Cato. Portius. Arsene. Phenice.
Arsene
Mein Herr, ich komme her, der Römer Blut zu sparen.
Ich eile Cäsars Schritt aus Lust zum Frieden vor;
Drum gönnet meinem Wunsch nur ein geneigtes Ohr.
Mein Unglück wird so lang als Roms Verderben währen.
Das Bürgerblut erweckt mir gar zu viele Zähren.
Sobald der Tod den Pfeil auf Eure Krieger zückt,
So wird er, wie mich dünkt, in meine Brust gedrückt.
Ich muß die Römer mehr als meine Parther lieben.
Vielleicht tu ich zuviel mit den verkehrten Trieben!
Ich bin als Königin den Königsfeinden hold,
Die ich, nach meiner Pflicht, recht tödlich hassen sollt.
Mein Herz empört sich stark und murrt so sehr darwider,
Als trät ich die Natur und ihr Gesetz darnieder.
Cato
O liebten sich doch auch die guten Römer so!
So würden wir nach Schmerz und Unglück endlich froh.
Ihr habt ein größer Herz als Königinnen haben,
Es liegt was Römisches in Eurer Brust begraben.
Arsene, glaubt es nur, ja macht es offenbar,
Der Götter Fügung selbst erklärt es schon für wahr.
Portius (seitwerts)
Das hab ich nur gewünscht! Pharnaz hat nicht gelogen!
Arsene
Mich dünkt, das ganze Heer ergreift schon Schwert und Bogen.
Der Stillstand ist bald aus! Drum, Herr, verlängert ihn:
Seht, Cäsar will sich hier um meine Gunst bemühn.
Cato
Prinzessin, was war das?
Arsene
Ich will sein Herze lenken,
Der Himmel scheint mir ja ein großes Reich zu schenken:
Der größten Ehrbegier genügt an meinem Thron;
Und so bezwing ich denn auch Cäsars Herze schon!
Alsdann soll er nebst mir der Parther Reich regieren,
Und Rom wird keinen Zwang von seinem Zepter spüren:
Der Friede soll die Frucht von meiner Liebe sein.
Cato
Was hör ich! Welch ein Schmerz nimmt Geist und Glieder ein!
Ihr liebet Cäsarn selbst? O Himmel! Was für Plagen
Soll meine Tugend noch erdulden und ertragen?
Das Glück versucht an mir fast alles, was es kann,
Weil ihm mein Widerstand vielleicht zu weh getan.
Ihr Götter! War der Schimpf nicht groß genug zu nennen,
Sie durch die Krone schon verunehrt zu erkennen?
Und muß es gar geschehn, daß des Tyrannen Bild
Durch zarte Liebesglut ihr Innerstes erfüllt!
Arsene
Was macht Euch so bestürzt? Was kann Euch so bewegen?
Kann das, was ich gesagt, so viele Wut erregen?
Was hab ich denn versehn, daß mich der Zorn betrifft?
Erklärt Euch!
Cato
Nimm und lies; es ist Arsacens Schrift.
Arsene
Mit Zittern faß ich hier des Vaters eigne Zeilen:
Es scheint ein harter Fall mein Herz zu übereilen.
(Sie öffnet den Brief und liest.)
Es würde grausam sein, wenn ich erblassen sollte
Und Eure Tochter Euch noch länger bergen wollte:
Durch ihre Tugenden ist sie der Ehre wert,
So ihr durch Eure Huld und Liebe widerfährt.
Erkennt denn Euer Blut und liebt es in Arsenen;
Und will sie meinen Thron und Purpur nicht verhöhnen,
So nehmt doch ihrer Hand der Parther Zepter nicht:
Indem ihr Regiment der Welt viel Guts verspricht.
Portius
Was hör ich? Kann es sein? Die Schwester Portia,
Die man vor tot geschätzt, steht in Arsenen da?
Portia
Wer? Ich des Cato Kind? Welch plötzliches Entsetzen!
Dies Glück ist herrlicher als Kron und Thron zu schätzen.
Mein Vater! Süßes Wort! so mir viel schöner klingt,
Als was ein Königreich vor stolze Titel bringt.
