorhersagt, ohne daß August selbst es übel nehmen konnte.

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