Der dritte Auftritt

Portius und Portia.

Portius
Ach, Schwester Portia, ich hoffe noch zur Zeit!
Der Vater lebet noch, der unsrer Sicherheit
Und Rom so nötig ist; er will noch ferner leben!
Er hat den Augenblick sich nur zur Ruh begeben
Und hat noch, wie mich dünkt, zum Friedensschlusse Lust.
Er hat mich angereizt, daß ich mit starker Brust
Die Großmut üben soll, und mir Befehl erteilet,
Zu sehn, ob allbereit die Freunde fortgeeilet:
Weil längst vor sie ein Schiff im Hafen fertig lag.
Macht hier nun kein Geräusch, damit er schlafen mag!

(Er geht ab.)

Portia
O ihr Unsterblichen! die ihr das Recht beschützet,
Bewacht sein Lager doch und gebt ihm, was ihm nützet.
Verbannt der Sorgen Heer und gebet keinem Traum,
Der ihm die Ruhe stört, in seiner Seelen Raum.
Erinnert euch, was er vor Gutes ausgeübet,
Und zeigt uns Sterblichen, daß ihr die Tugend liebet!

Der vierte Auftritt

Portia und Phenice.

Phenice
Wo ist denn Cato itzt? Eur Vater, Portia.

Portia
Phenice, nicht so laut! Wir sind ihm gar zu nah.
Er schläft ein wenig; still! wir möchten ihn sonst stören.
Indessen will sich schon die Hoffnung wieder mehren,
Daß uns des Himmels Huld bald Glück und Ruhe schenkt.

Phenice
Mein schwaches Herze klopft, wenn es an ihn gedenkt,
Ich beb und zittre gar, sobald ich ihn erblicke.
Er ist so streng und hart und weicht dem Ungelücke
So wenig als ein Gott! Kein Mitleid nimmt ihn ein,
Denn weil er selbst nicht fehlt, so will er nie verzeihn.

Portia
Ganz recht, den Feinden Roms ist Cato streng und wilde;
Doch seinen Freunden bleibt sein Herze weich und milde.
Da ist er voller Güt und sanfter Zärtlichkeit;
Kurz, der gelindste Mann! Noch hab ich allezeit,
Seitdem das Schicksal mich an diesen Ort geführet,
Das zärtste Vaterherz in seiner Brust gespüret.

Phenice
O ging er itzo nur den Vorschlag Cäsars ein!
So könnt auch ich nebst Euch vollkommen glücklich sein.
Der Parther Thron und Reich ist schon vor Euch verloren;
Wer weiß, was Cäsar uns vor Unglück zugeschworen!
Zumal, wenn er zwar siegt, doch Euch, als Catons Kind,
Das ihn nicht lieben kann, nicht auch zugleich gewinnt.

Portia
Der Himmel selber mag vor unser Glücke wachen,
Darauf verlaß ich mich!

(Sie weinet.)

Phenice
Doch was wird Cato machen?
Wer weiß, was er beschließt! Wer weiß, was Portius
Auf väterlichen Wink noch unternehmen muß!
Wer weiß, obs auch gelingt!

Portia
Ach, blieb er nur am Leben!
Das andre wollt ich gern den Göttern übergeben.

(Sie weint.)

Der fünfte Auftritt

Phocas. Portia. Phenice.

Phocas
Wie sanft, wie süße schläft ein tugendhafter Mann,
Den sein Gewissen nicht im Schlummer stören kann!
Ich kam und habe selbst den Cato liegen sehen,
Es ist ihm zweifelsfrei ein harter Fall geschehen,
Da er den Sohn verlor; doch bleibt er tugendhaft!
Vermutlich stärket ihn der Götter eigne Kraft,
Daß er nicht zaghaft wird und gleiche Größe zeiget:
Obgleich die ganze Welt sich schon vor Cäsarn beuget.
Ich sah ihn, Portia, gemächlich hingestreckt,
Und da die Phantasei ihm einen Traum erweckt,
Rief er mit Lächeln aus: Es soll dir nicht gelingen!
Nein, Cäsar, nein, du sollst, du kannst mich nicht bezwingen!

Portia
Es liegt ihm ganz gewiß sein Kummer noch im Sinn!

Phenice
Wo will denn, Portia, das stete Grämen hin!
Was weint Ihr allezeit? Wir dürfen gar nicht sorgen,
Wenn Cato nur noch lebt, so sind wir schon geborgen.


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