Die Regung der Natur bewog mich, Euch zu lieben,
Ein unbekannter Trieb hat mich hieher getrieben.
Ihr wißt, wie deutlich sich mein Herze schon entdeckt,
Obgleich das Schicksal mich in fremden Schmuck versteckt.
Itzt regt sich das Geblüt mit freudigem Ergießen;
Bezwingt Euch denn, mein Herr, mich in den Arm zu schließen,
Und seht mich doch einmal mit Vateraugen an!
Verbannt den alten Schmerz! Der Zorn sei abgetan!
Bestrafet nicht an mir die Fehler des Geschickes,
Und würdigt Euer Kind doch endlich eines Blickes!
Cato
Ich hab es wohl gespürt, daß dich mein Schmerz bewegt.
Es war ein heimlich Band in unser Blut gelegt:
So heftig regten sich die eingepflanzten Triebe!
Und kurz, ich fühlte selbst die zärtste Vaterliebe.
Allein, ein Königsthron ist viel zu schlecht vor dich;
Und Cäsarn hold zu sein, der größte Schimpf für mich.
Auf! edle Römerin, besiege Lieb und Ehre
Und zeige, daß dein Herz dem Cato angehöre!
Portia
Ach, allzuschwerer Sieg! Wie hart fällt beides mir!
Portius
Was säumt denn Portius? Dies Glück gehört auch dir.
Ja, Schwester, laßt auch mich in Eure Arme fallen
Und seht in meiner Brust ein Bruderherze wallen.
Ich war Euch auch geneigt als einer Königin
Und wünschte: Wäre sie doch eine Römerin!
Nun ist es zwar entdeckt, doch anders, als ich dachte:
Indem ich schon auf Euch ganz andre Rechnung machte.
Portia
Ach! Bruder, liebet mich hinführo brüderlich!
Cato
Was bist du so bestürzt? Wohlan, entschlüße dich!
Du seufzest? Schäme dich! Willst du dein Blut beflecken?
Und deines Vaters Haus in Schimpf und Schande stecken?
Ihr Götter! Welch ein Schmerz!
Portia
Mein Vater, laßt mich doch!
Cato
Ich bin dein Vater nicht, wo Cäsars Liebe noch
In deiner Seelen brennt. Ersticke solche Flammen!
Portia
Wie konnt ich Cäsars Huld und Liebe doch verdammen?
Ich wußte ja noch nicht, wer mich zur Welt gebracht:
Das Schicksal hat mir selbst dies Unglück zugedacht!
Cato
Der Tränenstrom verrät die Schwäche deiner Seelen,
O! kannst du nicht einmal die Zärtlichkeit verhehlen:
So nenne dich hinfort nur meine Tochter nicht
Und komme mir durchaus nicht mehr fürs Angesicht!
Portia
Ach! Herr, kaum hab ich Euch als Vater kennenlernen,
Und Ihr wollt mich von Euch schon wiederum entfernen?
Ich Unglückselige! Der Götter Grausamkeit
Hat mich bisher verwaist; Ihr geht noch eins so weit.
Sagt, muß ein Römer denn, um Rom getreu zu scheinen,
In seiner Seelen gar die Menschlichkeit verneinen
Und unempfindlich sein?
Cato
Was sagst du? Rede nun!
Sprich, soll denn die Natur der Tugend Eintrag tun?
Portia
Und muß die Tugend denn Natur und Trieb ersticken?
Wiewohl, es ist zu hart, Euch niemals zu erblicken!
Verbindet, wenn Ihr könnt, was Rom, was Vaterland,
Was meine Liebe will, durch ein beglücktes Band!
Wo nicht, so will ich doch die schnöde Flamme dämpfen,
Ich will mein eigen Herz und Cäsars Glut bekämpfen:
Ihr Götter! hört es an, ich bin ganz eifersvoll
Zu zeigen, wer ich bin, so hart mirs gehen soll!
Cato (er umarmet sie)
Nun nenn ich dich mein Kind. Aus solchen Tugendproben
Erkenn ich mein Geblüt. Ich will und muß dich loben!
Portius
Mein Vater, Cäsar kommt: Ich gehe...
Cato
Bleibe du;
Du gleichfalls Portia; hört unsern Reden zu.